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PTCs Release 5 des CAD-Systems Creo bringt Schwung ins IoT

CAx-Software
PTCs Release 5 des CAD-Systems Creo bringt Schwung ins IoT

Die CAD-Lösung Creo kommt in Schwung. Release 5 enthält neue Funktionen für die Topologieoptimierung, additive und subtraktive Fertigung, Strömungssimulation, für Augmented Reality und das IoT.

Al Dean, Fachjournalist für CAD/CAM, Großbritannien

Inhaltsverzeichnis

1. Topologieoptimierung
2. Additive Fertigung
3. Model-Based Definition
4. Integriertes CAM
5. Augmented Reality und IoT
6. Strömungssimulation
7. Fazit

 

Welche Neuheiten sind nun in Creo 5 zu finden?

Version 5 wurde nun Stück für Stück modernisiert: Sie bringt einen neuen Vollbildmodus mit kontextsensitiven Mini-Toolbars, Boxselektion und Geometrieregionen im Skizziermodus (im Gegensatz zu voll getrimmter Skizzengeometrie). Mini-Toolbars finden sich auch an anderen Stellen in verschiedenen Modulen und sowohl im 2D- als auch im 3D-Bereich. Hinzu kommt ein neuer Algorithmus zum Anbringen von Ausformschrägen an einer Geometrie mit Verrundungen. Statt wie bisher die Ausformschrägen ins bestehende Modell irgendwie einzubauen, entfernt die neue Funktion alle Verrundungen, bringt dann die Schrägen an den gewünschten Flächen an und appliziert zuletzt wieder die Verrundungen.

Das System besitzt einige interessante Optionen im Bereich der Ausformschrägen, vor allem wenn die Schräge um eine Mittellinie angebracht werden soll. Muss man bei anderen Systemen dafür zunächst einmal die Flächen aufteilen, gibt es hier die Möglichkeit, eine Mittelebene zu benutzen. Das System nimmt dem Anwender dann die vielen problembehafteten Flächenteilungsoperationen ab.

Zum Nutzen vieler Anwender wurden ebenso volumenbasierte, helixförmige Kurven eingeführt. Das Feature funktioniert wie das Standard-Sweep-Feature, nur dass statt einer Fläche eine Volumengeometrie an einer Kurve entlang verschoben wird, um eine helixförmige Geometrie zu erzeugen. Der Unterschied ist auf den ersten Blick minimal, die endgültige Geometrie ist allerdings eine völlig andere. Volumen-Sweeps finden ihren Einsatz vor allem bei Führungsnuten in mechanischen Steuerungen, aber auch bei einigen komplexeren Schraubenformen (Spänenuten in Bohrern).

Topologieoptimierung

Nun kümmern wir uns um die Anwendung von Funktionen, mit denen beispielsweise Industriedesigner komplexe Formen erzeugen. Wenn ich den Begriff komplexe Formen verwende, meine ich traditionelle Flächenmodellierung, bei der Krümmungsstetigkeit sehr wichtig ist und Formkontrolle vorrangig. In den letzten Jahren hat sich dabei die Subdivision-Flächenmodellierungstechnologie etabliert. Das Creo-Angebot in diesem Bereich ist auf zwei Module verteilt: Das Style-Modul, ein Teil der Interactive Surface Design Extension (ISDX), liefert die traditionellen Flächenmodellierungswerkzeuge, während in Freestyle Werkzeuge für die Subdivision Modellierung zu finden sind. Die Neuerungen im Style-Modul sind minimal. Raum für Verbesserungen ist jedoch immer: Beim Definieren einer Krümmungsstetigkeit (G3) zwischen zwei Flächen aktualisiert das System auch die Kurven, die die verbindende Kante dieser beiden Flächen bilden, auf das selbe Kontinuitätsniveau. Dies erforderte bisher nicht unerhebliche manuelle Eingriffe. Außerdem lassen sich Kurven jetzt einfacher direkt in Style spiegeln. Im Bereich des Subdivision Modeling in Freestyle kann man nun während der Bearbeitung sehr komplexer Modelle in einen sogenannten Box Mode schalten. Anwender anderer Sub-D-Applikationen kennen diese Ansicht, die das Kontrollgitter schattiert und eine gröbere, facettierte Darstellung erzeugt. Was an Genauigkeit verloren geht, wird an Interaktivität gewonnen, Änderungen werden schneller dargestellt und die Topologie des Kontrollgitters lässt sich klarer erkennen.

