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Lidar-Sensoren Schlüsseltechnologie für viele Anwendungen

Messen in drei Dimensionen
LiDAR-Sensoren Schlüsseltechnologie für viele Anwendungen

Beim Thema LiDAR (Light detection and ranging) denkt man zuerst an Automotive-Anwendungen. Doch die bereits in den 1960er Jahren für Applikationen in der Luft- und Raumfahrt entwickelte Technologie hat mehr zu bieten. Im Trendinterview der KEM Konstruktion erläutern Experten, die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der berührungslosen Erfassung durch Laser in der industriellen Welt und welche Vorteile LiDAR im Vergleich zu anderen Sensortechnologien bietet.

»Interview: Johannes Gillar, stellvertretender Chefredakteur KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Was ist Lidar und welche Grundtypen von Lidar gibt es?

Dr. Florian Baumann (Dell Technologies): Lidar ist eine mit dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung, die Laserstrahlen statt Radiowellen verwendet. Es gibt drei Grundtypen, die nach demselben Prinzip funktionieren und sich nur in der Anzahl der erfassten Dimensionen unterscheiden. 1D ist ein fester Laserstrahl, der die Entfernung zwischen zwei Punkten misst. 2D sendet das Signal in einer rotierenden Bewegung und ermittelt so Abstände und Winkel innerhalb einer horizontalen Ebene. 3D nutzt mehrere Laserstrahlen, die auf einer Achse rotieren, sodass man Informationen über Positionen und Abstände in allen drei Dimensionen erhält. Dann gibt es noch weitere Unterscheidungen, etwa in Airborne Lidar und terrestrisches Lidar.

Christoph Galle (Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland/FMD): LiDAR (Light Detection and Ranging) ist ein laserbasiertes Verfahren, um insbesondere Abstände zu erfassen. Im Kern besteht ein LiDAR-System aus einem Laser, einer Einheit zur Strahlablenkung, einer Sende- und Empfangsoptik, einem Detektor und einer Auswerteelektronik. LiDAR-Systeme lassen sich grundlegend in zwei Kategorien einordnen: Scanning-LiDAR und Flash-LiDAR. Sie unterscheiden sich in der Realisierung des Belichtungsvorganges der zu untersuchenden Umgebung bzw. der Auslenkung des emittierten Laserstrahles und folglich in ihren Hauptkomponenten.

Dr. Jun Pei (Cepton Technologies): Lidar – kurz für Light Detection and Ranging – ist eine Technologie zur genauen Messung von Entfernungen und Abmessungen von Objekten in drei Dimensionen (3D) mithilfe von Licht. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Lidartechnologien zu kategorisieren. Ein gängiger Ansatz ist ein Vergleich der verwendeten Methoden für die 3D-Darstellung, wie Non-Scanning (z. B. Blitz (Flash), sequentieller Blitz) oder Scanning (z. B. rotierend, MEMS, MMT). Zudem können Lidarsensoren auch nach den Wellenlängen des Lichts, das sie verwenden (z. B. 850 nm, 905 nm, 1550 nm), und nach ihren Erkennungsmethoden, wie etwa Time of Flight (ToF) und Frequency Modulated Continuous Wave (FMCW), unterschieden werden.

Dr. Florian Petit (Blickfeld): Lidar steht für Light Detection and Ranging und ist eine Messtechnik, die das Sensorumfeld in 3D erfasst. Ihren Ursprung findet die Technologie in der Luft- und Raumfahrttechnik, wo sie zur Geländekartierung eingesetzt wurde. Inzwischen wird die Lidar-Technologie in den verschiedensten Bereichen eingesetzt und hat durch ihren Mehrwert für das autonome Fahren an Beliebtheit gewonnen. Grob unterscheidet man zwischen zwei Grundtypen von Lidar; denen die aus der Luft messen und terrestrischen Lidar-Sensoren. Mit der weiteren Entwicklung von Drohnen-Anwendungen kann diese Unterscheidung jedoch nicht mehr strikt getroffen werden, da Blickfeld-Sensoren beispielsweise sowohl in Drohnen als auch auf dem Boden eingesetzt werden.

Thomas Tzscheetzsch (Analog Devices): Lidar ist ein System zur Erkennung von Gegenständen in einem bestimmten Bereich und Bestimmung der Entfernung zum messenden Objekt.

Harald Weber (Sick): Sensoren, deren Funktionsweise auf der berührungslosen Abstandmessung durch Laser beruht, sind aus der Welt der Automatisierung heute nicht mehr wegzudenken. Begonnen hat diese Entwicklung als sogenannte TOF-Messtechnik. TOF (Time of Flight, deutsch: Lichtlaufzeit) wird mittlerweile in der Regel durch die genaueren Begrifflichkeiten LADAR oder das am meisten gebrauchte LiDAR ersetzt. LADAR (Laser Detection and Ranging) oder LiDAR (Light Detection and Ranging) sind bewusst angelehnt an das populär benutzte RADAR, das für Radio Detection and Ranging steht.

KEM Konstruktion: Wie funktioniert LiDAR-Technologie?

Dr. Florian Baumann (Dell): LiDAR-Systeme senden Laserimpulse aus, die von Objekten in der Umgebung reflektiert werden. Sie fangen das zurückgestreute Licht auf und berechnen aus der Laufzeit vom Senden bis zum Empfangen die Strecke, die das Licht zurückgelegt hat, sprich: die Entfernung zu dem reflektierenden Objekt. Da LiDAR auch die Intensität der Reflexion erfasst, kann ein sehr genaues Abbild der Umgebung erstellt werden.

