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„Hunderte Achsen synchron im Griff“

Steuerungstechnik
„Hunderte Achsen synchron im Griff“

„Hunderte Achsen synchron im Griff“
Tomáš Prchal ist Technology Manager CNC and Robotics bei B&R im tschechischen Brünn
Mit der Softwareplattform Generic Motion Control (GMC) führt B&R CNC, Robotik und Motion Control zusammen. Der Anwender erhält auf diese Weise nicht nur hinsichtlich der Antriebstechnik eine hohe Flexibilität, sondern auch bezüglich der Steuerungsphilosophie. Wir sprachen darüber mit Tomáš Prchal, Technology Manager CNC and Robotics bei B&R.

 

Das Gespräch führte Michael Corban, Chefredakteur elektro AUTOMATION

elektro AUTOMATION/KEM: Herr Prchal, in welchen Bereichen des Werkzeugmaschinenbaus spielt das Thema GMC bereits eine wichtige Rolle und warum?
Prchal: GMC kommt immer dann ins Spiel, wenn ein Maschinen- oder Anlagenbauer sein spezifisches Technologie-Know-how implementieren will. Beispiele finden sich generell bei Anlagen zur Blechbearbeitung sowie bei Draht- und Rohrbiegemaschinen. Beim Rohrbiegen müssen etwa mehrere Achsen – das können fünf sein oder aber auch hunderte – synchron gesteuert werden. Da die Maschinen modular aufgebaut sind, spielt hier die Steuerungstechnik eine entscheidende Rolle. Sie muss sowohl zentrale als auch dezentrale Motion-Architekturen flexibel unterstützen, weshalb nicht zuletzt auch die Echtzeit-Kommunikation wichtig ist, bei uns per Powerlink. Noch entscheidender ist, dass der Anwender sein Technologie-Know-how sehr leicht verwalten kann, da er zunächst hardwareunabhängig alles in nur einem Projekt zusammenführen kann.
elektro AUTOMATION/KEM: Der optimale Biegevorgang lässt sich also softwareseitig abbilden und anschließend mit verschiedenen Hardware-Konfigurationen umsetzen?
Prchal: So ist es, denn das bringt die Flexibilität, die unsere Kunden fordern. Über ein Maschinenprogramm hinweg lassen sich nicht 20 oder 30 verschiedene Software-Versionen pflegen. Deswegen bieten wir mit unserem Programmier-Tool Automation Studio die Möglichkeit, mehrere Hardware- und dementsprechend Software-Konfigurationen in nur einem Projekt zu verwalten. Änderungen und/oder Upgrades gelten somit für das ganze Portfolio einer Maschinengruppe. Das ist zum Beispiel im Bereich der Draht- und Rohrbiegemaschinen ein Vorteil, denn hier ist jede Maschine mehr oder weniger ein Unikat, deren Steuerung wir mit unserem System effizient realisieren können.
elektro AUTOMATION/KEM: Und über die GMC-Bibliotheken kann der Maschinenhersteller die Bewegungen, die zur Bearbeitung erforderlich sind, möglichst einfach programmieren – wiederum mit dem Vorteil, dass er dafür nicht zunächst einen spezifischen Antrieb auswählen muss?
Prchal: GMC steht für alle Antriebsarten zur Verfügung – neben der Servotechnik übrigens auch für hydraulische Antriebe und Schrittmotoren. Mit den Bibliotheken dieser Plattform können wir eigentlich alle Motion-Aufgaben lösen, über Robotik und CNC hinaus auch alle Bewegungen ermöglichen, die etwa in Part 4 der PLCopen-Spezifikationen beschrieben sind. Das trifft also auch auf die synchrone Bewegung mehrerer Achsen zu, was beispielsweise beim Biegen erforderlich ist. Dazu wird eine Master-Achse definiert, an die die Slave-Achsen gekoppelt sind. Wie unabhängig das zunächst von der beteiligten Hardware ist, zeigt sich auch daran, dass sich die Master-Achse virtuell definieren lässt – also nur in dem zugrunde liegenden mathematischen Modell. Diesen Weg wählen wir sehr oft. Ob eine Achse also physisch existiert oder nicht, spielt keine Rolle – was eine hohe Flexibilität ermöglicht. Anschließend lassen sich aber leicht verschiedene konkrete Antriebe ankoppeln und verschiedene Hardware-Konzepte umsetzen.
