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Engineering- und Marttrends in der Robotertechnik, Teil 1: Cobots

Robotertechnik
Engineeringtrends in der Robotertechnik, Teil 1

Mit Werkern arbeiten Roboter oft Hand in Hand. In flexiblen Fertigungsabläufen punkten sie als wandelbare Systeme. KEM Konstruktion hat sich unter Branchenexperten dazu umgehört, welche Trends das Engineering bestimmen, wie einfach und intuitiv die Implementierung und Bedienung von Robotern sein sollte und wie viel künstliche Intelligenz (KI) bereits in ihnen steckt.

Nico Schröder, Korrespondent KEM Konstruktion, Augsburg

Inhaltsverzeichnis

1. Robotertechnik-Trend: Cobots
2. Einfach und intuitiv Robotertechnik implementieren
3. Robotertechnik nutzt zunehmend KI

 

KEM Konstruktion: Welche Robotiktrends verfolgen Sie im Engineering?

Dr. Christian Henke (Fraunhofer IEM): In Hinblick auf individuelle Produkte und kleine Losgrößen ist vor allem eines entscheidend: die Wandelbarkeit der Systeme. Oftmals fehlen flexible Lösungen, die aufwandsarm Aufträge mit kleiner Stückzahl erledigen können. Wir arbeiten daran, dass Cobots ohne Programmieraufwand an neue Arbeitsaufgaben angepasst werden können. Sensorgeführte Systeme erhöhen zudem die Anpassungsfähigkeit, indem Bauteilabweichungen direkt erfasst werden und der Roboter seine Abläufe autonom anpasst. Oftmals ist eine freie Bewegung im großen Arbeitsraum erforderlich. Dann sind zusätzliche Achsen notwendig, die steuerungstechnisch vollständig integriert werden müssen. Dabei ermöglichen intelligente Sensoren und Algorithmen eine reibungslose Kommunikation zwischen Roboter und Achsen. Synchronisierte Bewegungen sorgen für einen präzisen Einsatz des Werkzeugs. Zusatzachsen in Kombination mit dem Cobot ermöglichen eine einfache Anpassung des Systems an sich ändernde Anwendungsszenarien – ohne aufwendige Umbau- und Rüstarbeiten.

Jörg Reger (ABB): Wir sehen eine steigende Nachfrage zu integrierten Automatisierungslösungen, die Flexibilität, Produktivität, Qualität und Einfachheit effizient verbinden. Dies beginnt bereits bei der Planung einzelner Produktionsanlagen oder ganzer Fertigungslinien. Mit flexiblen Lösungen können Unternehmen dem Trend der individualisierten Massenproduktion folgen und Prozesse in Losgröße 1 realisieren. Der Einsatz von Robotern ist dabei unumgänglich. Besonders effektiv wird es, wenn Robotik und Maschinensteuerung zu einer einheitlichen Architektur verschmelzen, um Präzision zu realisieren. So haben wir jüngst ABB-Roboter in das Automatisierungsportfolio von B&R, einer Einheit unseres Geschäftsbereichs, integriert.

Dr. Jens Kotlarski (Yuanda Robotics): Wir entwickeln, produzieren und vertreiben kollaborative Roboter mit menschenähnlichen Sinnen und nutzerzentrierter Bedienung. Die technologische Basis bildet ein System, das sämtliche normative Anforderungen an die sichere Mensch-Maschine-Interaktion erfüllt, und zwar nach EN ISO 10218–1 und 13849–1, PL d, Cat. 3. Dies entspricht der Grundfunktionalität, die man vom kollaborativen Roboter erwartet und auch erwarten sollte: Sensorik, funktionale Intelligenz und Vernetzung in einem System effizient kombiniert und zugänglich zur Verfügung gestellt, jedoch sehr viel mehr als reine Kollaboration.
Funktionell betrachtet setzt Yuanda Robotics Schwerpunkte im Bereich Qualitätskontrolle und der Vision-Funktionalität. Mit der integrierten Feinfühligkeit kann beispielsweise ein Montageprozess beziehungsweise der Kraftverlauf beim Fügevorgang kontrolliert und bewertet werden. Mittels Kamera kann geprüft werden, ob das richtige Bauteil an der richtigen Stelle korrekt montiert wurde und bereits vor einem Montageprozess, ob Bauteile die erforderliche Qualität besitzen oder ob Kratzer auf der Oberfläche vorhanden sind, die potenziell zu einem Ausschuss führen. Insgesamt lassen sich so mehrere Prozessschritte kombinieren und die Stabilität und Qualität konstant garantieren. Die Ergebnisse lassen sich basierend auf Konnektivität beobachten und bei Bedarf teilen.