Christoph Galle (Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland/FMD): LiDAR-Systeme messen die Zeit, die das von einem Laser ausgesendete Licht benötigt, um von einem Objekt reflektiert und mit Hilfe eines Sensors detektiert zu werden. Die hierbei entstehenden Punktwolken werden im Anschluss ausgewertet, um Objekte positionsgenau zu erkennen, zu vermessen und anschließend auf Software-Ebene auszuwerten und zu kategorisieren. Im Ergebnis entsteht ein dreidimensionales Abbild der gescannten Umgebung, das Navigationsaufgaben im Kontext des autonomen Fahrens oder eine sichere Mensch-Roboter-Kollaboration im Kontext von hochautomatisierten Fertigungsumgebungen ermöglicht.

Dr. Jun Pei (Cepton): LiDAR nutzt drei wesentliche Funktionen. „Transmission“ bezieht sich darauf, wie LiDAR das Licht in die Umgebung sendet. Wenn das Licht auf Objekte fällt, wird ein Teil davon zurück zur Quelle reflektiert. „Detektion“ bezieht sich darauf, wie LiDAR das zurückreflektierte Lichtsignal detektiert. Da die Lichtgeschwindigkeit bekannt ist, können wir durch die Messung der Zeit zwischen der Aussendung des Lichts von der Quelle und der Detektion durch den Empfänger die 3D-Entfernung („Range“) des Objekts zum Lidar genau messen. Lidarsensoren erfassen Daten nicht nur von einer einzelnen Punktquelle und einem Detektor, sondern decken mit verschiedenen Techniken ein 2D-Sichtfeld („Field of View/FOV“) ab, was als „Bildgebung“ bezeichnet wird.

Dr. Florian Petit (Blickfeld): LiDAR-Sensoren senden Lichtpulse aus, die von umliegenden Objekten reflektiert und vom Sensor anschließend wieder aufgefangen wird. Mit Hilfe der Zeit, die das Licht benötigt, um vom Sensor wieder detektiert zu werden und der bekannten Lichtgeschwindigkeit kann so sehr präzise errechnet werden, in welcher Entfernung zum Sensor sich das Objekt befindet. Indem dieser Vorgang millionenfach pro Sekunde wiederholt wird, wird das gesamte Sichtfeld in einer detaillierten 3D-Karte, der so genannten Punktwolke, erfasst.

Thomas Tzscheetzsch (Analog Devices): Einfach gesprochen: Ein Laserstrahl wird ausgesendet und die Zeit gemessen, bis eine Reflektion des Ursprungstrahls erkannt wird. Aus dem Winkel der gemessenen Reflektion und der Laufzeit kann die Entfernung und die Position ermittelt werden.

Harald Weber (Sick): Einen Laser zu verwenden bedeutet, das Messobjekt aktiv zu beleuchten. Durch die aktive Beleuchtung ist der Sensor unabhängig von externen Lichtquellen und kann bei Nacht, unter Tage, in Tunneln etc. mit der gleichen Effizienz verwendet werden, wie bei Einsätzen im Außenbereich oder bei künstlichem Licht. Die Fokussierung von Sendelasern ermöglicht im 2D- und 3D-Bereich feine Auflösungen, um Objekte in großer Entfernung oder mit feinen Strukturen abzutasten. Zum Messen mit Lasern als Sendequelle gehört die Verwendung eines entsprechend geeigneten Empfangselements. Sender und Empfänger, sowie die Auswerteeinheit mit einer hohen zeitlichen Auflösung, bilden das Herzstück des LiDAR-Sensors. Die nachfolgenden elektronischen Schaltungen sind für die Verwendung der gewonnenen Messdaten relevant. Hier fließen Daten zur mechanischen Ausrichtung der Sende- und Empfangseinheiten und der hinsichtlich der Anwendung des Sensors relevanten leistungstechnischen Abstimmung zusammen. Ein berührungsloses Messverfahren erfordert, dass das Messobjekt entsprechend dem Messprinzip des Sensors physikalisch erfassbar ist. Bei der Verwendung von Laser bedeutet dies ein störungsfreies Strahlen des Lasers zum und vom Objekt in der direkten „line of sight“. Dabei besteht ein großer Vorteil der berührungslosen Lasermessung darin, dass sie bei nahezu jeder Art der Beschaffenheit des Messobjekts funktioniert.

Sick AG verwendet größte Sorgfalt damit die Signalverarbeitungskette so optimiert ist, dass konstant zuverlässige Messdaten bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen erfasst werden. So können in den Sensoren selbst oder auch in den Auswertungen der Kunden zuverlässige Prozessentscheidungen getroffen werden. Das Ganze auch unter dem Aspekt, dass die Messdaten über einen langen Betriebszeitraum des Sensors in der gleichen Qualität bestehen müssen.

LiDAR-Verfahren im Überblick

KEM Konstruktion: Welche LiDAR-Verfahren gibt es?

Baumann (Dell Technologies): Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von LiDAR-Sensoren. Scanning LiDAR lenkt die Lasersignale mittels einer beweglichen Ablenkoptik über die zu erfassende Umgebung. Das Sichtfeld ist sehr groß, aber da mechanische Komponenten zum Einsatz kommen, verschleißen die Systeme mit der Zeit und sind auch etwas größer und kostenintensiver als Non-Scanning LiDAR. Diese weiten den Laserstrahl auf die zu scannende Umgebung aus und benötigen daher keine mechanischen Komponenten. Daher sind sie wartungsfrei und kostengünstiger, decken allerdings ein nicht so großes Sichtfeld ab. Solche Festkörper-LiDARs, auch Solid State LiDAR oder Flash LiDAR genannt, finden sich zum Beispiel im iPhone.

