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Expertengespräch zu OPC UA over TSN in der Antriebstechnik

Interoperabilität
Expertengespräch zu OPC UA over TSN in der Antriebstechnik

Die Open Unified Architecture (OPC UA) und Time-Sensitive Networking (TSN) sind in aller Munde. Auch in der Antriebstechnik wird OPC UA immer wichtiger. Im Trendinterview der KEM Konstruktion beantworten Branchenexperten Fragen zur künftigen Rolle dieser Technologien. Zudem erläutern die Fachleute, wieso Interoperabilität diesbezüglich so wichtig ist.

 

»Interview: Johannes Gillar, stellvertretender Chefredakteur KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Die Open Unified Architecture (OPC UA) spielt auch in der Antriebstechnik eine zunehmend wichtige Rolle. Daher haben sich der VDMA und die OPC Foundation in einer internationalen Joint Working Group Industrie 4.0/OPC UA Drive Technology zusammengeschlossen. Welche Ziele verfolgen der VDMA, die OPC Foundation und die beteiligten Antriebstechnikhersteller mit OPC UA? (Anm. der Redaktion: Die Antworten der Unternehmen auf diese Frage beziehen sich jeweils nur auf das eigene Unternehmen.)

Per Boysen (Festo): Wir verfolgen die Aktivitäten der internationalen Joint Working Group interessiert, nehmen allerdings dort nicht aktiv teil. Protokolle wie OPC UA und MQTT werden in Zukunft für den Betrieb und/oder Service und Maintenance eine stärkere Rolle spielen.

Thomas Brandl (Bosch Rexroth): Für uns ist die Offenheit und Interoperabilität unserer Produkte ein wichtiges Ziel. Dies beinhaltet unter anderem, dass unsere Produkte und Daten herstellerübergreifend standardisiert bereitstellen, um unseren Kunden und Anwendern die Inbetriebnahme und den Betrieb zu vereinfachen. Ein Beispiel sind Asset-Informationen, die in einem elektronischen Typenschild zusammengefasst werden und die für die Digitalisierung über den kompletten Lebenszyklus hinweg wichtig sind. Davon profitieren sowohl die Maschinenhersteller bei der Integration unserer Produkte in ihre Maschinen als auch die Maschinenanwender während des Betriebs. Diese Zielsetzung verfolgen wir gemeinsam mit anderen Antriebsherstellern in der genannten Joint Working Group von VDMA und OPC Foundation. Darüber hinaus sind wir in der Field Level Communication Initiative der OPC Foundation aktiv, um die herstellerübergreifende Standardisierung der Kommunikation mit unseren Steuerungen und Antrieben zu erreichen.

Bodo Broszeit (KEB Automation): Für uns als Hersteller von Automatisierungstechnik bietet OPC UA die Chance, mittelfristig die Anzahl der zu pflegenden Kommunikationsprotokolle zu reduzieren. Unsere Produkte sind in einem breiten Spektrum von Anwendungen eingesetzt und wir unterstützen aktuell praktisch alle etablierten Feldbus- und Realtime-Ethernet-Kommunikationsprotokolle. Das erfordert einen erheblichen Aufwand sowohl in der Entwicklung als auch in Vertrieb und Service. OPC UA bietet hier eine – wenn auch ressourcenhungrige – Möglichkeit zur Vereinheitlichung. Zusätzlich ermöglicht der Einsatz in unseren Steuerungen und Drive Controllern eine einfache Einbindung in Multi-Vendor-Systeme und die Möglichkeit, eigene Cloud-Services zu den Geräten anbieten zu können.

Michael Burghardt (Danfoss Drives): In Industrie 4.0 geht es um den Austausch von Daten zur Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette. OPC UA wurde vom VDMA als das Protokoll identifiziert, das viele Voraussetzungen für diesen Datenaustauschs mit sich bringt. Die gemeinsame Arbeit stellt sicher, dass nicht unterschiedliche Lösungen für die gleichen Aufgaben entwickelt werden. Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung standardisierter Services, um eine nahtlose Integration von Antriebssystemen in die Maschinen und Anlagen zu ermöglichen.

Amir Dehnavi (Mitsubishi Electric): Um es auf den Punkt zu bringen. Ziel ist es, das Leben eines Maschinenbauers zu vereinfachen, indem Komponenten interoperabel werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Asset Management. Denn über OPC UA können direkt und problemlos alle für die Produktion relevanten Daten wie Hersteller, Leistung etc. bereit gestellt werden. Einheitliche Diagnosemöglichkeiten sind ebenfalls wichtig. So wird in der Companion-Spezifikation ein einheitliches Oszilloskop und Fehlerdiagnosen beschrieben. Das dies funktioniert, hat bereits der ZVEI mit dem Demonstrator 4.0 anhand acht unterschiedlicher Hersteller gezeigt. So kann ein Maschinenbauer jederzeit Geräte austauschen und seinen Kunden die optimale Lösung anbieten.

Tobias Hitzel (VDMA): Im Maschinen- und Anlagenbau kommen verschiedenste antriebsspezifische Geräte unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz, die jeweils in übergreifende, komplexe Systeme integriert werden müssen. Die Joint Working Group hat die Zielsetzung, unter Berücksichtigung der anwenderseitigen Anforderungen, diese Komplexität aufzuweichen und in einem vorwettbewerblichen Rahmen eine vereinfachte, interoperable Kommunikation für Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs zu ermöglichen – dies auf Basis von OPC UA als offenen Schnittstellenstandard.

Arne Jänicke (Schneider Electric): Um es etwas plakativ zu formulieren: es geht um die Etablierung einer „Weltsprache“ für die Produktion. Im Zuge der IIoT-getriebenen Digitalisierung halten nicht nur immer mehr intelligente und datensammelnde Maschinen sowie mechatronische Komponenten Einzug in die deutschen Werkshallen. Damit Mehrwert in Sachen Flexibilität, Sicherheit, Produktivität und Effizienz aus der gesteigerten Vernetzung generiert werden kann, ist auch die durchgängige Kommunizierbarkeit der Daten an zum Beispiel Steuerungen oder Softwaretools Pflicht. Ein gemeinsamer, herstellerunabhängiger Kommunikations-Standard, wie OPC UA, hilft deshalb dabei, Unübersichtlichkeit und ausufernder Komplexität auf diesem Gebiet wirksam vorzubeugen und den praktischen Aufwand für die Auslegung von Antriebslösungen zu reduzieren. Da für viele unserer Kunden und Partner in der Industrie moderne, intelligente und datenkommunizierende Antriebstechnologien heute maßgeblich zur Sicherung des eigenen Wettbewerbsvorteils beitragen, arbeiten wir bei Schneider Electric aktiv in der OPC UA Drive Technology Group mit.