Björn Milsch (On Robot): Ein Trend ist die Weiterentwicklung ausgefeilter Sensorik. Indem wir unseren Tools mehr Feingefühl verleihen, erweitern wir ihr Einsatzspektrum. Unsere Greifertechnik verfügt über integrierte optische Sensoren sowie Kraft- und Drehmomentsensoren in seinen Fingerspitzen. So kann die Position eines Werkstücks identifiziert und es zentriert gegriffen werden, ohne die genauen Parameter vorab zu kennen. Damit befähigen wir Anwender, Aufgaben zu automatisieren, die bislang als nicht automatisierbar galten: beispielsweise filigrane Stiftverbindungen einsetzen und Motorblöcke montieren. Ein weiteres Merkmal unserer Tools ist ihre MRK-Tauglichkeit: Nach erfolgreicher Risikobeurteilung können sie Hand in Hand mit Menschen arbeiten.
Ein weiterer Trend, der die Konstruktion unserer Tools beeinflusst, ist die zunehmende Individualisierung der Produktion. Immer mehr Hersteller haben es mit kleinen Chargen bis hin zu Losgröße 1 zu tun. Wir wollen ihnen mit unseren Greiferlösungen ermöglichen, kleine Losgrößen effizient zu handhaben – beispielsweise mittels Hafttechnologie unseres Gecko-Greifers.

Harald Dickertmann (Schunk): Zwei grundlegende Entwicklungsrichtungen sind erkennbar: Zum einen Simplifizierung, sprich ein einfacher Einstieg in die Robotik und die intuitive Bedienung der Roboter. Zum anderen der Trend zu intelligenten Lösungen und Funktionsintegration mit wachsenden Anforderungen an Sensorik und Intelligenz der Greifsysteme. Beide Trends erfordern, dass mehr Funktionalität in die Komponente integriert wird. Unser Fokus liegt auf Handling-Systemen, die sich zügig und intuitiv in Betrieb nehmen lassen, sich selbsttätig an variierende Greifsituationen anpassen und eine Interaktion mit Menschen in gemeinsam genutzten Arbeitsräumen ermöglichen. Darüber hinaus steigt der Grad der Intelligenz in Handhabungssystemen. Smartes Greifen umfasst zusätzlich zum Greifprozess das sensorgestützte Detektieren unterschiedlicher Prozessparameter, deren Analyse sowie die Möglichkeit, situativ angepasst zu reagieren. Greifer werden zunehmend zu Fitness-Trackern der Anlage, die im Zusammenspiel mit vor- und nachgelagerten Komponenten unaufhörlich und vollautomatisch den Zustand der Produktion ermitteln, die Bauteilqualität beurteilen und die Effektivität, Prozessfähigkeit sowie Ausfallraten überwachen.

Robotertechnik-Trend: Cobots

KEM Konstruktion: Mit welchen Komponenten oder Systemen setzen Sie aktuell Schwerpunkte am Markt?

Henke (Fraunhofer IEM): Wir haben eine Lösung zur Teilautomation von Schweißprozessen entwickelt, die insbesondere für kleinere Stückzahlen geeignet ist. Ein kollaborativer, sensorgeführter Schweißroboter soll die Mitarbeiter unterstützen, die bisher rein manuell geschweißt haben. Programmierkenntnisse sind dabei nicht nötig. Zudem erfolgt eine automatisierte Prozessüberwachung und ein Monitoring der Produktionsdaten. Der Roboter wird zu einem intelligenten Assistenten des Menschen, der ihn bei belastenden, monotonen Arbeiten unterstützt und ein zusätzliches Auge auf die Arbeitsergebnisse wirft. So stellen wir uns die ideale Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine vor.

