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Dichtungsringe aus Grafitlaminat von Klinger

Die richtige Dichtung hilft, (Folge-)Kosten zu sparen
Dichtungsringe aus Grafitlaminat von Klinger

Der Einfluss von Dichtungen auf das Gesamtsystem wird häufig unterschätzt. Vielfach wird eine einfache, möglichst kostengünstige Lösung eingesetzt. Sieht man das Bauteil Dichtung jedoch als relevant für die Qualität und Langlebigkeit eines Produktes an, kann durch die Zusammenarbeit mit Spezialisten bereits beim Konstruieren einer technischen Lösung das zur jeweiligen Anwendung passende und geometrisch optimierte Dichtungsmaterial gefunden werden.

Gerald Klein, Produktmanager Dichtungen, Klinger GmbH, Idstein, Jörn Jacobs, Fachjournalist (bdfj), IHW Marketing GmbH, Bad Camberg

Die Dino Anlagen- und Maschinenbau e. K. aus Bremen gehört zu den führenden Herstellern von Elektro-Dampferzeugern. Mit anwenderspezifisch gefertigten Systemen agiert das Unternehmen seit mehr als 50 Jahren erfolgreich am Weltmarkt und hat über 25.000 Kesselsysteme in mehr als 140 Länder verkauft.

Elektro-Dampferzeuger werden in vielen Industriebereichen eingesetzt, so auch in der Lebensmittel- und Genussmittelindustrie. Beim Elektro-Dampferzeuger erhitzen und verdampfen elektrisch betriebene Heizelemente enthärtetes Wasser, das eine Speisewasserpumpe vom Tank oder direkt aus der Leitung in den Druckbehälter fördert. Bei Dino-Systemen regelt eine Wasserstandselektronik dabei mithilfe von Füllstandselektroden oder einem Schwimmerschalter den Wasserstand im Druckbehälter, das Schalten der Heizung und schützt die Heizelemente vor Beschädigung bei eventuellen Funktionsstörungen. Der Dampfdruck wird am Manometer angezeigt, wobei ein Druckwächter bei Erreichen von 500 kPa (5 bar) die Heizung aus- und bei 450 kPa (4,5 bar) wieder einschaltet. Der Dampf wird am Dampfabsperrventil entnommen, ein Sicherheitsventil verhindert Überdruck. Anfallendes Kondensat der Dampfleitung und der Verbraucher kann am Kondensateingang des Wärmetauschers wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden.

Temperaturwechsel führt zu Materialveränderungen

Die komplette Einheit der Heizelemente wird durch einen Flansch mit dem Druckbehälter verbunden. Die Innenflächen von Flansch und seiner Abdichtung stehen in Kontakt mit überhitztem Wasserdampf in 100%iger Sättigung bei +160 °C und 5 bar Druck. Bisher hat der Hersteller an der Flanschplatte eine Faserweichstoffdichtung mit Grafit als Füllstoff eingesetzt. Mit einer Dicke von 2 mm in der Ausführung Full Face wies sie eine Dichtungsfläche von 28.888 mm² auf und erreichte bei 80 % Schraubenausnutzung eine Flächenpressung von 15 MPa.

Je nach Einsatzumgebung und tendenziell bei Lastwechseln an den Dampferzeugern trat an dieser Stelle bei einigen Systemen jedoch ein Problem auf. Da die eingesetzten Dichtungen über die Zeit aushärten, es durch Temperaturwechsel zu Materialausdehnungen und in der Folge zu Relativbewegungen zwischen Behälter und Heizelementträger kommt, kann die Dichtung diese Verformungen irgendwann nicht mehr mitleisten – es treten an der Flanschplatte Undichtigkeiten auf, die bei +160 °C und 5 bar Dampfdruck sehr gefährlich werden können, unabhängig vom verlorenen Dampfvolumen. Folge war, dass ein Monteur vor Ort beim Kunden die fehlerhaften Dichtungen austauschen musste, was logischerweise zu hohen Montage- und Reisekosten führte.

Der Geschäftsführer und Inhaber von Dino, Kurt Nobel, suchte daher einen Weg, um diese Problematik dauerhaft und zukunftsfähig zu lösen, denn Undichtigkeit und Wartungseinsatz sind für Anwender wie für Hersteller nicht zufriedenstellend. Durch den Tipp eines Kunden aus Österreich wurde Nobel auf die Klinger GmbH in Idstein aufmerksam. Deren Dichtungsfachleute haben dann Dino in Bremen besucht, um eine Lösung für die Aufgabe zu etablieren.