Michael Klipphahn (ABB): Alle großen Digitalisierungsthemen der nahen Zukunft benötigen gut strukturierte, maschinenlesbare Daten, sonst sind das IoT oder KI nicht möglich. Es geht darum, mit solchen maschinenlesbaren Datenmodellen die Systeme automatisch enger miteinander zu verknüpfen. Damit entstehen wesentliche Vorteile wie mehr Zuverlässigkeit, höhere Energieeffizienz, bessere Unterstützung der Anwender in Problemfällen, Condition Based Maintenance und viele mehr. Doch jeder Anwendungsfall muss auch ein Problem lösen beziehungsweise einen Mehrwert bieten. Es geht also nicht um den reinen Selbstzweck. Letztendlich sind damit neue Geschäftsmodelle möglich. Dies gilt natürlich generell und nicht nur für die Antriebstechnik.

André Lange (Lenze): Erst einmal geht es darum, alle wesentlichen Protagonisten an einen Tisch zu bekommen und gemeinsam nützliche Standards zu erarbeiten. Der Fachverband Antriebstechnik vertritt in diesem Sinne die Interessen der größten Gruppe von Zulieferern des Maschinenbaus. Wir als Automatisierungsexperte profitieren vom Zugang zu diesem Netzwerk. Unser konkretes Ziel ist, gemeinsam eine Companion Specification für Antriebssysteme zu entwickeln, die genau den Bedürfnissen des Maschinenbaus gerecht wird. Ist dieser Standard einmal ausgearbeitet, werden wir ihn bei Lenze einsetzen. Unsere Antriebe stellen dann dem Maschinenbauer Daten standardisiert zur Verfügung, sodass eine einfache Integration in andere Systeme möglich ist, die Daten beispielsweise für Asset Management nutzbar sind und sich Fremdkomponenten in unsere Engineering-Tools integrieren lassen. Alles zum Nutzen des Maschinenbauers.

Peter Lutz (OPC Foundation): Die Zielsetzung der Joint Working Group zwischen dem VDMA und der OPC Foundation ist die Erarbeitung einer herstellerübergreifenden Interoperabilität, indem standardisierte Informationen über eine standardisierte OPC-UA-Kommunikation für verschiedene Industrie-4.0-Anwendungsfälle des Maschinen- und Anlagenbaus bereitgestellt werden. Der Fokus liegt dabei zunächst auf den Anwendungsfällen ‚Asset Management‘ und ‚Diagnose‘, die im Dialog mit Anwendern aus dem Maschinen- und Anlagenbau als erste mehrwertbringende Handlungsfelder identifiziert wurden. Um Doppelarbeiten zu vermeiden, sowie eine bestmögliche Interoperabilität zu erreichen, steht die Joint Working Group im regelmäßigen Austausch mit weiteren Organisationen und Arbeitsgruppen, wie zum Beispiel mit der Field Level Communications (FLC) Initiative der OPC Foundation. Darüber hinaus ist die Joint Working Group in die VDMA-Aktivitäten für eine übergeordnete OPC-UA-Spezifikation für den Maschinenbau eingebunden (OPC UA for Machinery).

Christian Mundo (Siemens): Herstellerunabhängige und plattformneutrale Kommunikation spielt in der Antriebstechnik eine zunehmend wichtige Rolle. Die Antriebssysteme der Firma Siemens mit Simotics-HV-Motoren und Sinamics-MV-Frequenzumrichter werden heute mit Sensoren und Messwertaufnehmern und Konnektoren wie der SC500 und der SC600 ausgerüstet, mit denen Betriebszustand und Performance erfasst und in nachgelagerten Systemen analysiert werden können. Direkte Geräteanbindung, Authentifizierung und Verschlüsselung der Kommunikation auf allen Ebenen von der Feldebene bis in die Cloud sind dabei unerlässlich. Ein flexibles, standardisiertes Protokoll reduziert den Engineeringaufwand maßgeblich.

Marc Vathauer (MSF Vathauer): Das OPC-UA-Protokoll spielt in der Automatisierung und in der Antriebstechnik eine immer bedeutendere Rolle um die vertikale Durchgängigkeit in der Kommunikation über alle Ebenen (MES/ERP) hinweg zu realisieren. Nur dadurch gelingt die Digitalisierung des Shopfloors, die Idee der Industrie 4.0 sowie die Flexibilisierung der Produktion. Um diese Vision zu realisieren sind Standards erforderlich um allen Akteuren das gleiche Umfeld bieten zu können und entsprechende Produkte und Lösungen zu realisieren. Aus diesem Grund ist die Zusammenarbeit zwischen VDMA, OPC Foundation und den führenden Antriebsherstellern sehr wichtig.

KEM Konstruktion: Die Arbeitsgruppe entwickelt sogenannte OPC UA Companion Specifications für das „Powertrain System“. Wo liegt der Vorteil dieser Companion Specifications und welche Antriebskomponenten werden darüber abgebildet?

Boysen (Festo): Diese Profilinitiative sehen wir als eine vielversprechende Standardisierung im Bereich elektrischer Antriebstechnik. Auch wenn wir nicht aktiv mitarbeiten werden wir die Ergebnisse prüfen und in unseren Applikationen testen. Wir sehen bei der OPC Foundation die Möglichkeit, die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Initiativen zu konsolidieren.

