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Stabil und sicher

Simulation von Windenergieanlagen mit Mehrkörper-System-Programm
Stabil und sicher

Das Programm „Simpack“ dient zur Berechnung der dynamischen Schwingungen mechatronischer Systeme. Es ist so modular aufgebaut, dass es ebenso zur Simulation von Windenergieanlagen eingesetzt werden kann. Hierzu mussten lediglich zwei neue Module hinzugefügt werden: erstens ein Rotorblattgenerator, welcher aus einer abschnittsweisen Vorgabe der Rotorblattsteifigkeiten und Massendaten ein elastisches Blattmodell aufbaut und zweitens ein Modul zur Berechnung der auf die elastischen Rotorblätter wirkenden Windkräfte.

Exklusiv in KEM Die Autoren: Dr. Lutz Mauer ist Mitglied im Executive Board; Steve Mulski Director wind energy solutions der Simpack AG, Gilching

Funktionalitäten zur Darstellung des Generatormoments und der Anlagenregelung sind in „Simpack“ bereits enthalten, können aber auch aus Matlab/Simulink-Modellen übernommen werden. Aufgrund der hohen Funktionalität und der offenen Schnittstellen zu anwenderspezifischen Berechnungscode wählte die Forschungsvereinigung Antriebstechnik (FVA) nach einem umfassenden Benchmark Simpack als Simulationsplattform für alle von ihr beauftragten MKS-relevanten Entwicklungen aus. Dies führte auch dazu, dass viele Funktionalitäten des vormals von ihr unterstützten Drehschwingungsprogramms Dresp nun auch in Simpack den Mitgliedern der FVA zur Verfügung stehen.
Marktanforderungen an die Simulationstechnik
Windenergieanlagen sollen aufgrund ihrer hohen Investitionskosten, was besonders für Offshore-Anlagen gilt, viele Jahre zuverlässig bei vertretbarem Wartungsaufwand elektrische Leistung produzieren. Zur Zertifizierung von Windenergieanlagen sind umfangreiche rechnerische Nachweise über das Schwingungsverhalten der Anlage für dutzende unterschiedlicher Lastfälle erforderlich. Dies legt es nahe, ein Simulationstool zur Berechnung der Anlagendynamik gleich von Beginn an einer Neuentwicklung einzusetzen. Dies hilft zeitaufwändige Änderungen während der Konstruktionsphase zu vermeiden, da konstruktive Schwachstellen oder mögliche Resonanzeffekte frühzeitig erkannt werden können. Dadurch lässt sich der Bau kostspieliger Prototypen auf ein Mindestmaß reduzieren. Die Simulation der transienten Betriebsschwingungen am Modell der Gesamtdynamik unter Verwendung detailliert modellierter Komponenten, wie Rotorblätter, Hauptwelle und Getriebe, erlaubt eine genauere Berechnung der auftretenden Beanspruchungen. Da eine detaillierter Modellierung der elastischen Nachgiebigkeit der Rotorblätter das rechnerische Beanspruchungsniveau um rund 15 % senkt, kann die Konstruktion leichter gestaltet werden kann, was sich wiederum kostenmindernd auswirkt.
Historie des Mehrkörper- System-Programms
Die Entwicklung von Simpack geht auf eine Kooperation der MAN Technologie mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zurück. Beide Partner waren zuvor an der Entwicklung des Simulationsprogramms „Medyna“ maßgeblich beteiligt. Während der MKS-Kern von Medyna mit linearer Kinematik arbeitet, was für die Berechnung der Dynamik spurgeführter Fahrzeuge ausreicht, berücksichtigt Simpack die vollständig nichtlineare Kinematik, womit große Drehwinkel zugelassen sind. MAN Technologie war damals in den achtziger Jahren mit der Entwicklung von Zentrifugen, den Windenergieanlagen Growian und Aeroman sowie in der Solartechnik beschäftigt. Erklärtes Ziel der Entwicklung war es von Beginn an elastische Körper mittels einer Schnittstelle zu den gängigen FE- Tools optimal in den Simpack-Berechnungskern einzubinden.
Technischer Fortschritt
