Maritime Gangways stellen hohe Ansprüche an die verwendeten Rotationslager. Hersteller solcher Offshore-Brücken verlassen sich daher auf robuste, leistungsfähige und präzise Doppel-Axiallager.
Exklusiv in KEM Der Autor Ulrich Schroth ist Geschäftsbereichsleiter Präzisionslager und Leiter der Rodriguez- Niederlassung Süd in Marbach
Kugeldrehverbindungen sind immer dann gefragt, wenn es gilt, große Kippmomente abzustützen oder wenn die jeweilige Konstruktion große Lagerdurchmesser erfordert. Dabei wird von der Lagertechnik Robustheit und Leistungsfähigkeit, aber auch Präzision gefordert. Ein typisches Einsatzgebiet dieser robusten Doppel-Axiallager sind teleskopierende Offshore-Gangways, deren eine Seite fest auf einem Schiff oder einer Bohrplattform installiert ist.
Über diese maritimen Brücken gelangt das Bohrinselpersonal vom Schiff auf die Förderplattform und umgekehrt. Überdies nehmen sie die Ver- und Entsorgungsleitungen für Treibstoff, Schmutz, Strom oder Wasser auf. Die Verbindungen zwischen einer festen und einer schwimmenden oder zwei schwimmenden Installationen gleichen Schiffsbewegungen in alle Richtungen aus.
Für die reibungslose Bewegung um die rotative Achse sorgen spezielle Doppel-Axiallager wie die zweireihigen Kugeldrehverbindungen (KDV) der Rodriguez GmbH aus Eschweiler. Diese müssen bei dem Einbau in Offshore-Gangways außergewöhnlichen Belastungen standhalten: Tiefe Temperaturen beim Einsatz in arktischen Gewässern, eine korrosive Salzwasserumgebung und enorme Kippmomente bei ausgefahrener Gangway fordern alles von den Lagern.
Anwenderspezifische Sonderanfertigungen
Zwölf solcher widerstandsfähigen und leistungsstarken Doppel-Axiallager fertigte Rodriguez im Auftrag eines renommierten Herstellers teleskopierender Offshore-Gangways. „Die erforderliche Baugröße wurde nach intensiven Gesprächen und umfangreichen Berechnungen genau auf die Anforderungen des Kunden zugeschnitten“, erklärt Michael Koprek, Produktmanager KDV bei Rodriguez.
Am Ende standen zweireihige, außenverzahnte Kugeldrehverbindungen mit einem Außendurchmesser von 3600 mm und einem Innendurchmesser von 3180 mm sowie einer Gesamthöhe von 185 mm (Außenringhöhe: 138 mm, Innenringhöhe: 178 mm). Zum Vergleich: Kugeldrehverbindungen für Standardanwendungen wie beispielsweise Drehtische für Schweißroboter erreichen maximal einen Außendurchmesser von 1600 mm.
Jede der Spezial-Kugeldrehverbindungen kann aufgrund ihrer zweireihigen Ausführung Axiallasten bis zu 17 500 kN und Kippmomente bis 12 000 kNm aufnehmen. Ein vom Standard abweichendes Sonderbohrbild der Laufringe der Doppel-Axiallager garantiert, dass auch die Schrauben den enormen Kippmomenten standhalten.
Besonders hart im Nehmen und nahezu wartungsfrei
Der Offshore-Einsatz verlangt den verwendeten Materialien alles ab. Korrosives Salzwasser, extreme Temperaturen und hohe mechanische Belastungen erfordern widerstandsfähige Werkstoffe und eine wartungsarme Konstruktion. Für Unempfindlichkeit gegen die harten Bedingungen auf See sorgt das Lagermaterial: Rodriguez wählte hier einen zähen CrMo-legierten Vergütungsstahl (42CrMO4V).
Für lange Wartungsintervalle sorgt im Fall der Gangway-Lager eine Zentralschmierung, die die Kugeldrehverbindungen nahezu wartungsfrei macht. Lediglich die Schraubverbindungen und das Lagerspiel werden in regelmäßigen Abständen überprüft. Als Dichtungswerkstoff wählte Rodriguez einen speziellen, bis -40 °C temperaturbeständigen Nitril-Butadien-Kautschuk (NBR, Nitrile Butadiene Rubber). Aufgrund einer vollständigen Kapselung der Lager – bedingt durch die Gesamtkonstruktion – sind sie jedoch nicht direkt dem ständigen Kontakt durch Salzwasser ausgesetzt.
