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Der Traum des Archimedes

60 Jahre Rollringgetriebe im industriellen Einsatz
Der Traum des Archimedes

Davon dürften schon Archimedes und seine Zeitgenossen geträumt haben: Wohl seit der griechischen Antike bestand der Wunsch nach Schraubentrieben, die in Bezug auf Steigungswert und Steigungssinn variabel einsetzbar sind. Erfüllt hat ihn der Elektroingenieur Joachim Uhing mit der Erfindung des Rollringgetriebes. Er brachte 1952 die erste Version dieser mechanischen Maschine auf den Markt.

 

Die Autorin Dr. Ulrike Busch arbeitet als Texterin für die Joachim Uhing KG GmbH & Co., Mielkendorf

In diesem Jahr feiert die Joachim Uhing KG das 60. Jubiläum ihres Renommee-Produktes. Es begann im Jahr 1943 mit der Gründung eines Ingenieurbüros. Uhings erste Tätigkeiten als Selbständiger waren die Entwicklung von Kleinbildkameras und Wanduhren, aber auch die Konstruktion eines Vorläufers der heutigen vierten Achse für die mehrseitige Bearbeitung in einer Aufspannung. Internationale Bedeutung erlangte der junge Unternehmer durch die Erfindung von Fadenführern für Industriemaschinen.
„Dies war auch der Zeitpunkt, zu dem Joachim Uhing den geistigen Grundstein für sein wachsendes Unternehmen legte“, berichtet Burkhard W. Bohn, als Geschäftsführer für den Bereich Technik verantwortlich. „Die Idee, mit pfiffigen Eigenentwicklungen interessante Marktnischen zu besetzen, prägt die Unternehmensphilosophie bis heute.“
Der intensive Austausch mit Strickmaschinenherstellern war es dann auch, der zur bisher bedeutendsten Entwicklung des Unternehmens führte: Die Kunden äußerten den Wunsch, die manuell durchgeführte Hin-und-her-Bewegung der Strickschlitten zu automatisieren. Dies gab Uhing den Anstoß, über eine Innovation nachzudenken, die schließlich in die Konzeption und Produktion des ersten Rollringgetriebes mündete.
Vielfältig in der Industrie einsetzbare Erfindung
Bei den ersten Entwürfen erwiesen sich die Gewindegänge als hinderlich für die Variabilität, die die Anwendungen erforderten, in denen das Gerät zum Einsatz kommen sollte. Uhing trennte sich schnell von ihnen und setzte anstelle der Gewindestange eine glatte Welle ein. Statt der Mutter verwendete er ein Gehäuse mit Rollringen, die er mit veränderlichem Steigungswinkel auf der Welle abrollen ließ. Diese Erfindung lässt sich für eine Vielzahl von Anwendungen in unterschiedlichen industriellen Bereichen einsetzen.
Eine der wichtigsten davon ist das Aufwickeln von bandförmigem Material auf Spulen. „Die Verteilung des Wickelgutes zwischen den Spulenflanschen erfolgte einst vorwiegend manuell“, erklärt Bohn. „Später wurde die Handarbeit durch Kreuzgewindespindeln abgelöst, die ein rechts- und ein linksgängiges Gewinde trugen. Mit den Gewinden wurde eine Mutter bewegt, deren Innengewinde lediglich auf ein kurzes Segment reduziert war. Der Wechsel der Bewegungsrichtung wurde durch eine Umlenkung an den Hubenden von der einen in die andere Steigungsrichtung erzielt. Dies erwies sich als einfache und preiswerte Lösung – solange der Breite des Wickelguts entsprechend gearbeitet wurde, was bedeutet: mit gleichem Vorschub pro Spulendrehung und mit gleicher Hublänge, also mit gleichem Abstand der Spulenflansche voneinander.“
Der Wechsel auf andere Mate- rial- beziehungsweise Spulenbreiten erforderte den kompletten Austausch des Kreuzgewindetriebes durch eine passende Version. Dieses Procedere ging einher mit längeren Umrüstarbeiten und zog einen Stillstand der Wickelmaschine nach sich.
Schrittweise Entwicklung zum komfortablen Produkt
Als deutlich komfortabler und kostengünstiger erwies sich die Verlegung mit einer Gewindespindel, deren Drehrichtung durch ein Wendegetriebe geändert wurde, das in den Hubendlagen mechanisch betätigt wurde. Damit ließ sich die Verlegebreite auf neue Spulen einstellen. Ein höheres Maß an Flexibilität wurde zudem durch Verlegungen mit umlaufenden Riemen erreicht, an deren gegenüberliegenden Trums die Klemmvorrichtung eines Verlegeschlittens wechselweise befestigt wurde.