Brandl (Bosch Rexroth): Wenn die Arbeiten in der Joint Working Group von VDMA und OPC Foundation zur Antriebstechnik und in der Motion Working Group der OPC Field Level Communication Initiative abgeschlossen sind, wird ein standardisiertes Informationsmodell zur Verfügung stehen, das die wichtigsten Komponenten eines Antriebssystems umfasst: Antriebsregler, Leistungsversorgung, Motor und Positionsgeber. OPC UA ist der Kommunikationsstandard in der Industrie-4.0-Fertigung. Mit der Erweiterung des OPC-Informationsmodells auf Antriebssysteme haben Anwender die Möglichkeit, diesen Kommunikationsstandard bis in die Maschine hinein zu nutzen. Es soll beispielsweise möglich sein, einen Positionswert oder die Stromaufnahme eines Antriebs immer auf die gleiche Art und Weise zu lesen, egal von welchem Hersteller der Antrieb stammt. Die Verbindung von Antrieben mit Steuerungen und IT-Systemen wird dadurch wesentlich einfacher und der Integrationsaufwand sinkt.

Broszeit (KEB Automation): Companion Specifications – kurz CS – spezifizieren Informationsmodelle für Maschinen, Geräte oder Applikationen. Sie basieren auf den OPC-UA-Spezifikationen und werden von Anwendern und Herstellern, die sie beschreiben, spezifiziert. Das ist ein großer Vorteil, da produktspezifisches Know-how berücksichtigt wird. Die Kooperation mit der OPC Foundation stellt sicher, das bereits bestehende CS berücksichtigt werden. Die Powertrain System CS beschreibt eine Antriebsachse mit Hilfe eines flexiblen Asset-Modells. Es enthält Eigenschaften der Komponenten wie Antriebsregler, Motor, Getriebe, EMV-Filter sowie ein funktionales Modell, das das Verhalten der Antriebsachse beschreibt. Dieses funktionale Modell spezifiziert zusätzliche Funktionalität, die über das der Motion Specification der OPC Foundation hinausgeht.

Burghardt (Danfoss Drives): OPC UA hat viele Funktionen, die sofort vom Anwender genutzt werden können. Zum Beispiel eine verschlüsselte, sichere Kommunikation, auch übers Internet. Die Companion Specifications können die Funktionen um branchenspezifische Informations-Modelle erweitern. Diese Modelle können bei Bedarf auch wieder von anderen Companion Specifications genutzt werden. Für den Anwender bedeutet das letztendlich, dass der Powertrain in unterschiedlichen Informations-Modellen auf die gleiche Weise angesprochen werden kann. Die Companion Specfication für Powertrains beschäftigt sich mit den Antriebskomponenten, wie sie in der IEC 61800-9-2 definiert sind. Dies umfasst den Drive Controller, den Motor und die Transmission.

Dehnavi (Mitsubishi Electric): Die Companion-Spezifikation definiert den Rahmen und Variablen, die der Automatisierer als Standard zur Verfügung stellen muss, um eine vertikale und horizontale Einbindung der Komponente zu gewährleisten. Einbindung der Maschinen-zu-Maschinen-Kommunikation in Form des state models, aber insbesondere die Anbindung in die übergeordneten Wertschöpfungsketten. Damit ist man auf der sicheren Seite, denn beim Kauf einer Komponente können so vordefinierte Informationen zur Fehleranalysen und vorbeugende Wartung als Standard voraus gesetzt werden. Von Vorteil ist auch noch, dass diese Spezifikationen auf die verschiedensten Antriebsphilosophien anwendbar sind, sei es für Servo-, Frequenzumrichter- oder Roboterantriebe.

Hitzel (VDMA): In den OPC UA Companion Specifications für den Powertrain werden Informationen für einen jeweilig bestimmten Anwendungsbereich zum Austausch auf einer Schnittstelle einheitlich definiert. Im ersten Teil der Spezifikation wird so ein herstellerübergreifendes Informationsmodell des Powertrain bereitgestellt, das dem Anwender durchgängige Asset-Management-Anwendungen ermöglicht. Der Schnittstellenstandard hat dabei den Anspruch, alle Arten des elektrischen Antriebstrangs inklusive mechanischer Übertragungselemente abzudecken. Er ist für einen Powertrain bestehend aus Motorstarter, Motor und Getriebe genauso anwendbar wie für komplexe Motion- beziehungsweise Mehrachssysteme.

Jänicke (Schneider Electric): Grundsätzlich betreffen die Companion Specifications wirklich alle Antriebskomponenten eines Powertrain-Systems, also alle Elemente eines kompletten Antriebsstrangs. Dazu gehören neben dem elektrischen Motor und dem Getriebe auch Frequenzumrichter, Softstarter sowie Bauteile mit Einspeise- und Filterfunktion. Der Vorteil für den Anwender besteht darin, dass die Companion Specifications festlegen, in welcher Form die einzelnen mechatronischen Komponenten ihre Informationen bereitstellen. Damit lässt sich nicht nur die Kommunikation von Maschinen untereinander leichter konfigurieren, sondern auch die Kommunikation der Daten an übergeordnete MES- oder ERP-Systeme für Diagnosezwecke und Asset Management ist gesichert – herstellerübergreifend, detailliert und ohne zusätzlichen Programmieraufwand. Anwender profitieren somit von Plug & Work, Echtzeit-Überwachung, vorausschauender Wartung sowie messbarer OEE-Optimierung.

Klipphahn (ABB): OPC UA Companion Specifications sind allgemein Modelle für die Interaktion von Industriesystemen. Die OPC UA Companion Specification für das Powertrain System ist auf die Bedürfnisse der Antriebstechnik ausgerichtet. Abgedeckt werden Frequenzumrichter, Motor sowie mechanische Kraftübertragungsprodukte. Teil 1 fokussiert sich auf Anwendungen zum Thema Asset Management wie zum Beispiel Asset-Identifikation, Montage von Assets und Nachverfolgung von Änderungen, Ersatz von Assets, Diagnose oder Aufzeichnen von Daten. Hierbei geht es vor allem darum, den Engineering-Aufwand zu reduzieren, standardisierte Dienstleistungen für OEMs und Anlagenbetreiber zu ergänzen sowie für zukünftige dezentrale und selbstorganisierende Funktionen bereit zu sein.

