Inhaltsverzeichnis
1. Wie kann DIMA fürs Schiff funktionieren?
2. Zunehmende Komplexität erfordert neue Lösungen
3. Die IT macht es vor
Werften sind heute nahezu gezwungen, Liefertermine bestmöglich einzuhalten. Die Beherrschung komplexer Abläufe und Systeme wird somit zu einer wichtigen Herausforderung. Dementsprechend bestimmen Automation und Software schon jetzt die Komplexität eines Schiffes maßgeblich mit und Daten werden terabyteweise gesammelt. Die Arbeit von Werften und Systemintegratoren wird jedoch durch die allgegenwärtige Anforderung, die Voraussetzungen für das Datensammeln zu schaffen, deutlich erschwert: Sie müssen Systeme verschiedener Hersteller während der Inbetriebnahme in Einklang bringen, weshalb Werften hier sehr eng mit dem Lieferanten des übergeordneten Monitoring- und Kontrollsystems zusammenarbeiten müssen.
Letztendlich hat der Gesamtsystemintegrator eine Schlüsselfunktion während der Inbetriebnahme. Er muss Änderungen sowie den Integrationstest an Bord durchführen. Hier sind Arbeiten teilweise nur nacheinander möglich und die Arbeitsstunden sind in der Regel teurer als in der Werkstatt. Reeder ihrerseits müssen sich heute mehr denn je auf ihr Kerngeschäft, die Abbildung einer weltumspannenden Logistikkette konzentrieren. Benötigen sie dazu Daten von ihren Schiffen, hängen sie eng an dem Integrator der das integrierte Monitoring- und Kontrollsystem des Schiffes liefert. Änderungen in Teilsystemen, wie zum Beispiel des Bunkersystems oder der Boiler führen dazu, dass beispielsweise der Boilerlieferant an Bord kommen muss. Darüber hinaus muss auch der Integrator die zusätzlichen Variablen oder Messwertbereiche in das übergeordnete System einpflegen. Besagter Boilerlieferant hat somit, als Beispiel für jegliche Teilsystemhersteller, dauerhaft einen hohen Abstimmungsaufwand mit vielen Monitoring- und Kontrollsystemherstellern, um eine plausible und normenkonforme Visualisierung der Boilerkreise zu gewährleisten. Im Zweifel erfolgt sogar die Regelung von Teilsystemen auf der Leitebene.
Wie kann DIMA fürs Schiff funktionieren?
In Anbetracht der komplexen Systemlandschaft auf einem Schiff erscheint es sinnvoll, jedem Mitglied der Wertschöpfungskette die Fokussierung auf seine Kernthemen zu ermöglichen: Der Teilsystemhersteller konstruiert seine Anlage inklusive Automation und Visualisierung. Der Systemintegrator und die Werft fügen die Teilsysteme zusammen. Und der Reeder stellt eine Logistikdienstleistung bereit, erhält einen höheren Investitionsschutz für sein Schiff und reduziert seine Abhängigkeit von Schlüssellieferanten. Auf maschinenbaulicher Seite ist dieses Vorgehen bereits Realität. Im Bereich der Elektrotechnik sowie der Softwarekomponenten sind Schnittstellen allerdings weniger durchgängig genormt und die Teilsysteme sogar auf Leitebene sehr eng miteinander verknüpft. Oftmals werden sie auch zentral automatisiert. Unter Umsetzung der folgenden Maßnahmen ließe sich das Konzept der dezentralen Intelligenz für modulare Anlagen dennoch auch auf einem Schiff implementieren:
- In den Teilsystemen muss eine dezentrale Automation etabliert werden.
- Eine Software-Schnittstelle mit hohem Abstraktionsgrad muss beschrieben werden. Hoher Abstraktionsgrad bedeutet in diesem Fall, dass das Teilsystem als ein Dienst angesehen wird. Dienste können unter anderem gestartet, gestoppt und parametriert werden. Für das Leitsystem, das damit zur Prozessführungsebene wird, ist es dabei egal, ob es die Hauptmaschine, die Boiler oder die Klimaanlage startet.
- Zudem sind Informationen statt Daten auszutauschen.
All dies sollte unter einem normierten Standard, der Herstellerunabhängigkeit bietet, geschehen.
Zunehmende Komplexität erfordert neue Lösungen
Wago hat zusammen mit der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und der Technischen Universität Dresden das Konzept DIMA (Dezentrale Intelligenz für Modulare Anlagen) für die Verfahrenstechnik erarbeitet. Es deckt die genannten Anforderungen ab und mündet derzeit in die VDI/VDE-Richtlinie 2658 sowie die NAMUR-Empfehlung NE148. Kernstück der Methode ist das Module Type Package (MTP) für Dienste und Informationen. Es beschreibt den Informationsaustausch mittels OPC-UA. Die Diensteorientierung wird durch eine IEC 61512-normierte Statusmaschine gewährleistet und die Visualisierung im Teilsystem mittels AutomationML (Markup Language) beschrieben. Sie ist somit in der Vorortbedienung wie im Maschinenkontrollraum oder auf der Brücke funktional identisch – lediglich die Darstellung folgt dem Design des jeweiligen Herstellers.
Versuche an einer Modellanlage der Verfahrenstechnik haben gezeigt, dass eine Inbetriebnahme der Anlage innerhalb von nur zweieinhalb Minuten möglich ist. Bei herkömmlichen Inbetriebnahmen wären hier ansonsten zunächst mehrere Arbeitstage in die Anpassung des Leitsystems geflossen. Die positiven Erfahrungen in der Verfahrenstechnik sowie die breite Herstellerunterstützung im Bereich der Automation führen zu der Annahme, dass die Vorteile einer diensteorientierten Software in der Automation auch zu Effizienzsteigerungen im Schiffbau führen können. ik
Details zur herstellerunabhängigen Lösung DIMA:
Messe SMM 2018: Halle B6, Stand 413
Messe Innotrans 2018: Halle 13, Stand 300
PLUS
Die IT macht es vor
Vorbild für die modulare, dezentrale Automation von verfahrenstechnischen Anlagen mittels DIMA ist die IT-Welt, in der Komponenten einfach integriert werden. Ein Drucker kann beispielsweise angeschlossen und genutzt werden, ohne dass sein Bediensystem programmiert werden muss. Ebenso einfach lassen sich Anlagenmodule mittels DIMA in die Anlagenarchitektur integrieren und in Betrieb nehmen. Vergleichbar mit dem Tausch von Druckern am PC, die durch den standardisierten Druckertreiber sofort wieder zur Nutzung aktiv sind, hat das DIMA-MTP-Konzept ebenfalls einen Softwaretreiber für das Produktionsmodul: Das Module Type Package (MTP), welches die digitale Beschreibung zum Fertigungsmodul beinhaltet und somit die virtuelle Beschreibung dessen ist, was physisch zur Verfügung steht. Im Detail beschreibt das MTP die Funktionen des Produktionsmoduls, seine visuelle Darstellung im Produktionsleitrechner, Diagnoseinformationen sowie technische Daten. Aufgebaut ist es in AutomationML und erzeugt wird es bei der Programmierung der SPS – im Engineering-Tool e!Cockpit von Wago sogar auf Knopfdruck.