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Die DIN EN 61439 für den Bau von Steuerungen und Schaltschränken

Offen für die Zukunft
Schaltanlagen- und Steuerungsbau gemäß DIN EN 61439

Die DIN EN 61439 als aktuelle Norm für den Bau von Schaltanlagen und Steuerungen beschreibt als Nachfolgenorm der DIN EN 60439 alle technischen Anforderungen an Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen im Schaltschrank und erläutert, wie die Nachweise zu erbringen sind. Die Norm beschreibt, wie die elektrische Energieverteilung in der Industrie, bei der Hausinstallation sowie auf Baustellen zu realisieren ist und bildet zukünftig auch die normative Grundlage für die Ladesäulen der Elektromobilität.

 

Die Norm DIN EN 61439 gilt für Energieverteiler, alle Schalt- und Steuerungsanlagen, Zählerschränke und Verteilerschränke in privaten und gewerblichen Gebäuden, für Baustromverteiler und Kabelverteilerschränke sowie für Schaltgerätekombinationen in besonderen Bereichen. Sie gilt für alle international gebräuchlichen Netzsysteme, Spannungen und Frequenzen für Einphasen- und Drehstromnetze. Ihre Struktur und die inhaltlichen Veränderungen berücksichtigen den aktuellen Stand der Technik sowie die Bemessung und Prüfung aller wichtigen elektrischen und mechanischen Parameter.

Im Vordergrund der Norm stehen die ganzheitliche Betrachtung des Schaltschranks und der Begriff der Schaltgerätekombination. Die aus der vormals geltenden DIN EN 60439-1 vorgeschriebenen Typprüfungen (TSK) sowie partielle Typprüfungen (PTSK) entfallen. Stattdessen muss für Schaltanlagen heute ein sogenannter Bauartnachweis erbracht werden. Der vormals geltende Stückprüfbericht wird durch einen Stücknachweis ersetzt.

Die DIN EN 61439 gliedert sich in einen Teil mit allgemeinen Anforderungen und einen weiteren Teil mit eigenen Produktnormen für die spezifischen Schaltgerätekombinationsarten. Im Einzelnen besteht die Struktur der Normenreihe aus folgenden Teilen:

  • TR 61439-0: Planungsleitfaden für Niederspannungs-Schaltanlagen
  • DIN EN 61439-1: Allgemeine Festlegungen für Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen
  • DIN EN 61439-2: Energieschaltgerätekombinationen (PSC)
  • DIN EN 61439-3: Installationsverteiler
  • DIN EN 61439-4: Baustromverteiler
  • DIN EN 61439-5: Kabelverteilerschränke
  • DIN EN 61439-6: Schienenverteiler
  • DIN EN 61439-7 Verteiler für Marinas, Marktplätze, Camping und Ladepunkte für Elektrofahrzeuge

Der Aufwand gemäß der DIN EN 61439 unterscheidet sich kaum von der Prüfung der TSK- oder PTSK-Anlagen. Auch das Verfahren zur Berechnung der Erwärmung von Anlagen bis 1600 A bleibt unverändert. Erleichtert wurde dagegen die Vorgehensweise für Anlagen bis 630 A. Die DIN EN 61439 führt den Hersteller zielgerichtet zu den erforderlichen Nachweisen. Wendet ein Hersteller die aktuelle Norm korrekt an, kann er nachweisen, dass seine Anlagen sicher und zuverlässig arbeiten. Da solche Anlagen oft zwischen 20 und 30 Jahre betrieben werden, sollten die Niederspannungsschaltanlagen und Steuerungen stets an die aktuellen Betriebsbedingungen angepasst werden. Auch der Umbau sollte deshalb gemäß der Normenreihe DIN EN 61439 erfolgen.

Warum die DIN EN 61439 als Nachfolgenorm zur 60439?

Die sicherheitstechnischen Anforderungen an elektrische Betriebsmittel basieren auf den Zielen für den Personen- und Anlagenschutz. Schon in der DIN EN 60439 wurden die unterschiedlichen Arten von Schaltanlagen erstmals in einer einzigen Norm zusammen geführt und mittels der Begriffe TSK und PTSK klassifiziert. Da diese Klassifizierung letztendlich keine eindeutige Zuordnung ermöglichte, war es erforderlich, den Aufbau der Norm und die Art der Nachweisführung neu festzulegen.

In Anlehnung an die Schaltgerätenorm IEC 60947 entstand eine neue Strukturierung in einen allgemeinen Teil sowie entsprechende Produktteile. Die Klassifizierung der Produktteile in der Form ermöglicht es, dass sie der Anwendung klar zugeordnet werden können. Die Struktur ist sowohl offen für das aktuelle als auch für zukünftige Ausprägungen von Schaltanlagen und Verteilern. Schaltgeräte-Kombinationen sind als Black Box mit entsprechenden Schnittstellen zu bemessen; die Bemessungswerte sind dabei in Abhängigkeit des Einsatzgebietes der Schaltgerätekombination und der Schutzziele nachzuweisen.

