In 2050 werden digitale Dienste wie Parkplatzsuche oder Verkehrsinformationen in Echtzeit für die Hälfte der automobilen Wertschöpfung stehen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Automobilhersteller digitale Geschäftsmodelle kreieren und implementieren. Die Kompetenz, das auf Basis von Daten umzusetzen, wird entscheidend. Auch die Einstellung der Kunden hat sich gewandelt. Das geht aus einer Studie der Fokusgruppe Connected Mobility im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hervor. Ohne Rücksicht auf ihren jahrzehntelangen Erfolg konkurrieren deutsche Automobilhersteller plötzlich durch die Digitale Transformation und den Vormarsch datenbasierter Geschäftsmodelle mit Unternehmen, die über keinerlei Kompetenz im Bereich Automobil verfügen oder diese gerade erst aufbauen. Dieser Konkurrenzsituation widmet sich die Gemeinschaftsstudie von BVDW und Accenture Digital. Für die Untersuchung wurden Interviews mit allen am Ökosystem beteiligten Playern geführt. Berücksichtigt wurden BMW, door2door, Flixbus, MAN, Mercedes, Telefonica, Telekom, VW, Uber und acht unabhängige Experten.
Welche Rolle neben den Produkten selbst die Geschäftsmodelle und digitale Services spielen können, zeigt der Smartphone-Markt. Samsung verkauft mit Abstand die meisten Smartphones weltweit. Dennoch schöpft Apple fast 80 Prozent des globalen Anteils am Gesamtgewinn des Smartphone-Marktes ab, Samsung knapp 15 Prozent. Apple liefert über den eigenen Appstore digitale Services mit, Samsung hat das an Googles Android ausgelagert. „Apple zeigt das Potential, das die Verbindung eines überragenden Produkts mit einem kontrollierten digitalen Ökosystem bietet“, erklärt Mobility-Experte für das Thema datenbasierte Geschäftsmodelle in der BVDW-Fokusgruppe Connected, Gabriel Seiberth. Daraus könne die Automobilindustrie einiges lernen, so Seiberth: „Die deutschen Automobilhersteller haben über Jahrzehnte sehr starke und emotionalisierte Marken aufgebaut, die sie jetzt in die digitale Welt überführen müssen. Gelingt das, haben sie einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Internetanbietern, die weniger über die Marke als über den Nutzwert wahrgenommen werden und damit eine geringere Markenbindung aufweisen.“ Aus Sicht der OEM ist das der positive Aspekt der Studie. Der negative ist, dass die Hersteller hier zwar vieles tun, wesentliches Potential aber noch ungenutzt lassen. So sind sie etwa noch sehr stark auf ihr heutiges Kerngeschäft fokussiert und haben es bislang nicht geschafft, eigene starke digitale Ökosysteme aufzubauen und mit einem digitalen Markenversprechen zu verbinden.
Der Anteil datenbasierter Services am Gesamtumsatz wird massiv zunehmen: Bis 2030 werden beispielsweise Connected-Cars-Services ein fast zehn Mal höheres Umsatzpotenzial haben als heute. Das Umsatzvolumen von Mobilitätsservices, wie Car Sharing, soll bis dahin im Vergleich zu 2017 beinahe 30 Mal höher sein. „Hier entstehen enorme Geschäftspotenziale – und Datenkompetenz wird entscheiden, welche Player im Markt davon am stärksten profitieren“, prognostiziert der BVDW-Experte. Im Einklang dazu steigt auch die Akzeptanz seitens der Zielgruppe: Die für die Studie befragten Experten gehen davon aus, dass 92 Prozent der Nutzer bereit sind, ihre Daten zu teilen, wenn sie im Gegenzug von digitalen Services profitieren. 84 Prozent erwarten, dass Nutzer mittlerweile eine direkte Zahlungsbereitschaft für solche Dienste haben. „Das hat sich im Laufe der letzten Jahre stark gewandelt“, weiß Seiberth. „Der Grund liegt in den Daten: Da diese über Personalisierung und Kontextbezug jetzt eine echte Kundenrelevanz bieten, zahlen Nutzer auch dafür – sei es mit Daten oder mit Geld.“ mc