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Patientenschonende Diagnostik

Kleine, edelmetallkommutierte DC-Motoren für kompakte Röntgenobjektive
Patientenschonende Diagnostik

Als Wilhelm Conrad Röntgen die nach ihm benannten Strahlen gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte, verzichtete er angeblich auf eine Patentierung, damit Röntgenapparate schneller zum Wohle der Menschen eingesetzt werden konnten. Heute gehört Röntgen zu den wirkungsvollsten Verfahren in der medizinischen Diagnostik. Wenn es gilt, mit einer möglichst niedrigen Strahlungsdosis optimale Bilder zu erzeugen, müssen die Objektive allerdings hohe Anforderungen erfüllen. Dabei spielen dann kleine, edelmetallkommutierte DC-Motoren eine wesentliche Rolle.

 

Andreas Seegen, Leiter Marketing, Faulhaber, und Ellen-Christine Reiff, Redaktionsbüro Stutensee

Röntgenstrahlen werden von einer Röhre erzeugt, in der eine hohe Spannung Elektronen beschleunigt und mit einem Metalltarget kollidieren lässt. Dadurch wird hochenergetische, kurzwellige Strahlung freigesetzt. Diese Röntgenstrahlen können die meisten Materialien durchdringen, werden aber um so stärker gedämpft, je dichter das Material ist. Durch Unterschiede bei der Eindringintensität entsteht schließlich ein Röntgenbild. Bevor dieses Bild allerdings für das Auge sichtbar wird, müssen die unsichtbaren Röntgenstrahlen in das sichtbare Spektrum konvertiert werden. Diese Aufgabe übernehmen meist Flachbilddetektoren, die digitale Bilder erzeugen, ähnlich wie die optischen Sensoren in handelsüblichen Digitalkameras.
Bildqualität verbessern, Strahlungsdosis minimieren
Da der Brechungsindex mit abnehmender Wellenlänge kleiner wird, verändert optisches Glas die Richtung der Röntgenstrahlen kaum. Optische Standardobjektive können deshalb nicht verwendet werden, um die Strahlen auf den Detektor zu richten. „Röntgenobjektive waren früher sehr sperrig und schwierig zu handhaben“, erinnert sich Giuseppe Cilia, Hauptgeschäftsführer bei Optec. „Als unser Unternehmen 1985 gegründet wurde, waren zwei große Objektive nötig, um das Röntgenbild zur Kamera zu übertragen. Sie hatten eine sehr lange Brennweite und mussten von Hand fokussiert werden. Zudem benötigten sie eine klobige Bleiblende und ein hohes Maß an Strahlungsenergie, um akzeptable Bilder zu produzieren. Und dieser Strahlung war der Patient natürlich ausgesetzt.“
Noch im selben Jahr entwickelte Optec ein optisches Relais, das nicht nur die Strahlungstransmission durch das Objektiv verdoppelte und die Bildqualität verbesserte, sondern auch eine bedeutende Verringerung der Strahlungsintensitäten ermöglichte. Nun genügte ein einziges Objektiv, wo zuvor noch zwei nötig gewesen waren. Dieser Durchbruch legte den Grundstein für den Erfolg des italienischen Unternehmens auf dem Gebiet der Röntgenoptik. Inzwischen produzieren die Optikspezialisten etwa 70 % der heute in der medizinischen Radiografie verwendeten Objektive.
Diese sind inzwischen noch kompakter und leistungsfähiger geworden. „Die neuesten Techniken zur digitalen Bildverarbeitung haben die Erkennbarkeit anatomischer Details merklich verbessert, führen aber zugleich auch zu neuen Anforderungen an den Leistungsumfang des Röntgenbildsystems als Ganzes“, erläutert Cilia. „In diesem Zusammenhang spielt dann beispielsweise der Dynamikbereich des Objektivs eine entscheidende Rolle.“
Zehnfacher Dynamikbereich
In der Fotografie beschreibt der Dynamikbereich die Größe des darstellbaren Helligkeitsbereichs oder – anders ausgedrückt – das Verhältnis zwischen gerade noch nicht stattfindender Über- und Unterbelichtung. Je größer dieser Bereich ist, desto mehr Details lassen sich dann auf den Bildern erkennen. Die von Optec entwickelte Technik hat es nun möglich gemacht, den Dynamikbereich der Objektive zu verzehnfachen, und zwar von 300:1 auf 3000:1. Dadurch sind die Kompaktobjektive für Aufnahmen mit hoher und niedriger Empfindlichkeit gleichermaßen gut geeignet.