elektro AUTOMATION/KEM: Könnten Sie diese Konzepte kurz erläutern?
Prchal: Wir realisieren die spezifische Funktionalität immer per Software, nutzen also keine dedizierte CNC-Hardware. Damit kann der Anwender hardwareseitig die jeweils am besten geeignete Hardware einsetzen, etwa eine IPC- oder SPS-Lösung. Wie viel CPU-Leistung benötigt wird, hängt davon ab, welche Aufgaben zentral und welche dezentral ausgeführt werden – hier insbesondere auf den Antrieben selbst. Das setzt natürlich eine leistungsstarke Kommunikation der Slave-Einheiten mit dem Master voraus – weswegen Powerlink an dieser Stelle so eine wichtige Rolle spielt; unser Echtzeit-Ethernet-Protokoll ermöglicht diese verteilte Intelligenz. Der Vorteil für den Maschinenhersteller ist, dass sich unsere Hardware nahtlos skalieren lässt – ein Element aus unserem Solution-Programm Scalability+ – und damit die Kosten so gering wie möglich bleiben.
elektro AUTOMATION/KEM: Was bedeutet das für den Maschinenbediener?
Prchal: Dass sich ebenso einfach verschiedene Bedienphilosophien realisieren lassen. Die Frage dabei lautet: Ist – wie üblicherweise bei Dreh- und Fräsmaschinen – von erfahrenen CNC-Bedienern auszugehen oder nicht? Im Biegebereich ist das eher nicht der Fall. Dann lässt sich die Biegeprozedur sehr schön in einem Programm verkapseln; der Bediener sieht nur eine angepasste Oberfläche. Basierend auf dem Automation-Studio-Projekt können wir beides anbieten.
elektro AUTOMATION/KEM: Das Thema GMC bietet ja auch die Möglichkeit, beispielsweise Störeinflüsse zu unterdrücken? Welche Möglichkeiten lassen sich bereits nutzen und welchen Aufwand muss man hinsichtlich der Sensorik leisten?
Prchal: Eine vielfach eingesetzte Funktion ist die aktive Unterdrückung von Laststörungen in schwingfähigen Systemen. Ein Beispiel sind Druckmaschinen, bei denen in Arbeitsrichtung zyklische Störungen durch die Last auftreten können. Diese lassen sich gut kompensieren. Sensorseitig arbeiten wir bereits heute sehr oft mit zwei Gebern. Externe Geber kommen beispielsweise dann zum Einsatz, wenn Schlupf oder Torsion auftritt oder Fehler ausgeglichen werden müssen, etwa der Spindelsteigung. Dies können wir im Zusammenspiel mit unseren Antrieben sehr leicht umsetzen, weil die Firmware unserer Antriebe dies unterstützt. Meist kommt dann zu dem Geber direkt auf der Motorwelle ein Lineargeber auf der Maschine selbst hinzu – was häufig bei Schleifmaschinen der Fall ist, wo eine hohe Präzision verlangt wird.
elektro AUTOMATION/KEM: Abschließend deshalb die Frage: Welche Dienstleistung bieten Sie an, um Maschinenkonstrukteure hier zu unterstützen?
Prchal: Wir bieten an, mit einzusteigen, sobald das Pflichtenheft auf dem Tisch liegt. Ziel ist dann, mit Blick auf Hard- und Software eine optimale Lösung zu finden, so dass etwa abhängig von der Zahl der Achsen und dem Abtastzyklus die CPU-Leistung darauf abgestimmt werden kann. Gleiches gilt bezüglich der Wahl der Antriebe hinsichtlich Leistung, Moment und Genauigkeit – was die Geber definiert. Nicht zuletzt taucht dann auch wieder die Frage der Bedienphilosophie auf. Unser Ansatz ist übrigens immer, eine für den Kunden optimale Lösung zu finden.
elektro AUTOMATION/KEM: Herr Prchal, vielen Dank für das Gespräch. I

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Tomáš Prchal
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Tel.: +420 541 4203-11
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