Reger (ABB): Wir treiben die Umsetzung der digitalen Fabrik mit einem umfassenden Hardware- und Softwareportfolio voran. Dies wird ergänzt um unsere Service-Angebote sowie Digital-Lösungen. Zum Beispiel überwacht ABB Ability Connected Services den Zustand und die Leistung einzelner Roboter oder ganzer Flotten – aktuell bereits mehr als 7.000 Roboter in mehr als 750 Fabriken weltweit. Mit diesem vorausschauenden und proaktiven Ansatz lassen sich ungeplante Stillstände verhindern und Wartungen vorausschauend planen. Mit unseren Lösungen rücken auch Mensch und Roboter näher zusammen: Unsere sicherheitszertifizierte Software Safe Move 2 integriert beispielsweise jeden Industrieroboter in eine kollaborative Anwendung und gewährleistet gleichzeitig Sicherheit für den Werker. Menschen können gefahrlos direkt mit Robotern in einem gemeinsamen Arbeitsbereich arbeiten, die bis dato autark hinter Schutzzäunen agierten. Mit Yumi haben wir zudem kollaborative Roboter im Portfolio, die von Haus aus sicher sind und sich besonders für die Kleinteilmontage eignen.

Kotlarski (Yuanda Robotics): Unser Roboter zeichnet sich durch seine grafische Programmierung und seine intelligenten Sinne aus: er fühlt, sieht und versteht. Integrierte Drehmomentsensoren sowie eine integrierte Kamera erlauben eine hochaufgelöste Erfassung und Interaktion mit der Umgebung. Durch modellbasierte Algorithmen in Kombination mit maschinellem Lernen und einem sogenannten Neural Processing Unit (NPU), wird das Gefühlte und Gesehene verarbeitet, verstanden und Reaktionen teilautonom abgeleitet. Das integrierte OPC UA-basierte Kommunikationsgateway bietet darüber hinaus Schnittstellen für ein gemeinsames und vernetztes Lernen und Agieren. Yunik zeichnet sich besonders durch sein benutzungsorientiertes Design und die voll-integrierte Sensorik aus, die mittels künstlicher Intelligenz und Konnektivität wirtschaftlich Mehrwerte generiert. Diese Kombination und Integration verschiedener Technologien und intelligenter Funktionalitäten ermöglicht es, wirtschaftlich verschiedene Prozesse zu automatisieren und so aus Nutzersicht auf Kunden- und Marktanforderungen flexibel reagieren zu können. Selbst tageweise kann das System wirtschaftlich an unterschiedlichen Anlagen betrieben werden und unterschiedliche Prozessschritte automatisieren.

Milsch (On Robot): Unser Gecko-Greifer zum Beispiel kann mit der Hafttechnologie von Geckofüßen flache, poröse Objekte ohne externe Energiezufuhr heben. Im Gegensatz zu Vakuumgreifern hinterlässt er dabei keine Rückstände. Zudem ist er in der Lage, gebohrte Leiterplatten aufzunehmen, auf denen sich kein Vakuum erzeugen lässt. Sensoren wie unsere HEX-Modelle befähigen Cobots, Aufgaben zu übernehmen, die bislang menschliches Fingerspitzengefühl erforderlich machten – beispielsweise Schleifen oder Entgraten. Unser neuer Drei-Finger-Greifer 3FG15 kann zylindrische Objekte greifen und präzise platzieren, was zum Beispiel bei der CNC-Maschinenbestückung praktisch ist. Und unser neuer Soft Gripper, mit seinen anpassungsfähigen Silikonaufsätzen, ist für den Umgang mit Lebensmitteln zertifiziert.