Galle (FMD): Beim konventionellen Scanning-LiDAR wird ein Laserstrahl auf einen rotierenden mechanischen Spiegel gelenkt, der so die Umgebung im 360-Grad-Winkel erfasst. Zwei neuartigere Verfahren sind das MEMS-basierte Scanning-LiDAR und das s.g. Flash LiDAR, die jeweils nur einen Ausschnitt der Umgebung untersuchen. In der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) entwickeln wir Komponenten, die Einsatz in beiden Varianten finden können und darüber hinaus weitere Systemansätze ermöglichen. Im Falle des MEMS-basierten Scanning-LiDAR wird der Lichtstrahl von einem MEMS-Scannerspiegel abgelenkt. So kann die Umgebung schrittweise abgetastet werden, was mittlerweile sehr genaue Messungen auch in großer Distanz möglich macht. Beim Flash-LiDAR-Ansatz wird die zu erfassende Umgebung hingegen auf einmal beleuchtet. Die Flash-LiDAR-Systeme erfassen dabei den jeweiligen Umgebungsausschnitt mittels eines einzelnen Laserblitzes. Das von der Umgebung reflektierte Licht wird anschließend auf einem Photodetektorarray abgebildet. Flash-LiDAR-Systeme kommen komplett ohne bewegliche Komponenten aus, was eine äußerst robuste Bauform ermöglicht.

Pei (Cepton Technologies): Die Bildgebung mit stationären Komponenten wird üblicherweise als „solid state“ oder „non-scanning“ bezeichnet. Ein traditionelles Beispiel ist die „Flash-Bildgebung“. Davon gibt es auch eine leistungsoptimierte Variante, den „sequentiellen Blitz“, die aber erhebliche Kompromisse zwischen FOV, Reichweite und Auflösung erfordert. Beispiele für Scanning-Techniken sind die mechanische Rotation der optischen Arrays (die üblicherweise in 360°-LiDARs verwendet wird), mikro-elektromechanische Systeme (MEMS) sowie deren Variante, das Makrospiegel-basierte Scanning. Hinzu kommt noch die Micro Motion Technology (MMT), die rotationsfrei, reibungslos und spiegellos ist.

Petit (Blickfeld): Um diese Punktwolke zu erzeugen setzen unterschiedliche LiDAR-Hersteller auf verschiedene Technologien. Bei der Flash-Technologie etwa wird die gesamte Szene auf einmal erleuchtet. Dies hat den Vorteil, dass keine beweglichen Teile im Sensor verbaut sind, die sich abnutzen können. Allerdings ist die Reichweite dabei sehr beschränkt. Sehr viel häufiger kommen Technologien zum Einsatz, die das Sensorumfeld abscannen. Bei den Spinning LiDAR-Sensoren werden dabei Lichtquellen und Detektoren übereinandergestapelt und mit einem Motor um die eigene Achse gedreht. Somit erreichen sie ein Sichtfeld von 360°, sind aufgrund der feinen Mechanik aber auch störanfälliger. So genannte Solid-State-Sensoren verzichten auf bewegliche Teile im Sensor-Inneren. Blickfeld beispielsweise setzt auf Silizium-Spiegel, die frei schwingen und somit die Laser-Pulse auf die Szene ablenken.

Tzscheetzsch (Analog Devices): Hier gibt es sehr verschiedene Verfahren. Zum einen teilt man die Systeme nach Art des Lasers ein: hier gibt es das Verfahren Scanning und non-Scanning, die Ansteurung des Laser ist entweder Flashed (auch Pulsed genannt) oder nach dem FMCW-Verfahren (Frequency Modulated Continous Wave). Auf der Empfängerseite gibt es Arrays oder einzelne Photodioden, beim Scanner unterscheidet man zwischen Mechanischem Beam Steering durch einen Motor, Steering mit MEMS Mirrors und der optical Phased Array Technology (solid state) und VCSEL Arrays (solid state, eine Art LCD) – alle mit ihren verschiedenen Vor- und Nachteilen.

Weber (Sick): Linear messende Sensoren (1D) nutzen die lineare, eindimensionale Ausdehnung in Richtung des Messobjekts, um Distanzen und Distanzänderungen auf natürliche Ziele (bis 100 % Remission) oder Reflektoren festzustellen. Dabei sind bei Messungen auf Reflektoren Reichweiten bis 1.500 m erzielbar.

Mithilfe von linear messenden Sensoren werden z. B. Großkrane in einer genauen Entfernung positioniert, um Greif- und Abladevorgänge zu ermöglichen. Eine entsprechend der Anwendung erfolgende Optimierung der Messzykluszeit sorgt dafür, dass große Entfernungen und schnelle Distanzänderungen zuverlässig und äußerst präzise erfasst werden.

Die Entwicklung von 2D-Sensoren hatte das Ziel, die herausragenden Eigenschaften der Messung mit Laser beizubehalten und diese in einem in der Fläche messenden Sensor zu nutzen. Die hierbei verwendete Methode, einen Laserstrahl über einen drehenden Spiegel abzulenken, erscheint einfach. Dennoch steckt die Herausforderung im Detail. Viele scannende Sensoren sind koaxial messende Systeme. Dabei sitzt der Sendestrahl in der Mitte des Empfangsstrahls. Dieser wird nun über einen Drehspiegel abgelenkt. Alle beschriebenen Eigenschaften, die die Messung mit Laser so herausragend machen, bleiben dabei erhalten, etwa die große Reichweite und die Fähigkeit zum Messen auch dunkler Objekte. Bei LiDAR-Sensoren wird die sequenzielle Schussfolge der Laserpulse mit der Rotationsfrequenz des Motors und der gewünschten Winkelauflösung synchronisiert. Üblicherweise bestimmen die maximale Schussfrequenz der Laserquelle und die gewünschte Winkelauflösung die Drehgeschwindigkeit des Motors. Es können während einer Umdrehung nicht mehr Pulse erzeugt werden, als die Laserbeschaltung zulässt. Herausragend bei scannenden Sensoren sind auch die Winkelauflösung und die Winkeltreue der Schlussfolge sowie die hohe Messfrequenz (Umdrehungsgeschwindigkeit der Motoren). Für die Ablenkung eines Laserstrahls über einen Spiegel ist hohe mechanische Präzision erforderlich. Mehrlagenscanner liefern auch 3D-Daten welche ein noch umfangreicheres Bild der Umgebung liefern. In der näheren Zukunft werden vermehrt LiDAR-Sensoren auf Basis von Solid-State-Technologien gebaut werden. Dabei wird der Laserstrahl über verschiedene physikalische Techniken umgelenkt oder gleich bei der Strahlerzeugung, der Entstehung des Laserpulses, beeinflusst. Flash Lidare hingegen beleuchten die Szenerie komplett mit einem ‚Blitz‘ und die entsprechenden Bildpixel werden in einem speziellen Empfängerchip in der Reichweite ausgewertet.

