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Toller Trumpf

Computersimulation für den Leichtbau im Automotive-Bereich
Toller Trumpf

Bei der Reduzierung des Verbrauchs und der CO2-Werte spielt der Leichtbau im Automobilbau eine zentrale Rolle. Hierzu muss nicht zuletzt die Rohkarosserie einen wesentlichen Beitrag leisten. Dazu braucht es den richtigen Werkstoff und dessen intelligente Verarbeitung. Tailored Tempering von hoch- und ultrahochfestem Stahl ist ein Schlüssel zum Erfolg – und eröffnet gleichzeitig viele knifflige Herausforderungen.

Der Autor: Daniel Fries, freier Journalist in Luzern, hat den Beitrag im Auftrag der Autoform Engineering GmbH, CH-Wilen, erstellt

Die Ermittlung, wie das entsprechende Umformwerkzeug auszusehen hat und wie der Prozess des Tailored Tempering im Detail ablaufen soll, gestaltet sich anspruchsvoll. Gefragt sind ein umfassendes Verständnis hinsichtlich Materialverhalten, Wärmefluss und Kinetik der Phasentransformation. Um den Prozess des Tailored Tempering zu analysieren und schließlich zu kontrollieren, braucht es tief gehenden Einblick in die strukturelle Transformation des Materials. Gerade wegen der Komplexität des Verfahrens ist die simulationsbasierte Prozessauslegung am Computer eine enorme Hilfe. Voraussetzung ist jedoch, dass die Simulationssoftware Warmumform- und Abschreckprozesse realistisch abbildet, die endgültigen Bauteileigenschaften zuverlässig vorhersagt und damit das Werkzeug-Know-how für diesen speziellen Typ des Warmumformens liefert. Mit diesem Ziel hat die Autoform Engineering GmbH die Software Autoform-Thermosolver entwickelt, in der ein thermisch-mechanisch-metallurgisches Modell implementiert ist.
Software liefert eine Temperaturgeschichte
Die Software kann von jedem Materialpunkt im Blech gewissermaßen eine Temperaturgeschichte liefern und gewährt damit Einblick in das Materialverhalten während des Warmumformens und insbesondere des Abschreckens. Damit die Vorhersage mit angemessener Genauigkeit funktioniert, müssen alle relevanten Phänomene und ihre Wechselwirkung modelliert werden. Auf thermischer Seite umfasst dies den Wärmefluss zwischen Blech, Werkzeug und Umgebung, wobei sowohl die Strahlung als auch die Konvektion Berücksichtigung finden. Mechanisch ist die plastische Deformation des Blechs zu beachten und aus metallurgischer Sicht ist die Phasentransformation aufgrund der Abkühlung einzuberechnen.
Experimente und Tests dienten Autoform dazu, das thermisch-mechanisch-metallurgische Modell zu verifizieren und weitere maßgebende Parameter zu identifizieren. In Kooperation mit der Daimler AG entstand ein Versuchswerkzeug, während am Lehrstuhl für Fertigungstechnologie der Universität Erlangen-Nürnberg systematische Tests durchgeführt wurden. Autoform steuerte eine Vorserienversion von Autoform-Thermosolver bei. Aus dieser Zusammenarbeit entwickelte sich ein grundlegendes Expertenwissen betreffend das Prozessfenster und die resultierenden Materialeigenschaften in Abhängigkeit der relevanten Prozessparameter.
B-Säule unter die Lupe genommen
Um die Untersuchungsergebnisse auf ein reales Bauteil für die Produktion zu übertragen und die Qualität der Simulationsergebnisse zu überprüfen, baute Daimler ein Werkzeug für eine B-Säule. Im Werk Sindelfingen wurde anschließend ein kleines Los der B-Säule produziert und eingehend auf die mechanischen Eigenschaften hin unter die Lupe genommen. Proben aus verschiedenen Zonen des Bauteils wurden im Zugversuch getestet. Die Ergebnisse sind unter den Experten von Daimler und Autoform eingehend diskutiert worden. Alle physikalischen Einflüsse, die entscheidend für die Genauigkeit der Ergebnisse sind, mussten in das Simulationsmodell einfließen. Untergeordnete Einflüsse wurden herausgefiltert – mit entsprechend positiven Auswirkungen auf die Berechnungsgeschwindigkeit.
Ein Entschluss, den die Kooperationspartner im Verlauf der Untersuchungen fassten, betraf die latente Wärme, die während des Abkühlprozesses Berücksichtigung finden muss. Dann berechnet der Autoform-Thermosolver die endgültigen Bauteileigenschaften äußerst treffsicher – und Resultate wie die Zugfestigkeit, Bruchdehnung, Dicken- und Spannungsverteilung sowie die Härte- und Martensitverteilung lassen sich grafisch anschaulich darstellen. Die zusätzliche Rechenzeit für Tailored-Tempering-Prozesse gegenüber konventioneller Kaltumformung betrug im Mittel lediglich 5 %. Dieser ohnehin bescheidene Mehraufwand wird durch das verbesserte Prozessverständnis mehr als gerechtfertigt.
Die im Rahmen der Kooperation von Daimler und Autoform gesetzten Ziele wurden erreicht. Nach einer einjährigen Testphase ist der Autoform-ThermoSolver bei Daimler seit 2012 im produktiven Einsatz; die Qualität der Simulation auf Bauteilebene hat Daimler überzeugt. Selbst aufwändige Prozessstrategien lassen sich berechnen. Thermomechanische Einflüsse auf das Materialverhalten bei der Bauteilherstellung werden nun noch besser berücksichtigt. Die zusätzlichen Informationen des metallurgischen Berechnungsmodells steigern dabei die Aussagekraft und den Informationsgehalt der Simulation. Nicht zuletzt liefert die intensive Betrachtung des Tailored Tempering Prozesses auch wichtige Erkenntnisse für das konventionelle Presshärten. Weiterer Entwicklungsbedarf wurde in Bezug auf die Berechnung des thermischen Verzugs identifiziert.
Autoform-ThermoSolver
Mit Autoform-ThermoSolver können Automobilhersteller und Zulieferer die Prozesse von warmumgeformten Bauteilen (etwa Seitenverstärkungen, A-/B-Säulen, Träger von Front-/Heckstoßstangen und mehr) entwickeln und definieren. Die Software simuliert das direkte und indirekte Presshärten und unterstützt das Tailored-Tempering-Verfahren. Damit ist die Entwicklung von Pressteilen mit lokal vorgegebenen Festigkeitseigenschaften möglich. Indem die Simulation die reale Festigkeitsverteilung im warmumgeformten Bauteil berücksichtigt, profitiert auch die Genauigkeit der Crashsimulation. I

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