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Phoenix Contact entwickelt spezielle Relais für höhere DC-Lasten

Relais
Relais für höhere DC-Lasten von Phoenix Contact

Bei einem Ausfall der Netzspannung dienen Gleichspannungssysteme über 100 V DC als batteriebasierte Notstromversorgungen. Standard-Koppelrelais können jedoch mit derart hohen Lasten nicht umgehen. Lichtbögen sind die Folge. Um diese zu verhindern, hat Phoenix Contact eigens Relais entwickelt, in die Dauermagnete integriert wurden, die Lichtbögen im magnetischen Feld ablenken.

Dipl.-Ing. (FH) Dirk Wortmann, Senior Specialist Relay Technology & Application,Phoenix Contact Electronics GmbH, Bad Pyrmont

Inhaltsverzeichnis

1. Relais in der Notstromversorgung
2. Höhere Schaltspannung, niedrigerer Schaltstrom
3. Integration eines Dauermagneten in das Relais
4. Hochvolt-MOSFETS oder Kontakt-Reihenschaltung?
5. Hochvolt-SSR in schmaler Bauform

 

In zahlreichen industriellen Bereichen werden zum Schalten unterschiedlicher Verbraucher elektromechanische Relais (EMR) oder Solid-State-Relais (SSR) verwendet. Diese Schaltgeräte funktionieren im Schaltschrank an den am weitesten verbreiteten Spannungsebenen 24 V DC und 230 V AC in der Regel zuverlässig. Müssen jedoch Gleichstromlasten bei höherer Spannung und oft zugleich höherer Leistung geschaltet werden, erweisen sich die gängigen Standardausführungen der EMR und SSR als nicht geeignet und fallen oftmals schnell aus.

Anwendungen zum Schalten höherer Gleichspannungslasten finden sich in den verschiedensten Industriebranchen. In vielen dieser Einsatzbereiche kommen sie häufig vor und sind den Entwicklungsingenieuren respektive Planungsbüros daher geläufig. Als Beispiele seien Kraftfahrzeuge mit Elektroantrieb bis 800 V DC, Batteriespannungen auf Zügen mit landesspezifischen 72 V DC, 96 V DC oder 110 V DC sowie Photovoltaik-Anlagen bis 1000 V DC genannt. Aufgrund der jeweils besonderen Schaltanforderungen bei gleichzeitig hohem Strom haben die Relaishersteller für derartige Applikationen spezielle Relais entwickelt (Bild 1). Die Geräte lassen sich allerdings meist nicht in den Schaltschrankanwendungen der Automatisierungstechnik nutzen.

Relais in der Notstromversorgung

In der industriellen Automatisierungstechnik herrschen in den Schaltschränken bekanntermaßen die klassischen Steuerspannungen 24 V Gleichspannung und 230 V Wechselspannung sowie die spannungsmäßig darüber liegenden Drehstromsysteme für überwiegend motorische Applikationen vor. Doch bei genauerem Hinsehen gibt es hier Gleichspannungssysteme über 100 V DC, die üblicherweise als batteriebasierte Notstromversorgungen bei einem Ausfall der Netzspannung dienen. Entsprechende Lösungen kommen unter anderem in Server- und Rechenzentren, auf Flughäfen, in der chemischen Industrie und der Verfahrenstechnik sowie in Kraftwerksanlagen zur Energieerzeugung zum Einsatz.

Um selbst im Fehlerfall den unterbrechungsfreien Betrieb sicherzustellen, verfügen die Kraftwerke über Notstromgeneratoren. Fallen diese ebenfalls aus, müssen große Batterieanlagen den Notbetrieb wichtiger Kraftwerksaggregate über eine gewisse Zeit aufrechterhalten. In Europa sind in derartigen Applikationen vorzugsweise 220-V-DC-Batteriesysteme verbaut, während weltweit ebenso 110-V-DC- und 125-V-DC-Lösungen Verwendung finden. Damit die sehr hohe benötigte Leistung geliefert werden kann, ist eine erhebliche Anzahl von Einzelzellen in Reihe sowie parallel zu einer großen Batterieanlage verschaltet. Zahlreiche leittechnische Verbraucher nutzen die Gleichspannung aus diesen Batterien unmittelbar, darunter auch viele Schaltgeräte wie Schütze und Koppelrelais, die praktischerweise im Schaltschrank auf genormte DIN-Tragschienen aufgerastet werden. Die Versorgung von Drehstromverbrauchern – wie beispielsweise Pumpen – aus den Batterien erfolgt dagegen indirekt über rotierende Umformer oder Umrichter.

Höhere Schaltspannung, niedrigerer Schaltstrom

Wo liegen die Gründe, die dazu führen, dass die oftmals aus Unwissenheit in Applikationen installierten Standard-Koppelrelais schon nach kurzer Zeit defekt werden? Die Antwort ergibt sich aus dem komplett unterschiedlichen Verhalten von Koppelrelais beim Schalten von AC- und DC-Spannung. Dazu ein kurzer Exkurs in die physikalischen Grundlagen: Nahezu alle heute angebotenen Standard-Koppelrelais weisen Kontaktabstände im Bereich von etwa 0,3 bis 0,4 mm auf. Diese Distanz reicht problemlos aus, um Lasten bis 230 V AC selbst bei höherem Strom abzuschalten. Nach spätestens einer Halbwelle der sinusförmigen Netzspannung kommutiert die Spannung und sorgt so für ein automatisches Löschen eines eventuell beim Abschalten entstandenen Lichtbogens. Bei Gleichspannung tritt diese Spannungskommutierung logischerweise nicht auf, weshalb der maximal zulässige Schaltstrom insbesondere bei einer höheren Schaltspannung drastisch absinkt. Das AC- und DC-Schaltverhalten wird häufig in einem Graphen dargestellt, und die Kurven werden als Lastgrenzkurven bezeichnet.