In beiden Fällen geht das zurzeit noch mit einer gewissen Einschränkung des betrachteten Öffnungswinkels einher und im Falle von Flash Lidaren auch mit Beschränkungen der Reichweite, im Vergleich mit Lidaren die Messpunkte sequenziell abfahren.

Allgemein wird man, abhängig von der Kundenapplikation, verschiedene Lidar Technologien im Markt sehen, allen ist gemeinsam, dass Lidare verfügbare Abstandsmessdaten erzeugen können und damit verfügbare Umgebungserfassungen sicherstellen.

KEM Konstruktion: Was sind die Kernkomponenten von Lidar?

Baumann (Dell Technologies): Ein Lidar-Sensor besteht aus Laserquelle, Objektiv, Detektor und Signalverarbeitung. Die Laserquelle, zum Beispiel eine Laserdiode, verschickt die Laserstrahlen durch das Objektiv, und der Detektor empfängt die reflektierten Signale. Die Signalverarbeitung errechnet aus den Laufzeiten der Reflexionen die Entfernung zu Objekten.

Galle (FMD): Im Normalfall bestehen LiDAR-Systeme aus leistungsfähigen Laserquellen, hochpräzisen Optiken, Strahlführungseinrichtungen sowie hochsensiblen Detektoren und einer Auswerteelektronik. Darüber hinaus müssen die beim Abscannen generierten Daten auch mit entsprechenden Signalverarbeitungstechnologien ausgewertet und, je nach Anwendungsfall, auch durch eine Fusion von Daten aus verschiedenen Sensortypen kombiniert werden. Zentrale Forschungsschwerpunkte auf Komponentenebene bilden in der FMD derzeit gepulste Laserdioden im Nanosekundenbereich, leistungsfähige Mikrospiegel zur Strahlführung und hochsensible Detektorarrays (SPADs, APDs und SiPMs). Die Komponenten benötigen zudem auch eine für den spezifischen Anwendungsfall geeignete Integrationstechnologie, um die Systeme hinsichtlich Baugröße und Einbauort zu optimieren. Themen, wie Design von Schaltungen und Komponenten, Test sowie Zuverlässigkeitsuntersuchungen, stellen komplementäre Kompetenzen im Portfolio der FMD dar.

Pei (Cepton Technologies): Der Sender verwendet einen Infrarotlaser. Vertical Cavity Surface Emitting Laser (VCSEL) werden für ~850 nm, Edge Emitting Laser (EEL) für ~905 nm und Faserlaser für ~1550 nm verwendet. Die Detektorkomponenten werden in der Regel passend zum entsprechenden Sender gewählt. Für ToF-Lidars werden Si-basierte Avalanche-Photodioden (APDs) mit EELs und Einzelphotonen-Avalanche-Dioden (SPADs) mit VSCELs genutzt, für kundenspezifische InGaAs-Detektoren werden 1550-nm-Faserlaser eingesetzt. Die für die Bildgebung verwendeten Komponenten variieren je nach Bildgebungsverfahren erheblich. Viele scannende und rotierende Lidarsysteme verwenden Spiegel zusammen mit Komponenten zum Scannen oder zur Rotation des Spiegels. MMT nutzt Schwingspulen und ist spiegellos und reibungsfrei.

Petit (Blickfeld): Lidar-Sensoren besitzen immer eine oder mehrere Lichtquellen, die die Laserstrahlen aussenden und einen oder mehrere Detektoren, die die reflektierten Photonen wieder auffängt. Je nach Technologie sind zudem noch Bauteile eingebaut, die das Licht auf die Szene ablenken, um ein möglichst großes Blickfeld zu erzeugen. Weitere Bestandteile sind beispielsweise optische Linsen oder Leiterplatten.

Tzscheetzsch (Analog Devices): Zentrales Element ist ein leistungsstarker Prozessor oder FPGA, dann folgen Laser Driver, Laser Diode, (Scanner), Optik, Photodiode(-array), TIA (Trans Impedanz Amplifier), Comparator und DAC und TDC (Time to Digital Converter). Daneben gibt es noch Komponten wie ADCs, Thermocontrollers, IMU (Lagesensor, Gyroscope), Spannungsregler, Clocking-Bausteine und viel Software – um nur einige zu nennen.

Weber (Sick): Ein LiDAR-Scanner benötigt zur Lichtpulserzeugung einen Empfänger. Beim Sensor heißt dieser Lichtdetektor. Des Weiteren benötigt es einen Zeitnehmer zur Bestimmung der Zeit zwischen dem Senden und Empfangen des Lichtimpulses sowie einen Rechner, der die Entfernung des Objektes aus der Flugzeit berechnet. Bei 2D oder 3D-Erfassung ist zur Erreichung größerer Abtastwinkel außerdem eine Strahlablenkung notwendig.

KEM Konstruktion: Welche Vorteile bietet LiDAR im Vergleich zu anderen Technologien?