Dickertmann (Schunk): Wir stellen fest, dass vor allem die Arbeitsplatzergonomie zu einem wichtigen Treiber der Mensch-Roboter-Kollaboration wird. Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, wie sie die Arbeitskraft und das Know-how ihrer Mitarbeiter in Zeiten des Fachkräftemangels und des demographischen Wandels erhalten und sichern können, indem sie die körperliche Belastung wirkungsvoll senken. Im Laufe des zweiten Halbjahrs 2020 wird Schunk mit dem Co-act EGL-C den weltweit ersten Greifer für den kollaborierenden Betrieb mit 450 Newton Greifkraft in sein Standard-Greifsystemeportfolio aufnehmen. Eine integrierte Kraft- und Wegmessung sowie eine zum Patent angemeldete Sicherheitsintelligenz ermöglichen, dass im kollaborativen Betrieb formschlüssig gegriffene Teile bis acht Kilogramm gehandhabt werden können, wobei die in der ISO/TS 15066 definierten biomechanischen Grenzwerte vollumfänglich eingehalten werden. Damit stoßen wir im Bereich kollaborativer Systeme in eine vollkommen neue Dimension vor. Haupteinsatzfelder sind die unzähligen Montageanwendungen, bei denen Bauteile bislang manuell zugeführt, gehalten und mit größtem motorischen Feingefühl montiert werden. Gerade im Lastbereich unter zehn Kilogramm wird in den Montagelinien bislang wenig technische Unterstützung angeboten, obwohl die körperliche Belastung auf Dauer hoch ist. Wenn der Cobot diese Last trägt, ohne die Flexibilität und das Prozesstempo einzuschränken, können sich die Werker weitaus besser auf die qualitätsentscheidenden Kernaufgaben konzentrieren.

Einfach und intuitiv Robotertechnik implementieren

KEM Konstruktion: Wo setzen Sie mit Lösungen zur einfachen Implementierung an?

Henke (Fraunhofer IEM): Ein einfaches Frontend ist hier entscheidend. Die Komplexität und Algorithmen stecken hinter der grafischen Bedienoberfläche. Der Werker benötigt keine roboterspezifischen Kenntnisse, um die Abläufe der Roboter anzupassen. Er stellt aus vorhandenen Sequenzen – einfach über eine interaktive Mensch-Maschine-Schnittstelle – neue Abläufe zusammen und passt nur Parameter wie die Verfahrgeschwindigkeit an. Um Cobots mit neuen Arbeitsaufträgen einzurichten, benötigt der Werker also keine Programmierkenntnisse.

Reger (ABB): Der digitale Zwilling als exakte, digitale Kopie der Fabrik oder Anlage hilft entscheidend bei der Implementierung: Produktionsabläufe können damit schnell und exakt geplant, programmiert, getestet und in den Livebetrieb gebracht werden. Zudem lassen sich Änderungen einfach und ohne Produktionsunterbrechung umsetzen. Der digitale Zwilling ist heute Standard unserer Simulations- und Offline-Programmier-Software Robot Studio. Deren Einsatz birgt bereits Potenzial in der Planung: Fehler werden vermieden, Engpässe frühzeitig erkannt und Planungsphasen deutlich verkürzt.
Wir bieten darüber hinaus digitale Lösungen, mit denen Daten der Roboter und Anlagen zusammengeführt und für den gesamten Wertschöpfungsprozess gewinnbringend genutzt werden können. Damit werden Roboter in der Fabrik der Zukunft noch effizienter, flexibler, zuverlässiger und einfacher zu bedienen sein. Ohne spezielle Schulung führt der Mensch etwa durch Lead-Through-Programming den Roboterarm intuitiv an die gewünschten Positionen und speichert diese über eine grafische Benutzeroberfläche ab. Aufgrund der komplexer werdenden Automatisierung wird es wichtiger, solche intuitiven Instrumente bereitzustellen, die den Anwendern zu besseren Entscheidungen verhelfen.

