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Was ist ein Getriebe und wie funktioniert es?

Getriebe - technische Grundlagen
Was ist ein Getriebe und wie funktioniert es?

Getriebe übertragen sie Bewegungen sowie Kräfte und zählen zu den wichtigsten Komponenten in unzähligen Antriebssträngen. Um das richtige Getriebe für die jeweilige Applikationen auswählen zu können, sollten Anwender verstehen, welche Getriebetypen es gibt, wie sie funktionieren und worauf es technisch bei einem Industriegetriebe ankommt. Ein Überblick.

 

Inhaltsverzeichnis

1. Was ist ein Getriebe?
2. Wie funktioniert ein Getriebe?
3. Worauf es technisch bei einem Getriebe ankommt?
4. Welche Getriebetypen gibt es?
5. In welchen Branchen/Applikationen werden Getriebe eingesetzt?
6. Welche Normen muss man im Zusammenhang mit Getrieben beachten (Auszug)?

Was ist ein Getriebe?

Im Werkzeugmaschinenbau dienen Getriebe hauptsächlich zur Reduzierung hoher Drehzahlen der Motoren auf die Arbeitsdrehzahlen der Hauptantriebe und zur Erzeugung definierter Vorschubbewegungen der Werkzeugsupporte. Ein Getriebe wird benötigt, um Drehmoment und Drehzahl eines vorgeschalteten Elektromotors so umzuwandeln, dass diese die antriebstechnischen Anforderungen einer Anwendung erfüllen. Denn Elektromotoren haben ihren idealen Arbeitspunkt jeweils in einem bestimmten Drehzahlbereich. Das variiert je nach Motortyp und hängt unter anderem davon ab, ob beispielsweise ein möglichst hohes Drehmoment oder ein Betrieb mit maximaler Geschwindigkeit oder auch Energieeffizienz gefragt ist. In aller Regel jedoch entspricht die optimale Drehzahl des Elektromotors nicht der, die der Nutzer in seiner Anwendung benötigt. Für einen Verbrennungsmotor oder andere Antriebe gilt ähnliches. Aus diesem Grund ist das Getriebe der zentrale Baustein eines Getriebemotors.

Wie funktioniert ein Getriebe?

Je nach Bauart, Baugröße und Getriebestufen übersetzt ein Getriebe die Drehzahl eines Motors ins Langsamere oder Schnellere. Das resultierende Drehzahlverhältnis i von der Antriebsdrehzahl zur Abtriebsdrehzahl ist damit eine der wichtigen Kenngrößen eines Getriebes. Wie kraftvoll ein Getriebe ist und welche Lasten es fördern kann, hängt vom maximalen Drehmoment ab, gemessen in der physikalischen Einheit Newtonmeter (Nm). Ein Beispiel für die Funktionsweise eines Getriebes ist ein Fahrrad mit Kettenschaltung am Hinterrad. Liegt die Kette auf einem großen Ritzel, ist die Übersetzung zwischen Kettenblatt und Ritzel relativ klein. Das große Ritzel überträgt jedoch ein großes Drehmoment: das Anfahren ist verhältnismäßig einfach. Dies kommt daher, dass das Zahnrad einen großen Radius hat und daher gemäß der Gleichung M = F x r (da die Kraft senkrecht zur Achse angreift) ein großes Drehmoment auf das Laufrad überträgt. Dabei ist die Drehzahl gering. Später kann der Radfahrer auf ein kleineres Ritzel umschalten, dann wirkt bei gleicher Kraft ein geringeres Drehmoment bei höherer Drehzahl.

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Worauf es technisch bei einem Getriebe ankommt?

Die wichtigsten technischen Daten eines Getriebes sind das Drehmoment, die Leistung, die Untersetzung bzw. Übersetzung sowie der Drehzahlbereich. Zudem spielen die Anschlussmaße und das Gehäusematerial eine Rolle für den jeweiligen Einsatz. Moderne Getriebe sind sehr effizient in ihren Wirkungsgraden. Je Übersetzungsstufe geht man von einem Verlust von lediglich etwa 1,5% aus. Bei einem zweistufigen Getriebe entspricht das also einem Wirkungsgrad von rund 97%. Bei Schneckengetrieben ist der Wirkungsgrad geringer.