Baumann (Dell): LiDAR liefert sehr schnell ein sehr präzises 3D-Abbild von der Umgebung und funktioniert auch bei schlechten Lichtverhältnissen. Wo eine Kamera auf das Umgebungslicht angewiesen ist und nachts oder beim schnellen Wechsel von Licht und Schatten weniger gute Ergebnisse liefert, hat LiDAR als aktives Verfahren mit eigener Signalquelle keine Probleme. Zudem bietet LiDAR eine höhere Reichweite als Radar und eine präzisere Objektklassifizierung, sodass sich Objekte – etwa im Straßenverkehr beim Einsatz in autonomen Fahrzeugen – besser identifizieren und unterscheiden lassen.

Galle (FMD): Zu den Vorteilen der LiDAR-Technologie gegenüber klassischen Entfernungsmesssystemen, wie z.B. Radar, Kamera oder Ultraschall, gehören die genaue und sichere Messung sowie die hohe Auflösung auch auf große Entfernungen zum Objekt. Weiterhin stellt die sehr gute Objektkantenerkennung einen großen Vorteil von LiDAR-Systemen dar. Die hohe Genauigkeit des Umgebungs-Scans, auch im Weitwinkelbereich, könnte in Zukunft ein entscheidender Vorteil werden. Gemeinsam mit dem Start-up OQmented haben wir einen Demonstrator realisieren können, der in der Lage ist ein horizontales Field-of-View von 140° abzuscannen.

Der jeweilige Einsatzfall in Verbindung mit seinen spezifischen Herausforderungen bildet jedoch die Entscheidungsgrundlage zur Auswahl einer geeigneten Technologie.

Pei (Cepton): LiDAR behebt einige kritische Schwachstellen anderer Sensortechnologien wie Kameras und Radare. Während zum Beispiel die Kameraleistung bei Dunkelheit, direktem Sonnenlicht und schlechtem Wetter beeinträchtigt ist, funktioniert LiDAR unter diesen Bedingungen gut und ist rund um die Uhr verfügbar. Im Gegensatz zum 2D-Kamerabild liefert LiDAR 3D-Informationen, einschließlich genauer Entfernungen, Abmessungen und Geschwindigkeiten. Radargeräten wiederum fehlt die räumliche Auflösung, die für eine genaue Objekterkennung, -verfolgung und -klassifizierung erforderlich ist. LiDARSysteme bieten eine viel höhere Auflösung, so dass sie die Art des erkannten Objekts und seinen Standort genauer identifizieren können.

Petit (Blickfeld): Ein großer Vorteil der LiDAR-Technologie ist, dass sie 3D-Daten erzeugt. Diese Daten beinhalten eine große Menge an Informationen und sind leicht zu verarbeiten. Zudem bieten sie direkte Abstandsinformationen, was besonders für das autonome Fahren ein großer Vorteil ist. Im Gegensatz zu 2D-Kameradaten sparen die LiDAR-Daten den Interpretationsschritt und damit Rechenkapazität sowie Zeit ein. LiDAR-Systeme sind zudem weitgehend unabhängig von Umweltfaktoren und können rund um die Uhr eingesetzt werden, was ihnen einen erheblichen Vorteil gegenüber Sensoren wie Kameras verschafft, die bei Dunkelheit, Nebel oder Regen nahezu nutzlos sind.

Tzscheetzsch (Analog Devices): Je nach zu messender Entfernung und Anwendung tritt LiDAR gegen verschiedene Verfahren an: z.B. Time of Flight (eine Art LiDAR mit höherer Auflösung aber geringerer Reichweite), Stereoskopie (gut im mittleren Entfernungsbereich, hat jedoch Nachteile bei widrigen Umweltbedingungen, wie Nebel oder anderen Lichtquellen), Radar (ist im mittleren Entfernungsbereich im Einsatz, unempfindlich gegen z.B. Nebel, begrenzt in der Reichweite bei gleicher Leistung wie LiDAR). Aus diesen Gründen wird LiDAR häufig zusammen mit Radar eingesetzt. Ultraschall ist die günstigste Variante, aber sehr begrenzt in Reichweite, Geschwindigkeit und Details.

Weber (Sick): LiDAR ist ein aktiv messendes Verfahren. Das heißt, es ist mit einem Sensor und Empfänger ausgerüstet. Da es die eigene Strahlquelle verwendet, ist es zum Beispiel unabhängig von externer Beleuchtung und robust. LiDAR liefert durch präzise Entfernungs- und Winkelwerte eine sehr genaue Umgebungserfassung und ist in dieser Hinsicht vielen anderen Verfahren überlegen.

KEM Konstruktion: Für welche Anwendungen sind LiDAR-Sensoren geeignet?

Baumann (Dell): LiDAR-Sensoren stecken z.B. in den Laserentfernungsmessern für Handwerk, Bau und Vermessungstechnik. Fahrassistenzsysteme im Auto sowie autonome Fahrzeuge setzen auf die Technik, ebenso die Geräte für Geschwindigkeitskontrollen. Weitere Einsatzgebiete sind die Objekterkennung in der Robotik, die Bestimmung der Wolkendichte und die Überwachung von Emissionen von Schornsteinen und Fabriken durch Messung der Schadstoffpartikel in der Luft. Auch in der Windenergiebranche kommt zunehmend LiDAR zum Einsatz, um Windgeschwindigkeiten und Windrichtung zu bestimmen.

Galle (FMD): LiDAR-Systeme können überall dort eingesetzt werden, wo genaue Zeit- oder Distanzmessungen benötigt werden. Prädestinierte Einsatzgebiete sind damit vor allem die Fahrzeugumfelderkennung beim autonomen Fahren sowohl auf der Straße als auch in industriellen Umgebungen. Zudem können mit LiDAR-Systemen die Automatisierung und Sicherheit in und um die Fabriken und Maschinen der Zukunft vorangetrieben werden. Ein weiterer Einsatzbereich sind unter anderem unbemannte Luftfahrzeuge, wie Drohnen, die beispielsweise im Bereich Smart Farming die Landschaft vermessen oder im Bereich Sicherheit eingesetzt werden können.

