Mit der Dezentralisierung der Automatisierungstechnik steigt der Kommunikationsbedarf zwischen den Geräten. Neben klassischen Feldbus-Systemen werden immer häufiger Ethernet-basierte Systeme eingesetzt – wie etwa Profinet und Ethernet/IP. Ob ein System dabei erfolgreich ist oder nicht, hängt maßgeblich vom Verkabelungskonzept ab.
Exklusiv in KEM Der Autor: Bernd Horrmeyer, Fachreferent für Standardisierung, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg
Kommunikationsnetzwerke innerhalb eines Unternehmens für Bürobereiche, aber auch Kommunikationsnetzwerke für die übergreifenden Strukturen innerhalb eines Gebäudes und zwischen den Gebäuden basieren heute meist auf Ethernet nach IEEE 802.3 sowie einer anwendungsneutralen generischen Verkabelung nach ISO/IEC 11801. Mit der Norm ISO/IEC 24702 existiert zudem ein Standard, der die anwendungsneutrale Verkabelung innerhalb von Industriegebäuden und Anlagen ermöglicht. Eine wichtige Rolle bei den Standards für die anwendungsneutrale Kommunikationsverkabelung spielt das Modell der Referenz-Implementierung. Es besagt, dass beim Einsatz von Komponenten bestimmter Güteklassen (Cat) und bei spezifischen Anordnungen dieser Komponenten gemäß den Modellen der Referenz-Implementation davon ausgegangen werden kann, dass eine bestimmte übertragungstechnische Güte (Class) des gesamten Übertragungskanals erreicht wird. So erhält man beispielsweise mit Komponenten nach Cat5 einen Class D Channel, der sich für die Übertragung von 100 Base-T und 1000 Base-T Ethernet eignet.
Dem Vorteil dieser leichten Planbarkeit steht der Nachteil der Inflexibilität gegenüber. So müssen Gesamtlängen und Längenverhältnisse von übertragungstechnisch besseren Horizontalkabeln und schlechteren Cords eingehalten werden. Zur Kompensation ungünstiger Eigenschaften sind Abweichungen von den Längenverhältnissen, höhere Temperaturen, die Verwendung höherwertiger Komponenten oder die Reduzierung der Channel-Länge theoretisch zwar möglich, und sie werden in den Berechnungsgrundlagen auch normativ beschrieben. In der Praxis sind diese Abweichungen jedoch oft nur schwer zu berechnen, so dass Planer sie ungern umsetzen.
Automation Island als Black-Box
Um eine Schnittstelle zwischen den industriellen Kommunikationssystemen und der generischen Verkabelung zu definieren, wurde von den Normierungsverantwortlichen das Konzept des Automation Island entwickelt. Aus Sicht der generischen Verkabelung ist ein Automation Island ein Teilnehmer-Anschluss – und damit eine Black-Box, um die man sich keine weiteren Gedanken machen muss. Alles was sich in dieser Box befindet liegt in der Verantwortung der Automatisierungstechnik. Diese kann demnach ohne Rücksicht auf die generische Verkabelung innerhalb des Automation Islands die Bedürfnisse des Maschinen- und Anlagenbaus flexibel mit ihren Netzwerken erfüllen.
Hinter den spezifischen Kommunikationsverkabelungen in der Industrieautomation stehen Konsortien aus Anwendern und Herstellern. Diese Netzwerke werden in der IEC 61918 beschrieben. Hinzu kommt noch die Serie IEC 61784-5, in der die spezifischen Aspekte der einzelnen Kommunikationssysteme – der so genannten Profile – durch Differenzierung, Ergänzung oder Modifikation der Festlegungen aus der IEC 61918 definiert sind.
Channel-Länge von 100 m
Im Maschinen- und Anlagenbau sind häufig Konzepte erforderlich, die über die Referenz-Implementation hinausgehen. Gründe dafür sind eine geforderte höhere Flexibilität sowie Anpassungen an spezifische Situationen – etwa Teilstrecken mit Schleppketten-Leitungen oder größere Teilstrecken mit flexiblen Leitungen.
Nach diesem Installationsmodell können die Netzwerke mit einfachen Regeln und ohne Berechnungen ausgelegt werden. Mit festverlegten und flexiblen Leitungen in beliebiger Kombination sowie mit Teillängen wird unter Verwendung der definierten Kabeltypen eine Channel-Länge von 100 m erreicht. Steckverbindungen im Channel können gemäß den industriellen Einsatzbedingungen vielfältig mittels Wanddurchgängen, Kupplungen und Installationsdosen gestaltet sein, solange der Grenzwert von vier Steckverbindungen nicht überschritten wird.
Profilspezifische Netzwerke sind heute für 100Base-T ausgelegt und ihre Verkabelung mit 2 Aderpaaren oder einem Sternvierer darauf optimiert. Kameras zur Qualitätsinspektion, Server zur Dokumentation von Qualitätsdaten, Scanner zur Identifizierung der Bauteile sowie die Kommunikation mit den Systemen der Fabriksteuerung erfordern Datenübertragungsraten von 1 GBit/s. Zudem steht bei stetig steigenden Ansprüchen 10 GBit/s und damit die Channelklasse EA mit Ihren Cat6A-Komponenten bereits vor der Tür. Als neue Ebene in der Automatisierungstechnik hat sich das sogenannte Integrated Automation Network etabliert. Ihm kommt die Aufgabe zu, alle Teilnehmer einer automatisierungstechnischen Applikation untereinander zu verbinden, weitere Teilnehmer in die Automationsaufgaben einzubinden sowie die Kommunikation zum Unternehmensnetzwerk zu ermöglichen. I
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