Das Potenzial metallischer und keramischer Werkstoffe, z. B. für Verdichter, Turbinen, Brennkammern und Dampferzeuger, muss kontinuierlich weiterentwickelt werden. Metallische Werkstoffe sind bei erhöhter Temperatur verstärkt korrosiven Belastungen durch ihre Einsatzatmosphären ausgesetzt. Daher kommt dem Schutz vor Korrosion eine wichtige Bedeutung zu. Eine der Schutzmöglichkeiten ist die Ausbildung einer Passivierungsschicht durch den Werkstoff selbst. Für den Hochtemperaturbereich sind die Oxide von Chrom (Cr2O3, bis ca. 900 °C), Aluminium (Al2O3, bis ca. 1500 °C) und Silizium (SiO2, bis ca. 1800 °C) als Schutzschichten am besten geeignet.
Für eine optimierte Werkstoffentwicklung ist das fundierte Verständnis der Zusammenhänge von chemischer Zusammensetzung, Mikrostruktur und mechanischen Eigenschaften bzw. Langzeitstabilität von großer Wichtigkeit. Um die ideale Ausnutzung und damit den wirtschaftlichen Einsatz dieser meist teuren Hochleistungswerkstoffe sicherzustellen, müssen einerseits zuverlässige Werkstoffkennwerte unter praxisnahen Beanspruchungen ermittelt werden. Dazu gehören Zugbeanspruchung, bruchmechanisches Verhalten, Kriechen und Ermüdung in anwendungsrelevanten Umgebungsbedingungen sowie thermomechanische Ermüdung. Andererseits ist es notwendig, Modelle zur Lebensdauervorhersage unter diesen komplexen Beanspruchungen zu erarbeiten, um teure Überdimensionierungen zu vermeiden und gleichzeitig bestmögliche Zuverlässigkeit im Langzeitbetrieb zu erreichen. Neben verbesserten Grundwerkstoffen können metallische Oxidschutz- und keramische Wärmedämmschichten in Verbindung mit geeigneten Kühlverfahren erheblich zur Steigerung der Prozesstemperaturen beitragen. Vor allem bei der Entwicklung neuer Materialien ist darauf zu achten, dass die Ergebnisse nicht nur technisch machbar, sondern auch ökonomisch sinnvoll und im Langzeitbetrieb zuverlässig sind.
Thermisch-mechanische Eigenschaften bestimmen
Hochtemperatur-Prüfungen bei Zug- und Biegeversuchen werden zur Bestimmung des thermisch-elastischen Verhaltens, der Hitzebeständigkeit und der Rekristallisationstemperatur von Werkstoffen verwendet. In der Praxis ist es gängig, die Hochtemperaturanlage (bis zu 2000 °C) direkt in die Material-Prüfmaschine einzubauen. Mit einem derartigen Aufbau lassen sich Zugversuche bei Raumtemperatur nach ISO 6892–1 oder ASTM E 8 sowie bei erhöhter Temperatur nach ISO 6892–2 bzw. ASTM E 21 durchführen. Während des Einsatzes bei Raumtemperatur werden einfach die Komponenten wie Hochtemperaturofen (1– oder 3-Zonen Ofen) und Hochtemperatur-Längenänderungsaufnehmer aus dem Prüfraum geschwenkt. Durch die Verwendung eines vertikal geteilten Klappofens kann das verwendete Zuggestänge über ein Schnellwechselsystem einfach eingesetzt und entnommen werden.
Die Entwicklungen von Zwick Roell zeichnen sich durch eine optimale Abstimmung der Öfen inkl. Temperaturreglern, der passenden Probenhalter für Zug- und Biegeversuche als auch der zugehörigen Längenänderungsaufnehmer aus. Mit dem Video-Längenänderungsaufnehmer videoXtens (bis 1200 °C) und dem auf dem Laser-Speckle-Prinzip basierenden laserXtens (bis 1800 °C) bietet Zwick Roell zwei berührungslos messende Extensometer, die sich ideal für den Einsatz bei Hochtemperatur-Zugversuchen eignen. Um die Probendurchlaufzeit dennoch zu verkürzen, sind Anlagen mit bis zu sechs Öfen möglich.
Thermomechanische Ermüdung simulieren
Kraftwerks- und Flugzeugturbinen müssen eine ausreichende Beständigkeit gegen kurzfristige Lastwechsel und Start-Stopp-Vorgänge aufweisen. Beim Start erwärmen sich alle Komponenten von Raum- auf Betriebstemperatur, was mit einer Ausdehnung des Materials einhergeht. Diese Ausdehnung erzeugt eine Spannung im Material, die genau bekannt sein muss. Bei Verbundbauteilen führt die thermische Fehlpassung zwischen metallischen und keramischen Komponenten zu einer weiteren Belastung, die berücksichtigt werden muss. Ferner beeinflussen aufwachsende Oxidschichten während des Betriebs die Ermüdungslebensdauer. Bei der Simulation dieser thermomechanischen Ermüdung (TMF = Thermo Mechanical Fatigue) wird eine Probe zyklisch erwärmt und die Material-Prüfmaschine überlagert in gleicher oder entgegengesetzter Phase eine mechanische Dehnung bzw. Stauchung. Für diese Versuche werden Induktions-Heizsysteme eingesetzt, mit denen sich schnelle und kontrollierte Aufheiz- und Abkühlphasen abbilden lassen.
Kriechverhalten bestimmen
Neben den statischen mechanischen Eigenschaften ist auch das zeitabhängige Verformungsverhalten wichtig. Dabei kommt auch der Umgebungsatmosphäre eine hohe Bedeutung zu. Zeitstand-, Kriech- und Spannungsrelaxationsversuche werden in Luft und unter simulierten Atmosphären durchgeführt. Hier eignet sich eine Prüfmaschine vom Typ Kappa 50 SS-CF mit videoXtens. Es können auch Kriechermüdungsversuche, Versuche zur Untersuchung des Risswachstums und Versuche mit niedrigen Dehnungsgeschwindigkeiten im Temperaturbereich bis zu 1100 °C durchgeführt werden. jg
Ein Video über die Hochtemperaturprüfung in einem 3-Ofen-Karussell unter: