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Dr. Yoshino, Asahi Kasei, Erfinder der Lithium-Ionen-Batterie im Interview

Lithium-Ionen-Batterien
Nobelpreisträger Akira Yoshino von Asahi Kasei über E-Mobilität

Die Lithium-Ionen-Batterie (LIB) ermöglichte maßgeblich die Verbreitung von mobilen Elektronikgeräten und stellt mit ihrer Anwendung in der Elektromobilität auch für die Automobilindustrie eine wichtige Zukunftstechnologie dar. Dr. Akira Yoshino, Honorary Fellow Asahi Kasei, entwickelte Anfang der 1980er Jahre den ersten funktionellen Prototypen einer LIB. Im Gespräch mit KEM Konstruktion erläutert er, welche Fragen ihn im Zusammenhang mit der Verbesserung der LIB beschäftigen.

Interview: Johannes Gillar, stellvertretender Chefredakteur KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Die Lithium-Ionen-Batterien haben maßgeblich zur schnellen Verbreitung von mobilen Elektronikgeräten beigetragen und stellen mit ihrer Anwendung in der Elektromobilität auch für die Automobilindustrie eine wichtige Zukunftstechnologie dar. Welche Vorteile bietet diese Batterie-Technologie?

Dr. Yoshino: Zum einen ist die Energiedichte von Lithium-Ionen-Batterien sehr hoch, sodass man mit einem Ladevorgang eine Reichweite von etwa 400 Kilometern erzielen kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die Dicke der Elektroden problemlos ändern lässt. Damit kann die Lithium-Ionen-Batterie in verschiedenen Elektrofahrzeugen – wie HEV (Hybrid Electric Vehicle), PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle) oder BEV (Battery Electric Vehicle) – eingesetzt werden. Zu guter Letzt ist die Lithium-Ionen-Batterie eine ausgereifte Technologie – mit etwa 25 Jahren Markterfahrung im Mobile-IT-Bereich. Bei der Anwendung im Automobilbereich gibt es aber natürlich noch Verbesserungsbedarf.

KEM Konstruktion: Darüber hinaus spielt der Lithium-Ionen-Akku eine immer größere Rolle bei der effektiven Speicherung und Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Welche Rolle spielt das im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz?

Dr. Yoshino: Ich bin der Ansicht, dass die Lithium-Ionen-Batterie in diesen Bereichen einen signifikanten Beitrag leisten kann. Um Photovoltaik oder Windenergie als bewährte Energiequellen zu etablieren, ist ein riesiges Energiespeichersystem notwendig. Die drängende Frage ist: Welche Infrastruktur ist hierfür nötig, und wie kann sie aufgebaut werden? Ich denke, dass mit der steigenden Popularität von Elektrofahrzeugen die Lithium-Ionen-Batterie im Inneren der Elektroautos zum Energiespeichersystem der Zukunft avanciert.

Dr. Akira Yoshino, Honorary Fellow Asahi Kasei, Tokio
Dr. Akira Yoshino, Honorary Fellow Asahi Kasei, Tokio, Japan
Bild: Asahi Kasei

KEM Konstruktion: Neben Lithium-Ionen-Batterien forschen Automobilhersteller wie BMW und Toyota mittlerweile an weiteren Batterie-Technologien. Beschäftigen Sie beziehungsweise Asahi Kasei sich ebenfalls mit Themen wie Feststoffbatterie oder Natrium- beziehungsweise Magnesium-Ionen-Batterietechnologien?

Dr. Yoshino: Viele Forschungsinstitute arbeiten an der Verbesserung der Lithium-Ionen-Batterie und der Batterietechnologie der nächsten Generation. Asahi Kasei ist hier natürlich ebenfalls aktiv.

KEM Konstruktion: Welche dieser Technologien wird sich am Ende durchsetzen und welche Gründe gibt es dafür?

Dr. Yoshino: Es ist derzeit noch zu früh zu sagen, welche Technologie sich letztendlich etablieren und den Weg in die Massenproduktion finden wird. Ich denke aber, dass die Festkörperbatterie derzeit die besten Chancen hat.

KEM Konstruktion: Wenn man die Lithium-Ionen- mit Natrium-/Magnesium-Ionen-Technologie vergleicht. Welche Unterschiede gibt es und wo liegen die jeweiligen Vor- beziehungsweise Nachteile?

Dr. Yoshino: Ein gemeinsamer Vorteil der Sodium- und Magnesium-Ionen-Technologie ist, dass es keine Ressourcenprobleme gibt – insbesondere im Vergleich zu Lithium. Darüber hinaus ist bei der Magnesium-Ionen Technologie eine Verbesserung der Energiedichte zu erwarten. Auf der anderen Seite verhindert die vergleichsweise geringe Bewegungsgeschwindigkeit von Magnesium-Ionen und Sodium-Ionen derzeit noch die Anwendung in der Batterie.

