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Der Schaltschrank als Element einer Werkzeugmaschine

Standardisierte Schaltschranktechnik ermöglicht modulare Maschinenkonzepte
„Geringeres Maschinenvolumen führt nicht zwangsläufig zu minimaler Aufstellfläche“

Wird der Schaltschrank als Element konsequent in den konzeptionellen Aufbau einer Maschine integriert und lässt er sich unabhängig von ihr platzieren, können Maschinenbauer sehr effiziente Werkzeugmaschinen entwickeln. Das zeigt das Beispiel der Superfinish-Maschinen der Planet-V-Serie von Supfina Grieshaber. Die separat aufstellbaren Schaltschränke von Rittal nehmen hier weitere Subsysteme auf und ermöglichen eine gleichermaßen kompakte wie flexible Konstruktion.

 

Interview zum Thema Schaltschrank: Irene Knap und Michael Corban, Redaktion KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Herr Scharf, um Schaltschrankplatz zu sparen, wandert typischerweise immer mehr Steuerungsintelligenz in kleinere, dezentral verteilte Einheiten. Bei den Oberflächenbearbeitungsmaschinen von Supfina Grieshaber wandern dagegen zusätzlich zur Steuerungstechnik auch Subsysteme wie die Kühlung in den Schaltschrank. Ist das nicht ein Widerspruch?

Scharf: Das muss kein Widerspruch sein – entscheidend ist die Zielsetzung des Maschinenherstellers. In der Regel gehört dazu die optimale, flexible Nutzung der Aufstellfläche unter Berücksichtigung bestehender Anlagen und baulicher Randbedingungen. Will heißen: Bei kleinen Maschinen mag eine monolithische Bauweise sinnvoll sein, bei größeren modularen Maschinenkonzepten sind dagegen flexible Aufstellkonzepte gefragt. Wird beispielsweise die gesamte Steuerungstechnik inklusive Hilfssystemen in Schaltschränken untergebracht, die sich abseits der eigentlichen Fertigung platzieren lassen, belegt die Maschine selbst nur ein Minimum der wertvollen Fertigungsfläche. Entscheidend ist dabei die Erkenntnis, dass ein geringeres Maschinenvolumen nicht zwangsläufig zur minimalen Aufstellfläche führt!

KEM Konstruktion: Bei der Planet V für das Doppelseitenschleifen lassen sich also die Schaltschränke unabhängig von der Maschine dort positionieren, wo Platz ist?

Scharf: Exakt – das ist ihr großer Vorteil. Und weil auch Hilfssysteme wie die Kühlung in den Schaltschränken Platz findet, konnten die Supfina-Ingenieure den Maschinenkern sehr kompakt gestalten. Das führt zu einer Reihe von Vorteilen, vor allem im Zusammenhang mit Wartung und Service. Findet die gesamte Steuerungstechnik im Schaltschrank Platz – und nicht dicht gepackt im Maschinengehäuse – bleiben die zentralen Maschinenkomponenten frei zugänglich, was Instandhaltungsarbeiten deutlich erleichtert. Vergleichen lässt sich die Situation mit dem uns allen bekannten Lampenwechsel im Auto, der oft einen unverhältnismäßig hohen Aufwand wegen begleitender Demontage- und Montagearbeiten erfordert. Auch im Maschinenbau stellen wir fest, dass neben Design insbesondere Kompaktheit und Modularität wichtig werden – der Betrieb darf dadurch aber nicht erschwert werden. Weitere Vorteile des bei den Doppelseitenschleifmaschinen realisierten Konzepts betreffen zudem den eigentlichen Schleifprozess.

KEM Konstruktion: Können Sie das näher erläutern?

Scharf: Solche Hochpräzisionsmaschinen reagieren bereits auf geringe thermische Schwankungen und Vibrationen, ausgelöst etwa durch das Öffnen oder Schließen von Ventilen. Halte ich die wärmeerzeugende Elektronik aus der Maschine heraus, reduziere ich automatisch die Anzahl möglicher Störeinflüsse – was letztlich der mit der Maschine erreichbaren Fertigungsqualität zugute kommt.

KEM Konstruktion: Supfina Grieshaber koppelt die Spindelkühlung mit der Schaltschrankklimatisierung. Handelt es sich dabei um eine Sonderlösung oder lässt sich das standardmäßig einsetzen?

