Ein Ausfall sowie die Wartung und Reparatur von Windenergieanlagen sind meist aufwändig und kostspielig. Häufig ist die Leistungselektronik betroffen, die sehr hohen Belastungen ausgesetzt ist. Deshalb erforscht die Universität Bremen im Rahmen des Verbundprojekts Hipe-Wind (High Power Electronics in Wind Energy Plants), wie sich ihre Lebensdauer verlängern und die Wartung optimieren lässt. Die Weiss Technik GmbH, Reiskirchen, hat dafür eine Klimaprüfkammer für multidimensionale Belastungstests geplant und realisiert.
Klimabedingungen von der Arktis bis zur Sahara
Federführend beim Verbundprojekt ist das Institut für Elektrische Antriebe, Leistungselektronik und Bauelemente der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme Iwes in Bremerhaven. Um herauszufinden, welche Komponenten der Leistungselektronik unter welchen Bedingungen ihren Dienst versagen, werden Langzeit-Belastungstests an kompletten Umrichtersystemen von Windenergieanlagen bis zur 10-MW-Klasse durchgeführt.
Dabei werden die hohen Belastungen durch sich ändernde Windbedingungen und durch das Stromnetz unter verschiedenen Klimabedingungen simuliert – von der Arktis bis zur Sahara. Dies findet in der kundenspezifisch entwickelten Klimakammer von Weiss Technik statt. Als klimatechnisches Herzstück des Hipe-Labs in Bremen hilft sie, realitätsnah und im Zeitraffer nachzuvollziehen, wie die Umrichtersysteme während eines 20-jährigen Einsatzes unter den multimodalen Belastungen altern.
300-kW-Großanlage mit Schwerlastboden
Weiss Technik hat das Projekt aus einer Hand geplant und realisiert. Dabei war die Größe und Leistungsstärke der begeh- und befahrbaren Kammer mit einem nutzbaren Prüfraumvolumen von rund 190 m3 und einem elektrischen Anschlusswert von knapp 300 kW eine anspruchsvolle Aufgabenstellung. Die Flächenlast des Schwerlastbodens im Prüfraum liegt bei mehr als 10.000 N/m2.
Die großen, bis zu 5000 kg schweren Prüflinge – Schaltschränke mit Umrichtern – werden auf Rollen über ein Doppelflügeltor in die Prüfkammer eingefahren. Die Kammerinnenwände sind in Edelstahl dampfdicht verschweißt ausgeführt und mit einer 200 mm dicken 2-Schicht-Isolierung versehen, bestehend aus Spezial-Schaum und Mineralwolle. Eine Seitentür dient als Zugang für das Personal.
Umweltfreundliche Kälteanlage
Der geforderte Temperaturbereich für die durchzuführenden Tests liegt bei – 40 °C bis + 120 °C. Um dies möglichst effizient und umweltfreundlich zu realisieren, hat Weiss Technik eine CO2-Kältekaskade eingesetzt. Gleichzeitig ermöglicht dieses Design eine hohe Wärmekompensation. Dies ist für die Belastungstests wichtig, weil die unter Last getesteten Prüflinge eine hohe Wärmelast erzeugen.
Der Einsatz von CO2 als Kältemittel macht zusätzliche Sicherheitseinrichtungen erforderlich. So war es notwendig, eine Stillstandskühlung mit separater Stromversorgung zu integrieren, um eine Ausdehnung des CO2 zu verhindern und einen zu hohen Systemdruck beim Anlagenstillstand zu vermeiden. Darüber hinaus ist eine Gaswarnanlage in die Prüfkammer und den Technikraum integriert, die optische und akustische Alarme auslöst und die Notspülung aktiviert, wenn CO2 entweicht. Redundant ausgeführte Messtechnik überwacht den Sauerstoffgehalt kontinuierlich.
Für Umweltsimulationen optimierte Steuerung
Gesteuert wird die Anlage einfach und intuitiv über die für Umweltsimulationsanlagen optimierte Simpac-Steuerung, dem digitalen Mess- und Regelsystem zur Bedienung, Überwachung und Dokumentation. Die Bedienung kann über ein Touch Panel außen am Technikraum erfolgen. Zusätzlich kann die Anlage über eine Ethercat-Schnittstelle sowie Netzwerkschnittstelle im komfortablen Remote-Modus betrieben werden.
Die multimodale Prüfanlage ist seit Mitte 2021 im Forschungsprojekt Hipe-Wind in Bremen im Einsatz. (jk)
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