KEM Konstruktion: Wenn es um das Thema Elektroautos geht, bemängeln Kritiker oft die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien. Wie lässt sich die Zahl der Ladevorgänge erhöhen?

Dr. Yoshino: Im Hinblick auf das Material haben sowohl Anode als auch Elektrolyt einen erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer der Batterie. Eine Weiterentwicklung dieser Materialien wird zu langlebigeren Batterien führen. Ein weiterer Faktor ist die Elektrodenstruktur. Eine neue Elektrodentechnologie kann ebenfalls die Lebensdauer der Batterie verbessern.

KEM Konstruktion: Sie haben zudem als erster Entwickler eine polyolefinbasierte poröse Membran in einer Lithium-Ionen-Batterie angewendet. Was genau tut diese Membran und welche Vorteile hat das für eine Batterie?

Dr. Yoshino: Die Membran spielt eine wesentliche Rolle bei der elektrischen Isolierung und fungiert somit als Separator zwischen Anode und Kathode. Die Durchlässigkeit der Ionen ist dabei weiterhin gewährleistet. Dabei kommt es auf die geringe Dicke der Membran an. Außerdem schmilzt sie bei etwa 140-150 Grad, stoppt damit die Lithium-Ionen – und somit die Batterie an sich. So trägt die Membran auch wesentlich zur Sicherheit der Batterie bei, denn im Falle einer Überhitzung wird so die Explosion des Akkus verhindert.

„Die Bewegung von Lithium-Ionen unterscheidet sich stark – je nach Anwendung in flüssigen oder festen Elektrolyten. Wenn wir dieses Phänomen verstehen, können wir eine komplett neue Batterietechnologie entwickeln.“

KEM Konstruktion: Eine weitere Ihrer Ideen ist der Einsatz einer Aluminiumfolie in der Batterie. Welche Auswirkungen hat das auf die Leistung der Lithium-Ionen-Batterie?

Dr. Yoshino: Die Lithium-Ionen-Batterie hat eine elektrische Leistung von über 4 Volt. Gerade die positive Elektrode hat eine hohe Spannung. Gold und Platin sind die einzigen Metalle, die einer solch hohen Spannung standhalten können. Eine Ausnahme ist Aluminium – ein zufälliges elektrochemisches Phänomen. Folien aus Aluminium sind zudem sehr dünn und besitzen eine hohe elektrische Leitfähigkeit, weswegen sie gut als Stromableiter bei Kathoden einsetzbar sind. Außerdem sind sie sehr leicht.

KEM Konstruktion: Ihre Entwicklungen haben verschiedene Eigenschaften der Batterie verbessert. Und Sie beschäftigen sich weiterhin mit der Verbesserung der Lithium-Ionen-Batterie. Wo geht die Reise hin?

Dr. Yoshino: Ich bin sehr daran interessiert, die Grundlagen der Lithium-Ionen neu zu erforschen. Die Bewegung von Lithium-Ionen unterscheidet sich stark – je nach Anwendung in flüssigen oder festen Elektrolyten. Wenn wir dieses Phänomen verstehen, können wir eine komplett neue Batterietechnologie entwickeln.

www.automotive-asahi-kasei.eu/de


Nobelpreis für Chemie

Am 9. Oktober 2019 teilte das Nobelpreiskomitee mit, Yoshino im Dezember für seinen Beitrag zur Erfindung der Lithium-Ionen-Batterie den Nobelpreis für Chemie zu überreichen.

Europäischer Erfinder-preis für japanischen Tüftler

Dr. Akira Yoshino beim Empfang der Auszeichnung
Dr. Akira Yoshino beim Empfang der Auszeichnung
Bild: European Inventor Award

Asahi Kasei Honorary Fellow Dr. Akira Yoshino wurde vom Europäischen Patentamt (EPA) für seine Erfindung und Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Batterie mit dem Europäischen Erfinderpreis 2019 in der Kategorie der Nicht-EPO-Staaten ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 20. Juni 2019 in der Wiener Stadthalle statt. „Akira Yoshino hat die Grundlage für die heutige Lithium-Ionen-Technologie und -Industrie geschaffen. Seine Erfindungen finden sich in Smartphones wieder, die Menschen auf der ganzen Welt verbinden. Sie ermöglichen zudem die Entwicklung von Elektrofahrzeugen“, sagte EPA-Präsident António Campinos. „Seine Technologie hat unsere Gesellschaft verändert, auch weil die Lizenzen, die anderen Unternehmen für die Nutzung seiner patentierten Erfindungen erteilt wurden, dazu beigetragen haben, die Vermarktung entscheidend zu beschleunigen.“

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