Lange (Lenze): Mit Powertrain ist ein Antriebssystem gemeint, das einen Motorstarter oder ein komplettes Antriebsmodul, den Elektromotor und die Getriebeelemente umfasst. Das Antriebsmodul ist ein Frequenz- oder Servoumrichter mit allen zusätzlichen Komponenten wie elektrische Einspeisung, Eingangs- und Ausgangsfilter. Es berücksichtigt auch steckbare Module, etwa für Kommunikation oder I/O sowie Safety-Komponenten. Mit weiteren Companion Specifications wie beispielsweise ‚Robotik‘ kann auch die ‚Last‘ hinter dem Antriebssystem beschrieben werden. Asset Management und Diagnose für Antriebssysteme sind zunächst die ersten beiden Haupt-Anwendungsfälle mit der sich unsere Spezifikation beschäftigt.

Lutz (OPC Foundation): Die OPC UA Companion Specifications für das Powertrain System beschreiben ein einheitliches Informationsmodell und eine einheitliche Semantik für alle Antriebskomponenten eines Antriebsstrangs. Dazu gehören beispielsweise Motorstarter, Frequenzumrichter-Module, Motoren, sowie Übertragungselemente, wie zum Beispiel Getriebe. Vereinheitlicht werden beispielsweise Informationen über die wichtigsten elektrischen und mechanischen Teile, wie Teilenummer, Herstellername, Seriennummer, Firmware-Version usw. Des Weiteren kann der Funktionszustand des Antriebsstrangs ermittelt werden. Hierfür ermöglicht die Spezifikation das Konfigurieren von Diagnosefunktionen und die Bestimmung des Gerätezustands, die Erkennung aktueller Fehlerursachen, das Auslesen eines Speicher- und Ereignisprotokolls sowie die Möglichkeit, Fehlerdaten aufzuzeichnen. Durch Anwendung der OPC UA Companion Specifications wird sichergestellt, dass die Antriebskomponenten die in der Spezifikation beschriebenen Informationen produkt- beziehungsweise herstellerspezifisch zur Verfügung stellen.

Mundo (Siemens): Auf Basis der OPC UA Companion Specifications ist eine detaillierte objektorientierte und standardisierte Modellierung des Antriebsstranges möglich. Dies beinhaltet Antriebskomponenten wie Frequenzumrichter, Motor sowie Übertragungselemente (zum Beispiel Getriebe).

Vathauer (MSF Vathauer): Alle Antriebshersteller haben das Thema OPC UA auf der Agenda um zukünftige Produkte auf die Digitalisierung im Shopfloor zu ertüchtigen. Leider ist die Implementierung eines OPC UA Servers oder OPC UA Clients aus technischer Sicht nicht trivial und somit müssen bestimmte ‚Standards‘ geschaffen werden. Ziel ist es, dass die Antriebe sowohl in horizontaler Sicht, das heißt untereinander und mit anderen Komponenten im Maschinenfeld, als auch in vertikaler Sicht, das heißt mit übergeordneten EDV-Systemen wie MES- oder ERP-Systemen kommunizieren können. Somit bekommt der Anwender einen Blick vom ERP-System in die Einzelantriebe im Maschinenfeld.

KEM Konstruktion: Die bisherige Kommunikation über die diversen Feldbussysteme ist ja recht ausgereift. Gibt es technische Gründe, zumindest in Teilbereichen weiter auf die bewährten Feldbus-Protokolle zu setzen und welche Vor- beziehungsweise Nachteile ergeben sich daraus für Antriebskomponenten wie Motorstarter, Frequenzumrichter, Motor sowie Getriebe etc.?

Brandl (Bosch Rexroth): Für die Kommunikation zwischen unseren Antrieben und Steuerungen bieten wir auch in unserer neuen Automatisierungsplattform ctrlX Automation die bewährten Feldbussysteme an. Die Steuerung ctrlX Core setzt für anspruchsvolle Anwendungen (zum Beispiel Motion-Funktionen) aktuell auf Ethercat, damit Kunden die Vorteile einer ausgereiften, für ihre Anwendungen sehr gut geeigneten Kommunikationslösung mit einem etablierten Ökosystem und einem breiten Komponentenangebot nutzen können. Die Architektur der Automatisierungsplattform ist dabei so modular, dass eine Migration auf eine neue Kommunikationstechnologie einfach möglich ist, sobald diese den erforderlichen Reifegrad erreicht hat und die notwendige Performance, Offenheit und Komponentenverfügbarkeit bietet.

Broszeit (KEB Automation): Ziel von OPC UA in Kombination mit TSN ist es, gleiche oder bessere Performance als bestehende Feldbussysteme zu ermöglichen. Es gibt Anwendungen, in denen die technischen Vorteile von OPC UA nicht maßgeblich zur Verbesserung beitragen, allerdings ergeben sich aus dem Einsatz von Ethernet-Technologie und Standardprotokollen eine Reihe von zusätzlichen Möglichkeiten, gerade bei der Einbindung in weitere Netzwerke. Anwendungen, die diese Option nicht benötigen oder sie über Gateways bereitstellen, werden sicher in Teilbereichen noch über einen langen Zeitraum proprietäre Feldbussysteme einsetzen. Bei der Einführung von OPC UA werden solche Brown-Field-Szenarien die Regel sein. Die Umstellung aller in einem System verwendeten Feldbusse auf OPC UA in einem Schritt ist ein eher unwahrscheinliches Szenario.

Burghardt (Danfoss Drives): Feldbusse wurden entwickelt, um die herkömmliche Ansteuerung von Geräten über Steuerleitungen zu ersetzen und Messwerte auslesen zu können. Die Vielzahl der verfügbaren Feldbusse zeigt, dass es branchenabhängig unterschiedlichste Anforderungen an diesen Datenaustausch gibt. Auch wenn OPC UA immer mehr an Bedeutung gewinnt, wird sie nicht alle Feldbusse oder gar Steuerleitungen zu 100% ersetzen. Neben den technischen Aufwand ein Bussystem zu ersetzen, liegt der Fokus von OPC UA originär nicht auf der Steuerung der Geräte, wie dieses typischer Weise bei Feldbussen der Fall ist.

Dehnavi (Mitsubishi Electric): Die aktuellen Feldbussysteme sind zwar ausgereift und bewährt, jedoch gibt es in Amerika, Asien und Europa unterschiedliche Bussysteme. Dies bedeutet hohe Kosten für die deutsche Exportwirtschaft. Damit wir uns in Zukunft nicht mehr für einen Feldbus mit seinen spezifischen Verdrahtungsmöglichkeiten und Diagnosetools entscheiden müssen, macht ein einheitliches Netzwerk Sinn. Dies sollte alle Anwendungskriterien in Bezug auf Datensicherheit, Bandbreite, usw. abdecken. Und das wird unserer Meinung nach TSN sein.

Jänicke (Schneider Electric): Ehrlich gesagt gibt es vor dem Hintergrund der neuen technischen Möglichkeiten kaum noch gute Gründe für das Festhalten an herkömmlichen Bussystemen. Im Austausch mit unseren Partnern und Kunden gehe ich davon aus, dass sich TSN mit OPC UA schon zeitnah als neuer weltweiter Standard für fast alle Antriebs-Anwendungen etablieren wird. Auch wenn wir dafür natürlich nicht alles neu erfinden müssen. Bestimmte Definitionen und Funktionen der heutigen Feldbussysteme können und müssen wir übernehmen.

Klipphahn (ABB): Aus meiner Sicht wird OPC UA die Feldbusse im ersten Schritt nicht ersetzen, sondern ergänzen. Über die Feldbusse läuft die essenzielle Kommunikation, die zwischen den Geräten zum Betrieb nötig ist. Die oben genannten Anwendungsfälle sind zwar grundsätzlich auch realisierbar, benötigen aber sehr viel Konfiguration und Abstimmung. So müssen die Daten manuell verknüpft, über SPS-Programme abgefragt und weiter transportiert werden. Darüber hinaus muss der Feldbus so berechnet und ausgelegt werden, dass es aufgrund der vermehrt zu transportierenden Daten zu keinen negativen Einflüssen kommt. Daher wird dies heute nur dort angewendet, wo der dazu nötige Aufwand gerechtfertigt ist. Hier kommt nun OPC UA ins Spiel. Da es sich um eine standardisierte, maschinenlesbare Schnittstelle handelt, können solche Systeme sehr einfach und unabhängig vom Feldbus automatisch erstellt und erweitert werden. Damit sinkt die Schwelle für die Nutzung deutlich.

Lange (Lenze): Mit den aufkommenden Ethernet-basierten Protokollen war ein erster Optimierungsschritt bei den Feldbus-Protokollen in Richtung Gerätekonfiguration und interoperable Schnittstellen zwischen Controller und Gerät vollzogen. Mit I4.0 und OPC UA erleben wir jetzt einen Paradigmen-Shift von der Geräte- hin zu einer System-Sicht. So lassen sich Funktionen geräteübergreifend ausprägen und Hierarchieebenen überwinden. Diese Sichtweise dient auch dem Anlagenbediener und ist Basis für I4.0-Anwendungen, wie ein systemweites Asset Management und Diagnose, System-Logbuch oder ein geräteübergreifendes Oszilloskop. Um diesen Schritt zu vollziehen, bedarf es einer gewissen Entwicklung. Aktuell ist ein Großteil der Produkte noch mit einem klassischen Feldbus-Protokoll ausgestattet. Für die Prozessdatenkommunikation und die Kernaufgabe eines Automatisierungsprodukts reicht das auch aus. Auch hier setzt sich die OPC UA Foundation für einen ganzheitlichen Lösungsansatz ein. Die Field Level Communication (FLC) Initiative, in der Lenze mitarbeitet, widmet sich diesem Thema mit OPC UA over TSN. Noch sind die bestehenden Feldbus-Lösungen bei der Echtzeitfähigkeit im Vorteil, weil sie ausgereifte, abgestimmte Systeme sind. Bei I4.0-Anwendungen stoßen diese aber an ihre Grenzen.

Lutz (OPC Foundation): Lösungen auf der Basis herkömmlicher Feldbussysteme sind im Markt fest etabliert. Sie benötigen jedoch für eine Bereitstellung von entsprechenden Informationen über OPC UA entweder ein übergelagertes Gateway oder einen sogenannten ‚Second Channel‘, der parallel zum jeweiligen Feldbusprotokoll einen OPC UA basierten Zugriff auf die Gerätedaten ermöglicht. Die Zielsetzung der Field Level Communications (FLC) Initiative der OPC Foundation ist es, auf Basis von OPC UA und mit entsprechenden Erweiterungen für die Feldebene einen einheitlichen ‚nativen‘ Datenaustausch über OPC UA zu ermöglichen, der alle Use Cases abdeckt: den zyklischen Echtzeitdatenaustausch zwischen Steuerungen und Feldgeräten ebenso wir die durchgängige (zumeist azyklische) Kommunikation mit übergelagerten SCADA-, MES/ERP-Systemen bis hin zu Cloud-Lösungen. Um das Rad nicht neu erfinden zu müssen, hat man sich entschlossen, hier auf den etablierten Motion-Spezifikationen CIP Motion und Sercos aufzusetzen. Ähnlich verhält es sich mit der Safety-Lösung für OPC UA, die auch mit Motion sichere Motion-Anwendungen kombiniert werden kann. Hier wurde auf das etablierte Safety-Protokoll Profisafe aufgesetzt.

Mundo (Siemens): Neben OPC UA sind echtzeitfähige Kommunikationsdienste wie Profinet IRT unerlässlich für Applikationen in der Antriebstechnik. Für die Analyse von Maschinendaten wie Vibrationswerte und Schwinggeschwindigkeiten, Strom- und Spannungsmessungen im Umrichterpuls-Takt setzen wir auf Profinet IRT mit 1,5 ms taktsynchroner Kommunikation.

Vathauer (MSF Vathauer): Die derzeit verfügbaren Feldbussysteme sind ausgereift, so dass man nun basierend auf den Ethernet-basierten Kommunikationssystemen einen OPA UA Server oder einen OPC UA Client installieren kann. Der Vorteil ergibt sich aus der nahezu echtzeitfähigen sowie aus der sehr performanten Kommunikation sowie aus der bereits standardisierten und etablierten Installation sowie der Einbindung in bekannte Steuerungssysteme.