In der Praxis spielen neben den Leistungsdaten andere Kriterien eine weitaus entscheidendere Rolle als beispielsweise der ohnehin sehr hohe Wirkungsgrad. Ein wesentlicher Faktor sind im täglichen Einsatz die Zuverlässigkeit eines Getriebes, seine Robustheit und Lebensdauer sowie der Wartungsaufwand.

Die Auswahl des Getriebes ist vor allem durch die Anwendungsdaten bestimmt. Dazu zählen beispielsweise Leistungsbedarf, Geschwindigkeit, Umgebungstemperatur und die Platzverhältnisse. Ebenso hängt die Lebensdauer eines Getriebes davon ab, welchen Belastungen – z.B. Stoßbelastungen, etwa beim Antrieb eines Förderbands – das Getriebe ausgesetzt ist. Daher sollte bei der Konstruktion einer Maschine oder Anlage nach Möglichkeit vermieden werden, das Getriebe häufigeren Stoßbelastungen auszusetzen.

Das bereits erwähnte Gehäusematerial kommt zum Tragen, wenn es um die Steifigkeit und das Gewicht der Gesamtkonstruktion geht. Ein Aluminium-Gehäuse ist beispielsweise bei ähnlicher Festigkeit deutlich leichter als ein Grauguss-Gehäuse. Für größere Drehmomente ist Grauguss die bessere Wahl, da das Material besonders verwindungssteif und schwingungsdämpfend ist. Generell gilt: Je glatter die Gehäuseoberfläche, desto einfacher ist die Reinigung eines Getriebes, was den Einsatz in reinigungsintensiven Industrien – etwa dem Lebensmittelbereich – ermöglicht.

Welche Getriebetypen gibt es?

Getriebe unterscheiden sich darin, auf welche Art sie den Kraftfluss übertragen; und daraus ergeben sich die 3 Grundbauarten: Parallelwellengetriebe, Winkelgetriebe und Planetengetriebe.

Bei Parallelwellengetrieben und Planetengetrieben liegen die antreibende und die abtreibende Welle in einer Richtung (in einer Ebene). Die Kraftübertragung ist damit geradlinig. Parallelwellengetriebe gibt es in den Bauformen Stirnradgetriebe oder Flachgetriebe. Bei Planetengetrieben erfolgt die Kraftübertragung koaxial. Drehzahl und Drehmoment der eintreibenden Welle – des zentralen Sonnenrads – werden dabei über drei oder mehrere umlaufende Planetenräder auf ein äußeres Hohlrad (Abtriebsseite) übertragen und umgeformt. Die Besonderheit: Antriebswelle und Abtriebswelle bewegen sich dadurch gleichsinnig. Bei Winkelgetrieben stehen Antriebs- und Abtriebswelle dagegen senkrecht zueinander – mit der Folge, dass dort der Kraftfluss rechtwinklig umgelenkt wird. Winkelgetriebe kennt man in unterschiedlichen Bauarten. Dazu gehören Kegelradgetriebe und Schneckengetriebe.

Stirnradgetriebe: Das Stirnradgetriebe ist eine Getriebeform, die durch parallele Achsen charakterisiert ist. Einfachste Bauform ist das einstufige Stirnradgetriebe, das aus zwei Wellen, auf denen je ein Zahnrad sitzt, besteht. Es können jedoch durch hinzufügen weiterer Zahnräder und Zwischenwellen mehrstufige Getriebe gebildet werden.

Flachgetriebe: Analog zu den Stirnradgetrieben sind auch Flachgetriebe sogenannte Parallelwellengetriebe: Die Kraftübertragung erfolgt achsparallel, die Abtriebswelle ist aber nach unten versetzt. Flach-Getriebemotoren sind dadurch ideal geeignet für beengte Einbauverhältnisse.