Additive Fertigung

Creo 5 ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Die Unterschiede zeigen sich jedoch in der Einbindung des Prozesses in den bestehenden Entwicklungs- und Konstruktionsworkflows sowie in die Creo-Datenstruktur. Während Release 4 neue Funktionen zum Erzeugen von Gitterstrukturen (Lattice) brachte, kommen mit Version 5 nicht nur eine Topologieoptimierungs-Engine, sondern auch Funktionen, mit denen sich die berechneten Strukturen sinnvoll weiterverwenden lassen. Die Tools in Creo basieren auf dem Solver Genesis von VR&D. Bei der Nutzung werden die üblichen Schritte abgearbeitet: Definition der Randbedingungen, der Bereiche, die verändert und derjenigen, die nicht verändert werden dürfen (Keep-in/keep-out) sowie der Optimierungsziele – Minimieren der Masse oder Maximierung der Steifigkeit – und schließlich der Lastfälle. Im High-End-Modul lassen sich sogar mehrere Lastfälle eingeben. Die Eingaben werden dann genutzt, um eine gitterbasierte Form zu berechnen, die den Kriterien entspricht. An dieser Stelle sind viele Topologie-Optimierungstools am Ende ihrer Fähigkeiten und sie lassen den Anwender mit einem Gittermodell alleine, das dieser sozusagen als Inspiration für ein selbstmodelliertes Flächen- oder Volumenmodell nutzen kann.

Das System von PTC geht den Prozess anders an – mit einer Funktion namens Geometrie-Rekonstruktion. Diese nutzt ein Netzwerk von Subdivision-Flächenpatches, die über das Gitter gelegt und an das Gitter angepasst werden. Manuelles Nachmodellieren oder Anbringen von Flächen ist nicht notwendig. Mit einem einzelnen Klick entsteht die gewünschte Geometrie. Je nach der Form des Berechnungsergebnisses kann das Freestyle-Modell recht komplex werden, aber es lässt sich so in Folgeprozesse integrieren – wenn man beispielsweise weitere technische Features anbringen oder das Modell als Grundlage für Bearbeitungsprozesse nutzen möchte.

Das Modul ist in zwei Ausbaustufen verfügbar: Die Einstiegsstufe  Creo Topology Optimization Extension ermöglicht die Definition struktureller oder modaler Analysetypen für den Optimierungsprozess. Als Fertigungs- oder Formrandbedingungen stehen „symmetrisch“, „rotationssymmetrisch“ oder „Extrusionen“ zur Verfügung. Die Anzahl möglicher Lastfälle in einem Optimierungsprozess ist auf drei beschränkt. In der Plus-Version der Extension wird die Anzahl der möglichen Lastfälle allerdings nicht mehr eingeschränkt. Dies erlaubt es, thermische Analysen und weitere Form- und Fertigungsrandbedingungen, wie beispielsweise „Stanzen“, in Betracht zu ziehen. Ebenfalls zur Additiven Fertigung gehört die Integration von Funktionen des Herstellers Materialise. Deren Buildprozessoren sind auf Additive Fertigung in Metall ausgelegt und erlauben es, Metallteile in Creo zu konstruieren und zu testen. Danach hilft der Materialise-Prozessor dabei, die Fertigung zu analysieren und zu simulieren, Bauräume zu füllen, die Orientierung der Bauteile in der Maschine festzulegen und Stützstrukturen zu definieren – und das sehr realitätsnah für Maschinen von Arcam, Concept Laser, EOS, HP, Renishaw und SLM.