Eigenschaften der Grafitdichtungen bleiben stabil

Ihr Vorschlag war, einen alternativen Flachdichtungswerkstoff zu verwenden, der nicht aushärtet und ihn zusätzlich mit Innenbördel auszurüsten. Parallel soll durch Berechnung mit dem Programm Klinger expert die Geometrie der Dichtung verändert werden, resultierend in einer Verringerung der Dichtfläche, um eine höhere Flächenpressung bei gleicher Schraubenkraft zu erzielen.

Da Grafitdichtungen im Gegensatz zu Faserdichtungen keine organischen Bindemittel enthalten, verändern sie ihre Eigenschaften im gesamten Temperatureinsatzbereich nicht, sie weisen kein Verhärten und Verspröden auf. Mit Klinger graphit PSM steht ein in der Praxis erprobtes Grafitlaminat mit einer 0,1 mm dicken Spiessblech-Edelstahleinlage für den Temperaturbereich von -200 bis +450 °C zur Verfügung. Es wird bevorzugt bei Heißwasser und Wasserdampf eingesetzt und ist in den Standarddicken 0,8, 1,0, 1,5, 2,0 und 3,0 mm verfügbar.

Die neue Auslegung der Dichtung zeigt die Ausführung Raised Face. Die nominelle Dicke verbleibt bei 2 mm, während die Dichtungsfläche um mehr als 45 % auf 15.700 mm² reduziert ist. Damit wird bei wieder 80 % Schraubenausnutzung eine effektive Flächenpressung von 29 MPa erreicht – fast die Verdopplung des ursprünglichen Wertes.

Zur weiteren Erhöhung der Sicherheit ist die Dichtung mit einer metallischen Innenrandeinfassung, einem sogenannten Innenbördel kombiniert. Dieser wird nach dem Ausstanzen des Dichtungsringes mit einem separaten Werkzeug eingebracht. Er besteht aus einem ca. 0,10 bis 0,15 mm dünnen Blech und ist im Normalfall aus Edelstahl. So schützt man den Dichtungswerkstoff vor aggressiven Medien und Herausdrücken sowie das Medium vor Verunreinigungen durch herausgelöste Dichtungsbestandteile. Außerdem verbessert der Innenbördel die Gasdichtheit bei porösen Dichtungswerkstoffen. Eine solche Dichtung kann im Lebensmittelkontakt eingesetzt werden und eignet sich für die üblichen Reinigungsprozesse in der Lebensmittelindustrie. An den Materialien für die Schrauben, ihrer Anordnung usw. brauchte nichts geändert zu werden.

Die Vorgehensweise von Klinger zur Problemlösung hat Nobel überzeugt und im Vorfeld auch positiv überrascht. „Obwohl wir unsere Flachdichtungen indirekt über den technischen Handel hier in Bremen beziehen, ist ein Fachmann von Klinger zu uns in den Norden gekommen, damit wir gemeinsam das Problem lösen“ so Nobel. „Ein toller Zug und richtig klasse.“ Neben der jetzt dauerhaft verlässlichen Dichtung im Flansch hat das Unternehmen im zweiten Schritt Mitarbeiter zu einer Dichtungsschulung nach Idstein geschickt, um zukünftig mehr Know-how für die im Prinzip kleine, aber doch systemwichtige Schnittstelle im Unternehmen zu haben.

Zusammenarbeit mit Spezialisten

Der Einfluss von Dichtungen auf das Gesamtsystem wird häufig unterschätzt. Vielfach geht es nur darum, am Anfang dicht zu sein und dies möglichst günstig zu bewerkstelligen. Für Anbieter von Qualitätsprodukten stellt sich jedoch die Frage, ob es nicht besser ist, das Bauteil Dichtung als relevant für Qualität und Langlebigkeit anzusehen. So kann durch die Zusammenarbeit mit Spezialisten bereits beim Konstruieren einer technischen Lösung das zur jeweiligen Anwendung passende und geometrisch optimierte Dichtungsmaterial gefunden werden. Mag sein, dass die individuelle Dichtung ein paar Cent teurer ist, durch Vermeidung von Folgekosten und Ärger beim Endanwender rechnet sich diese Investition über die Zeit und macht sich selbst bezahlt. bec

www.klinger.de

www.dino-bremen.de

Detaillierte Informationen zum Werkstoff Grafit für Dichtungsanwendungen:

http://hier.pro/YTI4T

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