Die optimale Lösung erzielte Uhing jedoch durch das in Hublänge, Steigungswert und Steigungsrichtung variable Rollringgetriebe, das als Rollringverlegung seinen weltweiten Siegeszug antrat. Charakteristisch für diese ingenieurtechnische Leistung ist die von der Wickelwelle über Riemen angetriebene Welle. Sie sorgt für den Vortrieb und die gleichzeitige Synchronisation der Geschwindigkeit des Rollringgetriebes mit der Spulenzahl. Diese Synchronisation ist von großer Bedeutung, denn die Spulendrehzahl nimmt zum Ende des Wickelvorgangs durch den größer werdenden Wickeldurchmesser kontinuierlich ab, da das Wickelgut sich üblicherweise mit konstanter Geschwindigkeit bewegt.
Auch Wolfgang Weber, Geschäftsführer mit dem Verantwortungsbereich Marketing, blickt im Jubiläumsjahr zufrieden auf die Erfolgsgeschichte des Rollringgetriebes zurück: „In all den Jahrzehnten ihres Einsatzes hat sich diese Innovation als einfach zu bedienende, robuste, wartungsarme und preiswürdige Maschine erwiesen. Selbst heute, im Zeitalter der elektronisch gesteuerten Bewegungssysteme, behauptet das mechanische Rollringgetriebe seinen Platz in den unterschiedlichsten industriellen Anwendungen. Es hat seine Nische gefunden und kontinuierlich ausgebaut.“
Funktionale Erweiterungen, gestalterische Änderungen
Selbstverständlich hat das Getriebe im Laufe seines nunmehr sechs Jahrzehnte währenden Lebens eine Reihe funktionaler Erweiterungen und gestalterischer Änderungen erfahren. Mittlerweile ist es zum Synonym für eine gesamte Produktgruppe geworden.
Auf Basis des weltweit patentierten Rollringprinzips entwickelten die Ingenieure der Joachim Uhing KG im Jahr 1983 die Wälzmutter, einen kraftschlüssigen Schraubentrieb ohne internen Umschaltmechanismus. Durch ihre Spielfreiheit wurde die Wälzmutter schnell zum interessanten Antriebselement, insbesondere für die Hersteller von Messmaschinen. 1989 erweiterte dann der Zahnriemenantrieb „Z-Drive“ als formschlüssiger Linearantrieb das Produktportfolio. Das Schnellspannsystem „Easylock“ begründete 1992 den Einstieg in ein umfangreiches Programm von werkzeuglos bedienbaren Spann- und Befestigungselementen für glatte Wellen. Ergänzt wurde das Programm Ende 2002 um das Klemmelement „U-Clip“.
„Die 90er-Jahre standen für uns ganz im Zeichen der Modernisierung des Produktprogramms“, so Weber. „Bezüglich Qualität und Design stellt die „-2“-Generation der Rollringgetriebe einen der bedeutendsten Meilensteine in der Unternehmensgeschichte dar. Das kleinste Rollringgetriebe, der „Kinemax KI-5“, wurde 2001 das weltweit wohl erste seiner Art, das von einem Polyamid-Gehäuse ummantelt war. Die verstärkte Nutzung hochwertiger Kunststoffe führte 2002 beim „Easylock“-Schnellspannsystem zu einer Gewichtsreduzierung von etwa 50 Prozent und zu einer noch weiter vereinfachten Handhabung.“
Automatisierung durch elektronische Bausteine
Bekannt ist Uhing als Hersteller rein mechanischer Produkte. Dennoch entwickelt das Unternehmen seit dem Jahr 1998 auch elektronische Ergänzungen für seine Rollringgetriebe, um den Automatisierungsgrad der Verlegungen zu steigern. Für den Bereich der Wickeltechnik wurden Bausteine geschaffen, die die selbsttätige Anpassung der Hublänge des Rollringgetriebes an die jeweilige Spulenbreite ermöglichen. Verlegungen, die mit der Flanschabtastung „FA“ ausgestattet sind, finden ihren Umschaltpunkt automatisch. Der Einsatz der automatischen Verlegebreiten-Steuerung (AVS) garantiert ein einwandfreies zylindrisches Wickelbild insbesondere im kritischen Flanschbereich. So wird der Anwender von Justierarbeiten entlastet und kann sich auf andere Aufgaben konzentrieren. Eine Forderung, die unverändert aktuell ist.
Uhing; Telefon: 04347 906-0; E-Mail: info@uhing.com
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