Model-Based Definition

Wie auch andere Anbieter von 3D-Modellierlösungen für größere Unternehmen hat PTC schon vor einer Weile begonnen, in Creo Funktionen für das Anbringen von Form- und Lage-Toleranzen an 3D-Modellen einzubauen. Release 4 brachte zum Beispiel ein neues Modul mit, das den Anwender bei der normgerechten Bemaßung des 3D-Modells unterstützt. Das in Zusammenarbeit mit Sigmetrix entwickelte Modul bewältigt den Prozess nahtlos und effizient. So kann der Anwender schnell Modelle erstellen, die den gewählten Normen entsprechen; das System überwacht dabei, ob das Modell voll definiert ist. In Release 5 werden diese Funktionen beispielsweise um semantische Abfragen auf Basis der schon definierten Form- und Lagetoleranzen erweitert. Bei Änderungen am Modell oder bei dessen automatischer Prüfung werden so Toleranzen, die ihre Ursprungsdaten verloren haben, zuverlässig erkannt. In diesem Release finden sich zudem die ersten Ansätze zu einer automatisierten Zeichnungserzeugung aus n3D-Daten mit Toleranzen. Diese ermöglichen, schnell formalisierte Ansichten zu drucken oder als PDF zu speichern. Noch lassen sich diese Ansichten nicht auf einem Zeichnungsblatt arrangieren, doch das ist nur eine Frage der Zeit.

Integriertes CAM

Es ist eine Weile her, dass PTC über in Creo integrierte CAM-Funktionen gesprochen hat. Langjährige Pro/Engineer-Anwender wissen, dass das Unternehmen immer CAM-Werkzeuge verfügbar hatte, vor allem, nachdem es vor etwa zehn Jahren NC Graphics gekauft hatte. Mit der Präsentation von Creo 5 hat das Thema wieder Fahrt aufgenommen. Kurz zusammengefasst bietet das neue Release ein neues Werkzeugset für CAM, das auf der Moduleworks CAM-Engine basiert und subtraktive Fertigung vom 3D-HSC-Fräsen bis hin zu 3+2-Achsbearbeitung unterstützt. Bisher gibt es keine Informationen zur simultanen Fünfachsbearbeitung.

Augmented Reality und IoT

In Release 4 führte das Unternehmen eine Sammlung von Werkzeugen ein, die es dem Anwender erlauben, direkt aus der Software heraus ein AR-Szenario zu definieren, das sich einfach weitergeben lässt. Es konnte dazu eine sogenannte Thing-Mark ins Modell eingebaut werden, die es der Viewer-App ermöglichte, das Modell zu erkennen und die passenden Datensätze aus der Cloud zu laden. Zudem musste ein Größenmaßstab definiert werden, damit reales und virtuelles Modell in der Größe passend dargestellt wurden. Dabei handelte es sich um eine Auswahl der Werkzeuge in PTCs AR-Anwendung Vuforia. Dies erwies sich als interessant und relativ einfach zu benutzen. So wurde das Interesse an AR als Werkzeug für Design Reviews geweckt. In Release 5 wurde die Entwicklung weitergetrieben. Zunächst einmal benötigt das System nicht mehr die Thing-Mark für die Skalierung. Die Apps nutzen räumliches Tracking und beziehen umgebende Strukturen in die automatische Berechnung der Größenverhältnisse ein. Das ist schon für sich gesehen wirklich beeindruckend. Darüber hinaus bietet Release 5 eine größere Auswahl von Werkzeugen, um den Zugang zu den AR-Daten zu kontrollieren. Im IoT-Bereich gab es in Release 4 Werkzeuge, die es möglich machten, Modelle mit IoT-Daten aus der PTC-Thingworx-Plattform zu verknüpfen. Das Modul Creo Product Insight beispielsweise verbindet Daten des physischen Produkts mit dem Modell, entweder als Live-Link oder auf Basis bereits gesammelter Daten. Mit der Weiterentwicklung in Creo 5 lassen sich nun Sensoren in das digitale Modell einbauen, die denen im physischen Modell entsprechen. Zudem kann der Anwender diese Sensoren mit der Simulationsumgebung nutzen.

Was bedeutet das? Kurz gesagt: Das digitale Modell lässt sich nicht nur mit den Daten aus der Realität steuern, sondern die Werte von physischen Sensoren können als Eingangssignale für eine Simulation genutzt werden. Das Potential dieser Lösung ist gewaltig, vor allem da das Unternehmen in diesem Bereich weitere Entwicklungen schon angekündigt hat.