Ein typisches Beispiel, bei dem eine niedrige Empfindlichkeit gefordert ist, liefert die Fluoroskopie. Sie wird zur Echtzeit-Bilderfassung bei chirurgischen Eingriffen angewandt, z. B. während kritischer Operationen nahe am Rückenmark oder am Herzen. Da eine Röntgenstrahlenexposition hier viele Sekunden oder sogar einige Minuten dauern kann, muss die Strahlungsintensität auf das absolute Minimum reduziert werden. „Die Blenden unserer Objektive lassen sich sehr weit öffnen, sodass ein klares Bild des Eingriffs entsteht“, führt Cilia weiter aus.
„Wird dagegen ein statisches Bild benötigt, beispielsweise die Darstellung eines Kniegelenks, dauert dies nur Millisekunden. Um in solchen Fällen ein detailliertes Bild zu erhalten, kann und muss die Strahlungsintensität dann höher sein. Durch die Kombination von Blenden-, Fokussierungs- und Filterfunktionen erzielen wir eine sehr hohe Transmission, sodass die Patienten dem technisch möglichen Minimum an Strahlung ausgesetzt werden. Die Auflösung ist ebenfalls sehr hoch und liegt nahe der Beugungsgrenze. Dazu ist keine manuelle Einstellung notwendig, denn die optischen Komponenten werden von kleinen DC-Motoren bewegt, die aus dem Antriebsprogramm der Firma Faulhaber stammen.“ Für diese Wahl sprachen gleich mehrere Gründe:
Kleiner Motor, große Wirkung
Einer der größten Vorteile der Röntgenobjektive ist ihre kompakte Bauweise, die es erfordert, dass auch die Motoren sehr klein sein müssen. Optec setzt für seine Röntgenobjektive DC-Kleinstmotoren der Serie 0816 SR ein. Die edelmetallkommutierten Motoren sind bei 8 mm Durchmesser nur 15,9 mm lang. Ihr Herzstück ist die von Dr. Fritz Faulhaber Senior entwickelte und 1958 patentierte, freitragend kernlose (oder eisenlose) Rotorspule mit Schrägwicklung, die um einen ruhenden Magneten rotiert.
In der Praxis bringt dieses Konstruktionsprinzip gleich mehrere Vorteile. So kann sich aufgrund des symmetrischen Luftspalts kein Rastmoment bilden, was einen präzisen Positionierbetrieb und eine sehr gute Drehzahlregelung ermöglicht. Das Verhalten von Last zu Drehzahl, Strom zu Drehmoment und Spannung zu Drehzahl ist linear. Da fast der gesamte Motordurchmesser für die Wicklung genutzt werden kann, erreichen die Motoren im Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Gewicht höhere Leistungen und Drehmomente als konventionelle Ausführungen. Gleichzeitig garantiert das geringe Trägheitsmoment des Rotors eine besonders gute Dynamik beim Start- und Stopp-Betrieb. In der beschriebenen Anwendung wurde der DC-Kleinstmotor mit einem Planetengetriebe aus der Serie 08/1 kombiniert, das ebenfalls nur einen Durchmesser von 8 mm hat.
Qualität steht im Vordergrund
„Diese Motor/Getriebe-Kombination erfüllt genau die Anforderungen an Leistungsfähigkeit, Geschwindigkeit und Genauigkeit, die wir für unsere Röntgenoptiken benötigen“, freut sich Cilia und erwähnt noch ein weiteres Argument, das für die Motorenauswahl spricht: „Wir produzieren Objektive von hoher Qualität für anspruchsvolle Anwendungen. Faulhaber-Motoren werden nach denselben hohen Qualitäts- und Konstruktionsstandards hergestellt.“
Von den Motoren und dem verwendeten Glas abgesehen kauft Optec nur sehr wenig Material von externen Lieferanten zu. Vom Polieren und Beschichten der optischen Objektive bis zur Endmontage der Geräte werden alle Fertigungsschritte im eigenen Haus ausgeführt. Eine Massenfertigung gibt es nicht: Je nach den Anforderungen eines Kunden kann Optec sogar Unikate entwickeln und herstellen. Zur Produktpalette gehören auch Objektive für den kurzwelligen Infrarotbereich, Mikro-Objektive für Endoskope und Objektive für optische Anwendungen im Weltraum.
Besonders stolz ist Cilia darauf, dass Optec als erstes Unternehmen ein Zoom-Objektiv liefern wird, das auf einem Satelliten montiert werden soll. „Das Objektiv und der Zoom-Motor müssen unter den extremen Bedingungen im Weltraum für viele Jahre zuverlässig funktionieren. Zugleich zählt hier jedes Gramm und die Ausrüstungen müssen so leicht wie möglich sein. Unser Produkt war das einzige, das alle Anforderungen erfüllen konnte.“ Wie alle Optec-Objektive wird auch das erste Zoom-Objektiv im All dann von einem Faulhaber-Motor angetrieben. I
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