Im europäischen Handelsraum ist für Niederspannungsschaltanlagen eine CE-Konformitätserklärung erforderlich. Sie verweist üblicherweise auf die Niederspannungsrichtlinie, die EMV-Richtlinie sowie die Maschinenrichtlinie und weitere, darauf aufbauende Vorschriften. Ein Hersteller, der ab Ende 2014 eine Schalt- oder Steuerungsanlage normkonform produzieren und in Verkehr bringen möchte, muss einen Bauartnachweis und einen Stücknachweis erstellen.

Wer ist zuständig?

Spätestens bei der Inbetriebnahme eines Schaltschranks ist ein Stücknachweis zu erstellen und zu dokumentieren, dass der korrekte Aufbau und die Funktion der Niederspannungs-Schaltgerätekombination (SK) gewährleistet sind. Hier teilt die Norm die einzelnen Verantwortlichkeiten zu. Der Hersteller der Schaltgerätekombination ist verantwortlich für die Bemessung der Schaltgerätekombinationen entsprechend der ausgeschriebenen Nenndaten. Er sorgt für die Normenkonformität zum Kunden, die Einhaltung des Bauartennachweises des ursprünglichen Herstellers sowie die Kennzeichnung und Dokumentation der Anlage. Seine Aufgabe ist auch die Durchführung des Stücknachweises und die entsprechende Dokumentation.

Der ursprüngliche Hersteller ist laut Normentext verantwortlich für den Nachweis der Bauart durch Prüfung, Berechnung oder Einhaltung der Konstruktionsregeln. Der Planer/Betreiber ist verantwortlich für die Angabe der betreffenden Norm in den Ausschreibungen, z. B. der Schaltgerätekombination nach DIN EN 61439 sowie der Angabe der Schnittstellendaten ausgehend vom Black-Box-Modell. Der Hersteller der Schaltanlage stellt eine betriebsbereite Niederspannungs-Schaltgerätekombination für eine Kundenanwendung her und bringt sie in Verkehr. Der ursprüngliche Hersteller dagegen ist derjenige, der eine Schaltanlage entwickelt und die Art der Nachweisführung festzulegen hat. Ursprünglicher Hersteller und Hersteller können derselbe sein. Insbesondere bei individuell konstruierten Steuerungsanlagen ist der Hersteller der Schaltgerätekombination auch für den Bauartnachweises zuständig. Um dem Anwender zu bestätigen, dass der Bauartnachweis vorschriftsmäßig erbracht wurde, ist ihm lediglich eine kurze Zusammenfassung der von den Schaltgeräten erfüllten Eigenschaften zu liefern.

Zu beachten dabei ist, dass die Prüfung einzelner Gerate nicht die einzelnen Nachweise innerhalb des Bauartnachweis ersetzt. Da beispielsweise beim Test der Kurzschlussfestigkeit eines Schutzleiterkreises alle betreffenden Komponenten nicht nur elektrisch sondern in hohem Maße auch mechanisch beansprucht werden, müssen alle Parameter gemeinsam geprüft werden; eine ausschließlich elektrische Prüfung der Schutzleiterkomponenten ist für den Nachweis nicht ausreichend. Ähnlich ist es beim Nachweis der Schaltschrank-Kühlung. Hier müssen sowohl die in der Praxis erreichbaren Bemessungsströme sowie die Bemessungsbelastungsfaktoren der jeweiligen Stromkreise ermittelt werden. Die reine Angabe der Nennströme einzelner Komponenten oder Gerätekombination ist nicht ausreichend. Wesentlich dabei ist, auch die Einflüsse der Umgebung sowie anderer Geräte zu berücksichtigen.

Wie wird der Nachweis für einen Schaltschrank erbracht

Der vollständige Nachweis besteht aus einem Anlagendeckblatt, dem Bauartnachweis und dem Stücknachweis. Das Anlagendeckblatt umfasst die Bemessungsdaten und Einsatzbedingungen der jeweiligen Schalt- und Steuerungsanlage. Der Bauartnachweis sollte zu jedem Einzelnachweis die gewählte Nachweismethode sowie die -kriterium und die Nummern der Prüfberichte oder anderer Nachweise enthalten. Der Bauartnachweis ist zusammen mit dem Stücknachweis und der übrigen Dokumentation zu übergeben. Eine Weitergabe der ausführlichen Prüfberichte oder Berechnungen ist nicht erforderlich. Diese können nur durch von einer verantwortlichen Aufsichtsbehörde eingesehen werden. Alle Unterlagen sind für mindestens 10 Jahre zu archivieren. Die Konformitätserklärung, die erforderlich ist, wenn der Schaltschrank in der EU eingesetzt werden soll, ist nicht Bestandteil der Anlagendokumentation. Sie ist zwar vom Anlagenhersteller anzufertigen, kann aber nur von einer verantwortlichen Behörde angefordert werden. ge

Quellen und weitere Details:

www.rittal.de

http://hier.pro/clmcm

www.weidmueller.de

http://hier.pro/IL80T

www.zvei.de

http://hier.pro/v2w0s

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