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Automatisierungsexperten bewerten Industrie 4.0 in der Sensorik

Das Potential von Sensordaten optimal erschließen
Sensorik für die Industrie 4.0

Sensorik für die Industrie 4.0
Dezentrale Intelligenz in den Sensoren (Edge Computing) ist die Basis für die flexible Steuerung der Produktionsprozesse in der Smart Factory Bild: Sick
Um Fertigungsprozess und Maschinenumfeld zu erfassen, kommen Sensoren zum Einsatz. Ihre Aufgabe ist es, aus der Fülle der Daten die richtigen Informationen rund um den Prozess zur Verfügung zu stellen. Dies wird durch die Verknüpfung unterschiedlicher Sensordaten und deren Auswertung auf verschiedenen Plattformen erreicht. Damit das Potenzial optimal erschlossen werden kann, sind innovative Lösungen für die Sensorik 4.0 nötig. Wir haben Experten zur Sensorik für die Industrie 4.0 befragt.

 

Jörn Kehle, Redakteur KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Alle bedeutenden Steuerungsanbieter verfügen heute über Cloud-Lösungen. Auch die Sensorhersteller bieten nun zunehmend eigene Cloud-Lösungen, um dem Anwender Maschinendaten weltweit zur Verfügung zu stellen. Wie sehen Sie als Sensorhersteller Ihre Rolle im Industrie-4.0-Umfeld? Wo sehen Sie Ihre Chancen für neue Geschäftsmodelle?

Bernhard Müller (Sick): Sensoren steuern nicht nur die Maschine und die Funktion in der Maschine, sondern erzeugen auch Daten, die außerhalb der direkten Maschinensteuerung zur Verbesserung des Produktionsprozesses dienen. Intelligente Sensoren werden auch außerhalb von Maschinen zur Verbesserung der Produktionssteuerung verwendet, z. B. zur Optimierung des Materialflusses. In der Produktionssteuerung haben Cloud-Anwendungen von Sensor-anbietern eine spezielle Rolle zur Verbesserung der Produktionsprozesse. Die Cloud-Lösungen von Sensorherstellern können sich sowohl auf die Flexibilisierung der Maschine als auch auf die Verbesserung des Gesamtproduktionsprozesses beziehen.

Peter Wienzek (ifm): Wir als Sensor- und zukünftiger Lösungsanbieter haben einen anderen Fokus. Wir bieten Lösungen außerhalb der SPS an, wie z.B. Condition Monitoring oder Energieüberwachung, die zu mehr Transparenz, höherer Maschinenverfügbarkeit und damit Effizienzsteigerung in der Fertigung führen und damit unseren Kunden helfen, Geld zu sparen. Mit der ifm-Cloud können wir applikationsspezifische Apps anbieten, die gezielt den Usecase abbilden. Im Laufe der Jahre haben wir viel Applikationserfahrung aus dem Sensorumfeld zur Lösung individueller Probleme gesammelt. Mittels unserer Cloud-Applikationen möchten wir dieses Wissen in einer größeren Breite unseren Kunden anbieten. Die Cloud ist natürlich für uns ein neues Geschäftsmodell und hat für den Kunden den Vorteil, dass er ohne zusätzliche Investition in IT-Hardware flexibel auf seine Maschinendaten zugreifen kann.

Dr. Elmar Büchler (Balluff): Derzeit lassen sich über 50 industrielle Cloud-Lösungen weltweit identifizieren. Ich gehe aber davon aus, dass maximal etwa 10 % der Cloud-Anbieter langfristig am Markt erfolgreich sein werden. D.h., eine eigene Cloud anzubieten, sollte gründlich überlegt sein. Gestützt wird dies auch durch Umfragen unter weltweit führenden Produzenten unterschiedlicher Branchen. So lehnt ein Teil der Unternehmen derzeit noch Cloud-Lösungen u.a. wegen Sicherheitsbedenken komplett ab. Ein anderer Teil steht ihnen zwar prinzipiell offen gegenüber, ist jedoch nicht bereit in seinen Produktionsstätten gleichzeitig unterschiedlichste Lösungen zu installieren. Daher macht es für Gerätehersteller erst einmal Sinn, die Marktentwicklung genau zu beobachten und für die führenden Cloud-Lösungen entsprechende Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Dazu ist es notwendig, einerseits entsprechende OT-Kommunikationsschnittstellen wie IO-Link mit IT Schnittstellen MQTT, OPC UA etc. zur Anbindung an Cloud-Systeme zur Verfügung zu stellen. Andererseits sind die für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle wie Condition Monitoring und Asset Management benötigten Daten bereitzuhalten. Dazu bedarf es intelligenter Sensoren und Aktoren mit leistungsfähigen Schnittstellen und entsprechend semantisch strukturierten Datenmodellen. Ist diese Basis erst einmal realisiert, lassen sich mittels führender Cloud-Lösungen äußerst interessante Services und Geschäftsmodelle realisieren.

Ingo Baumgart (Leuze): Die Chancen der stärkeren Vernetzung aller Maschinenkomponenten liegen in den neuen Anwendungen und dem Nutzen, der daraus für den Anwender erzielt werden kann. Die Sensoren sind die Augen und Ohren moderner Automatisierungsanlagen. Ihre Daten geben Hinweise auf den Zustand der Maschinen und liefern damit indirekt Kennzahlen über die Produktivität einer Anlage. Trotzdem liegen viele unserer Sensordaten heute noch brach – sie werden von aktuellen Lösungen bislang nicht verwendet. Daher ist unser Ziel primär, die Informationen, die ein Sensor heute schon zur Verfügung stellt, dem Anwender zugänglich und damit nutzbar zu machen, sodass mit einem tiefergehenden Blick in die Maschine auch das Wissen um deren Betriebszustand stetig erhöht werden kann. Reparaturzeiten können so gezielt geplant und spontane Anlagenausfälle vermieden werden.

Thorsten Wanner (SensoPart): Das Thema Cloud ist sicherlich eines der zentralen Themen im Bereich Industrie 4.0. Hier wird es aber ähnlich wie bei ‚Highlander‘ nach dem Motto gehen: ‚es kann nur einen geben‘…oder zumindest nicht allzu viele. Die Benutzer wollen sich nicht auf viele verschiedene Cloud-Lösungen parallel einlassen, sondern bevorzugen eine zentrale/einheitliche Lösung, wo sie alle ihre Automatisierungskomponenten, auch die Sensorik, einbinden können. Hierfür muss die Sensorik dann die richtigen Schnittstellen bieten. Ich denke für die Sensorik wird es zudem immer wichtiger werden, selbst Entscheidungen lokal zu treffen und nur die wichtigsten Daten in die Cloud zu liefern, da es sonst selbst für die ‚Big Data‘ zu große Datenmengen werden, die beim Übertragen, beim Speicherbedarf und auch bei den Analyse-Algorithmen Schwierigkeiten machen und hohe Kosten verursachen.

KEM Konstruktion: Bei den Sensorherstellern beobachten wir zunehmend Softwareaktivitäten. Was sind Ihre Ziele bezüglich der Softwareentwicklung? Welche Tools möchten Sie anbieten? Welche Rolle spielen die Kosten für die zusätzliche Anbindung?

Müller (Sick): In einer immer komplexer werdenden Welt werden die Aufgaben der Sensoren innerhalb der Produktionsprozesse vielfältiger. In der zukünftigen Struktur von Edge und Cloud sind intelligente Sensoren wie auch intelligente Antriebssteuerungen gleichberechtigte Teile in der Automatisierungspyramide. Die intelligente Verarbeitung von Rohdaten in Informationen für die übergeordneten Systeme bedarf einer applikationsspezifischen Software im intelligenten Sensor. Dazu bieten wir das Engineering Tool AppSpace an, das diese Aufgabe übernimmt.

Wienzek (ifm): Die heutige Software der Steuerungsanbieter hat primär drei Aufgaben: Programmierung der Logikfunktionen, Konfiguration der Hardware und Prozessvisualisierung. Der Aspekt der Datensammlung und Analyse war bisher eher spärlich oder gar nicht vorhanden. Wir als Sensorhersteller mit besonderem Fokus auf Smarte Sensoren haben das Bedürfnis, die zusätzlichen Diagnose-Informationen unserer Geräte auszuwerten. Hierfür ist die SPS sicher nicht der optimale Ort, daher entwickeln wir durchgängige Softwareprodukte zur schnellen Inbetriebnahme, Diagnose und Wartung, die unabhängig offline arbeiten. In einem zweiten Schritt werden diese Produkte mit demselben Look-and-feel in der Cloud abgebildet. Die ersten beiden Tools bilden die Sensorparametrierung und die Maschinendatenauswertung ab. Hierbei ist IO-Link die Schnittstelle der Wahl, da sie bei ifm für die meisten Sensoren preisgleich angeboten wird und somit keine zusätzlichen Kosten entstehen. Weitere Software-Tools bilden Applikationslösungen für z. B. Lüfter, Pumpen oder Pressen ab.

