Startseite » Produktentwicklung »

PTC nimmt IoT ins Visier

PLM in der Industrie 4.0
PTC nimmt IoT ins Visier

PTC lädt seine Kunden – die alten wie die künftigen – ein, mitzugehen auf eine Digital Engineering Reise ins Zeitalter des Internets der Dinge (IoT). PTC ist davon überzeugt, dass sich alle Unternehmen auf diese Reise begeben werden, weil es in der Zukunft kaum ein Produkt geben wird, das nicht softwaregesteuert und mit dem Internet vernetzt ist. PTC liefert mit seinen IT-Systemen die Werkzeuge dafür, solche Produkte zu entwickeln, zu testen, zu betreiben und damit Dienste anzubieten.

Ulrich Sendler, Analyst und Betreiber PLMportal

2014 war für PTC ein wichtiges Jahr. Die Übernahme von ThingWorx öffnete dem Anbieter von Engineering Software neue Türen. Das Unternehmen ThingWorx und seine gleichnamige Plattform waren zu diesem Zeitpunkt den Wenigsten bekannt. Es handelt sich um eine Technologie-Plattform, die eine sehr schnelle und sehr einfache Entwicklung von Apps erlaubt. Von kleinen Applikationen also, über die Daten beliebiger Quellen via Internet in eine Anwendung eingebunden werden. Ohne Kenntnis von Programmiersprachen und deren Syntax. Fast wie bei der Gestaltung der eigenen Bildschirmoberfläche am PC.
Die Akquisition war, wie sich im Nachhinein zeigt, ein genialer Schachzug. Er ermöglicht PTC die Unterstützung der Industrie nicht nur in ihrer heutigen Wertschöpfung, sondern auch in der künftigen, die sich zunehmend in die Welt der vernetzten Nutzung und des Betriebs der Produkte verlagert. Wobei neue Geschäftsmodelle entstehen, die das Produkt vor allem als Basis integrierter Dienstleistungen sehen. Und in den USA spricht man – in Anlehnung an ‚Software as a Service‘ – auch von ‚Product as a Service‘.
Erst allmählich beginnen die verschiedenen Zweige der Industrie weltweit diesen Entwicklungsschritt zu begreifen. Vorläufig bleibt das Kerngeschäft das alte. Die Frage lautete deshalb: Wie würde PTC den Spagat schaffen, das eigene bisherige Kerngeschäft rund um CAD und PLM weiterzuentwickeln und gleichzeitig ein neues im Internet der Dinge zu etablieren.
Die Antwort war eine Doppelstrategie und eine entsprechende Neuausrichtung der Unternehmensstruktur. Eine Säule bleibt das Geschäft mit Software zur Unterstützung der Unternehmensprozesse in der Fertigungsindustrie, die zweite ist die Unterstützung der Kunden im Internet der Dinge. CEO Jim Heppelmann stellte allerdings bereits 2015 klar, dass es zwischen diesen beiden Säulen einen sehr klaren und engen Zusammenhang und keine Trennlinie gibt. Das betont er mit seinem zentralen Satz: „IoT ist PLM!“
Das Ding im Internet und der Wert der Dienste
Beim PTC Forum Europe in Stuttgart im November 2016 wurde unter anderem der Sauerstoffkonzentrator Zen-O des Medizingerätebereichs der GCE-Gruppe vorgeführt, eines Anbieters für industrielle, medizinische und Reinstgasversorgung. Der Zen-O ist ein Gerät, das Patienten mit Atemwegserkrankungen mobiler macht. Es ist tragbar, wiegt 4,66 kg und kann bis zu 2 Liter Sauerstoff pro Minute liefern, technisch oder atemzuggesteuert. Dieses Gerät gibt es seit Anfang 2016. Es verfügt über verschiedene akustische und optische Alarmanzeigen für schwache Batterie, das Fehlen erkennbarer Atmung, nötigen Service und geringe Sauerstoffkonzentration. So gut konnte man ohne das Internet der Dinge einen Sauerstoffkonzentrator machen. Jetzt ist mehr möglich.
GCE suchte einen Weg, das Gerät zu vernetzen und weitergehende Dienste damit zu verknüpfen – und stieß auf ThingWorx und den PTC-Partner InVMA, der eine konkrete Lösung vorschlug. Patienten, Klinikmitarbeiter und Dienstleister sollten durch eine ortsunabhängige Überwachung der wichtigsten Produkt- und Patientendaten in der Sicherstellung der Gerätefunktion unterstützt werden. In Kooperation mit weiteren Partnern brauchte InVMA nur zwei Wochen für einen Prototyp. Nach zwei Monaten war Zen-O vernetzt. Der Unterschied: Batteriestatus, Atmung, Sauerstoffkonzentration und Serviceaktivitäten sind nun unabhängig von der Aufmerksamkeit oder Verfassung des Patienten zuverlässig im Blick. Die Funktion des Geräts kann garantiert werden. Zu jeder Zeit, an jedem Ort.