Pei (Cepton): LiDAR wurde durch den Einsatz in fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (ADAS) und autonomen Fahrzeugen (AV) bekannt. LiDAR-Sensoren können mit Kameras und Radaren zusammenarbeiten, um die Anzahl falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse zu minimieren und eine hohe 3D-Genauigkeit zu gewährleisten, was die Sicherheit beim autonomen Fahren entscheidend erhöht. Darüber hinaus kommen LiDAR-Systeme auch häufig im Bereich der intelligenten Infrastruktur zum Einsatz. Zum Beispiel in Anwendungen wie 3D-Kartierung, elektronischen Mautsystemen, intelligenten Kreuzungen, Verkehrsanalysen, Zugangssystemen, Unfallverhütung, Analysen von Menschenmengen, Robotik und vielem mehr. Dank der Anonymität der LiDAR-Daten können LiDAR-Systeme an vielen Orten eingesetzt werden, an denen Kameras aufgrund von Datenschutzbedenken nicht erlaubt sind.

Petit (Blickfeld): Die Anwendungsgebiete für die LiDAR-Technologie sind äußerst vielfältig. Neben topografischen Vermessungen und dem autonomen Fahren finden die Sensoren beispielsweise auch in der Verkehrszählung oder im Parkplatzmanagement Anwendung. Ein Bereich, in dem die Vorteile der Sensorik klar erkennbar sind, ist der Sicherheitsbereich. Bei der Erfassung von Bewegungen an Zäunen oder Grundstücksgrenzen beispielsweise sind die Eigenschaften der Präzision und lichtunabhängigen Funktion von LiDAR von großem Vorteil. Zudem sehen wir einen großen Bedarf der Anwendung der Personenzählung. Hier setzen wir beispielsweise gerade ein Projekt mit dem Frankfurter Flughafen um, in dem Passagierflüsse in den Abflughallen erfasst werden, um das Aufkommen am Sicherheitsschalter zu antizipieren.

Tzscheetzsch (Analog Devices): Die Anwendungen sind sehr vielfältig – so gehören 3D-Scanner zum Einsatzgebiet, angefangen von Personen/Skulpturen bis hin zur Vermessung der Erdoberfläche oder anderer Planeten. Auch Architekten nutzten LiDAR zur Erzeugung von Gebäudemodellen u.a werden hierfür Drohnen benutzt oder (professionelle) Heimanwender zur Erstellung von 3D Druckmodellen – um nur einige zu nennen. Auch findet LiDAR eine große Verbreitung im Bereich Mobility – als Teil autonomer Systeme im Straßenverkehr (zur Objektidentifikation – z.B. NightVision bei BMW). In der Industrie gibt es Anwendungen im Bereich Robotik – befindet sich eine Person oder ein Werkstück im Arbeitsbereich? – und im Bereich Automation zur Line-End-Kontrolle, wie z.B. bei Füllanlagen um die Füllhöhe, die Kapselposition oder Glasbruch zu erkennen. Nicht zu vergessen sind Anwendungen im Bereich Landwirtschaft – hier wird vermehrt auf automatisch fahrende Maschinen gesetzt – dazu muss die Ackerfläche genau bestimmt sein – auch hier spielt LiDAR eine Rolle.

Weber (Sick): Die Anwendungsmöglichkeiten der berührungslosen Erfassung durch Laser in der industriellen Welt sind vielfältig. Laserbasierte Messsensoren finden z. B. Verwendung in der Logistik, etwa bei Förderprozessen, bei der Erfassung von Verkehrsflüssen auf Straßen oder bei der Automatisierung von Be- und Entladevorgängen an Containern in Häfen. Ein weiteres wesentliches Anwendungsgebiet sind Anwendungen rund um die Personensicherheit an Maschinen und Lagen. So sorgen Sicherheitslaserscanner an Maschinen dafür, dass diese rechtzeitig vor Gefahr für Personen abgeschaltet werden.

KEM Konstruktion: Welchen Anforderungen muss ein LiDAR-Messsystem im Rahmen von Automotive genügen?

Baumann (Dell): Es muss klein, robust und günstig sein. Klein, damit es unsichtbar ins Design des Fahrzeugs integriert werden kann. Robust, um Umweltbedingungen wie Feuchtigkeit sowie hohen und niedrigen Temperaturen zu trotzen, aber auch um Vibrationen und Erschütterungen wegzustecken. Günstig, damit die Materialkosten bei der Produktion nicht zu sehr ansteigen. Funktional muss ein LiDAR für den Einsatz im Automotive-Bereich zudem ein großes Sichtfeld haben und möglichst weit vorausschauen können, und das auch bei hohen Geschwindigkeiten des Fahrzeugs.

Galle (FMD): Im Bereich Smart Mobility arbeiten wir z.B. an Themen wie Advanced Driver Assistance Systems, die Fahrende zusätzlich unterstützen und damit eine sicherere Fahrt ermöglichen können. Hierzu gehören u.a. automatische Bremsmanöver durch Abstandsmessungen auf der Straße. Durch die extrem hohen Sicherheitsanforderungen müssen hierfür im Regelfall mindestens zwei Sensorsysteme, wie LiDAR, Radar, Kamera oder Ultraschall, mit ihren spezifischen Vorteilen in bestimmten Licht- oder Wetterverhältnissen kombiniert werden. Zudem muss die Weiterverarbeitung der Scan-Daten schnell und sicher realisiert werden, um Unfälle zu vermeiden. Die aktuellen Systeme arbeiten in Verkehrssituationen mit geringer Komplexität bereits sehr sicher, haben jedoch in hochkomplexen Verkehrssituationen noch Schwierigkeiten, da große Datenmengen in kurzer Zeit verarbeitet und transportiert werden müssen, um eine optimale Entscheidungsfindung zu ermöglichen.