Scharf: Vor allem in Sachen Kühlung gilt: Je früher wir in die Konzeption miteinbezogen werden, umso effizienter kann die spätere Lösung sein. Prinzipiell lässt sich ja eine hohe Effizienz mittels einer Flüssigkeitskühlung erreichen, weil dabei einfach mehr Wärme abgeführt werden kann. Voraussetzung ist aber, dass man über das entsprechende Know-how zur Auslegung solcher Kühlsysteme verfügt – wir können hier auf unsere Erfahrungen mit den verschiedensten Kühllösungen zurückgreifen. Im vorliegenden Fall kühlt beispielsweise Supfina Grieshaber mittels unserer TopTherm Chiller sowohl die Spindel als auch den Schaltschrank. Das Kaltwasser wird parallel über separate Abgriffe zur Entwärmung des Bearbeitungsprozesses als auch zur Versorgung des Luft-Wasser-Wärmetauschers (LCP) zur Schaltschrank-Klimatisierung genutzt.

KEM Konstruktion: Genügt dazu ein Kühlkreislauf?

Scharf: In diesem Fall ist ein einziger Kreislauf effizienter und kostengünstiger. Ob die Vorlauftemperatur, die von der Spindel kommt, ein paar Grad wärmer oder kühler ist, spielt in der Planet-V-Serie und dem zum Einsatz kommenden TS-8-Schaltschrank keine Rolle. Das Temperaturprofil des Schrankes ist so träge, dass ein Einkreissystem vollkommen ausreicht. Entscheidend bei dieser Lösung ist: Durch die Kombination von Maschinen- und Schaltschrankkühlung lässt sich eine sehr hohe Energieeffizienz erreichen.

KEM Konstruktion: Typischerweise muss ja der Schaltschrank, der die Kühlung beherbergt, am Rande der Schaltschrankreihe stehen. Schränkt das die Flexibilität bei der Aufstellung nicht ein?

Scharf: Bei unserer Lösung nicht – da wir in der Lage sind, unser Stromschienensystem durch die Kälteanlage hindurchzuführen. Besuchern der Hannover Messe können wir das vor Ort demonstrieren. Damit bleibt die Aufstellung der Schaltschränke so flexibel wie möglich, weil die Kühlsysteme stets an der günstigsten Stelle platziert werden können. Weitere Vorteile ergeben sich zudem bei der späteren Anpassung der Produktionsanlagen an neue Randbedingungen – hier punkten flexible Aufstellkonzepte.

KEM Konstruktion: Sie hatten eben erwähnt, dass es sinnvoll ist, Rittal frühzeitig in Entwicklungsprojekte einzubinden…

Scharf: …was aus unserer Sicht deshalb von Vorteil ist, weil der Konstrukteur dann genau weiß, welche Möglichkeiten er nutzen und was der Schaltschrank leisten kann. Die hohe Standardisierung unseres Systemangebots erleichtert es zudem, dem hohen Kostendruck zu begegnen – dieser lässt sich nur mit Standardisierung reduzieren.

KEM Konstruktion: Wie weit reicht denn Ihr Angebot und welche Funktionen lassen sich in den Schaltschrank integrieren?

Scharf: Unser Lieferportfolio beginnt schon bei den Engineering-Tools. Um den Schaltschrank planen zu können, brauchen Maschinenbauer und Elektrotechniker von Anfang an entsprechende CAD- und CAE-Daten. In der Folge sind dann Schaltschränke, Kühlsysteme und Stromverteilkomponenten genauso gefragt wie Bediengehäuse und Tragarmsysteme. Die Klimatisierung etwa kann dabei wie bereits erwähnt auch unterschiedlichen Konzepten folgen – von der reinen Flüssigkeitskühlung wie bei Supfina Grieshaber über Luft-Luft-Wärmetauscher bis zur Kompressorkühlung.

KEM Konstruktion: Zusammenfassend kann man also sagen, dass der Schaltschrank nicht verschwinden wird?

Scharf: Er wird nicht verschwinden – die Diskussion führen wir ja schon sehr lange. Entscheidend ist am Ende für den Kunden, ob wir Lösungen für sein Konzept anbieten. Selbstverständlich gibt es dazu unterschiedliche Ansätze und man muss wissen, was zueinander passt. Das war nicht zuletzt ja auch Thema des von Ihrer Redaktion angestoßenen Trendinterviews (siehe S. 24ff).

KEM Konstruktion: Herr Scharf, vielen Dank für die Informationen, wir sind gespannt auf die weitere Entwicklung.

www.rittal.de


„Flexibilität bezüglich der Flächenoptimierung, die technologische Entkopplung zur Reduktion unerwünschter Effekte sowie die Effizienz durch den Einsatz von Standards erleichtern die Maschinenkonstruktion.“

Uwe Scharf, Geschäftsbereichsleiter, Produktmanagement, Rittal
Bild: Rittal
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