Achim Ziegele (Festo): Solange die Host-Systeme noch kein generisches Antriebsprofil inklusive Funktionaler Sicherheit integriert haben, sind die heute verbreiteten Industrial-Ethernet-Protokolle wie Profinet mit dem Profil Profidrive/Profisafe, Ethernet/IP CIPDrive /CIP Safety und Ethercat (CiA 402, FSoE) im Fokus unserer Implementierungen.

KEM Konstruktion: Ist alternativ gerade die Kombination aus OPC UA als Protokoll und der via TSN (Time-Sensitive Networking) echtzeitfähigen Ethernet-Kommunikation geeignet, wirklich alle Aufgaben zu erfüllen, die sich bei der Steuerung von Antriebssystemen ergeben?

Brandl (Bosch Rexroth): Wir sind überzeugt, dass OPC UA in Verbindung mit TSN in der Lage ist, die Anforderungen an die Kommunikation zwischen Steuerung und beliebigen Peripheriekomponenten mindestens ebenso zu erfüllen wie heutige etablierte Feldbuslösungen. Darüber hinaus bieten diese Technologien zusätzliche Möglichkeiten, wie zum Beispiel integrierte Security-Mechanismen und damit die Voraussetzung für Konvergenz der IT und OT Kommunikation. Deshalb engagiert sich Bosch Rexroth auch in den Arbeitsgruppen der OPC Foundation, um die Spezifikation voranzutreiben. Die Steuerungsplattform ctrlX CORE ist bereits auf den Einsatz dieser neuen Technologien vorbereitet, um eine Umsetzung der Spezifikation per Software-Update zu ermöglichen.

Broszeit (KEB Automation): Technisch ist OPC UA/TSN sicher geeignet, auch harte Echtzeit Anforderungen zu erfüllen. Allerdings werden in den Geräten hierzu erheblich mehr Ressourcen benötigt, als bei bestehenden Lösungen. Die transparente Einbindung gerade einfacher und damit preissensitiver Komponenten in ein OPC UA/TSN Netzwerk ist sicher noch eine Herausforderung. Es ermöglicht aber die einfache Koexistenz von Realtime und Nicht-Realtime Anwendungen in einem Netzwerk. Die Herausforderung liegt in der Konfiguration und Administration. OPC UA/TSN bietet ein performantes, echtzeitfähiges Kommunikationssystem mit vielen zusätzlichen Eigenschaften, wie zum Beispiel der Integration von Security, erfordert aber auch erhebliches Knowhow in der Anwendung.

Burghardt (Danfoss Drives): Das Hauptziel der Implementierung von OPC UA via TSN liegt genau darin diese Steuerung technologisch zu ermöglichen. In wie weit das tatsächlich der Fall sein wird, ist schwer vorherzusagen. Auch wenn OPC UA via TSN stark diskutiert wird, sind Teile der benötigten Standards noch in der Entwicklung.

Dehnavi (Mitsubishi Electric): Aus Sicht von Mitsubishi Electric ist CC-Link IE TSN schon heute für die Anbindung einfacher E/A’s, Sicherheitsfunktionen und zeitkritischer Motion Applikationen optimal geeignet. Hierbei wird der IEEE-Standard für TSN bereits unterstützt. Da wir über ein einheitliches Netzwerk verfügen, wird der Verdrahtungsaufwand deutlich reduziert und es werden keine unterschiedlichen Feldbussysteme benötigt. Noch ist die Konfiguration der herstellerübergreifenden TSN-Netzwerke noch etwas sperrig und wenig kundenfreundlich. Bei diversen TSN-Testbeds wird aber gerade mit Hochdruck an einer für alle zufriedenstellenden Lösung gearbeitet. Denn die Anbieter haben erkannt, wie wichtig Interoperabilität für die Kunden ist.

Jänicke (Schneider Electric): Ja, insbesondere wenn wir von Industrie 4.0 sprechen, ist die über TSN geregelte Echtzeitkommunikation eine ideale Lösung für die Steuerung von Antriebssystemen – gerade wenn es um komplexe Anwendungen mit sehr vielen einzelnen Antrieben geht. Die wirklich passgenaue Modellierung eines sehr effizienten Motiondesigns lässt sich in solchen Fällen nur auf Basis von echtzeitfähiger Datenkommunikation realisieren. Außerdem steigern wir mit der Echtzeit-Datenverfügbarkeit auch die Qualität unserer Analysen und Auswertungen. Wenn ich die Anlage in Echtzeit überwachen und steuern kann, lassen sich Ineffizienzen, Schwachstellen und Fehler schneller erkennen und beheben.

Klipphahn (ABB): Mit TSN wird die Voraussetzung zur Echtzeitkommunikation geschaffen. Ich gehe davon aus, dass langfristig OPC UA damit auch die Feldbuskommunikation mit abbilden wird. Einfach aus Effizienzgründen. Dies wird natürlich erst einmal bei einfachen Anwendungen der Fall sein und sich später weiterverbreiten.

Lange (Lenze): Ein Großteil der Antriebs-Projekte können sicherlich mit OPC UA mit TSN gelöst werden. Ausschlaggebend ist jedoch die benötigte Kommunikations-Performance. TSN ist letztlich eine Toolbox aus Unter-Standards, die die Ethernet-Kommunikation „echtzeitfähig“ macht. Diese Unter-Standards erlauben je nach Kombination mehr Flexibilität oder Performance im System. Lenze sieht hier einen großen Mehrwert bei der Flexibilität der Kommunikations-Infrastruktur. Plug&Produce ist hier unsere „Vision“. Würden wir an Performancegrenzen stoßen, könnten wir unterlagert immer noch auf bewährte Protokolle wie Ethercat zurückgreifen und „nur“ die I4.0-Kommunikation über OPC UA realisieren. Die FLC-Initiative der OPC Foundation legt fest, wie TSN für die Prozessdaten-Kommunikation genutzt wird.