Büchler (Balluff): Balluff legt seit längerem schon einen stärkeren Fokus auf Software, um noch besser ganzheitliche Automatisierungslösungen aus einer Hand zu liefern. Deshalb hat unser Unternehmen 2017 auch das Stuttgarter Softwareunternehmen iss innovative software services in die Gruppe integriert. Dieses Know-how hilft uns, die großen Wachstumschancen der Digitalisierung noch besser und schneller zu nutzen und unser Portfolio sowohl im Bereich der Hardware als auch der Software zu erweitern. So können wir unseren Kunden neben den passenden Tools für die Sensoren auch die Software für die Verarbeitung und Analyse von Messwerten anbieten. Mit ihr lassen sich dann zusätzlich zu den eigentlichen Prozessdaten weitere Mehrwertdaten z.B. für das Asset Management, Condition Monitoring und vieles mehr generieren wie z.B. bei dem neuesten optischen Sensor BOS21 ADCAP von Balluff. Dies kann auf vielerlei Weise erfolgen. Einerseits lassen sich unsere Produkte ohne zusätzliche Tools sehr einfach direkt in verschiedenste Software-Tools von SPS- und Tool- Herstellern integrieren, wodurch eine separate Applikation für die Parametrierung, Diagnose etc. überflüssig wird. Andererseits bieten wir für diese Aufgaben aber auch eigene, maßgeschneiderte Tools und Webserver an. Unsere Kunden können somit zwischen verschiedenen Lösungen wählen, was sie sehr schätzen.

Baumgart (Leuze): Unser Ziel ist schon immer, unsere Sensoren möglichst einfach, aber mit voller Funktionalität in die Automatisierungslösungen unserer Kunden integrieren zu können. Subsummiert unter dem Schlagwort ‚smarter product usability‘ entwickeln wir vor allem unsere Gerätesoftware mit größtem Fokus auf hohe Verfügbarkeit und einfache Bedienung. Beide Themen entwickeln sich aktuell aus dem Gerät heraus hin zu vernetzten Applikationen. Sei es ein Condition Monitoring, das anlagenübergreifend die Sensoren beobachtet und aus den aggregierten Daten neue Schlüsse zieht, oder neue Inbetriebnahmehilfen, die Sensordaten durch Augmented Reality direkt in der Maschine zugänglich machen – in beiden Fällen werden Softwaretools den Anwender in Zukunft stärker unterstützen.

Wanner (SensoPart): Wir haben schon sehr früh damit angefangen, uns intensiv mit Software-Themen zu beschäftigen, lange bevor die Industrie 4.0 das Thema in den Fokus rückte. Zum Beispiel bieten wir seit über 15 Jahren in unseren Bildverarbeitungssystemen und Vision-Sensoren leistungsfähige Softwarepakete, die es dem Kunden ermöglichen, einfach und schnell seine verschiedenen, individuellen Aufgaben zu lösen, ohne zwingend die Hardware zu verändern. Auch das zentrale Management der Geräte ist mit einem Softwaretool sehr einfach gelöst. Wichtig ist dabei natürlich eine gute Einbindung in die Automatisierungsumgebung und in die Softwaretools, die beim Kunden schon eingesetzt werden. Hierfür bieten wir viele einfache Standardschnittstellen an wie IO-Link, Profinet, Ethernet/IP und für diejenigen, die es gerne flexibel haben wollen, natürlich auch Ethernet TCP/IP.

KEM Konstruktion: Konnektivität als bestimmendes Thema: Benötigt werden Gateways und Software-Adapter. IO-Link, OPC UA und TCP/IP sind als Standard gesetzt. Welche Lösungen bietet Ihr Unternehmen? Wie kommen die Daten in die Cloud und wie erfolgt die Integration der Sensoren?