Pei (Cepton): Das ideale LiDAR-System für Fahrerassistenzsysteme und autonome Fahrzeuge muss die richtige Balance zwischen Leistung, Zuverlässigkeit und Kosten bieten. Für die Leistung sind eine hohe Auflösung und eine akzeptable Reichweite mit guter Sichtfeldabdeckung (FOV) entscheidend. Vom Standpunkt der Zuverlässigkeit aus betrachtet sind Automobilqualität sowie eine einfache Fertigung in hohen Stückzahlen erforderlich. Zudem müssen LiDAR-Sensoren preislich deutlich unter 1.000 $ liegen, damit sie auf dem Massenmarkt für Automobile eingesetzt werden können. Schließlich sind auch ein kompaktes und gut integrierbares Design sowie ein geringer Stromverbrauch wichtig, um eine flexible Integration in das Fahrzeug zu ermöglichen.

Petit (Blickfeld): Für den Einsatz im Automotive-Bereich gelten bestimmte Normen und Standards. Ein wichtiger Faktor dabei ist die Sicherheit der Systeme. Wir unterziehen unsere Sensoren daher ausführlichen Tests, beispielsweise was Schock und Vibration angeht, um das Risiko eines Ausfallens zu minimieren. Auch was die Leistung angeht, müssen LiDAR-Sensoren für den Einsatz in Fahrzeugen bestimmte Anforderungen erfüllen, die die Reichweite und das Sichtfeld umfassen. Für das schnelle Fahren auf Autobahnen oder Landstraßen beispielsweise wird eine hohe Reichweite benötigt, während das Fahren in der Stadt vielmehr eine Rundum-Sicht um das Fahrzeug erfordert.

Tzscheetzsch (Analog Devices): Die wichtigsten sind Sicherheit, Entfernung und Auflösung. So ist für autonomes Fahren eine Auflösung von 5 cm nötig – umgerechnet in die benötigte Zeit ergibt sich eine Auflösung von 167ps – das bedeutet sehr schnelle Systeme sind nötig. Neben all dieser Performance ist auch die Sicherheit entscheidend – hier muss die Laserleistung und Wellenlänge bestimmte Anforderungen erfüllen (IEC60825-1), damit das Auge geschützt wird.

Weber (Sick): In diesem Bereich sind zuverlässige robuste Messwerte gefragt, welche dann zur weiteren Auswertung für Lokalisierung oder Freiraumkontrolle herangezogen werden. Insbesondere im Bereich Automotive bewegen sich die Anforderungen in anspruchsvollen Bereichen: sehr weiter Temperaturbereich, Wetterfestigkeit, Zuverlässigkeit, Baugröße beziehungsweise Integrationsfähigkeit, Kosten, Automobilnormung, etc.

KEM Konstruktion: Eignet sich LiDAR auch für den Einsatz in der Industrie-Automation? Welche Anforderungen muss ein solches LiDAR-Messsystem im Rahmen von Automatisierung und Industrie 4.0 erfüllen?

Baumann (Dell): Die Anforderungen sind mit denen im Automotive-Bereich vergleichbar, etwa was Robustheit und Kosten angeht, aber der „Fokus“ ist ein anderer. Während ein autonomes Fahrzeug eher in die Ferne schaut und einen großen Sichtbereich erfassen muss, reicht für die meisten Automatisierungs- und Industrie-4.0-Anwendungsfälle ein kleineres, näheres Sichtfeld. Dort wird aber eine sehr hohe Genauigkeit benötigt, teilweise im Zentimeter- und Millimeterbereich.

Galle (FMD): Entfernungssensoren, wie LiDAR-Systeme, werden ein zentraler Bestandteil der „Fabrik der Zukunft“ sein. Nur mit smarten Messsystemen, die schnell Daten weiterverarbeiten und Bildgebung ermöglichen können, ist eine sicher und reibungslos automatisierte Fabrik denkbar. Derzeit ist eine der größten Herausforderungen für LiDAR-Systeme jedoch der relativ hohe Herstellungspreis im Vergleich zu anderen, etablierten Technologien. Aus diesem Grund arbeiten wir an Lösungen, die kostengünstige Komponenten in innovativen Systemen ermöglichen, sowie die Komplexität der Systeme und damit deren Kosten reduzieren. Somit tragen wir dazu bei, eine der größten Herausforderungen für LiDAR-Systeme im Bereich Industrie 4.0 zu bewältigen.

Pei (Cepton): LiDAR-Sensoren eignen sich ideal für den Einsatz in der der industriellen Automatisierung. Sie bieten eine präzise räumliche Wahrnehmung, mit deren Hilfe autonome Bodenfahrzeuge, Roboter und alle Arten von Industriemaschinen sicher navigieren können. Die Anforderungen sind in der Regel ähnlich wie in der Automobilbranche, mit einigen Variationen je nach Anwendung. Werden sie als Teil einer intelligenten Infrastruktur eingesetzt, erhöhen LiDAR-Systeme auch die Effizienz und Sicherheit. Sie sorgen z.B. für die Sicherheit des Personals und eine sichere Zugangskontrolle, schaffen die Grundlage für eine belegungsbasierte Automatisierung oder ein auf der Fußgängerfrequenz basierendes Gebäudemanagement, und schützen die Privatsphäre der Mitarbeiter.

Petit (Blickfeld): Der Bereich, in dem LiDAR-Technologie einen großen Mehrwert für die Industrie 4.0 bringen kann, ist die (Intra-)Logistik. Autonome Gabelstapler und fahrerlose Transportfahrzeuge können Lagerhallen und Häfen komplett automatisieren und LiDAR ist dafür eine Schlüsseltechnologie. Sie helfen den Fahrzeugen dabei, ihr Umfeld zu erfassen und mögliche Hindernisse zu identifizieren. Durch die Automatisierung dieser Fahrzeuge können Effizienz und Sicherheit in der Lagerung und Logistik gesteigert werden.

