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„Pneumatik ist besser als ihr Ruf“

Pneumatik
„Pneumatik ist besser als ihr Ruf“

Die Pneumatik ist bezüglich des Energieverbrauchs besser als ihr Ruf, sagt Christian Ziegler, Leiter Marketing & Product Management bei SMC Pneumatik im Gespräch mit KEM Konstruktion. Bezüglich Industrie 4.0 betont er vor allem den Einsatz offener Standards und die Vernetzung der Shopfloor-Ebene mit der Unternehmens-IT. Hier liegen Potentiale, um dem Zielbild eines cyber-physikalischen Abbilds der Produktion näher zu kommen.

KEM Konstruktion: Herr Ziegler, welche Rolle spielt für SMC die pneumatische Automatisierungstechnik im Vergleich zu ihrem elektrischen Pendant?

Ziegler: Wir sehen, dass beide Märkte aktuell wachsen – weswegen wir auch in beiden aktiv sind. Es kommt eben immer auf die Applikation an, welche der beiden Technologien die sinnvollere ist. Historisch gesehen kommt SMC natürlich aus der Pneumatik, aber inzwischen ist auch unser elektrisches Produktportfolio sehr groß. Daher können wir mit dem Kunden zusammen eruieren, welches die für ihn passende Lösung ist. Der Pneumatik haftet dabei übrigens zu Unrecht der Ruf an, nicht energieeffizient zu sein. Betrachtet man aber die Energieverbräuche, so konnte die Pneumatik schon in den vergangenen Jahren punkten, nicht zuletzt durch den Einsatz von Leckage-Messsystemen. Weitere Vorteile ergeben sich aus dem Aufbau einer dezentralen Druck- oder auch Unterdruckversorgung. So haben wir vor kurzem einen Vakuumsauger auf den Markt gebracht, bei dem das Vakuum erst im Sauger erzeugt wird – die komplette Verschlauchung zur Vakuumpumpe entfällt damit.
KEM Konstruktion: Welche Bedeutung besitzt für SMC als Unternehmen mit Hauptsitz in Japan das Thema Industrie 4.0?
Ziegler: Das große Ziel von Industrie 4.0 ist eine Losgrößen-1-Fertigung zu den Kosten einer Massenproduktion. Um das zu erreichen, sehen wir einen klaren Trend zur Offenheit. Will heißen: Offene Standards in der Kommunikation und der Produktvernetzung, aber auch im Engineering. Einen weiteren Punkt sehe ich in der verteilten Intelligenz. Das klassische Modell der Automatisierungspyramide vom ERP-System über die Leitebene bis hinab zu den Maschinen mit SPS oder CNC und folgend der Sensorik, wird so zukünftig nicht mehr existieren. Bald wird eine Wartung aufgrund von Sensordaten ausgelöst werden können – im Extremfall bis hin zur Bestellung von Ersatzteilen über das ERP-System. Die Intelligenz wandert damit in der Pyramide nach unten – das ist das Thema der dezentralen Intelligenz, was die überlagerten Systeme deutlich entlastet oder teilweise vielleicht auch überflüssig macht. Eine wichtige Rolle spielt zudem die Mensch-Maschine-Interaktion.
KEM Konstruktion: Was kann SMC als Komponentenlieferant hier bieten?
Ziegler: Wir können Systemlieferanten wie die Roboterhersteller etwa im Bereich der Sicherheitstechnik unterstützen. Das Thema gehört zu Industrie 4.0 dazu, denn sobald es zu einer Maschinen- oder Roboterinteraktion mit dem Menschen kommt, ist Sicherheitstechnik zwingend erforderlich. Speziell in der pneumatischen Sicherheitstechnik sind wir als SMC Technologieführer, beispielsweise mit Ventilen wie dem VP-X555 mit Rastfunktion.
KEM Konstruktion: Wie kann SMC bei der Realisierung der Losgröße 1 unterstützen?
Ziegler: Wir bieten neben elektrischen und pneumatischen Antrieben die Sensorik an und rüsten auch Ventilinseln mit einer IO-Link-Schnittstelle aus – speziell das Thema IO-Link ist sehr interessant für uns. Mit Blick auf Losgröße 1 bringt das den Vorteil mit sich, dass ich zur Laufzeit einen Parametersatz ändern kann. Ich fertige also zunächst Produkt A um anschließend mit dem Einspielen eines neuen Parametersatzes Produkt B zu produzieren. Damit bieten wir Lösungen an, die offen und durchgängig sind. Was zu Industrie 4.0 aber generell noch fehlt, ist eine Semantik für die Fertigung. Kann eine Maschine melden, welche Fähigkeiten sie besitzt – etwa Bohren und Fräsen – und welche Werkzeuge vorhanden sind, kann damit auf einer höheren Ebene ein Abbild der kompletten Fabrik entstehen. Der Clou dabei: Die auf diese Weise realisierte Transparenz kann nun dabei unterstützen, die Fertigung zu optimieren. Die spannende Frage wird sein, welche Standards hier eine Rolle spielen werden – die Plattform Industrie 4.0 oder auch das Industrial Internet Consortium arbeiten ja bereits daran. Für uns ist IO-Link aber durchaus solch eine Technologie, die unserer Meinung nach ein Standard wird.
KEM Konstruktion: SMC selbst ist ja auch seit Oktober 2015 Mitglied im Spitzencluster it’s OWL…