Müller (Sick): Die Produkte von Sick sind entweder IO-Link-Produkte, die über ein IO-Link-Gateway angeschlossen werden oder Gateway-Produkte, die in den üblichen Sprachen der Datenwelt kommunizieren können. Connectivity ist eine grundsätzliche Voraussetzung, um in Industrie 4.0 neue Funktionalitäten anbieten zu können. OPC UA scheint sich als Standard in diesem Bereich zu etablieren. Ebenso ist für einfache Sensoren das Protokoll IO-Link als Standard zu betrachten. Kleine Sensoren von Sick, die nur geringe Datenmengen austauschen, kommunizieren über IO-Link. Komplexere Sensoren wie z.B. Kameras, RFID-Reader oder Laserscanner kommunizieren direkt in den Sprachen der Datenwelt wie z.B. OPC UA, MQTT, PPMP. Des Weiteren bietet Sick Gateways an, die mehrere Sensoren in einer Applikation vereinen und dann mit der Datenwelt verbinden.

Wienzek (ifm): Konnektivität ist momentan einer der wichtigsten Treiber für ifm in Richtung Industrie 4.0. Wir haben uns bereits frühzeitig mit Software-Firmen und Technologien verstärkt, die unterschiedliche Schnittstellen unterstützen, Daten sicher und verschlüsselt transportieren und diese auf lokalen Servern oder in der Cloud ablegen. Hieraus ist unser IoT-Core hervorgegangen, ein Software-Enabler auf Basis von TCP/IP, der es uns ermöglicht, fast die gesamte Automatisierungswelt abzubilden. Als weltweit aktives Unternehmen müssen wir uns den verschiedenen Schnittstellen der etablierten Feldbusse und Steuerungen anpassen. Als Sensor-Kommunikation hat IO-Link gute Chancen, sich als globaler Standard zu etablieren. Zur Anbindung an die Cloud bieten wir bereits vorkonfigurierte IO-Link-Master mit TCP/IP-Anbindung und unserem IoT-Core an. Ähnliche Gateways gibt es auch für unsere RFID-Reader und Vibrationssensoren. Auf der Cloud-Seite werden entsprechende Apps, wie
LineRecorder Device installiert, die dann die komplette Konfiguration der Hardware abbilden. Werden die Maschinendaten in einem Edge-Gateway gebündelt ist auch eine Anbindung an andere Zielsysteme über OPC-UA möglich.

Büchler (Balluff): Um Daten von einem Sensor in die Cloud oder ein übergeordnetes IT-System zur bringen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Dies kann z.B. über eine Steuerung erfolgen, dazu bieten wir eine Vielzahl an Feldbusschnittstellen an. Eine weitere Variante ist mit Hilfe von entsprechenden Gateways (IoT-Gateway, Edge-Gateway etc.) mit Ethernet-basierten Protokollen wie TCP, UDP, OPC UA, MQTT, http, SNMP, PPMP. Teilweise sind aber auch die Produkte selbst imstande, z.B. RFID-Systeme, Kameras, IO-Link Master, etc. Daten einem OT-System mit SPS und einem IT-System mit entsprechenden Protokollen (TCP, UDP, OPC UA, MQTT, http, SNMP, PPMP) zur Verfügung zu stellen. Dabei kann die Integration in Systeme abhängig vom Protokoll und Zielsystem sehr einfach sein. Beispielsweise ist eine Integration von Sensordaten in Applikationen und Tools wie Microsoft Excel, PowerBI, und NodeRed mit dem JSON-Datenaustauschformat in weniger als fünf Minuten möglich. Ebenso ist auch die Integration in entsprechende Cloudlösungen wie Microsoft Azure, IBM Bluemix, Amazon AWS, SAP Leonardo, problemlos möglich. Dies wurde zuletzt auf dem IoT Hackathon auf der Bosch ConnectedWorld in Berlin eindrucksvoll bewiesen.

Baumgart (Leuze): Seit die Schnittstellen zu den Steuerungen vermehrt Ethernet-basiert und damit leistungsfähig genug sind, zeitgleich einen zweiten Datenkanal zu bedienen, eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, um Maschinendaten an unterschiedliche Ziele und Ebenen der Automatisierung zu bringen. Leuze electronic hat schon früh einen funktional vollständigen Zugang von der Steuerung über das gewählte Automatisierungs-Interface seiner komplexen Identgeräte und messenden Sensoren gesetzt. Nun haben wir das Thema der Datenverfügbarkeit aktiv angegangen und erstmalig Daten direkt, über alle Systemgrenzen hinweg, aus dem Sensor in die Cloud gebracht. Hierzu integriert Leuze electronic OPC-UA-Server in seine Sensoren, um diese an Edge-Gateways oder Cloud-Systeme direkt anbinden zu können. Und sollten die Geräte – wie beispielsweise unsere kompakten Lichtschranken – nicht über eine eigene Ethernet-Schnittstelle verfügen, so erlaubt IO-Link und der zugehörige Ethernet-Master den Zugang zu den Sensordaten.