Kotlarski (Yuanda Robotics): Ohne Einschränkung der Funktionalität ist die Bedienung unserer Roboter an Konsumerprodukte – oder konkret an die Bedienung und Verwendung von Smartphones – angelehnt. Situationsabhängige Parametrierung von Funktionalitäten geschieht im Hintergrund, sodass sich der Nutzer ähnlich wie bei der Verwendung einer Smartphone-Kamera auf das gewünschte Ergebnis und nicht auf den Weißabgleich und übrige Einstellungen konzentrieren kann. Selbst Funktionen der Qualitätskontrolle, die auf maschinellem Lernen basieren, lassen sich innerhalb weniger Minuten praktikabel und wirtschaftlich anlernen. Ein digitaler Zwilling in Kombination mit Vorlagen für typische Applikationen rundet das Bedienkonzept ab.
Bereits vor Inbetriebnahme der Applikation kann der Ablauf simuliert, kontrolliert und optimiert werden. Gleichzeitig ist ein freies Ausprobieren oder auch die Verwendung innerhalb von Schulungsmaßnahmen flächendeckend wirtschaftlich möglich, sodass die Zukunftsthemen Robotik, Bildverarbeitung und künstliche Intelligenz einer breiten Nutzergruppe zur Verfügung gestellt werden können.

Milsch (On Robot): Vergangenes Jahr haben wir die mechanischen und elektrischen Schnittstellen unserer Produkte im Rahmen einer One-System-Solution vereinheitlicht. Dadurch sind die Tools nun mit den Cobots nahezu aller marktgängigen Hersteller tiefenkompatibel – neben Kuka, Fanuc, Universal Robots und Kawasaki beispielsweise auch mit Yaskawa, Doosan, Nachi und ABB. Wir weiten ihre Kompatibilität stetig aus. Durch diese hohe Passung lassen sich unsere Tools problemlos in bestehende Produktionskonfigurationen einbinden, was Anwendern viel Zeit spart. Die Steuerung erfolgt übrigens über das Teach Panel des jeweiligen Cobots. Standardmäßig ist in jedem On-Robot-Tool zudem ein Werkzeugwechsler verbaut. Damit können Anwender die Greifer mit nur einem Handgriff austauschen. Außerdem muss nur ein Kabel beim Werkzeugwechsel umgesteckt werden. So lassen sich Cobots unkompliziert für neue Aufgaben umrüsten, was gerade in variablen Produktionslayouts vorteilhaft ist.

Dickertmann (Schunk): Vor allem durch den Bereich der Leichtbaurobotik gibt es derzeit einen klaren Trend zur Simplifizierung. Selbst kleine Unternehmen, die bislang kaum automatisiert haben, beschäftigen sich mittlerweile intensiv damit, wie sie über den Einsatz von Robotertechnologie oder sogar im Zusammenspiel von Mensch und Roboter Vorteile erzielen können. Das geht nur, indem der Aufwand zur prozesssicheren Implementierung derartiger Applikationen radikal vereinfacht wird. Diesen Gedanken greifen wir in speziell abgestimmten Plug-and-Work-Portfolios auf. Nach dem Portfolio für Universal Robots, das 2018 aufgelegt wurde und sich am Markt längst etabliert hat, kommen bis Jahresmitte Portfolios für Doosan Robotics und Techman Robot hinzu. Sie umfassen jeweils zertifizierte Co-act-Greifer für den kollaborierenden Betrieb, pneumatische und elektrische Greifer, Sensoren sowie Wechselsysteme und werden vielfältige Einsatzfelder abdecken – sowohl in der herkömmlichen Automation als auch im Bereich kollaborierender Anwendungen.
Unser EGH-Greifer beispielsweise steht als Starter-Paket komplett vormontiert mit passender Schnittstelle und Plugin für verschiedene Cobots zur Verfügung. Die Inbetriebnahme und Programmierung sind innerhalb von dreißig Minuten einfach und intuitiv erledigt. Im Kern geht es darum, den Einstieg in die Leichtbaurobotik so einfach wie möglich zu machen. Mittlerweile gehen wir sogar noch einen Schritt weiter: Auch mit Herstellern aus der klassischen Industrierobotik gibt es mittlerweile Kooperationen, die zum Ziel haben, den Integrationsaufwand zu minimieren und abgestimmte Lösungen anzubieten.

Robotertechnik nutzt zunehmend KI

KEM Konstruktion: Wie viel KI steckt bereits in Robotern? Und welches Potenzial sehen Sie in KI-Anwendungen?

