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Rotieren für die Umwelt

Schwungradspeicher mit magnetischer Lagerung speichern Energie stundenlang
Rotieren für die Umwelt

Energie zu speichern ist nach wie vor eine Herausforderung. An der TU Wien werden aber nun hocheffiziente Flyweels entwickelt: Schwungradspeicher, die Energie stundenlang speichern können. Sie machen nicht nur die Photovoltaik und Windkraft attraktiver, sondern bringen auch für Notstromaggregate oder Kunden, die kurzfristig viel Energie benötigen, große Vorteile.

Exklusiv in kem Die Autoren: Prof. Dr. techn. Johann Wassermann ist Leiter der Abteilung Messtechnik und Aktorik und Projektleiter „SEE-Flywheel“; Dr. techn. Alexander Schulz ist Key Scientist und Projektleiter „Long-Term Storage Flyweels“; Harald Sima und Thomas Hinterdorfer sind Dissertanten, alle TU Wien, Wien

Die Zwischenspeicherung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Primärenergieträgern wird in den nächsten Jahrzehnten eine der größten Herausforderungen sein. Eine gegenüber Akkumulatoren wesentlich langlebigere und ökologischere Methode, die in unterschiedlichsten Leistungsklassen auch dezentral eingesetzt werden kann, stellen Schwungradspeicher dar, an denen die Forschergruppe „Flyweel“ am Institut für Mechanik und Mechatronik der TU-Wien arbeitet. Ziel der Forschungsprojekte „Long-Term Storage (LTS)-Flywheel“ und „Safe and Energy Efficient (SEE)-Flywheel“ist eine Vervielfachung der heute bei kommerziell verfügbaren Schwungradspeichern üblichen Speicherdauer bei gleichzeitiger Erhöhung der Sicherheit und Reduktion der Systemkosten.
Komplexes mechatronisches Gesamtsystem erfassen
Um dieses hochgesteckte Ziel zu erreichen, genügt es nicht einzelne Teilbereiche zu betrachten und zu verbessern. Der Grund: Das mechatronische Gesamtsystem LTS-/SEE-Flywheel ist hochkomplex; es besteht aus einem Rotor samt Schwungmasse, Motor/Generator, berührungsfreier magnetischer Lagerung, Regelung und Ansteuerelektronik sowie Vakuumsystem und dem Gehäuse. Um also eine optimale Lösung für Ziele wie Anwendung als dezentrale Photovoltaikzwischenspeicher oder die Bereitstellung von Regelenergie für Stromnetze zu finden, wurde ein multi-physikalisches Flywheel-Berechnungs-, Simulations- und Optimierungstool entwickelt.
Damit ist es erstmals möglich die großteils divergierenden Anforderungen an die erforderlichen Baugruppen sowie die vielfältigen Kopplungen und Abhängigkeiten von einer Vielzahl von Parametern jeder einzelnen Baugruppe im Schwungradspeicher zu erfassen. Oft führt schon eine kleine Änderung eines Parameters zu einer großen vorteilhaften oder nachteiligen Änderung des Gesamtsystems. Integriert in das Flywheel-Tool sind aufwändige und rechenintensive Algorithmen für die einzelnen Schwungradspeicher-Komponenten.
Für den Rotor wird eine Kombination aus hochfesten Aluminium- und Stahl-Komponenten eingesetzt. Die Schwungmasse besteht aus einem Carbonfaser-Composite, das bezogen auf den Energieinhalt die geringste Masse und gleichzeitig sogar die geringsten Kosten ermöglicht. Hierbei werden aufwändige Finite Elemente-Modelle für die Berechnung der Festigkeit und der Eigenfrequenzen eingesetzt.
Neuartiges kaskadiertes Hybrid-Magnetlagersystem
Die Lagerung ist eine weitere Schlüsselkomponente, speziell um möglichst lange Speicherzeiten zu erzielen. Für minimales Bremsmoment und geringsten erforderlichen Energiebedarf wurde ein neuartiges kaskadiertes Hybrid-Magnetlagersystem entwickelt. Es weist minimalen Energiebedarf für jeden Arbeitspunkt auf, gewährleistet gleichzeitig aber auch bei plötzlich auftretenden äußeren Störungen, beispielsweise aufgrund von Erdbeben, eine sichere Lagerung des schnelldrehenden Rotors.
Die zentrale Komponente zur Energiezu- beziehungsweise -abfuhr ist der Motor/Generator samt Ansteuerelektronik. Abhängig vom Lade- oder Entladezyklus müssen für lange Speicherzeiten im Stand-by-Betrieb des Schwungradspeichers (Zeiten in denen keine Energie zu- oder abgeführt wird) das Schleppmoment des Motors/Generators minimiert werden oder für möglichst geringe Verluste beim Laden oder Entladen die Verluste des Motors/Generators und dessen Ansteuerelektronik minimiert werden. Hierzu erfolgt eine aufwändige, auf Finiten Elemente-Rechnungen und dynamische Simulationen der zeitlichen Verläufe basierenden, Optimierung der Geometrie- und Ansteuerparameter hinsichtlich des jeweiligen Einsatzgebietes.
Hocheffektiver Konverter zur Ansteuerung des Motors
Hocheffiziente Konverter zur Ansteuerung des Motors/Generators sowie des Hybrid-Magnetlagersystems mit Halbleitern aus Silizium-Carbid sowie Gleichspannungswandlern mit ebenfalls sehr hohem Wirkungsgrad tragen dazu bei, die gesetzten Ziele zu erreichen. Durch eine spezielle redundante Ausführung des Gesamtsystems inklusive Backup-Stromversorgung ist selbst bei Auftreten eines Fehlers im Motor/Generator, im hybriden Magnetlagersystem, in deren Ansteuerung beziehungsweise Regelung oder der Sensorik ein sicheres Herunterfahren der Anlage gewährleistet. Damit ist diese Speichertechnologie nicht nur wesentlich langlebiger und umweltfreundlicher als Akkumulatoren sondern auch noch viel sicherer.
Für viele Anwendungen interessant
Interessant ist die neue Technologie sowohl für Netzbetreiber als auch für Einzelhaushalte, die Photovoltaik verwenden möchten, oder für Windparkbetreiber, die Strom gleichmäßiger ins Netz einspeisen möchten. Auch für die Unterstützung großer Infrastruktur- oder Industrieanlagen sind Flyweels interessant. „Ich denke da beispielsweise an Produktionsprozesse, die kurzfristig sehr hohen Leistungsbedarf haben oder an künftige Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge“, so Professor Johann Wassermann, Leiter des Bereichs Messtechnik und Aktorik am Institut für Mechanik und Mechatronik der TU Wien. Flywheels können solche extremen Stromverbrauchsspitzen glätten.
Die Forschungsprojekte LTS- und SEE-Flywheel am Institut für Mechanik und Mechatronik der TU-Wien werden aus Mitteln des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie sowie des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen der Programme „Haus der Zukunft Plus“ und „Neue Energien 2020“ durchgeführt.
TU Wien;
Telefon: 0043 1 58801-325431;
E-Mail: johann.wassermann@
tuwien.ac.at
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