Das Internet der Dinge führt zu einer Verschiebung des Schwerpunkts der Wertschöpfung. Die Zeit nach dem Verkauf – bisher nur für Reparaturdienst und Ersatzteillieferanten von Belang – wird für viele Produkte zum wichtigsten Glied der Wertschöpfungskette. Kevin Wrenn, Divisional General Manager für das PLM-Segment von PTC, sagt: „Man braucht ein paar Jahre, um ein Produkt zu entwickeln, ein paar Monate, um es zu fertigen – aber in Betrieb ist es oft 20 oder 30 Jahre.“
Für die Gestaltung der Dienste und Anwendungen vernetzter Produkte bietet PTC auf der Basis von ThingWorx eine Reihe vollständig integrierter Komponenten. Neben dem Generieren der Apps sind dies vor allem: ThingWorx Analytics zur Laufzeitdatenanalyse, Abweichungsdatenerkennung, vorausschauenden Analyse und Simulation; und Kepware zur Vernetzung von Industrieausrüstung und für die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation.
Design für Konnektivität
Viele Produkte haben gar keine Sensoren, und noch mehr haben an den wichtigen Stellen nicht die richtigen. Es ist eben etwas anderes, einmal am Tag Daten an einem Display abzulesen und in eine Liste einzutragen, oder sie automatisiert kontinuierlich über eine drahtlose Verbindung zu sammeln, zu filtern und zu analysieren. Diesen Unterschied kann und muss man künftig bei der Entwicklung eines Produktes berücksichtigen. Design for Connectivity nennt das PTC. Der Designer muss die Dienste im Blick haben, die über das Produkt denkbar, sinnvoll und wertvoll sind.
Vor allem in der Einstiegsphase ins Internet der Dinge mangelt es aber an Daten und folglich an Erfahrung, mit welchen Daten was möglich ist. Ein Data Driven Design – so eine anderer Begriff, der für IoT-gerechtes Engineering eingeführt wurde – ist also gar nicht so einfach zu realisieren. Um von vornherein zu wissen und dafür zu sorgen, dass bestimmte Datenflüsse für dezidierte Ziele analysiert und eingesetzt werden können, müssen die Möglichkeiten der Datenflüsse verstanden sein.
Der erste Schritt in Richtung Internet der Dinge besteht deshalb oft darin, vorhandene oder verfügbare Daten zu nutzen, um sie zu verstehen und ihre Möglichkeiten besser einschätzen zu können. Spätestens hier wird vielen Kunden klar, was Produkt-Lebenszyklus-Management, was PLM ganz praktisch bedeutet: Wer dieses Konzept verwirklicht hat, der hat solchen Zugriff. Soweit Daten mit Hilfe von PLM zentral erfasst sind, kann das Unternehmen darauf zugreifen. Beim Schritt ins Internet der Dinge wird den anderen Unternehmen bewusst, dass sie diesen Schritt ohne PLM nur sehr schlecht, wenn überhaupt, gehen können.
Ähnlich ist es mit den Daten der Anforderungen, die zur Entwicklung des Produktes geführt haben, und mit den Daten der Software, die zur Realisierung seiner Funktionen entwickelt wurde. Wer über ein Application Lifecycle Management (ALM) verfügt, hat dafür die Basis. Andernfalls wird er jetzt dafür sorgen müssen, denn sonst ist seine Software lediglich eine Black Box, die ihm während des Produktbetriebs wenig nützt.
Und erst recht verhält es sich so mit den Daten, die den Betrieb, die Wartung, die Ersatzteile, den Service betreffen. Service Lifecycle Management (SLM) ist ein weiterer Baustein im Portfolio von Unternehmenssoftware, der umso wichtiger wird, je mehr Bedeutung den produktbasierten Diensten beigemessen wird.
Die Managementsysteme, die PTC für industrielles Engineering im Portfolio hat – Creo für CAD, Windchill für PLM, Integrity für ALM, ein ganzes Portfolio für SLM – diese Systeme erhalten auf dem Weg ins Internet der Dinge eine neue Bedeutung, größer als je zuvor. PTC ist dabei, dieser neuen Bedeutung gerecht zu werden durch die schrittweise Integration all dieser Systeme mit eben dieser ThingWorx Plattform.
Durch Datenmeere navigieren
Chris Bergquist, PLM Solutions Director, sagt: „Es gibt zwei Dimensionen der wachsenden Komplexität: Mehr und mehr Informationen werden von einer wachsenden Zahl unterschiedlicher Experten benötigt. Einer unserer Kunden sagte uns, seine Ingenieure verbringen mehr als 60 Prozent ihrer Zeit damit, Informationen aus einem der großen IT-Systeme anderen Bereichen zur Verfügung zu stellen.“
Ein neues Produkt von PTC hat 2016 wohl aus genau diesem Grund einen überwältigenden Zuspruch erfahren. Bis zum Ende des ersten Geschäftsjahres waren über 70.000 Lizenzen von PTC Navigate verkauft. Dieser Erfolg ist leicht zu erklären.