Henke (Fraunhofer IEM): KI wird in der Robotik zunehmend eingesetzt. Vor allem im Bereich der Bildverarbeitung wird beispielsweise Machine Learning zur Mustererkennung genutzt, um sicheres Greifen auch unbekannter Objekte zu ermöglichen. Der Roboter wird befähigt, Objekte zu erkennen, zu lokalisieren und schließlich zu greifen. Weitere KI-Trends liegen im Bereich der Sprach- und Gestenerkennung zur Optimierung der Interaktion zwischen Mensch und Roboter. Das einfache Anleiten von Robotern durch den Menschen ist ein Wachstumstreiber für den Robotermarkt. Dies setzt jedoch eine hohe Intelligenz der Roboter voraus.

Reger (ABB): Wir sehen enormes Potenzial im maschinellen Lernen und in der KI. Sie ermöglichen es, gesammelte Daten in nützliche Informationen umzuwandeln, sodass Roboter langfristig autonom, selbstlernend oder selbstoptimierend sein werden. Darüber hinaus profitieren Anwender, wenn ihre Roboter zuverlässiger, flexibler sowie einfacher zu bedienen sind. Mit Covariant haben wir eine KI-basierte Greifanwendung zur Auftragsabwicklung in Logistikzentren entwickelt. Intelligente Roboter und Systeme, lernende Maschinen, moderne Software und Analysemethoden helfen dabei, den Fertigungsstandort Deutschland hinsichtlich Kosten und Flexibilität international wettbewerbsfähig zu halten, sodass Deutschland auch in Zukunft ein attraktiver Investitionsstandort sein wird.

Kotlarski (Yuanda Robotics): Wir haben die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz beziehungsweise des maschinellen Lernens von Anfang an berücksichtigt und das Framework sowie die Hardware entsprechend vorbereitet, sodass Lernen und Auswertung sowohl dezentral im Roboter selbst als auch zentral über das Netzwerk und die Cloud möglich sind. Hybride Algorithmen, das heißt die Kombination aus modellbasierten Ansätzen und neuronalen Netzen, erlauben hierbei ein effizientes Training in Minuten und garantieren eine Auswertung zur Laufzeit. Flexible Produktionsprozesse werden konsequent berücksichtigt und die Methoden so zur Verfügung gestellt, dass Mitarbeiter im Shopfloor eigenständig in der Lage sind, Prozesse anzupassen und auf neue Anforderungen einzustellen.
Die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz stellen, praktikabel angewendet, schon heute einen großen Mehrwert und ein riesiges Potenzial dar, das ausgeschöpft und zur Verfügung gestellt werden sollte. Bei den meisten existierenden Systemen geht künstliche Intelligenz mit Konnektivität einher. Sensorwerte werden erfasst, über Netzwerke oder die Cloud gesammelt, Methoden des maschinellen Lernens angewendet und die Ergebnisse zurückgespielt. In diesem Stil kann praktisch jedes System nachträglich mit künstlicher Intelligenz ausgestattet werden. In der Regel handelt es sich um spezifische Lösungen, die Expertenwissen bei der Kopplung selbst, dem Lernprozess und auch bei der späteren Anwendung voraussetzen und die nicht notwendigerweise der erforderlichen Flexibilität einer schnelllebigen, variantenreichen Automatisierung gerecht werden.

Milsch (On Robot): Wir verstehen darunter die Fähigkeit, die eigenen Bewegungen selbst zu steuern und komplexe Bewegungs- und Schrittfolgen lernen zu können. Auch die Kompetenz, auf veränderte Ausgangssituationen oder veränderte Lagepositionen der handzuhabenden Objekte zu reagieren, fassen wir darunter. Dafür ist die richtige Kombination aus Software und Sensorik essenziell.
Das Beispiel des RG2-FT illustriert dies recht anschaulich: Der Greifer nimmt über seine Sensoren Input auf und spielt diesen an die Software zurück, die daraufhin die Bewegungen von Greifer und Roboterarm anpasst. Dies geschieht in Echtzeit. Diese Fähigkeit ist zum Beispiel bei Montageanwendungen erfolgskritisch, wenn es etwa darum geht, Stiftverbindungen einzusetzen. Auch bei vielen Tätigkeiten im Kontext der Oberflächenveredlung sind solche smarten Applikationen notwendig, denn nur mit der richtigen Kraftdosierung ist es möglich, ein Überpolieren zu vermeiden.