Lutz (OPC Foundation): Mit Ethernet TSN wird eine deterministische Datenübertragung über Ethernet ermöglicht, welche gerade bei Echtzeitanwendungen, wie z.B. Motion Control oder hochsynchronen I/Os unabdingbar ist. Ethernet TSN hat darüber hinaus auch noch den Vorteil, die Konvergenz von IT- und OT-Technologien zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass verschiedene IT und OT Protokolle eine gemeinsame Netzwerkinfrastruktur nutzen können. Um eine bestmögliche Protokolleffizienz und kurze Zykluszeiten zu erreichen, werden die Prozessdaten über OPC UA PubSub und ein direktes Layer 2 Mapping des OPC UA Protokolls ausgetauscht. Mit diesem Lösungsansatz können auch anspruchsvolle Anforderungen hinsichtlich der Steuerung bzw. Regelung von Antriebssystemen erfüllt werden. Der große Vorteil einer durchgängigen OPC UA basierten Lösung, die auch alle Anforderungen aus der Fabrik- und Prozessautomatisierung erfüllt, ist, dass ein einheitliches Kommunikationsprotokoll und ein einheitliches Informationsmodell bzw. eine einheitliche Semantik über alle Ebenen hinweg, also vom Feld bis in die Cloud (und auch in umgekehrter Richtung) verfügbar ist.

Mundo (Siemens): Für die hoch zeitaufgelöste Zustandserfassung ist ein TSN wie mit Profinet IRT notwendig, doch erst die Kombinatorik aus aktuellen Zustandswerten und Trenddaten erlaubt eine Analyse der Betriebszustände. Für die Steuerung von Antriebssystemen ist oftmals auch eine deterministische Kommunikation erforderlich, wenn es um sicherheitsrelevante Funktionen geht. Dies ist eindeutig eine Stärke von Profinet IRT.

Vathauer (MSF Vathauer): TSN-Netzwerke sind eine gute Alternative zu der bereits etablierten Feldbuskommunikation. Mit der Integration eines OPC UA Protokolls in ein TSN Netzwerk kann bei bestimmten Anwendungen sowohl aus technischer Sicht als auch aus wirtschaftlicher Sinn machen.

Achim Ziegele (Festo): In Zukunft wird OPC UA und TSN in der industriellen Kommunikation eine immer größere Rolle spielen. Deswegen beteiligt sich Festo an der FLC Initiative. Wir arbeiten hier auch im Bereich der Definition und Erstellung des Drive Profils aktiv mit.

KEM Konstruktion: OPC UA over TSN ist notwendig, um die Interoperabilität der verschiedenen Geräte (Aktoren, Steuerungen, etc.) in IIoT-Anwendungen zu ermöglichen. Wieso ist Interoperabilität so wichtig?

Brandl (Bosch Rexroth): Interoperabilität reduziert Aufwand und Risiko bei der Integration von Geräten. Der Maschinenhersteller profitiert direkt davon, wenn er die Komponenten mit der Maschinensteuerung verbindet. Der Maschinenbetreiber kann die Maschine einfacher und sicher in seine IT-Infrastruktur integrieren. Beides zusammen resultiert in kürzeren Inbetriebnahmezeiten und geringeren Kosten. Interoperabilität erhöht die Flexibilität bei der Auswahl von Komponenten und ermöglicht dadurch ein höheres Innovationstempo. Industrie 4.0 und Digitalisierung könnte man auch mit proprietären Integrationslösungen gestalten, aber das wäre ungleich schwieriger und aufwendiger. Im Consumer-Bereich ist die Bluetooth-Schnittstelle nicht mehr wegzudenken. OPC UA in Verbindung mit TSN hat in der Automatisierungstechnik ein vergleichbares Potenzial.

Broszeit (KEB Automation): Auch bestehende Lösungen auf Basis proprietärer Feldbusse bieten die Anbindung von Geräten an Cloud-Applikationen. Allerdings ist hierzu in der Regel ein Gateway erforderlich, das die Daten aus dem Feldbussystem für die IIoT-Anwendung aufbereitet. Sollen zusätzliche Daten übermittelt werden, ist dieses Gateway erneut zu programmieren oder zu konfigurieren. Das bedeutet einen Eingriff in das System. Mit OPC UA können – dank einer durchgängigen Protokollfamilie vom Sensor bis zur Cloud – Cloudservices einfach durch Berechtigungen auf einem bestehenden System genutzt werden. Dies ermöglicht IIoT-Services unabhängig von den Details des Systems. So erreichen wir einen ganz neuen Level an Interoperabilität. Geräte können nicht nur miteinander kommunizieren, Anwendungen wissen auch um die Bedeutung der Daten.

Burghardt (Danfoss Drives Deutschland): Der Austausch von Daten ist ein Schlüsselelement in der Industrie 4.0. Dieser Austausch findet zwischen Komponenten, Steuerungen und Clouds statt. Je einfach der Austausch gestaltet wird, desto mehr Fokus kann auf die Nutzung der Daten und deren Wertschöpfung gelegt werden. OPC UA und seine Implementierung über TSN sind hierfür ein wichtiges Element.

Dehnavi (Mitsubishi Electric): Einfach gesagt ist die Interoperabilität der Komponenten wichtig, um den Maschinenbauer dabei zu unterstützen, seine unterschiedlichen und regional verschiedenen Kundenwünsche zu realisieren. OPC UA bietet ihm hierfür die vordefinierten Variablen und Funktionen und TSN die Geschwindigkeit und Deterministik. In den letzten Jahren hat ein Umdenken stattgefunden. Mit Aufkommen der unterschiedlichen Feldbusse lag der Fokus der Hersteller ausschließlich auf den eigenen Komponenten. Durch die Ansätze der Industrie 4.0 wurde das Bewusstsein nach einer einheitlichen Lösung durch OPC UA over TSN geschärft und in Angriff genommen. Das kommt dem Kunden und seinen individuellen Anforderungen natürlich zu gute.