Kegelradgetriebe: Kegelradgetriebe gehen 90° um die Ecke. Sie gehören zur „Gattung“ der Winkelgetriebe, denn bei ihnen sind Antriebs- und Abtriebswelle senkrecht zueinander angeordnet. Der Kraftfluss kann damit rechtwinklig umgelenkt werden. Unsere Kegelradgetriebe verfügen über eine besonders verschleißfreie Verzahnung. Das erhöht den Wirkungsgrad und spart infolgedessen Energiekosten.

Planetengetriebe: Ein Umlauf- oder Planetengetriebe ist ein Getriebe mit mindestens drei in Wirkrichtung hintereinander angeordneten Zahnrädern. Die Radachsen zweier Räder sind koaxial angeordnet und das dritte Rad ist als Zwischenrad (Umlaufrad, Planetenrad) in einem um die koaxialen Radachsen drehbaren Steg (Planetenradträger) gelagert, welches mit dem Steg umläuft.

Koaxialgetriebe: Koaxial aufgebaute Getriebe sind Getriebe, bei denen sich Antriebs- und Abtriebswelle auf derselben Rotationsachse befinden. Diese Getriebe werden zumeist in Servoanwendungen eingesetzt, können aber auch leicht in vorhandene Antriebsstränge integriert werden. Es gibt verschiedene Arten von Koaxialgetrieben, dazu gehören unter anderem Planetengetriebe, Drehzahl-Überlagerungsgetriebe und Stirnradgetriebe. Bei letzterem handelt es sich meist um Parallelwellengetriebe. Bei zwei- oder mehrstufigen Getrieben ist jedoch auch eine Auslegung als koaxiales Getriebe möglich.

Servogetriebe: Servogetriebe ermöglichen hohe Geschwindigkeiten und Beschleunigungen und verfügen gleichzeitig über eine hohe Positionier- und Drehzahlgenauigkeit. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch eine hohe Torsionssteifigkeit sowie ein geringes Verdrehspiel aus – und werden so den Anforderungen hochdynamischer Applikationen vollauf gerecht.

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Zykloidgetriebe: Bei Zykloidgetrieben – die zur Familie der Servogetriebe gehören – erfolgt die Kraftübertragung über Kurvenscheiben und Rollen. Das sorgt für einen hohen Wirkungsgrad, eine enorme Widerstandsfähigkeit gegen Schockbelastungen sowie ein minimales Spiel über die gesamte Lebensdauer. Zykloidgetriebe erlauben Untersetzungen von 30:1 bis über 300:1 – und zwar ohne zusätzliche Vorstufen wie sie sonst bei Standard-Planetengetrieben nötig sind. Konstruktionsbedingt sind Zykloidgetriebe deutlich steifer und dabei kompakter (ca. 50% kürzer) sowie leichter als mehrstufige Planetengetriebe. Außerdem bieten sie eine um 500% höhere Überlastsicherheit.

Harmonic Drive-Wellgetriebe: Das Harmonic-Drive-Wellgetriebe basiert grundlegend auf drei Komponenten. Dies ist zum einen der sogenannte Wave Generator, eine elliptische Stahlscheibe im Herzen des Getriebes, welche über eine zentrische Nabe als auch ein dünnes, elliptisch verformbares Spezialkugellager verfügt. Des Weiteren ist der Wave Generator mit der Motorwelle verbunden. Zum anderen besteht das Wellgetriebe aus dem Flexspline, einer verformbaren zylindrischen Stahlbüchse mit radial um die Außenseite angeordneter Verzahnung, und dem Circular Spline. Als starrer und zylindrischer Außenring umgibt Letzterer sowohl Wave Generator als auch Flexspline und ist mit einer Innenverzahnung ausgestattet. Signifikant ist hierbei die Anzahl der Zähne – die Außenverzahnung des Flexsplines besitzt weniger Zähne als die Innenverzahnung des Circular Splines. Oftmals beläuft sich besagte Differenz auf zwei Zähne. Typischerweise wird der Wave Generator als Eingangsglied und der Flexspline als Abtriebselement des Mechanismus verwendet.