Aufbau und Lösung der Bewegungsdifferentialgleichungen erfolgen in Simpack mittels eines speziellen Rekursivalgorithmus, welcher unter Verwendung von Relativkoordinaten das Gleichungssystem in Minimalkoordinaten erstellt. Dabei werden schleifenschließende Zwangsbedingungen als algebraische Nebenbedingungen eingebaut. Unter Verwendung einer entsprechenden Stabilisierung, welche eine mögliche Drift in den Bewegungszwängen bei der Integration in den Nebenbedingung verhindert, kann der Simpack-Solver die Bewegungsgleichungen schnell, genau und zuverlässig lösen.
Der weitgehende Verzicht auf numerische Dämpfung im Integrationsverfahren erlaubt die Berechnung hochfrequenter Schwingungsvorgänge in der Simulation bis in den KHz-Bbereich. Die Verwendung von Relativkoordinaten eignet sich vorzüglich dazu, die Schwingungsdynamik rotierender Antriebsstränge zu berechnen. Der Berechnungskern ist so allgemein aufgebaut, dass der Anwender jegliches technische System modellieren und berechnen kann, sei es der Rädertrieb einer mechanischen Armbanduhr oder die Gesamtdynamik eines Schaufelradbaggers mit über 20 m Schaufelraddurchmesser im Arbeitseinsatz. Im Gegensatz zu applikationsspezifischen Spezialprogrammen ist der Anwender nicht an vorgegebene Modellstrukturen gebunden. So ist er jederzeit in der Lage, neue innovative Konstruktionskonzepte simulationstechnisch auf den virtuellen Prüfstand zu stellen. Neben standardisierten Lastfall-Nachweisrechnungen können viele andere Aufgabenstellungen, wie die Auslegung der Pitch- und Azimutantriebe sowie Untersuchungen zur Netzaufschaltung und zu Netzstörungen durchgeführt werden.
Entwicklungen im Simulationsprogramm
Die neue Simpack9-Release ist mit einem komplett neuen Datenmanagement und einer innovativen Benutzeroberfläche ausgestattet, so dass der Modellaufbau sicherer und schneller erfolgen kann. Zur Modellierung von Wälzlagern ist eine Schnittstelle vorgesehen, mit der die vom Lagerhersteller berechneten Kennfelder während der Simulation genutzt werden können.
Zur Modellierung von Gleitlagern stehen die Tower-Berechnungsmodule der Firma IST zur Verfügung. Zur Anregung der Turmschwingungen von Offshore-Anlagen wurden am Stiftungslehrstuhl Windenergie der Universität Stuttgart für Simpack eine Kopplung mit einem hydrodynamischen Berechnungscode vorgenommen. Zur Berechnung der aerodynamischen Kräfte aus dem Windfeld auf die Rotorblätter wurde eine neue Schnittstelle zu den Aero Moduln des ECN geschaffen. Darüber hinaus erlaubt die Simpack-User-Programmierschnittstelle dem engagierten Anwender auch Aerodynamik in-house-Codes in Simpack einzubringen. In Zusammenarbeit mit einem Hochschulinstitut für elektrische Antriebstechnik- und Schaltkomponenten werden derzeit elektrische Modelle für Generatoren, Wechselrichter und die Netzankopplung entwickelt. In Verbindung mit der Drehzahl-, Leistungs- und Pitchregelung kann in Simpack die verkoppelte Gesamtdynamik einer Windenergieanlage unter Berücksichtigung aller Einflussgrößen simuliert werden.
Anwendungspotential der Simulation
Durch den konsequenten Einsatz der Simulation, welche zweckmäßigerweise bereits im Vorfeld einer Anlagenentwicklung beginnt, kann das Entwicklungsrisiko neuartiger Konstruktionen deutlich verringert werden, da die Betriebslasten der Anlagenkomponenten frühzeitig vor der Detaillierung der Konstruktion berechnet werden können und somit zur Dimensionierung zur Verfügung stehen. Die von den Zertifizierungsstellen geforderten Lastfallrechnungen lassen sich scriptgesteuert ebenfalls mit dem Anlagenmodell durchziehen. Sollte es wider Erwarten im Betrieb zu einem mechanischen Problem kommen, kann das bereits vorhandene Simulationsmodell der Anlage genutzt werden, um den Mechanismus der Schädigung simulationstechnisch nachzuvollziehen.
Simpack; Telefon: 08105 77266-0 ;
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