Hitzel (VDMA): Interoperabilität zwischen Komponenten, Maschinen und Anlagen ist ein Schlüsselfaktor für eine erleichterte Integration in die intelligent vernetzte, adaptive Produktion und verhilft, die bestehenden Potentiale für Wertschöpfungsketten auszuschöpfen. (Anm. der Redaktion: Die Antwort von Tobias Hitzel bezieht sich nur auf die Thematik „Interoperabilität“, der OPC-TSN-Teil wird nicht aufgeführt.)

Jänicke (Schneider Electric): Interoperabilität von mechatronischen Komponenten ist eine wesentliche Grundlage für die Freisetzung der in Industrie 4.0 angelegten Potenziale. Die vielen heterogenen intelligenten Geräte, wie Sensoren, Aktoren, Leistungsschalter und Schütze zahlen sich hinsichtlich mehr Flexibilität und Effizienz erst dann so richtig aus, wenn sie ungehindert und herstellerübergreifend miteinander kommunizieren können. Erst dann stehen auch wirklich alle Daten in übergeordneten Softwareprogrammen für Überwachung und Analyse zur Verfügung. Auf dieser Basis lassen sich nicht nur Wartungsintervalle und Bestellvorgänge flexibler und gezielter gestalten, auch die Produktionsleistung und der Energieverbrauch können wirksam optimiert werden. Gleichzeitig bedeutet Interoperabilität aber auch, dass reale Anlagenteile schneller und ohne großen Programmieraufwand ausgetauscht oder hinzugefügt werden können, Stichwort: Plug & Work. Letztlich führt das alles also zu einem wachsenden Einfluss von Softwarelogiken und -lösungen auch im industriellen Umfeld.

Klipphahn (ABB): Zum einen erschließt erst Interoperabilität das komplette Potenzial der Digitalisierung. Zum andern würden ohne das Zusammenspiel der verschiedenen Systeme die Aufwände steigen und für Hersteller, Integratoren, Service Provider oder Operatoren Hemmnisse entstehen, welche unter dem Strich Nachteile für alle Beteiligten bringen würden.

Lange (Lenze): Weil Interoperabilität die Fähigkeit zum Zusammenspiel verschiedener Geräte, Systeme und Anwendungen ist. Nur so können die Mehrwerte von I4.0 realisiert werden. Das äußert sich zum Beispiel in der Reduzierung des Engineering-Aufwands, durch zusätzliche standardisierte Dienste für den OEM und die Anlagenbetreiber und für zukünftige dezentrale und selbstorganisierende Funktionen.

Lutz (OPC Foundation): Gerade im Hinblick auf die zunehmende Vernetzung und um die Interoperabilität zwischen Automatisierungskomponenten verschiedener Hersteller zu gewährleisten, ist eine Vereinheitlichung bzw. Standardisierung auf mehreren Ebenen des ISO/OSI Referenzmodells erforderlich. Zunächst müssen zwei Systeme bzw. Automatisierungskomponenten, also z.B. eine Steuerung und ein Antrieb, grundsätzlich Daten austauschen können. Hierzu bedarf es einer einheitlichen physikalischen Schnittstelle und eines einheitlichen Protokolls. Dies wird durch die Ethernet Standards IEEE802.1 und 802.3 (Ethernet bzw. Ethernet TSN) abgedeckt. Allerdings müssen auch das überlagerte Protokoll und die darauf aufbauenden Informationsmodelle inkl. der Semantik vereinheitlicht werden. Hier kommt OPC UA ins Spiel, das nicht nur alle technischen Anforderungen vollständig erfüllt, sondern auch auf breite Akzeptanz bei allen Automatisierungsherstellern der Welt stößt.

Mundo (Siemens): Erst die Echtzeit-Zustandserfassung mit Trend-/Daten-Analytik von den verschiedenen Komponenten und Geräten in einem Antriebsstrang erlaubt tatsächlich eine Informationsgenerierung mit Hilfe von KI und Deep Learning und die automatisierte Ableitung von Maßnahmen zum Beispiel für eine präventive Wartung. Siemens hat dies mit den Antriebssystemen aus Sinamics MV Frequenzumrichtern mit Simotics-HV-Motoren und Sidrive IQ als digitale cloudbasierte Antriebsplattform realisiert und bietet damit den Kunden maßgeschneiderte Lösungen für die individuelle Applikation.

Vathauer (MSF Vathauer): Die Idee der Digitalisierung, der Industrie 4.0 Anwendungen und der IIOT Anwendungen ist, dass alle Akteure im Maschinenfeld untereinander eine Interoperabilität zeigen um zum Einen die Flexibilität der Maschinen zu ermöglichen und somit die Freiheitsgrade für den Anwender zu erhöhen. Aus dieser Perspektive macht einer Interoperabilität Sinn. Aus wirtschaftlicher und marktgetriebene Sicht ist eine Interoperabilität sowie eine Austauschbarkeit von Komponenten und Systemen im Maschinenfeld m.E: eher nicht gewünscht, da die Wettbewerbsfähigkeit darunter leiden kann. Strebt man eine 100%ige Interoperabilität an, haben die entsprechenden Komponentenanbieter kein Diversifizierungsmerkmal mehr und können sich zum Marktbegleiter nicht in gewohnter Weise abgrenzen. Hinzu kommt dass die Komponentenhersteller diverse Geschäftsmodelle anpassen müssen um nachhaltige Geldmittelströme zu generieren. Dieses hätte für mittelständische Unternehmen erhebliche Auswirkungen auf deren Wettbewerbsfähigkeit und Marktdurchdringung.

Ziegele (Festo): Das Steering Committee der Initiative treibt das Vorhaben zu einer globalen Lösung. Es scheint sich bei Herstellern und Anwendern die Einsicht durchzusetzen, dass die Zeit für eine globale Lösung unabhängig von proprietären Systemen gekommen ist. Damit bekämen wir einen Hersteller übergreifenden Standard, der im Engineering und der Produktrealisierung Effizienz schafft. So könnten in einigen Jahren alle Geräte OPC UA FX sprechen. TSN garantiert die Echtzeit und OPC UA die Datendurchgängigkeit.

Details zum Thema OPC UA und zum ZVEI-Projekt „Demonstrator Antrieb 4.0“:

hier.pro/IoutX


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OPC UA over TSN für die Antriebstechnik

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