Dickertmann (Schunk): Wir untersuchen, wie Greifvorgänge automatisiert werden können, um die bislang übliche Programmierung des Roboters mittelfristig durch einen lernenden, autonomen Komponentenverbund zu ersetzen. Statt Positionen, Geschwindigkeiten und Greifkräfte einzeln zu programmieren, werden Greifsysteme künftig ihre Zielobjekte über Kameras erfassen und die Greifplanung selbständig übernehmen. Ansätze hierfür sind modellbasierte Konzepte, bei denen im Vorfeld Objekte und Greifstrategien definiert werden, modellfreie Konzepte, bei denen das Greifsystem selbst die bestmögliche Greifstrategie plant, sowie datenbasierte Konzepte, bei denen das Greifsystem gute und schlechte Greifvorgänge differenziert und auf Basis der erfassten Erfahrungswerte die jeweils beste Greifstrategie ermittelt.
Besondere Attraktivität gewinnt die Technologie des autonomen Greifens durch die Möglichkeit, die gewonnene Lernerfahrung mit anderen, vergleichbar eingesetzten Greifsystemen in einem Produktionsnetzwerk oder standortübergreifend zu teilen, beispielsweise über Cloudlösungen. Auf Grundlage solcher Datenbestände und Algorithmen werden Greifsysteme künftig in der Lage sein, Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und entsprechende Reaktionen abzuleiten.

Engineeringtrends in der Robotertechnik, Teil 2


Kontakt zu den Firmen

Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM
Zukunftsmeile 1
33102 Paderborn
Tel.: +49 5251 5465-101
Website: www.iem.fraunhofer.de

ABB Automation GmbH
Grüner Weg 6
61169 Friedberg
Tel.: +49 6031-85-0
E-Mail: robotics@de.abb.com
Website: www.new.abb.com

Universal Robots A/S
Energivej 25
DK-5260 Odense S
Tel.: +45 89 93 89 89
E-Mail: sales@universal-robots.com
Website: www.universal-robots.com

OnRobot A/S
Teglvaerksvej 47H
5220 Odense
Denmark
Tel.: +45 53 53 57 37
E-Mail: info@onrobot.com
Website: www.onrobot.com

SCHUNK GmbH & Co. KG Spann- und Greiftechnik
Bahnhofstr. 106-134
74348 Lauffen
Tel.: +49 7133-103-0
E-Mail: info@de.schunk.com
Website: www.schunk.com

Teil 2 erscheint in KEM Konstruktion, Ausgabe 7-8/2020, sowie online.


Dr.-Ing. Christian Henke, Abteilungsleiter Scientific Automation am Fraunhofer IEM
Bild: Fraunhofer IEM

„Gerade in Hinblick auf individuelle Produkte und kleine Losgrößen ist vor allem eines entscheidend: Wandelbarkeit der Systeme.“


Jörg Reger, Leiter des Geschäftsbereichs Robotik & Fertigungsautomation bei ABB in Deutschland
Bild: ABB

„Besonders effektiv werden Roboter, wenn Robotik und Maschinensteuerung zu einer einheitlichen Architektur verschmelzen und damit eine noch nie dagewesene Präzision realisiert wird.“


Dr.-Ing. Jens Kotlarski, Co-Founder und CEO von Yuanda Robotics
Bild: Yuanda Robotics

„Ohne Einschränkung der Funktionalität ist die Bedienung unserer Roboter an Konsumerprodukte – oder konkret an die Bedienung und Verwendung von Smartphones – angelehnt.“


Björn Milsch, General Manager DACH & Benelux bei On Robot
Bild: On Robot

„Wir haben die mechanischen und elektrischen Schnittstellen unserer Produkte im Rahmen einer One-System-Solution vereinheitlicht.“


Harald Dickertmann, Executive Vice President Sales Gripping Systems bei Schunk
Bild: Schunk

„Unser Fokus liegt gegenwärtig auf Handling-Systemen, die sich intuitiv in Betrieb nehmen lassen, sich selbsttätig an variierende Greifsituationen anpassen und Interaktionen mit Menschen ermöglichen.“

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