Anwendern ist das unterschiedliche Verhalten der Relais meist nicht bewusst, denn bei den in der Automatisierungstechnik weit verbreiteten Spannungen von 24 V DC und 230 V AC zeigt sich der abschaltbare Strom als völlig identisch: hier im Beispiel des 10-A-Koppelrelais eben 10 A. Liegt hingegen eine Applikation vor, bei der die zu schaltende Gleichspannung erheblich höher ist – beispielsweise 220 V DC –, kann das 10-A-Koppelrelais lediglich 0,3 A abschalten. Vor diesem Hintergrund kommt es leider immer wieder zu Fehlanwendungen, die teilweise bereits beim ersten Schaltspiel zu einem Totalausfall der Standard-Koppelrelais führen.

Integration eines Dauermagneten in das Relais

Herkömmliche Koppelrelais sind mit dem Abschalten höherer DC-Lasten überfordert. In der Automatisierungstechnik werden also ebenfalls Speziallösungen verlangt. Als hilfreich hat sich der zusätzliche Einbau einer magnetischen Funkenlösung in das Relais erwiesen. Das Prinzip ist einfach: In den Kontaktraum eines solchen Spezialrelais wird ein Dauermagnet integriert. Entsteht nun beim Abschalten ein Lichtbogen, wird dieser nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten im magnetischen Feld abgelenkt. Anstatt wie bisher direkt an der kürzesten Stelle zwischen den geöffneten Relaiskontakten zu brennen, weicht der Lichtbogen seitlich zwischen den Kontakten aus. Da der Vorgang wie ein Herausblasen aussieht, werden die Relais Blasmagnetrelais genannt. Dabei verlängert sich der Lichtbogen erheblich und sogar die höhere DC-Schaltspannung reicht nicht mehr aus, um ihn aufrecht zu erhalten. Der Lichtbogen verlischt daher innerhalb weniger Millisekunden. Typische Koppelrelais dieser Gattung schalten Lasten bis 220 V DC und 10 A sicher ab. Hierbei handelt es sich immerhin um den 30-fachen Wert im Vergleich zu baugleichen Relais ohne Blasmagnet.

Hochvolt-MOSFETS oder Kontakt-Reihenschaltung?

Eine weitere interessante Alternative zum Schalten von Lasten bei höherer Gleichspannung resultiert aus dem Einsatz von modernen Solid-State-Relais (SSR). In diesem Fall liegt der Schlüssel in der Verwendung moderner Hochvolt-MOSFETS. So wird bis 300 V DC rein elektronisch geschaltet, ohne dass überhaupt ein Lichtbogen entsteht. Folglich tritt auch kein Verschleiß auf. Entsprechende Geräte sind den elektromechanischen Relais nicht nur in puncto Lebensdauer überlegen: Sie prellen nicht und schalten zudem schnell und völlig geräuschlos. Als Beispiel sei eine besonders schmale Variante aus der Produktfamilie PLC von Phoenix Contact angeführt. Das Solid-State-Relais kann zwar „lediglich“ Lasten bis 300 V DC/1 A schalten, übertrifft handelsübliche Standardrelais allerdings immer noch um den Faktor 3 bis 5 und bietet ferner die oben aufgelisteten Vorteile. Darüber hinaus erweist sich das SSR mit einer Baubreite von nur 6,2 mm als platzsparend.

Als dritter Lösungsansatz zum Schalten höherer DC-Lasten bietet sich die Kontakt-Reihenschaltung von mehreren Schließern oder Öffnern eines herkömmlichen mehrpoligen Koppelrelais an. Je nach Anzahl der so elektrisch in Reihe geschalteten Kontakte lassen sich bei einer Schaltspannung von 220 V DC Schaltströme im unteren einstelligen Ampere-Bereich erzielen. Eine Auskunft zum abschaltbaren Strom gibt die Lastgrenzkurve des Relaisherstellers, sofern sie für diese besondere Verschaltungsart ermittelt worden ist.

Hochvolt-SSR in schmaler Bauform

Bei geeigneter Wahl eines speziellen Koppelrelais vorzugsweise mit Blasmagnet lassen sich selbst höhere DC-Lasten bis 250 V DC und 10 A problemlos schalten. Werden diese Geräte genutzt, muss nicht mehr mit Ausfällen gerechnet werden, wie sie in gleichen Anwendungen beim Einsatz von herkömmlichen Standardrelais aufgrund von stehenden Lichtbögen vorkommen. Treten in der Applikation Schaltspannungen bis 300 V DC sowie bis maximal 1 A Strom auf, zeigt sich das Hochvolt-SSR als gute Alternative zu den elektromechanischen Pendants. Dies, weil es mit einer Abmessung von 6,2 mm nur klemmenbreit ist und völlig verschleißfrei schaltet. eve

www.phoenixcontact.de

Details zu den Relais:

t1p.de/qwhm

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