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Sichere Landung

Mehrkörpersimulation analysiert Kinematik an Flugzeugfahrwerken
Sichere Landung

Flugzeugfahrwerke sind bei der Landung enormen Belastungen ausgesetzt. Mit dem Mehrkörpersimulationsprogramm Adams von MSC Software lässt sich schon am Computer simulieren, ob und wo es Schwachstellen gibt.

Exklusiv in KEM Der Autor Ulrich Feldhaus, freier Journalist in Erkrath, hat diesen Beitrag geschrieben für die MSC Software GmbH, München

Wenn Pilot Bernd Ruschlau zur Landung ansetzt, muss er sich keine Gedanken machen, ob das Fahrwerk seines Fliegers den Beanspruchungen standhält, denn schließlich wurde es vorab mit modernster Simulationssoftware auf Herz und Nieren geprüft. Bernd Ruschlau ist freilich nicht Kommandant eines hochmodernen Verkehrsflugzeuges, sondern lenkt mit seiner Fernsteuerung ein zweimotoriges Modellflugzeug mit einer Spannweite von gerade einmal 1,8 m. Das Fahrwerk hat der als Adams-Anwendungsberater bei MSC Software tätige Ingenieur mit Adams berechnet, der gleichen Simulationssoftware, die auch professionelle Entwickler in der Aero- space-Industrie einsetzen.
Adams ist ein Programm zur Mehrkörpersimulation, mit dem beliebig komplexe kinematische Systeme analysiert und optimiert werden können. Die Komponenten werden dabei im Berechnungsmodell über starre Ersatzkörper mit diskreten Massen repräsentiert, die durch Gelenke miteinander verbunden sind. Im Gegensatz zur FE-Methode, für die eine detaillierte Bauteiltopologie mit einer Vielzahl von Elementen nötig ist, können mit MKS-Systemen selbst komplexe mechanische Systeme mit einer relativ geringen Anzahl an Freiheitsgraden abgebildet werden (Größenordnungen: FEM: n x 106, MKS: n x 102). Um die Prognosequalität speziell bei kritischen Komponenten weiter zu erhöhen, können zuvor mit einem FE-Programm berechnete Einzelkomponenten, sogenannte Flexible Bodies, eingebunden werden. In Easy5 von MSC oder Matlab/Simulink entwickelte elektronische Regelsysteme oder hydraulische Regelmechanismen können direkt in Adams verarbeitet werden, ebenso ist eine Einbindung von Adams in diese Systeme möglich.
Flugzeugfahrwerk als zentrales System
Flugzeugfahrwerke sind Teil eines komplexen Gesamtsystems, mit dem sie in Wechselwirkung stehen. Um für die Gesamtkonstruktion die richtigen Annahmen zu treffen, und natürlich das Fahrwerk beanspruchungsgerecht auszulegen, ist die detaillierte Kenntnis der auftretenden physikalischen Effekte in allen Betriebszuständen notwendig (Taxi, Start, Landung, Startabbruch, Bremsen).
Frühzeitig das beste Konzept zu finden, ist von zentraler Bedeutung. Die Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH in Lindenberg setzt Adams deshalb ein, um in einem automatisierten Prozess umfangreiche Konzeptstudien durchzuführen. Über 200 Lastfälle werden jeweils berechnet, wobei die Ergebnisse u. a. in Form von Reaktionskräften für anschließende detaillierte Berechnungen der Einzelkomponenten genutzt werden können. Dank Adams bekommen die Ingenieure so schon in einer frühen Projektphase tiefen Einblick in die Qualität und Funktion ihrer Designs. So sind sie bestens vorbereitet, schnell auf Änderungswünsche zu reagieren, die in der anschließenden Detaillierungsphase auftauchen.
Vibrationen, wie etwa Rattern, Flattern oder Bremsenquietschen, können nicht nur den Komfort beeinträchtigen, sondern auch die Stabilität bei Start und Landung beeinflussen. Entsprechend hoch ist der Aufwand, den Ingenieure betreiben, um den Ursachen und Quellen eines solchen Verhaltens auf die Spur zu kommen.
Bei der in Troy, Mich., beheimateten Aircraft Wheel and Brake Technology Division von BFGoodrich Aerospace ist Adams seit 1995 im Einsatz, um genau solche Vibrationsprobleme zu analysieren und sie zu beheben. Dazu werden detaillierte Modelle mit allen relevanten Komponenten, einschließlich der Reifen, generiert. Der Adams-Solver löst die Bewegungsgleichungen für das System und berechnet Verformungen, Geschwindigkeiten, Beschleunigungen und die Reaktionskräfte für alle Komponenten. Die Ergebnisse können in Form von Graphen ausgegeben werden oder als animierte Modelle dargestellt werden, um so das dynamische Verhalten des kompletten Systems oder ausgewählter Subsysteme darzustellen und transparent zu machen.
Die parametrischen Möglichkeiten von Adams sind dabei außerordentlich hilfreich, um etwa what if-Szenarien tabellengesteuert zu durchlaufen. Auf dieser Basis ist eine schnelle Optimierung möglich, die teilweise auch zu überraschenden Ergebnissen führt. So stellte sich beispielsweise heraus, dass ein Konstruktionsparameter, der als unkritisch eingestuft wurde, tatsächlich von zentraler Bedeutung für die Stabilität des Gesamtsystems war.
Für David Moser, Manager der Engineering Technology, ist Adams eine Schlüsseltechnologie, um neben der Steigerung der Produktqualität auch die Entwicklungszeit um 50 % und die Produktkosten um 35 % zu reduzieren. David Moser: „Früher haben die OEMs den Lieferanten vier bis fünf Jahre vom Angebot bis zur Lieferung zugestanden. Inzwischen haben die Hersteller diese Zeit halbiert. Da kann man sich nicht mehr den Luxus leisten, iterativ anhand physischer Prototypen die beste Lösung zu finden.“ Hinzu kommt, dass früher Aufträge für Komponenten und Subsysteme vergeben wurden, heute aber die Verantwortung für das Gesamtsystem an First Tier-Supplier transferiert wird.
Auch geschäftlich hat sich der Einsatz von Adams gelohnt. Die Tatsache, dass man das Gesamtsystem und dessen Performance frühzeitig simulieren kann, führt heute zum Status eines integrierten Zulieferers für Fahrwerkssysteme.
Schlussbemerkung
In vielen industriellen Bereichen stellt Adams heute einen de Facto-Standard dar. Wesentlich dazu beigetragen hat neben seiner Leistungsstärke und Zuverlässigkeit vor allem die einfache Bedienung. Neben der Luft- und Raumfahrt wird Adams auch in der Automobiltechnik (z. B. Fahrwerksentwicklung), dem Maschinenbau (z. B. Getriebe, Handlingsysteme) und der Energietechnik (Windenergieanlagen) eingesetzt. Das Programm dient dabei oftmals als durchgängige Entwicklungsplattform innerhalb multidisziplinärer Entwicklungsprozesse – von ersten Konzeptstudien und detaillierten dynamischen Analysen bis hin zu Lebensdaueruntersuchungen.
Modellpilot und Adams-Anwendungsberater Bernd Ruschlau wird übrigens trotz der Adams-Berechnungen in den Wintermonaten an seinem Modellflugzeug einiges zu reparieren haben, denn bei allzu tollkühnen Flugmanövern kann auch die beste Simulationssoftware nicht mehr helfen.
MSC, Tel.: 089 431987–486,
E-Mail: syllvett.tsialos@msc software.com
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