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Reibung verbindet

Reibwertsteigernde Beschichtung für Flanschverbindungen und Schrumpfscheibenkupplungen
Reibung verbindet

Reibwertsteigernde Hartstoff-Beschichtungssysteme sorgen jetzt für erheblich mehr Leistung in Flanschverbindungen und Schrumpfscheibenkupplungen. Der rechnerische Haftreibbeiwert zertifizierter Lösungen liegt unter konservativer Betrachtung für Flanschkupplungen bei µ = 0,65 und für Zwischenhülsen bei 0,5. Umfassende Tests wiesen für beide Anwendungen aber noch weit höhere Werte nach. Damit können höhere Drehmomente übertragen werden – bei hohen Leistungsreserven und hoher Sicherheit gegen Durchrutschen.

Die in den letzten Jahren enorm gestiegenen Herausforderungen in der Antriebstechnik haben SKF-Ingenieure intensiv analysiert und bewertet. Ein Ergebnis sind Beschichtungssysteme für die Antriebstechnik, die hohe Haftreibbeiwerte in Kontaktflächen erzielen und langfristig sicherstellen. Zielgruppe sind hochbelastete Flanschverbindungen in Wellensystemen oder Schrumpfscheibenkupplungen, die zum Beispiel in Windkraftanlagen eingebaut werden können.