Wanner (SensoPart): Konnektivität ist ein sehr wichtiges Thema. Wo es Sinn macht, bieten wir über alle oben erwähnten Schnittstellen Möglichkeiten, die Daten in die Cloud zu schicken. IO-Link, Profinet, Ethernet/IP und Ethernet TCP/IP sind auf vielen Geräten gleich mit integriert und sind somit einfach in die meisten Cloud-Lösungen einzubinden. OPC UA kann man über ein Gateway/Adapter oder die Steuerung realisieren. Dies ermöglicht es dem Benutzer, die passendste Lösung zu suchen, auch bei Nachrüstungen.

KEM Konstruktion: Big Data oder Smart Data, Cloud oder Edge Computing, welche Rolle spielt die Datenvorverarbeitung im Sensor oder generell maschinennah im Edge-Gateway? Sind die Anwender bereit, ihre Daten in der Cloud abzulegen?

Müller (Sick): In unserem Bild von Industrie 4.0 gibt es zukünftig nur zwei Ebenen in der Automatisierungspyramide: Die Edge-Computing-Ebene und die Cloud-Computing-Ebene. In der Edge-Computing-Ebene werden Sensordaten in Informationen umgewandelt, die der Cloud-Datenwelt zur Verfügung gestellt werden. Ob ein Edge-Gateway notwendig ist, hängt vom Sensor ab. In einem Fall steht der Sensor selbst das Gateway dar, im anderen Fall (IO-Link) ist eine separate Komponente für die Verbindung in die Datenwelt nötig. Viele Aktivitäten befassen sich aktuell mit Datensicherheit und Datensouveränität als Voraussetzung, Daten weltweit zur Verfügung zu stellen. Hierzu engagiert sich Sick in der International Data Spaces Association, um diese Technologie weiter voran zu bringen.

Wienzek (ifm): Wir haben früh erkannt, dass es nicht der richtige Weg ist, alle über IO-Link verfügbaren Informationen durch die SPS zu tunneln und dann in das IT-Netzwerk zu bringen, da sie hierfür an Performance einbüßen würde. Stattdessen haben wir den Y-Weg etabliert, der Sensor-Informationen in zwei Wege auftrennt: Prozessdaten in Echtzeit über Feldbusse zur SPS und Diagnose- und Parametrierdaten über einen unabhängigen TCP/IP-Kanal zum Server. Wir glauben an Smart Data, d.h. die Daten so früh wie möglich in Information umzuwandeln. Dies kann im smarten Sensor, im Gateway oder im Edge-Gateway passieren. Da bei uns der Trend zu Applikations-Lösungen geht, können wir z.B. die kritischen Informationen einer Pumpe bereits zeitnah als Alarme weiterreichen, ohne spätere Cloud-Auswertung. Dies führt auch zu einer Verschlankung der Datenbankanforderungen und der Bandbreiten im Netzwerk. Wenn man überlegt, dass einzelne Sensoren bereits Gigabyte an Daten pro Jahr erzeugen können, empfiehlt sich bereits im Vorfeld eine Analyse der Datenrelevanz. Wir haben in der Welt schon einige ‚echte‘ Cloud-Lösungen mit unseren Kunden realisiert, wobei in Deutschland sicherlich das Thema konservativer angegangen und die Daten zunächst in einer lokalen Cloud gespeichert werden. Mit einer echten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist es aber durchaus schon heute möglich, Maschinen weltweit zu überwachen.