Schneckengetriebe: Ein Schneckengetriebe ist eine Kombination aus Schraubgetriebe und Zahnradgetriebe. In einem Schneckengetriebe treibt eine Schnecke ein Schneckenrad an. Die Schnecke ähnelt einem Gewinde, bei einer Umdrehung „schraubt“ sich ein oder mehrere Zähne des Schneckenrades weiter. Bei einer hohen Zähnezahl am Schneckenrad sind selbst Übersetzungen von i=200 und mehr in nur einer Getriebestufe möglich. Schnecke und Schneckenrad gleiten im Betrieb aufeinander ab, der hohe Gleitanteil fördert zum einen den geräuscharmen Lauf zum anderen reduziert sich der Wirkungsgrad. Im Extremfall reduziert man gezielt den Wirkungsgrad der Verzahnung, das Ergebnis ist ein selbsthemmendes Getriebe. Durch das große Schneckenrad am Abtrieb eignet es sich außerdem für einen Abtrieb mit Hohlwelle. Selbst spielarme Schneckengetriebe sind mit konstruktiven Maßnahmen möglich.

In welchen Branchen/Applikationen werden Getriebe eingesetzt?

  • Bergbau
  • Gummi- und Kunststoffindustrie
  • Kraftwerke
  • Maschinenbau/Werkzeugmaschinen
  • Metallurgie
  • Öl- und Gasförderung
  • Schienenfahrzeuge
  • Schifffahrtindustrie
  • Verarbeitungsindustrie
  • Wasserkraftwerke
  • Wind- und Gezeitenkraftwerke
  • Zementwerke
  • Zuckerfabriken

Welche Normen muss man im Zusammenhang mit Getrieben beachten (Auszug)?

  • DIN 3967 – Getriebe-Passsystem; Flankenspiel, Zahndickenabmaße, Zahndickentoleranzen, Grundlagen Ausgabe 1978-08
  • DIN 3990-21 – Tragfähigkeitsberechnung von Stirnrädern; Anwendungsnorm für Schnelllaufgetriebe und Getriebe ähnlicher Anforderungen Ausgabe 1989-02
  • DIN 15053 – Krane; Getriebe, Anschlussmaße, Umgrenzungsmaße, Abtriebsmomente Ausgabe 1976-02
  • DIN 20097 – Getriebe für Kohlenhobel und Kettenförderer unter Tage; Schilder für Getriebeübersetzungen Ausgabe 1968-07
  • DIN 43203 – Wartung der Elektro-Fahrmotoren und Getriebe in Nahverkehrsfahrzeugen Ausgabe 1979-02
  • DIN 45635-23 – Geräuschmessung an Maschinen – Luftschallemission, Hüllflächen-Verfahren – Teil 23: Getriebe Ausgabe 2003-09
  • DIN EN 61400-4;
  • VDE 0127-4:2013-10 – Windenergieanlagen – Teil 4: Auslegungsanforderungen für Getriebe von Windenergieanlagen (IEC 61400-4:2012); Deutsche Fassung EN 61400-4:2013 Ausgabe 2013-10
  • DIN ISO 3952-4 – Vereinfachte Darstellungen in der Kinematik – Teil 4: Verschiedene Getriebe und deren Zubehörteile; Identisch mit ISO 3952-4:1984 Ausgabe 1995-01
  • DIN ISO 10816-21 – Mechanische Schwingungen – Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen – Teil 21: Windenergieanlagen mit horizontaler Drehachse und Getriebe (ISO 10816–21:2015) Ausgabe 2015–08
  • DIN ISO 20816-9 – Mechanische Schwingungen – Messung und Bewertung der Schwingungen von Maschinen – Teil 9: Getriebe (ISO 20816-9:2020) Ausgabe 2021-03

Aktuelle Meldungen zum Themenfeld der mechanischen Antriebstechnik (Getriebe) finden sich hier

 

Quellen:

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