Kraftflussoptimierung im Antriebsstrang
Besonders bei hochbelasteten Wellensträngen in Kraftmaschinen oder Windkraftanlagen (WKA) werden die Kräfte und Momente über starre, nicht schaltbare Kupplungen übertragen. Die Forderungen nach kompakteren, gewichtsreduzierten Konstruktionen aller Einzelkomponenten einer WKA führen zunehmend zu höheren spezifischen Belastungen. Dabei werden an einzelnen Schnittstellen durchaus kritische Auslegungsgrößen erreicht. Die Berechnung der zulässigen Sicherheitsbeiwerte bei gegebenen äußeren Kräften und Momenten lassen für den Konstrukteur nur wenig Spielraum, innovative Lösungen umzusetzen.
In Windkraftanlagen werden die Rotor- oder Hauptantriebswellen kraft- oder formschlüssig in der Werkstoffkombination Stahl/Stahl- oder Stahl/Guss-Flanschverbindungen aufgebaut. Bevorzugt kommen dabei Passbolzen- oder hochwertige Schraubenfixierungen zum Einsatz. Stahl/Stahl-Flanschverbindungen haben unbehandelt im Praxiseinsatz einen Haftreibbeiwert, der entsprechend der Fachliteratur realistisch in der Größenordnung von µ = 0,12 bis 0,2 angesetzt werden kann. Durch heute übliche stirnseitige Beschichtungsmethoden kann dieser Wert auf bis zu µ = 0,3 bis 0,4 gesteigert werden. Dazu kommen zum Beispiel Lacke oder Pasten zur Anwendung, die zum Teil in mühsamer Handarbeit aufgetragen werden müssen.
Besonders bei Windkraftanlagen steigen in den letzten Jahren die Anlagenleistungen massiv. Damit die Einzelgewichte der Komponenten in der Gondel noch beherrschbar bleiben, sind intelligente Lösungen gefragt. Zusammen mit einem namhaften Anlagenhersteller von Windkraftanlagen hat SKF ein System entwickelt, welches es ermöglicht, die Hauptabmessungen der Flanschverbindungen, der benachbarten Wälzlager und der Getriebegehäuse erheblich zu reduzieren. Für die gewählte Windkraftanlage bedeutete dies eine Gewichtsreduzierung der antriebstechnischen Komponenten von mehreren Tonnen. Die ersten Prototypen sind schon seit zwei Jahren erfolgreich im Praxiseinsatz.
Flanschkupplung mit reibwertoptimierter Zwischenscheibe
Dazu wird eine reibwertoptimierte Zwischenscheibe in Form von Segmenten in eine biegesteife Flanschkupplung eingesetzt und verschraubt. SKF bietet diese in vielen Fällen problemlösungsorientierte Komponente unter der Bezeichnung „Frictiondisc“ für den antriebstechnischen Markt an.
Nicht nur die Vorteile in der Konstruktion sprechen für die „Fric- tiondisc“, sondern auch die einfache, zeit- und damit kostensparende Montage und Demontage, die Mehrfachverwendung der Segmente und die robuste Beschichtungstechnik sind hervorzuheben. So zeigt die Praxis häufig in verschraubten Flanschverbindungen Merkmale von Reibverschweißungen, partielle Überbeanspruchungen oder sogar massiven Festsitz an einzelnen Bolzen. Die Demontage muss dann mit speziellen Werkzeugen und Verfahren erfolgen – nicht selten nur noch mit Hilfe eines Bohrers und Vorschlaghammers. Besonders im Groß- und Schwermaschinenbau aber auch im Schiffbau können dadurch lange Stillstandzeiten – verursacht beispielsweise durch aufwändiges Ein- und Ausbauen von Kupplungen – unnötig teuer werden.
Die Frictiondisc ist vergleichsweise unempfindlich gegenüber Verschmutzungen, wie beispielweise Ölbenetzungen der Gegenflächen in Passfugen. Bei der Montage- und Instandhaltung müssen keine besonderen Maßnahmen zum Schutz der Kupplungsflächen getroffen werden. Das hat Vorteile – etwa bei Walzwerken, wo durch extreme Umgebungsbedingungen schnell Schmutzpartikel an kritische Montagestellen gelangen können, oder bei Windkraftanlagen, die salzhaltiger Luft ausgesetzt sind. Selbst reibwertmindernde Medien haben keinerlei Einfluss auf ihre Funktion, wie Versuche zeigten.
Stahlträger mit Nickelmatrix und Hartstoffschicht
Das Trägermaterial der Zwischenscheibe ist Stahl und wird projektbezogen für die späteren Anforderungen ausgesucht. Mit einem speziellen Verfahren wird eine Nickelmatrix aufgezogen, in die hochfeste Hartstoffpartikel eingebunden sind. Der Kraftschluss zwischen den Oberflächen der Flanschflächen wird durch Mikroformschluss sichergestellt. Alternativ bietet SKF für Anwendungen mit großen Hauptabmessungen ein Beschichtungssystem auf Wolfram-Karbid-Basis mit vergleichbarer Leistungsfähigkeit an.
SKF arbeitete bei der Entwicklung sehr eng mit Hochschulinstituten zusammen. Neben reinen Haftreibversuchen wurde eine Vielzahl von Versuchen zur Bestimmung des Langzeitverhaltens (2 Mio. Lastzyklen) und der Bestimmung des Haftreibbeiwertes nach mehrmaliger Montage und Demontage durchgeführt. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass der Haftreibbeiwert selbst nach mehrfacher Montage und Demontage nur geringfügig niedriger ausfällt. Ausgelegt ist die Zwischenscheibe für eine Flächenpressung von 100 bis 180 MPa.
Die Frictiondisc wird projektbezogen ausgelegt und in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden entsprechend den individuellen Anforderungen erarbeitet. FEM-Berechnungen zur Ermittlung der Flächenpressung in der Fuge unterstützen den Konstruktionsprozess.
Schrumpfscheibenkupplung mit optimierter Zwischenhülse
Schrumpfscheibenkupplungen sind zwar lange bekannt, werden jedoch bisher nur für Nischenanwendungen erfolgreich eingesetzt. Durch die ständige Steigerung der Anlagenleistung bei Windkraftanlagen wird dieses Konstruktionsprinzip aber zunehmend auch für diese anspruchsvollen Antriebssysteme interessant.
Zu der nach dem Prinzip des Kraftschlusses konzipierten SKF-Schrumpfscheibenkupplung gehören folgende Funktionskomponenten: stabile Klemmnabe mit Innenkonus und Druckkammer, äußere Hülse mit Außenkonus, Außengewinde und Hydraulikmutter sowie die zylindrische und gleichzeitig sehr dünne Innenhülse, die den Kraftfluss zur Drehmomentübertragung sicherstellt. Ein wesentliches Element der Kupplung ist die Hydraulikmutter, die sich in der steifen Klemmnabe und auf dem Gewinde der Hülse abstützt. Durch diese hydraulische Unterstützung ist die Endpositionierung der Klemmnabe sehr genau einstellbar. Entsprechende Radialbohrungen in der Klemmnabe ermöglichen ein „Aufschwimmen“ der Nabe auf der Hülse.
Die Schrumpfscheibenkupplung führt die Erfahrung der SKF-Kupplungsexperten zusammen, die schon seit vielen Jahren hydraulisch unterstützte Querpressverbindungen (OK-Kupplungen) konstruieren, herstellen und diese erfolgreich in vielen Applikationen einsetzen. Kennzeichnend für die neue, reibungstechnisch optimierte Kupp- lung der Serie OKCKX ist die erprobte Montagetechnik, die eine genaue (selbstzentrierende), zeit- sparende und einfache Positionierung bei gleichzeitiger sicherer Übertragung von hohen Drehmomenten und Kräften ermöglicht.
Zylindrische Innenhülse als Kernelement
Das neuartige Kernelement der Kraft- und Momentübertragung in der Schrumpfscheibenkupplung ist die zylindrische Innenhülse, die den Kraftfluss zwischen den beteiligten Wellen herstellt. Diese geschlitzte und vergleichsweise sehr dünnwandige Hülse ist mit einer speziellen Hartstoffbeschichtung innen und außen beschichtet. Für die Berechnung und Auslegung der Wellenverbindung kann durch die Beschichtung in der lastübertragenden Passfuge ein Haftreibwert von µ = 0,5 langfristig zugrunde gelegt werden. Dieser hohe Wert wird auch nach mehrfacher Montage und Demontage der Kupplung in der Passfuge zuverlässig erreicht.
Zur Ermittlung der optimalen Hartstoffbeschichtung, der Schichtdicke, der wichtigsten Einflussgrößen bei der Materialpaarung und weiterer fertigungstechnischer Größen wurde in Zusammenarbeit mit Hochschulen verschiedene Testprogramme durchgeführt. Zusätzliche FEM-Untersuchungen zur Bestimmung des Schlupfverhaltens der Komponenten nach dem Fügen und zur Bestimmung kritischer Spannungsbereiche im Verlauf des Kraftflusses begleiteten die praktischen Tests und sicherten den Entwicklungsprozess ab.
Bevorzugtes Anwendungsgebiet der Schrumpfscheibenkupplungs-Serie OKCKX sind besonders Hohlwellen-Verbindungen in Wellensystemen von Windkraftanlagen. Weitere Einsatzgebiete sind Antriebe für Förderanlagen, Kupplungsverbindungen von Aufsteckgetrieben, Schiffswellen oder auch Walzwerksantriebe in Stahl- und Aluminiumwalzwerken.
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