Büchler (Balluff): Viele Anwender sind noch nicht bereit, ihre Daten weltweit in einer Cloud verfügbar zu machen. Dies ist einer der Gründe, warum eine Datenvorverarbeitung in einem Sensor bzw. eine lokale Datenverarbeitung Sinn machen. Es gibt aber noch einen anderen Grund. Gerätehersteller kennen ihre Geräte, deren Eigenschaften und Verhalten am besten und wissen so am ehesten, wie sich aus blanken Rohdaten sinnvolle, wertvolle Informationen generieren lassen. Ein weiteres Argument, das für eine lokale Datenvorverarbeitung im Sensor oder in lokaler Nähe spricht, ist die hohe Datenmenge. In einer Fabrik befinden sich eine Vielzahl an Maschinen zur Bearbeitung, Montage und dem Transport von Gütern und damit auch Tausende von Sensoren. Klassische, schaltende Sensoren produzieren mit jeder Statusmeldung eine Datenmenge von 1 Bit, ein analoger je nach Auflösung 1 bis 2 Byte. Demgegenüber generieren aktuelle Sensoren mit Kommunikationsschnittstellen wie IO-Link eine deutlich größere Datenmenge. Komplexe Greifsysteme beispielsweise bieten mehr als 100 Byte an Prozess-, Diagnose- und Parameterdaten. Hinzukommt, dass bei sehr schnellen Produktionsprozessen innerhalb von wenigen Millisekunden neue, aktualisierte Werte anfallen. Diese gewaltige Datenmenge muss erst einmal vorverarbeitet und aggregiert werden, um genau die Daten, die das entsprechende Zielsystem (IT, OT) benötigt, zur Verfügung zu stellen.

Baumgart (Leuze): Gerade bei optischen Sensoren spielt die Datenvorverarbeitung eine ausschlaggebende Rolle, beeinflusst sie doch schon die Güte der Datenerfassung. Auch die lokale Überwachung der Verfügbarkeit ist eine zentrale Gerätefunktion, die – heute schon vielfach integriert – in der vernetzten Welt eine immer wichtigere Rolle spielt. In vielen Fällen lassen sich neue Ansätze für Predictive Maintenance oder Machine Learning nur realisieren, wenn die Daten aus unterschiedlichen Quellen miteinander vernetzt und bewertet werden. Diese Bewertung erfordert in der Regel ein entsprechendes Fachwissen, sodass Teile der Gerätefunktionen zukünftig durchaus auch auf Maschinenebene, z.B. in einem Edge-Gateway, angewendet werden, diese aber immer noch von den Geräteherstellern – den Experten – designed werden. In den allermeisten Fällen sind die hierfür notwendigen Daten nicht produktivitätsrelevant und werden durchaus heute schon über Remote-Serviceverbindungen übermittelt. Sobald das Thema Datensicherheit für den Anwender zufriedenstellend gelöst ist, spricht nichts gegen die Übermittlung der Daten an einen zentralen Server bzw. in die Cloud.

Wanner (SensoPart): Hier sprechen Sie sicherlich das kritischste Thema in Bezug auf Cloud-Lösungen an. Viele Kunden haben große Bedenken bezüglich der Datensicherheit. Wichtig ist deswegen zu prüfen, wo es Sinn macht, die Daten in die Cloud zu schicken und wo nicht. Wir bieten zum Beispiel in unseren Vision-Sensoren viele Möglichkeiten, im Sensor selbst schon viel der Vorverarbeitung und Auswertung zu erledigen und somit nur noch die wichtigsten bzw. die gewünschten Daten weiterzugeben. Zudem gibt es die Möglichkeit, auch einen lokalen Server durch verschiedene Standard-Protokolle (z.B. FTP) schnell und einfach einzubinden und somit nicht gleich alles in die Cloud geben zu müssen.

www.sick.de

www.ifm.com

www.balluff.de

www.leuze.de

www.sensopart.de

Details zu Sensorik
in Industrie 4.0:
http://hier.pro/e1el5


PLUS

VDMA-Leitfaden

Bei der Realisierung von Industrie 4.0 spielen Sensoren eine zentrale Rolle. Doch die Umsetzung technologischer Innovationen wird oftmals durch die Kosten für eine geeignete Sensorik erschwert. Ziel des Leitfadens ist es, für Anwender und Hersteller von Sensorsystemen Stellhebel und Wege zu niedrigeren Sensorkosten aufzuzeigen.

www.industrie40.vdma.org

Der VDMA-Leitfaden „Sensorik für Industrie 4.0“ unterstützt Anwender und Hersteller von Sensorsystemen mit einem strukturierten Prozess bei der Definition der Anforderungen und der Entwicklung kostengünstiger Sensorsysteme
Bild: zhu difeng/Fotolia.com
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