Ziegler: … weil wir insbesondere über die branchenübergreifende Zusammenarbeit im Innovationscluster Impulse erhalten und an Projekten mitarbeiten können, in denen Technologien für eine neue Generation von Produkten und Produktionssystemen entwickelt werden. Dabei wollen wir unsere Kompetenz in der pneumatischen und elektrischen Automatisierungstechnik einbringen, wenn es in den interdisziplinären Runden um die besten Automatisierungs-und Antriebslösungen geht. Unseren Kunden geben wir deshalb auch am Standort Egelsbach mit dem Industrial Application Center – kurz IAC – die Möglichkeit, Technologien ausgiebig zu testen.
KEM Konstruktion: Interessenten haben also die Möglichkeit, vor Ort Versuche durchzuführen?
Ziegler: Exakt, und zwar zusammen mit unseren Expertenteams aus zahlreichen Industriebranchen, etwa aus der Automobil-, Elektro-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie sowie Analyse-, Medizin-, Verpackungs- oder Wasseraufbereitungstechnik. Ziel sind immer intelligente zukunftsweisende Automatisierungslösungen, die wir partnerschaftlich entwickeln und die auch uns helfen, aktuelle und zukünftige Anforderungen der Automatisierung noch besser zu verstehen und umzusetzen – übrigens ein Ziel, das auch unser Firmengründer Yoshiyuki Takada stets verfolgt, der immer noch die Geschicke von SMC maßgeblich lenkt. Entscheidend ist dabei immer die langfristige Perspektive, die das Unternehmen auszeichnet. Hinzu kommt: Obwohl SMC ein globaler Konzern mit 3,6 Milliarden Euro Umsatz weltweit ist, vertritt Takada die Philosophie, dass Management und Niederlassungen lokal sind, weil nur auf diese Weise die Bedürfnisse des jeweiligen Marktes adressiert werden können.
KEM Konstruktion: Gilt der lokale Ansatz auch für die jeweilige Produktion?
Ziegler: Bezogen auf länderspezifische Anpassungen ja. Angeschlossen an unser German Technical Center ist eine Produktion mit über 100 Mitarbeitern, in der sehr viele kundenspezifische Lösungen entstehen – was übrigens auch bei uns in Teilen zu niedrigen Losgrößen führt, die es zu beherrschen gilt. Wir nutzen also die Erkenntnisse aus den Industrie-4.0-Diskussionen selbst, um unsere Produktion noch effizienter zu machen. Dabei arbeiten wir gerade am Thema Energieeffizienz, wozu die Energieverbräuche neuer Maschinen überwacht werden – unabhängig davon, ob sie nun elektrische oder pneumatische Energie verwenden. Unterstützt wird das wiederum durch die entstehende Transparenz, weil etwa Produktionsschritte zeitlich so gegeneinander verschoben werden können, dass der Spitzenverbrauch deutlich niedriger ist.
KEM Konstruktion: Denken Sie dabei auch an Anwendungen in der Cloud?
Ziegler: Das ist ganz spannend für uns, denn die Frage ist, wie zukünftig Sensordaten in eine Cloud gebracht werden können. Dabei ist dann die Frage zu klären, was zukünftig wirklich noch an einer Maschine berechnet wird und was in der Cloud – bis hin zur der Frage, was wieder zurück gesendet wird. Ob beispielsweise Industrie-PCs irgendwann nur noch in der Cloud laufen, ist für SMC im Sinne der vertikalen Vernetzung ein Thema, verbunden mit der Frage nach zukünftigen Dienstleistungen und Services – wiederum bis hin zu den daraus resultierenden Anforderungen an Sensoren oder Ventilinseln.
KEM Konstruktion: Spielt sich denn die Analytik aus Ihrer Sicht eher lokal oder in der Cloud ab?
Ziegler: Ich denke, der Mehrwert der Cloud-Thematik entsteht dadurch, dass sich an vielen Punkten auf der Welt Informationen sammeln und verdichten lassen. So können Sie beispielsweise ein Gefühl dafür bekommen, was bei bestimmten Temperatur- und Luftfeuchte-Bedingungen passiert oder wie sich das auf die Lebensdauer von Komponenten auswirkt. Punktewolken dieser Art lassen sich eher mittels Cloud-Technologie erfassen und analysieren.
KEM Konstruktion: Herr Ziegler, vielen Dank für das interessante Gespräch.
Interview: Michael Corban, Chefredakteur KEM Konstruktion

Kontakt

40308587

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SMC Pneumatik GmbH
Egelsbach
Tel. +49 6103 402-0
SPS IPC Drives: Halle 3, Stand 570
Details zum Industrial Application Center (IAC):

Zum Unternehmen

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Die SMC Corporation bietet pneumatische und elektrische Automatisierungstechnik und ist mit Tochterunternehmen weltweit in 82 Ländern vertreten. SMC Deutschland ist mit der SMC Pneumatik GmbH mit Hauptsitz in Egelsbach bei Frankfurt am Main seit 35 Jahren auf dem deutschen Markt tätig. Die rund 300 Personen zählende Vertriebsmannschaft bietet hier Know-how und Dienstleistungen an, neben dem mehr als 12.000 Produktgruppen umfassenden Angebot zur Luftaufbereitung sowie Ventilen und Drosseln, Antrieben (pneumatisch und elektrisch), Verschraubungen und Schläuchen sowie Vakuum- und Instrumentierungskomponenten.
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