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100%ig spielfrei

Neuartiger Planetenradsatz für hochpräzise Anwendungen
100%ig spielfrei

Im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt die WMH Herion Antriebstechnik GmbH zusammen mit der Technischen Hochschule Ingolstadt einen neuartigen 100%ig spielfreien Planetenradsatz für hochpräzise Anwendungen.

 

Stephan Ritzer, wissenschaftlicher Mitarbeiter, und Prof. Dr.-Ing. Thomas Suchandt, Professor für Maschinenelemente, Konstruktion und CAD, TH Ingolstadt

Ein großes Bewertungsargument von Planetengetrieben ist das Verdrehflankenspiel. Durch immer geringere Fertigungstoleranzen erreichen heutige, spielfreie Planetengetriebe bereits ein sehr geringes Verdrehflankenspiel. Die immer genauere Fertigung hat jedoch Einfluss auf den Preis des Getriebes. Trotzdem können diese Planetengetriebe ein Verdrehflankenspiel von null mit den derzeitigen verbauten Planetenradsätzen nicht erreichen. Grund hierfür ist, dass im Getriebe durch Temperaturschwankungen Ausdehnungen entstehen, die durch ein gewisses Spiel im Getriebe vorgehalten werden müssen. Würde man dies nicht beachten, so würde im laufenden Betrieb aufgrund von Wärmeausdehnungen ein Klemmen in der Verzahnung entstehen.
Deshalb spricht man auch oftmals bei heutigen Getrieben nur von spielarmen Planetengetrieben. Es gibt bereits aber einige Ansätze, die sich mit Lösungen zur Spielfreiheit im Planetengetriebe befassen. Jedoch können sich diese Ideen aufgrund des erforderlichen komplexeren Aufbaus, der die Kosten des Getriebes erhöht, nicht durchsetzen. Ein weiterer Schwachpunkt liegt oftmals auch noch darin, dass sich der Wirkungsgrad des Gesamtgetriebes, beispielsweise beim Einsatz von elastischen Komponenten im Planetengetriebe, verschlechtert.
Eine Möglichkeit zum Erreichen der Spielfreiheit des Planetensatzes besteht darin, die einzelnen Zahnräder im Planetenradsatz vorzuspannen, was auch der Grundgedanke dieser Neuentwicklung ist. Grundsätzlich muss dies in den drei vorhandenen Planetenrädern erfolgen, da alle sich im Eingriff befindenden Verzahnungsbauteile verspannt werden müssen. Ein Verspannmechanismus müsste somit dreimal im Gesamtradsatz verbaut werden. Die drei benötigten Verspannmechanismen würden jedoch aufgrund der zahlreichen zusätzlich erforderlichen Komponenten die Kosten des Getriebes deutlich erhöhen.
Mit dem neuen Ansatz ist es nun gelungen, den Verspannmechanismus einmalig im zentral gelegenen Sonnenrad zu verbauen. Durch mittig geteilte Planetenräder, die mit dem verspannten Sonnenrad in Kontakt sind, kann somit durchgängig eine Verspannung des gesamten Planetenradsatzes realisiert werden. Ein Vorteil bei verspannten Getrieben liegt im Reversierbetrieb, also bei Änderung der Drehrichtung. Mit dem neuartigen Planetengetriebesatz kann auch in diesem eher schwierigen Bereich eine optimale Positionsregelung erfolgen. Ein Teil der Mehrkosten, die durch die zusätzlichen Komponenten des Verspannmechanismus im Sonnenrad entstehen, können aufgrund der geringeren Toleranzanforderungen im Bereich der Verzahnung kostenneutral kompensiert werden.
Der Verspannmechanismus
Die Spielfreiheit wird über ein Federelement erreicht, das mithilfe einer Hirth-Verzahnung seine Kräfte in eine Drehbewegung der beiden Sonnenradhälften umwandelt. Fertigungstoleranzen sowie Wärmeausdehnungen können hierdurch ausgeglichen werden. Auch eventuelle Abnutzungserscheinungen im Bereich der Verzahnung werden kompensiert, sodass auch noch nach langen Laufzeiten eine dauerhafte Spielfreiheit für hohe Präzision gewährleistet werden kann. Bei der Entwicklung des Herzstückes, das den Verspannmechanismus beinhaltet, handelt es sich nicht um eine neu aus dem Raum gegriffene Idee. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein bereits bewährtes System, das von der Firma WMH Herion Antriebstechnik entwickelt wurde und bereits in einem spielfreien Stirnradsystem für Zahnstangenantriebe eingesetzt wird.
Variable Vorspannung macht’s möglich
Der neu entwickelte Planetenradsatz bietet den weiteren großen Vorteil, dass die Größe der Vorspannung ohne großen Aufwand bedarfsgerecht, je nach Einsatzfall, eingestellt werden kann. Hier ist keine bauliche Änderung erforderlich, ein einfaches Verdrehen an einer Schraube ist ausreichend. Durch diese Variabilität der Vorspannung kann der Wirkungsgrad des Planetenradsatzes optimiert werden.
Neben dem Verdrehflankenspiel von Planetengetrieben ist für die Präzision auch noch die Verdrehsteifigkeit ein weiterer wichtiger Faktor. Da der Planetenradsatz mit einer Vorspannung arbeitet, wird zusätzlich auch noch die Verdrehsteifigkeit des Planetengetriebes erhöht.
Ein erster Prototyp des Planetenradsatzes wurde bereits gebaut. Zurzeit laufen an der Technischen Hochschule Ingolstadt zahlreiche Arbeiten, die sich mit der Berechnung und Simulation des Verhaltens des spielfreien Planetenradsatzes befassen. Ziel ist es, dass in absehbarer Zeit ein marktreifer, spielfreier Planetenradsatz für erhöhte Präzisionsanwendungen am Markt zur Verfügung steht.
Großes Potenzial wird in Planetengetrieben im Bereich der Zahnstangenantriebe gesehen. Zusammen mit dem spielfreien Stirnrad, das am Wellenabgang des Planetengetriebes montiert werden kann, kann ein durchgehend spielfreier Zahnstangenantrieb für hochpräzise Positionierungsanwendung umgesetzt werden. So sind z. B. Anwendungen zu nennen, in denen Kreisbahnen gefahren werden müssen. Diese könnten mit dem neuartigen spielfreien Planetenradsatz ohne ein Haken am Umkehrpunkt exakt abgefahren werden. Auch für kostenintensive Direktantriebe und Verspannantriebe, die mit zwei Motorgetriebeeinheiten arbeiten, ist ein Planetengetriebe mit dem spielfreien Planetenradsatz ein weiterer denkbarer Anwendungsfall.
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