Für das Softwarekonzept Open Core Engineering hat Bosch Rexroth auf der Hannover Messe den Hermes Award 2013 erhalten. Im KEM-Interview erläutert der Vorstandsvorsitzende Dr. Karl Tragl, wie der Steuerungs- und Antriebshersteller eine Brücke zwischen der Software von Maschinen und der IT-Welt schlagen will.
Das Interview führte Jens-Peter Knauer, Redakteur der KEM
KEM: Herr Dr. Tragl, mit dem Hermes Award hat Ihr Unternehmen einen der bedeutendsten Industriepreise gewonnen. Was bedeutet das für Sie?
Dr. Tragl: Wir sind stolz auf diese Auszeichnung, denn sie zeigt, dass wir die richtigen Lösungen für den Technologiewandel entwickeln. Bosch Rexroth versteht sich ja traditionell als Vorkämpfer für eine offene Automatisierungswelt – deshalb setzen wir jetzt auf komplette Offenheit. Mit Open Core Engineering versetzen wir Maschinenhersteller in die Lage, ihre innovativen Ideen in Software umzusetzen.
KEM: Was genau ist unter Open Core Engineering zu verstehen?
Dr. Tragl: Über eine neue Schnittstelle in allen unseren Steuerungen können jetzt Ingenieure und Software-Entwickler mit nahezu jeder IT-Hochsprache auf den Steuerungskern zugreifen. So ist es ihnen möglich, neue Maschinenfunktionen zu programmieren oder bestehende zu verändern. Ebenso können sie Programmteile herausnehmen und visualisieren, beispielsweise selbstständig eigene Apps schreiben, die den Zugriff auf die Steuerung über das Smartphone oder den Tablet-PC ermöglichen. Mit der offenen Schnittstelle wird es leichter, unterschiedliche Bereiche des Unternehmens miteinander zu vernetzen. Wir schließen also die Lücke zwischen den unterschiedlichen Programmiersprachen und schaffen damit die Voraussetzung für die angestrebte Vernetzung von Maschinen mit der IT-Welt. Kurz zusammengefasst: Das ist die Zukunft der Automatisierung.
KEM: Was macht Sie da so sicher?
Dr. Tragl: Die Wahl eines Automatisierungssystems ist eine weitreichende Entscheidung für Maschinenhersteller – nur Lösungen, die ihnen auch in Zukunft verlässlich maximalen Handlungsspielraum gewähren, schützen ihre Investitionen. Mit der durchgängigen Verwendung offener Standards und Technologien sorgt Rexroth für globale Verfügbarkeit und internationale Akzeptanz.
KEM: Warum ist vorher noch niemand auf diese Idee gekommen?
Dr. Tragl: Nun, es gibt eine natürliche mentale Barriere, sich zu öffnen. Im Markt herrscht eine gewisse Scheu, aus bewährten Denkmustern auszubrechen und neue, vernetzte Wege zu gehen. Zudem klaffte bisher aufgrund der unterschiedlichen Programmiersprachen zwischen der Automatisierungs- und der klassischen IT-Welt eine deutliche Lücke. Viele gute Ideen bleiben so auf der Strecke. Mit unserer jetzt vorgestellten Lösung sitzen die Maschinenhersteller mit ihrem einzigartigen Prozess- und Engineering-Know-how mit im Boot, besser gesagt: mit am Steuer.
KEM: Neben Open Core Engineering propagieren Sie auch das sogenannte Cost Engineering. Gibt es eine Schnittmenge zwischen beiden Ansätzen, und wodurch ist sie gekennzeichnet?
Dr. Tragl: Open Core ist durchaus ein Baustein des Cost Engineering. Schließlich hat jede Region ihren eigenen Kostenfokus. Asiaten beispielsweise legen hohen Wert auf minimale Anschaffungskosten, Amerikaner eher auf den Abwicklungsprozess und die Transaktionskosten. In Europa setzt sich die Betrachtung der Lebenszykluskosten durch, in die wiederum der Engineering-Aufwand erheblich einfließt. Dieser Aufwand ist für den, der selbst programmiert, deutlich kleiner, als wenn dies über eine komplexe Programmiersprache und den Steuerungshersteller erfolgt. Deswegen passt der Open- Core-Ansatz in die Cost-Engineering-Strategie, da er ein wichtiger Baustein ist, um die Lebenszykluskosten zu minimieren. I
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