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Der Touchscreen, der an die Fingerspitzen klopft führt durchs Menü

Ingenieure der Uni Saarland geben Touchscreens eine dritte Dimension
Der Touchscreen, der an die Fingerspitzen klopft

Der Touchscreen, der an die Fingerspitzen klopft
Ingenieure der Uni Saarland testen den Prototyp, der auf der Hannover Messe zu sehen sein wird Bild: Oliver Dietze

Inhaltsverzeichnis

1. Unspektakuläre Silikonfolie
2. Stück Kunststoff wird technisches Bauteil

 

Durch Klopfen oder Vibrieren kann das Display den Finger des Smartphone-Nutzers durch das Menü führen. Oder zu Tasten und Buttons, die an beliebiger Stelle entstehen und wieder verschwinden. Professor Stefan Seelecke und sein Team von der Universität des Saarlandes haben eine Folie entwickelt, die Touchscreens eine dritte Dimension verleiht. Die federleichte, dünne Silikonfolie hält stufenlos verschiedene Stellungen und Höhen; sie kann klopfen, drücken, stoßen und vibrieren. Auch hat sie Sensoreigenschaften und wird so zum Sinnesorgan des jeweiligen Geräts.
Fährt der Smartphone-Nutzer mit der Fingerspitze über das Display, ist da an einer Stelle plötzlich ein Klopfen. Darunter entsteht wie von Zauberhand ein Button. Oder der Nutzer folgt dem Signal, das seinen Finger leitet, und er findet den Knopf auf diese Weise. Mit der neuen Technologie, die das Ingenieurteam von Professor Stefan Seelecke am Lehrstuhl für Intelligente Materialsysteme der Universität des Saarlandes und am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik entwickelt hat, können Buttons bei Bedarf überall auf dem Bildschirm entstehen und verschwinden. Durch Vibration, Klopfen oder Stöße an die Fingerkuppe kann das Display seinen Nutzer zu ihnen führen. Damit eröffnen sich bei Computerspielen, der Internetsuche und auch für Navigationsgeräte neue Möglichkeiten.

Unspektakuläre Silikonfolie

Eine auf den ersten Blick unspektakuläre Silikonfolie – nicht unähnlich der handelsüblichen Frischhaltefolie – legt die Basis für eine neue Generation von Displays. „Es handelt sich bei der Folie um ein so genanntes dielektrisches Elastomer“, erklärt Professor Stefan Seelecke, dessen Arbeitsgruppe für die Folien auf internationalen Konferenzen bereits mehrfach ausgezeichnet wurde.

Die Ingenieure drucken hierbei auf eine hauchfeine Kunststoff-Membran eine elektrisch leitfähige Schicht auf. Dadurch können sie eine elektrische Spannung anlegen: Die „Elektroaktivität“ der Folie bedeutet, dass sie sich in der einen Richtung zusammenziehen und in die andere Richtung dehnen kann. „Aufgrund der elektrostatischen Anziehungskräfte drückt sich das Polymer zum Beispiel zusammen und dehnt sich nach außen hin aus“, erläutert Steffen Hau, promovierter Ingenieur aus Seeleckes Team. Verändert der Forscher das elektrische Feld, vollführt die Folie verschiedenste Choreografien und gibt beliebige Signale: vom hochfrequenten Vibrieren über spezifische Impulse wie bei einem Herzschlag bis hin zu stufenlosen Hub-Bewegungen. In ihrem Prototyp, den die Wissenschaftler auf der Hannover Messe zeigen, haben sie die Folien mit einem Smartphone-Display kombiniert. Sie lassen so nicht nur virtuelle Buttons entstehen, sondern eröffnen dem Display zusätzliche Funktionen.

Stück Kunststoff wird technisches Bauteil

Mit einer Regelung über Algorithmen wird aus dem Stück Kunststoff ein technisches Bauteil, das die Ingenieure gezielt ansteuern können. „Wir setzen dabei die Folie selbst als Positions-Sensor ein. Das Display hat damit zugleich sensorische Eigenschaften. Weitere Sensoren benötigen wir nicht“, sagt Steffen Hau. Die Forscher können jede einzelne Stellung der Folie exakt den entsprechenden Messwerten der elektrischen Kapazität zuordnen. „Dadurch wissen wir immer, wie sich das Polymer gerade verformt. Mit den Messwerten der elektrischen Kapazität können wir auf die jeweilige mechanische Auslenkung der Folie rückschließen. Indem wir die elektrische Spannung verändern, können wir die Folie präzise ansteuern“, erklärt Hau. In einer Regelungseinheit lassen sich die Bewegungsabläufe exakt vorausberechnen und programmieren.

„Da die Technologie ohne seltene Erden oder Kupfer auskommt, ist sie günstig in der Herstellung, verbraucht sehr wenig Energie und ist sehr leicht“, ergänzt Professor Seelecke. Noch handelt es sich bei den elastisch verformbaren Kunststoff-Folien um Ergebnisse der anwendungsorientierten Forschung. Die Ingenieure suchen jetzt auf der Hannover Messe Partner aus Industrie und Unternehmen, um ihr Verfahren in die Produktion zu bringen. bt

www.uni-saarland.de

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