Tzscheetzsch (Analog Devices): Auch hier spielt die Augensicherheit eine dominante Rolle. Daneben ist es wichtig, die Anwendung „functional safe“ zu bauen, besonders, wenn die Möglichkeit der Begegnung mit Menschen besteht. Gerade im Bereich Automatisierung bzw. Industrie 4.0 ergeben sich viele Anwendungen für ToF.

Weber (Sick): Industrie Automation ist ein idealer Einsatz für LiDAR. Gerade dort müssen Waren und Produkte passgenau bewegt und übergeben werden. Dazu positioniert man z.B. Automatische Transport-Fahrzeuge im mm Bereich. Dabei müssen auch geforderte Industriestandards erfüllt werden und die Systeme sollten gut in industrieübliche Architekturen integriert und an industrieübliche Steuerungen angepasst werden. Außerdem ist es sinnvoll Messdaten vorzuberechnen, um nachgelagerte Rechner zu entlasten.

KEM Konstruktion: Im Bereich Automotive und Mobility spielt das Thema Sensorfusion eine wichtige Rolle, wie sieht es da in der Automatisierung aus?

Baumann (Dell Technologies): Ich denke, in der Automatisierung spielt die Sensorfusion noch keine große Rolle – interessant für die Weiterentwicklung von existierenden Lösungen ist sie dennoch. Anders als beim autonomen Fahrzeug, das auf verschiedenste Szenarien reagieren und bei unterschiedlichsten Wetter- und Lichtverhältnissen funktionieren muss, haben wir in der Automatisierung häufig stark begrenzte Anwendungsfälle mit wenigen Einflüssen von außen. Daher nutzt man hier eher eine sequentielle Abarbeitung von verschiedenen Sensoren, um einzelne Charakteristiken zu prüfen. Zum Beispiel kann in einem ersten Schritt eine Kamera ermitteln, ob das richtige Bauteil vorliegt, und ein Lidar-Sensor im zweiten Schritt, ob dessen Abmessungen und Lage stimmen.

Galle (FMD): Sensordatenfusion wird in der Automatisierung eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Die intelligente Kombination verschiedener Sensoren ist notwendig, um gezielt die Vorteile der jeweiligen Sensoren zu nutzen bzw. die Nachteile anderer Sensoren auszugleichen. Ein konkretes Beispiel hierfür ist der Produktionsprozess in Stahlwerken. Unter rauen Umgebungsbedingungen mit hohem Aufkommen von Staub und Rauch können Kameratechnologien relativ schnell an ihre Grenzen gelangen. Der zusätzliche Einsatz von Radarlösungen ermöglicht hier einen starken Informationsgewinn, der wiederum ein vollständigeres und verlässlicheres Abbild der Umgebung ermöglicht und somit auch einen höheren Automatisierungsgrad. In der Kombination von komplementär einsetzbaren Sensoren liegt vielfältiges Potential, welches noch ausgeschöpft werden kann und sollte.

Pei (Cepton Technologies): Lidar funktioniert gut neben anderen Sensortechnologien in der Industrieautomation und bietet eine zusätzliche und sehr präzise Wahrnehmungsebene. Ein Beispiel ist die Industrierobotik. Lidarsensoren können hier mit Kameras kombiniert werden, durch Sensorfusion. So entsteht eine viel genauere Live-3D-Karte der Umgebung, mit deren Hilfe Roboter sicher navigieren können. Tatsächlich können Lidarsensoren sogar Kamerasysteme intelligenter machen, und das, ohne die Privatsphäre zu verletzen. Wenn sie zum Beispiel ungewöhnliches Verhalten oder mögliche Eindringlinge erkennen, können sie das System anweisen, die Kameras einzuschalten, um die Szene zur weiteren Überprüfung aufzuzeichnen.

Petit (Blickfeld): Eine Kombination von Lidar und anderen Technologien kann an den Stellen Sinn machen, an denen Redundanzen wichtig sind. Im Bereich Automotive beispielsweise ist es wichtig, Informationen zu bestätigen, um auf dieser Basis Fahrentscheidungen zu treffen. In den beschriebenen Beispielen aus der Industrie, wie den autonomen Gabelstaplern oder fahrerlosen Transportfahrzeugen, ist dies ebenso der Fall. Im Sicherheitsbereich hingegen kann es hilfreich sein, dass der Lidar zuverlässig erfasst, wenn jemand eine gesperrte Zone betritt und damit das Einschalten der Kamera auslöst, damit diese Farbbilder aufzeichnet.

Tzscheetzsch (Analog Devices): Hier gibt es eine klare Antwort: es kommt darauf an. Je nach Komplexität oder Zuverlässigkeitsanforderungen gibt es auch hier die Verknüpfung verschiedener Sensoren. Ein gutes Beispiel ist hier CbM (condition based monitoring), wo Beschleunigungssensoren mit Magnetfeld- und Temperatursensoren sowie Mikrofonen gekoppelt werden, allerdings spielt hier Lidar keine Rolle.

Weber (Sick): In der Automatisierung ‚fusioniert‘ man die Information der Sensoren schon seit längerem in den Steuerungen. Es kommen zusehends Steuerungen zum Einsatz die auf IPC Basis funktionieren. Gerade der Wandel zu Autonomen Systemen, welche in der Industrie eigenständig aufgrund von aktuell gegeben Situationen Entscheidungen treffen müssen, setzt zur genauen und verfügbaren Umgebungserfassung eine Vielzahl von Sensoren voraus, die in einer gemeinsamen Welt dargestellt werden müssen.

Mehr Informationen zum Thema LiDAR:

hier.pro/ivciD

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