Strömungssimulation

Eine weitere neue Technologie in diesem Release ist die integrierte Strömungsanalyse (Computational Fluid Dynamics, CFD). Es existieren zwar eine ganze Reihe von CFD-Zusatzapplikationen, die mit Creo arbeiten. Dies ist jedoch das erste Mal, dass PTC selbst ein entsprechendes Modul in die Preisliste aufnimmt.  In der Creo-Implementierung folgt der Workflow dem üblichen Procedere. Man beginnt damit, die Art der Studie zu definieren. Handelt es sich um einen inneren Strom wie bei einer Pumpe? Oder um einen äußeren Strom wie in der Aerodynamik? Danach definiert man den gewünschten Physiktyp. Der nächste Schritt ist die Definition der Domäne, also des Berechnungsvolumens, am CAD-Modell. Bei Studien zum äußeren Strom ist dies eher einfach, denn das Modell muss nur innerhalb des Volumens liegen. Bei der Studie eines inneren Stroms muss zunächst das Fluidvolumen definiert werden. Jetzt kann der leistungsfähige Modellierer seine Stärken ausspielen, denn es bedarf praktisch nur eines Knopfdrucks, sobald man Ein- und Auslass geschlossen hat. Dann folgt wieder die Definition der Randbedingungen sowie der Details von Ausfluss und Fluid. Der Rechenlauf kann gestartet werden. Der gesamte Prozess ist nahtlos in die Creo-Oberfläche integriert. Alle Studienanforderungen werden über das Panel auf der linken Seite der Benutzeroberfläche verwaltet. Auch die Interaktion mit den Ergebnisdarstellungen ist benutzerfreundlich. Wie in der Topologieoptimierung sind die CFD-Tools modular aufgebaut. eve

Fazit

Vor einiger Zeit hätte man den Eindruck gewinnen können, dass PTC seine Führerschaft im 3D-CAD-Bereich aufgegeben hätte und sich voll auf die Bereiche IoT und Service Management konzentrieren würde. Aber es zeigt sich, dass es dem Unternehmen tatsächlich gelungen ist, seinen Fokus auf die schöne neue Welt des IoT zu richten, allerdings so, dass die 3D-Konstruktion und die von ihr erzeugten Daten im Mittelpunkt stehen. Diese Strategie scheint einen positiven Effekt auf die Entwicklungsressourcen von Creo zu haben. Das Unternehmen nimmt den Bereich Additive Fertigung sehr ernst, was angesichts seiner guten Position in den Bereichen Automotive (vor allem im Powertrain-Bereich) und Aerospace (vor allem im Verteidigungsbereich) ebenso wie in anderen Transportbranchen keine Überraschung ist.

Sehr interessant finde ich, wie PTC den gesamten Workflow adressiert, von der Optimierung der Form in Bezug auf die Funktion über die Berücksichtigung der Fertigung schon im Konstruktionsprozess bis hin zum Bearbeiten optimierter Formen und zum Postprocessing. Diesen Bereich vernachlässigt manch anderer Anbieter völlig.

Dann ist da die Arbeit, die das Unternehmen geleistet hat, um reale und virtuelle Welt zusammenzubringen. Dies ermöglicht dem Anwender nicht nur die Simulation dynamisch bewegter Baugruppen, sondern auch die Analyse auf Basis realer Daten. Das können ebenfalls nicht viele andere Unternehmen bieten.

Aber stellen Sie sich vor, wenn diese beiden Dinge zusammenkommen. Stellen Sie sich zum Beispiel eine Baugruppe vor, die in ähnlichen Varianten schon im Einsatz ist, so dass auf Basis der realen Daten aus diesen Varianten eine Optimierung der Teile der Baugruppe berechnet werden kann. Bauteile, die am Rand ihrer Belastungsgrenze oder die zu hoch dimensioniert sind, ließen sich identifizieren und an ihre Aufgabe besser anpassen und für die Fertigung vorbereiten. Das wäre doch was, oder? eve

www.ptc.com

Details zu Creo mit Kurzlink:

hier.pro/R5cIB

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