Für Automobilzulieferer ist das Qualitätsmanagement ein entscheidender Faktor. Vor allem beim Einbau einer großen Anzahl verschiedener, vorgefertigter Bauteile in eine spezifische mechanische Umgebung ist exaktes Arbeiten nicht nur aus Qualitäts-, sondern auch aus Sicherheitsgründen unabdingbar. Die frühere, manuelle Qualitätsprüfung war hier viel zu zeit- und kostenaufwendig und mit Blick auf menschliche Fehlerquellen nicht sehr sicher. Überdies ist heute die große Typen- und Bauteilevielfalt eine Herausforderung. Bei filigranen Werkteilen, die dazu noch in schwer zugänglichen Umgebungen passgenau montiert sind, geht ohne moderne Prüftechnik nichts mehr.
Zu diesem Zweck hat die Handke Industrial Solutions GmbH (HIS GmbH) für einen Automobilzulieferer eine automatisierte Prüfzelle mit zwei VS-087-Robotern von Denso Robotics entwickelt. Das Unternehmen mit Sitz in Garbsen bei Hannover entwickelt, vertreibt und produziert seit 1979 Produkte und Software für die Automatisierungs- und Elektronikbranche. Die seit Ende 2016 eingesetzte Prüfzelle kontrolliert die korrekte Montage von Standheizungsapplikationen für Personen- und Nutzfahrzeuge. „Das eigentliche Basisgerät ist zwar stets sehr ähnlich, doch je nach Fahrzeugmodell ist die mechanische Umgebung anders angelegt“, erklärt Matthias Scheel, Geschäftsführer der HIS GmbH, „es gibt bei Halterungen, Abgas- und Luftansaugung insgesamt 250 Varianten, mit denen die Prüfzelle arbeiten muss.“ Diese schafft im Dreischichtsystem täglich insgesamt 1.500 Bauteile (jeweils bis zu 60 x 60 x 60 mm groß).
Qualitätsprüfung mit einem System
Während die Qualitätsprüfung früher mit drei Kamerasystemen und nur auf linearen Achsen umgesetzt wurde, ist das jetzt in einem einzigen System möglich: Dank der sechsachsigen VS-087 Roboter sind selbst schwer zugängliche Bereiche in der Montage erreichbar. Damit wird die Qualitätsprüfung höchst flexibel; je Bauteil werden für die Qualitätsprüfung nur 30 Sekunden benötigt. Neben dieser Effizienz- und Qualitätssteigerung spart der Zulieferer aufgrund der wegfallenden Rückläufer nicht exakt eingebauter Werkteile durch den Automobilhersteller erhebliche Kosten – und die automatisierte Qualitätsprüfung schließt menschliche Fehler aus. Darüber hinaus werden alle Kameraaufnahmen für einen definierbaren Zeitraum gesichert und signiert, um bei Bedarf den korrekten Zustand des Produktes beim Verlassen der Produktion zu dokumentieren. „Wir haben uns für Denso-Roboter entschieden, da sich diese leicht integrieren lassen und dank ORiN (Open Resource interface for the Network), das Denso Robotics zur Verfügung stellt, für die Schnittstellenkommunikation unkompliziert ausgelegt sind“, sagt Matthias Scheel. Eingesetzt mit dem RC8 Controller des Herstellers, ermöglicht ORiN die Zusammenarbeit mit externen Geräten wie eben Kameras und vielem mehr. Die Programmierung erfolgte in .NET C# sowie WPF. ORiN war ursprünglich als Standardplattform für robotergestützte Anwendungen entwickelt worden. Heute dient die Lösung in der industriellen Produktion als Entwicklungssoftware für eine ganze Reihe von Anwendungen – von Robotern bis zu anderen Produktionselementen wie SPS und numerischer Steuerung (NC).
Schlanker, mechanischer Aufbau
„Entscheidend für die Wahl waren auch die sechs Achsen der VS-087 Modelle“, sagt Matthias Scheel, „denn sie ermöglichen eine größtmögliche Beweglichkeit in alle Richtungen, zumal die Anbauteile der Standheizungsapplikationen in mitunter schwer zugänglichen Montagepositionen sitzen.“ Überdies bieten die Roboter-Spezialisten einen schlanken mechanischen Aufbau, da die Motoren platzsparend im Roboter eingebaut sind. Dank dieser Voraussetzungen war es sehr einfach, das Prüfsystem sofort zu nutzen und in einer hoch entwickelten Computersprache im Gesamtsystem zu steuern, das heißt, die Roboter mussten nicht programmiert werden. Die übergeordnete Steuerung der Anlage erfolgt über eine eigene Software-Lösung der HIS GmbH, die Roboter, Kamera- und Bildverarbeitungssystem sowie die Beleuchtung koordiniert. Im Zusammenspiel mit der Bildverarbeitungsbibliothek kann je nach Kunde beziehungsweise Bauteil ein eigener Prüfablauf modular angelegt werden.
Die eingebauten Bauteileträger werden auf einem Transportsystem automatisch in die 3 x 3 Meter große Prüfzelle geschleust und dort von zwei VS-087-Robotern mit aufgesetzten Kameras kontrolliert. Diese Kamerasysteme sind anstelle des Greifers am Roboterarm installiert und bestehen aus einer Gigabit-Ethernet-Kamera (The Imaging Source) sowie einem Beleuchtungsring. Sie liefern hochauflösende, in unterschiedlichen Farben dargestellte Kontrastbilder. Die eigentliche Qualitätsprüfung erfolgt durch den Einsatz unterschiedlichster Bildverarbeitungswerkzeuge einer Bildverarbeitungsbibliothek (Halcon von MVTec). Kamera und Bibliothek prüfen die Bilddaten und melden, zu welchem Grad Muster und Werkteil (das heißt die unterschiedlichen Anbauteile der Standheizungsapplikation) sowie dessen Einbauposition übereinstimmen. Bei einer Fehlermeldung wird das Bauteil automatisch aussortiert. Die Kommunikation zwischen Robotern und den angeschlossenen Gigabit-Ethernet-Kameras ist sehr einfach, auch die Kabelzuführung gestaltet sich unkompliziert, denn die VS-Roboter bieten einen optionalen Kommunikationsflansch zum direkten Anschluss von Kameras und Greifern an der 6. Achse des Roboters – Denso Robotics ist nach eigenen Angaben der einzige Hersteller, der diese Technologie anbietet.
Alle in der Prüfzelle generierten Daten werden in einem MES-System zur Überwachung und Analyse gespeichert; daher sind IoT-Services und eine Industrie 4.0-Integration leicht umsetzbar. Die Anwendung lässt sich leicht auf andere Baugruppen übertragen, zum Beispiel Lichtmaschinen oder Klimaanlagen. Auch Anwendungen außerhalb der Automotive-Industrie sind vorstellbar. Gegenwärtig wird eine ähnliche Prüfzelle unter anderem für die Überprüfung von Dichtungen eingesetzt. jg
Details zu Roboter-Lösungen von Denso Robotics:
www.densorobotics-europe.com/de/roboter