Mit dem Tool kann der Nutzer auf die Daten ganz unterschiedlicher Systeme, auch von Drittanbietern, zugreifen, ohne sie direkt zu koppeln und ihre Daten zu synchronisieren. Lose Kopplung nennt man das. PTC Navigate nutzt dafür einen sogenannten Mash-up-Layer, um die Daten einfach zusammenzubringen und darzustellen.
Auf diese Weise stehen dem User Daten von Kunden, aus Aufträgen, aus Stücklisten, aus der Fertigung, vom Service zur Verfügung, die er für einen bestimmten Arbeitsschritt braucht. PTC Navigate ist rollenbasiert, offen und einfach konfigurierbar.
PLM als Kern der digitalen Industrie
Das Herz der Produktdaten, die im Laufe des Produkt-Lebenszyklus entstehen, und vor allem die Struktur ihrer Beziehungen zueinander, dieses Herz ist PLM, also im Falle von PTC Windchill. Kevin Wrenn sagt: „Für uns ist Windchill das Hauptsystem für Entwicklung, Test, Freigabe, Änderung oder Konfigurationsmanagement.“ Und Chris Bergquist ergänzt: „Modellbasiertes Systems Engineering, Functional Design und Simulation sind heute ebenfalls entscheidend für das Engineering. Aber gerade in Richtung vernetzter Systeme gilt: Alle Daten müssen zurückverfolgt werden können.“
Die Industrie braucht ein digitales Produktmodell nicht nur, um auf die Daten zugreifen zu können. Der digitale Zwilling ist auch die Voraussetzung dafür, dass aus der Analyse der Betriebsdaten im Engineering die richtigen Schlüsse gezogen werden können. Und es ist in modernen Entwicklungsteams die Basis für Crowd-Sourcing.
Das bekannteste Beispiel hierfür lieferte das überaus erfolgreiche Startup StreetScooter der RWTH Aachen, das inzwischen von der Deutschen Post übernommen wurde. Die Post stellt nun ihre Elektro-Fahrzeuge für die Postzustellung selbst her. Jährlich 10.000 sollen es ab 2017 werden. In Rekordzeit und zu Rekord-Niedrigkosten wurde der E-Transporter Work entwickelt. Bereits während der Entwicklung wurden Daten aus dem Testbetrieb ins Design zurückgespielt. Für das Projekt setzte StreetScooter auf die gesamte Palette der PTC-Software, von Creo über Windchill bis zu ThingWorx. Das bildete auch die Grundlage für Apps, mit denen die neuen Postautos beispielsweise nach der Rückkehr von der Postzustellung entscheiden, in welcher Reihenfolge ihre Batterien geladen werden.
Mit Closed Loop Lifecycle Management umschreibt dies PTC heute, wobei das umfangreiche Softwareportfolio den Kunden unterstützt. Dabei ist der Anbieter stets weiter auf der Suche nach Ergänzungen, die in dieses Angebot passen, wie die fast spielerische Nutzung von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) mit dem kürzlich erworbenen Vuforia zeigt. Mit mehr als 6.000 Mitarbeitern will PTC weiterhin Vorreiter sein.
Dass die Kunden die Strategie von PTC verstehen und begrüßen, äußert sich für Stephan Ellenrieder in sämtlichen Gesprächen, die er mit ihnen führt. In seinem Kommentar „Keine Digitalisierung ohne PLM“ schreibt er: „Egal mit welchen Unternehmensleitern und aus welcher Branche wir momentan über IoT und mögliche darauf aufbauende AR-Szenarien sprechen – stets geht es in den Gesprächen auch um die Implementierung eines PLM-Systems.“ PLM als Basis für IoT, und IoT wiederum als Treiber für PLM. Für Stephan Ellenrieder geht die Gleichung auf: „Die Unternehmensführung begreift zunehmend die Wichtigkeit einer guten PLM-Basis als Startpunkt für den eigenen digitalen Fortschritt.“ co
Hinweis:In Ausgabe 01/2016 der KEM Konstruktion Systems Engineering fragten wir danach, ob PLM in der Industrie 4.0 unwichtig wird oder zentrale Datendrehscheibe (S. 39ff). Der vorliegende Artikel ist eine leicht gekürzte Fassung des gleichnamigen Hintergrundartikels von Autor Ulrich Sendler auf dem PLMportal (www.plmportal.org) als Antwort und gibt die offizielle Strategie von PTC wieder.
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

Mechanik, Elektrik und Software im Griff

Video-Tipp

Unterwegs zum Thema Metaverse auf der Hannover Messe...

Aktuelle Ausgabe
Titelbild KEM Konstruktion | Automation 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts
Webinare

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper
Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de