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Verkehrsteilnehmer schützen

Elektrofahrzeuge: Außengeräusche und optimale Auslegung von Schallquellen
Verkehrsteilnehmer schützen

Elektro- und Hybridfahrzeuge erobern den Markt immer weiter. Deshalb müssen neben der selbstverständlichen Energieeffizienz kritische Fahrzeugeigenschaften wie NVH-Noise, Vibration, Harshness, Fahrverhalten, Sicherheit und Betriebsfestigkeit besonders berücksichtigt werden. Da überlagernde Verbrennungsgeräusche fehlen, und neue Schallquellen wie Elektromotoren, Batteriekühlung und, bei Hybridfahrzeugen, die komplexen Getriebesysteme, hinzukommen, muss die NVH-Entwicklung kritisch überdacht werden.

Dieser Beitrag stammt von der LMS Deutschland GmbH, München

Als besonders maßgeblich für das Akustikverhalten von Elektro-/Hybridfahrzeugen gilt in immer höherem Maße der Zusammenhang zwischen geräuscharmen Straßenfahrzeugen und der Sicherheit von ungeschützten Verkehrsteilnehmern (VRU). Vor allem bei niedrigen Geschwindigkeiten, noch bevor Abrollgeräusche der Reifen wahrgenommen werden, können andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, weil ein wahrnehmbares Motorengeräusch fehlt, und sich damit ein Fahrzeug unbemerkt nähern kann. Hierzu wurden durch die US-amerikanische Behörde für Verkehrssicherheit NHSTA sowie nationale Behörden in den USA, Japan und Europa Untersuchungen vorgenommen. Organisationen, welche die Interessen bestimmter VRU-Kategorien wie beispielsweise Sehbehinderter (z. B. EBU, WBU) vertreten, beteiligen sich aktiv an dieser Debatte. Bei der UNECE (Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen) richtete der Arbeitskreis für Akustik einen informellen Arbeitsausschuss für geräuscharme Straßenfahrzeuge ein, um sich mit dieser Problematik zu befassen. Der Hauptgedanke besteht darin, geräuscharme Fahrzeuge mit künstlichen Geräuschen auszustatten, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. In Japan wurde zu diesem Thema eine Richtlinie erarbeitet und in neueren Fahrzeugen wie dem Nissan Leaf eine erste Systemgeneration installiert. Die vorliegende Studie analysiert die Herausforderungen bei der Entwicklung der Akustik und von Akustiksystemen, stellt eine Klangsynthese vor und erörtert einige damit verbundene konstruktive Experimente. Die beiden großen Herausforderungen sind dabei die Auslegung des Klangs und die Wahrnehmung des Schalls an den entscheidenden Standorten der VRUs.
Entwicklung auf der Grundlage einer Klangsynthese
Das akustische Warnsystem des Fahrzeugs muss Geräusche erzeugen, die durch den VRU entsprechend wahrgenommen werden können und diesen auf das Fahrzeug aufmerksam machen. Da die Wahrnehmung in die Auslegung des Klangs einbezogen wird, sind Überlegungen im Hinblick auf den harmonischen und schmal-/breitbandigen Spektralinhalt, die Abhängigkeit von der Geschwindigkeit und Modulationen erforderlich. Die Schallausbreitung von der Quelle zum Empfänger spielt eine große Rolle, damit das Fahrzeug an den möglichen Standorten des VRUs akustisch wahrgenommen werden kann. Dabei müssen die Einflüsse der Struktur und der Umgebung (Fahrzeugkarosserie, Straße, Hindernisse, Straßenverlauf …) sowie der überlagernde Effekt des Verkehrslärms bedacht werden.
Ausgangspunkt: Klangsynthese
Für die Auslegung der Akustik und des Akustiksystems soll eine Klangsynthese eingesetzt werden. Sie besteht aus einem System zur Klangsynthese, die auf dem von LMS entwickelten Verfahren des Virtual Car Sound basiert und der Simulation der Schallausbreitung an beliebigen Stellen der Fahrbahnumgebung. Es lässt sich simulieren und analysieren, wie die warnenden Geräusche unter Berücksichtigung von überlagernden Verkehrs- oder Umgebungsgeräuschen am Standort des VRU und wie die akustische Umweltbelastung von Nicht-Verkehrsteilnehmern wahrgenommen wird. Dank einer solchen Klangsynthese haben Entwickler und Konstrukteure folgende Möglichkeiten:
  • Hören der warnenden Geräusche in der Fahrsituation
  • Ermitteln der optimalen Positionen für die Schallquelle oder Schallquellen am Fahrzeug
  • Auslegen von Zielklängen im Hinblick auf optimale Spektrum-Signal-Eigenschaften und Stärke
Warnende Geräusche künstlich erzeugen
Insgesamt bestehen die warnenden Geräusche aus mehreren tonalen und breitbandigen Komponenten. Jede Komponente verfügt über individuelle Akustikeigenschaften:
  • Ordnung: Harmonische aus mehreren Grundtönen,
  • Frequenzbereich: Dritteloktav-Klangspektren,
  • Modulationsstrukturen: Hüllkurvenstrukturen und Frequenzmodulationen sowie
  • Zeiterfassung: aufgezeichneter Schall
Ein Akustiksignal des Fahrzeugs lässt sich somit künstlich erzeugen, indem Signalbausteine aus allen vier Typologien verbunden und Abhängigkeiten von der Geschwindigkeit und/oder Drehzahl berücksichtigt werden. Die Klangsynthese beruht auf einem Modell des Sound Quality Equivalent (SQE-Modell), das der Benutzer definieren kann oder das sich anhand eines vorhandenen Geräusches modellieren lässt. Das SQE-Modell wurde entwickelt, um einen aufgezeichneten Klang unter Reproduktion der menschlichen Wahrnehmung des zu analysierenden Geräusches künstlich zu erzeugen. Das Ziel besteht nicht darin, die physikalischen Akustikeigenschaften möglichst genau zu reproduzieren, da aus einer reinen physikalischen Synthese oft ein Akustiksignal entsteht, das als künstlich oder synthetisch empfunden wird. Außerdem würde ein solcher Ansatz einen weitaus größeren Berechnungsaufwand erfordern. Dieser Ansatz wurde ebenso bei Analysen von Klangsynthesen für Flugzeuge und Helikopter im Rahmen von Studien zur akustischen Belastung in Flugzeugen angewendet.
In einem Beispiel wurden die warnenden Geräusche eines Elektrofahrzeugs analysiert und eine Resynthese vorgenommen. Bei der Resynthese lassen sich parametrische Modifikationen leicht einbringen. So können weitergehende Analysen zur Auslegung des Klangs effizient durchgeführt werden. Der bearbeitete Klang gehörte zu einem Nissan Leaf. Er wurde aus einer öffentlichen Quelle erfasst und kann deshalb lediglich als Verfahrensbeispiel gelten. Er stellt nicht notwendigerweise den Klang des Serienprodukts dar. Bildlich dargestellt ist die Spektralanalyse eines Vorbeifahrsignals bei niedriger Geschwindigkeit, das an einer festen Wahrnehmungsposition gemessen wird.
Zusammenfassung
Die Entwicklung eines akustischen Warnsystems für ein Fahrzeug erfordert zweierlei: eine einwandfreie Auslegung des Klangs, bei der ein optimaler Warneffekt bei möglichst geringer akustischer Umweltbelastung erzielt werden sollte und eine optimale Konfiguration des Akustiksystems, um die Schallquellen zu positionieren und größenmäßig auszulegen.
LMS , Tel.: 089 548495-76,
E-Mail: kateryna.meger@
lmsintl.com
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