Dennoch mussten sich die Lager besonderen Prüfungen unterziehen. „Unsere Doppel-Axiallager mussten in speziellen Tests beweisen, dass sie sich auch unter den harten Offshore-Bedingungen bewähren“, sagt Koprek. Dabei wurden beispielsweise die Schmiederinge u. a. mittels Ultraschall- und Oberflächenrissanalysen auf innere und äußere Fehler überprüft. Die Ermittlung ihrer mechanisch-technologischen Eigenschaften erfolgte anhand von Zug- und Kerbschlagbiegeproben. Sämtliche Testergebnisse wurden sorgfältig dokumentiert.
Nicht nur Standard im Produktspektrum
Rodriguez ist in der Lage, nahezu alle ein- und zweireihigen Kugeldrehverbindungen mit Außendurchmessern von 100 bis 5000 mm zu liefern. Neben zweireihigen Kugeldrehverbindungen für höhere Belastungen wie bei der Anwendung in Gangways oder auch Krananlagen bieten die Eschweiler auch einreihige Vierpunkt-Kugeldrehverbindungen für Standardanwendungen und Kreuzrollendrehverbindungen für Schwerlasteinsätze an.
Aufgrund ihres konstruktiven Aufbaus nehmen Vierpunktlager radiale und axiale Lasten sowie Kippmomente sicher auf. Da sie Lager und Verbindungselement in einem Bauteil vereinen, senken sie die Kosten und den Aufwand für die Gestaltung der Anschlusskonstruktion sowie für den Einbau. Damit erfüllen sie sowohl die technischen Ansprüche hinsichtlich Kippsteifigkeit und Größe des Lagerdurchmessers als auch die nach Wirtschaftlichkeit.
Das Produktspektrum des Antriebsspezialisten bietet zwei einreihige Vierpunktlager-Baureihen an, die ab Werk mit beidseitig abgedichtetem Laufbahnsystem ausgestattet sind: Die leichte Baureihe KDL beziehungsweise KDLH (H = hoch) und die mittlere Baureihe KDM/KDMH. KDL/KDLH-Drehkränze eignen sich für leichte Anwendungen mit durchschnittlichen Anforderungen an die Genauigkeit wie beispielsweise bei der Positionierung von Werkzeugmagazinen in Bearbeitungszentren.
Bei höheren Ansprüchen an Präzision und Belastung bieten sich die kompaktbauenden KDM/KDMH-Lager an. Sämtliche Kugeldrehverbindungen sind in den Ausführungen unverzahnt (U), außenverzahnt (A) und innenverzahnt (I) lieferbar. Die Lagerringe im Laufbahnbereich sind gehärtet – mit markiertem Härteschlupf – die Verzahnungen jedoch ungehärtet.
Auf Wunsch fertigt Rodriguez jedoch auch Lagerringe mit gehärteten Verzahnungen. Die Betriebstemperatur der Drehkränze beider Serien liegt bei -25 bis +80 °C. Sie sind flexibel kombinierbar mit Ritzeln und Planetengetrieben unterschiedlichster Hersteller sowie allen gängigen Motoren.
Eigene Fertigung sorgt für Flexibilität
Lager mit Durchmessern bis 1600 mm werden in den eigenen Werkstätten in Eschweiler gefertigt. Doch neben solchen Standardlagern können selbstverständlich auch größere Abmessungen oder kundenspezifische Modifikationen der Standardkugel- und -kreuzrollendrehverbindungen wie beispielsweise die Doppel-Axiallager für den Offshore-Einsatz umgesetzt werden. Zu den anwendungsspezifischen Spielarten zählen u. a. die Einschränkung des Lagerspiels, eine Zentrierung oder Hitzebeständigkeit bis +150 °C.
Auf Anfrage ebenfalls realisierbar sind Laufringe mit Sonderbohrbild, speziellen Dichtungsmaterialien sowie Schutzlackierungen oder die Ausführung in Edelstahl. Das liegt nicht zuletzt auch an den Inhouse-Fertigungskapazitäten des Eschweiler Antriebsspezialisten. Die eigene Produktion versetzt Rodriguez in die Lage, flexibler und marktorientierter reagieren zu können.
Rodriguez,
Tel.: 02403 780-0,
E-Mail: info@rodriguez.de
Teilen:
