Startseite » Getriebe »

IMS-Gear-Manager Hagedorn: Bedarf Planetengetrieben steigt

Planetengetriebe
IMS-Gear-Manager Hagedorn: Bedarf Planetengetrieben steigt

Der Bedarf an Getriebetechnik steigt und das obwohl manche Experten deren Zukunft mit dem Aufkommen von Torque-Motoren düster beurteilen. Im Gespräch mit KEM Konstruktion erklärt Heinz Gert Hagedorn, Vice President Sales & Engineering Planetary Gears, IMS Gear, wieso sich die Kritiker täuschen und warum gerade die E-Mobilität der Getriebetechnik zum Boom verhilft.

 

Interview: Johannes Gillar, stellvertretender Chefredakteur KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: IMS Gear ist eines der weltweit führenden Unternehmen der Zahnrad- und Getriebetechnik. Welche Entwicklungen beobachten Sie im Bereich der Getriebetechnik?

Heinz Gert Hagedorn: Wir beobachten, dass der Bedarf an Getriebetechnik weltweit steigt. Und das entgegen mancher Prophezeiungen, dass sie durch Torque-Motoren in Zukunft obsolet wird. Die Bedeutung von Getriebetechnik steigt insbesondere durch die Elektromobilität – und damit ist nicht nur der Automotive-Markt gemeint, sondern auch Radantriebe für zum Beispiel Flurförderzeuge, für Rasenmäher-Roboter und andere autonome Fahrzeuge. Durch diese Systeme werden immer mehr Funktionen automatisiert und sie benötigen leichte, effiziente Antriebe in großen Stückzahlen. Im Automotive-Bereich sind das beispielsweise elektrische Heckklappen-Antriebe oder elektrische Türöffner. Und dabei spielt das Planetengetriebe-Prinzip eine zunehmend wichtige Rolle, da es den besten Kompromiss darstellt zwischen Leistungsdichte und Bauraum einerseits sowie einem akzeptablen Wirkungsgrad andererseits. Und dieses Getriebe-Prinzip kombiniert mit schraubbaren, steckbaren Stellradstufen??? ((Das Wort hatte ich nicht richtig verstanden)) ist der Getriebetrend, der in diesem Markt zu beobachten ist.

KEM Konstruktion: Bei Planetengetrieben bieten Sie eine Standardlösung in Form eines hochmodularen Baukastensystems mit drei Produktlinien (IMS.baseline, IMS.techline und IMS.SDline) an. Können Sie uns die technischen Spezifikationen der einzelnen Produktlinien erläutern?

Hagedorn: Zuerst möchte ich einige prinzipielle Dinge vorausschicken, die alle drei Produktlinien betreffen. Unser modulares Baukastensystem geht in der Kombinatorik bis auf das Einzelteil herunter, welches in Metall oder Kunststoff hergestellt werden kann, gerade oder schräg verzahnt und das mit fünf bis sechs Untersetzungen je Getriebestufe. Damit ist unser Baukastensystem mit seinen zig-tausendfachen Kombinationsmöglichkeiten weltweit einzigartig. Der Kunde kann motorseitig alle international am Markt verfügbaren Motoren frei wählen und an unsere Getriebe anbauen und ist somit nicht an einen Hersteller gebunden. Und das gilt auch für die Abtriebsseite, auch da ist auf Kundenwunsch etwa die Abtriebslagerung frei gestaltbar nach den jeweiligen Bedürfnissen, egal ob es eine Sinter- oder eine Kugellagerung oder eine Direktlagerung in Kunststoff ist. Und auch die Flanschformen sind frei wählbar, der Kunde kann standardmäßig einen runden Flansch bekommen, er kann ein NEMA-Format erhalten oder auch eine ganz spezielle kundenspezifische Flanschform. Dasselbe gilt auch für die Gestaltung der Abtriebswelle hinsichtlich Material oder Formgebung. Die drei Produktlinien gliedern diese Vielfalt. Die IMS.baseline ist eine Auswahl der am Markt gängigsten Getriebeuntersetzungen in Metall und Kunststoff. Sie ist für kleine bis mittlere Mengen gedacht, bietet aber schon die Anpassungen auf Motor- und Abtriebsseite. Bei größeren Stückzahlen oder Großserien kommt die IMS.techline ins Spiel. Hier greifen wir ganz tief in die Kiste der Konfigurationsmöglichkeiten im Getriebe. Und dieses Getriebe wird dann ganz speziell auf den jeweiligen Anwendungsfall hin aus Metall- und Kunststoffteilen konfiguriert in einem optimalen Preis/Leistungsverhältnis. Die IMS-SDline – SD steht für Special Design – eröffnet für Großserien über die Techline hinaus die Möglichkeit, Teile aus dem Baukasten geometrisch zu verändern und auch verschiedene Baureihen-Durchmesser in einem Getriebe zu konfigurieren. Das ist allerdings von den Einzelteilen dann nicht mehr rückwärts-kompatibel in den Baukasten. Somit bieten wir vom ersten Muster aus der Baseline über Großserienfertigung in der Techline bis hin zu Sondergetrieben alle Möglichkeiten, dem Kunden seine Wünsche zu erfüllen.

KEM Konstruktion: Wen adressiert IMS Gear mit den jeweiligen Produktlinien und welche Vorteile haben Anwender/Kunden durch ihren Einsatz?

Hagedorn: Die drei Produktlinien adressieren sowohl den Automotive- als auch den Industriekunden. Wir eröffnen über die IMS.baseline die Möglichkeit schnell erste Funktionsmuster zu generieren, um dann gegebenenfalls mit der IMS.techline schnell mit erprobten Getriebeteilen ohne langwierige und teure Entwicklungsprozesse in Serie zu gehen – und das funktioniert in Asien, Amerika und Europa – womit wir den Kunden eine sehr gute Time-to-Market für seine Produkte bieten. Zudem haben die Kunden keinerlei Investitionsrisiko, wie das bei einer Sondergetriebe-Entwicklung zu Anfang der Fall wäre, weder für Entwicklungskosten noch für Werkzeuge, weil alles bei uns vorhanden ist. Und sie haben die Möglichkeit nach vorne hin jederzeit Derivate abzuleiten. Und wir stellen immer wieder fest, wenn wir in einer Applikation Fuß fassen, dass nach relativ kurzer Zeit weitere Kundenwünsche kommen nach modifizierten Getrieben und das lässt sich mit dem modularen Baukastensystem schnell und kostengünstig realisieren. Damit hat der Kunde schnellere Reaktionszeiten und ein reduziertes Investitionsrisiko.

KEM Konstruktion: Neben den Standardlösungen bietet IMS Gear auch die kunden- und anforderungsspezifische Entwicklung von Komponenten, Baugruppen und Getrieben an. Können Sie den Entstehungsprozess eines solchen Bauteils etwas detaillierter erklären und was muss man bei der Produktentwicklung berücksichtigen?

Hagedorn: Das ist bei IMS Gear sehr vielfältig, was die Anwendungsfelder anbelangt und sehr vielschichtig, was die Tiefe der Entwicklung anbelangt. Wir bieten neben diversen Standardgetrieben aus dem modularen Planetengetriebe-Baukasten inzwischen auch Standardlösungen für Selbst-Längsverstellungen, Spindelgetriebe oder für Electrical-Power-Steering-Schneckeradsätze an, die alle über Anpassungskonstruktionen an individuelle Kundenwünsche anpassbar sind. Das geht hin bis zur völligen Neuentwicklung von Getriebelösungen nach Pflichtenheft. Dabei setzen wir durch unsere Vorentwicklung vorausschauend immer wieder Maßstäbe bei Verzahnungsoptimierungen, bei Getriebeprinzipien oder auch bei der Werkstoffentwicklung. Ebenso wie in der Entwicklung der Großserien-Prozesstechnik, im Formenbau oder in der Kunststoff- und Metallfertigung. Die frühe Einbindung in den Entwicklungsprozess ist der Garant für Erfolg hinsichtlich hoher Integrationsgüte und späterer, robuster Produktionsprozesse. Eine elektrische Parkbremse ist eine sicherheitskritische Baugruppe und verlangt höchste Prozessgüte in der Fertigung und die beginnt in der Gestaltung, in der Tolerierung und in der Werkstoffauswahl während des Design-Prozesses und da legen wir großen Wert auf die Durchgängigkeit von der Entwicklung bis zur Prozesstechnologie.

KEM Konstruktion: Fertigen Sie kundenspezifische Produkte und Lösungen auch für Großserien? Und welche Voraussetzungen gilt es dabei zu beachten?

Hagedorn: Im Automotive-Sektor bewegen sich unsere Serienproduktionsmengen schnell im ein- bis zweistelligen Millionenbereich an unseren weltweiten Fertigungsstandorten. Dort produzieren wir in den Märkten für die jeweiligen Märkte, um eine entsprechende Kundennähe abzubilden. Aber auch kleinere Fertigungsmengen zukunftsweisender und technisch anspruchsvoller Getriebelösungen sind für IMS Gear interessant. Das kann runtergehen bis in den niedrigen sechsstelligen Bereich. Wichtig ist dabei, es muss ein entsprechender technologischer Anspruch am Getriebe vorhanden sein. Fehlt dieser Anspruch, sind wir mit unserer Entwicklungs- und Fertigungstiefe eher der falsche Partner.

KEM Konstruktion: In Zeiten von Industrie 4.0 spielen zunehmend software-gestützte Engineering-Tools und Simulationstechnologien eine Rolle. Spielen diese Dinge für IMS Gear eine Rolle? Wenn ja, welche dieser Werkzeuge nutzen Sie?

Hagedorn: Industrie 4.0 spielt natürlich mit seinen Tools eine ganz wichtige Rolle für uns. Allerdings entwickelt IMS Gear schon seit über 30 Jahren – also lange bevor der Begriff Industrie 4.0 aufkam – seine eigenen Software-Tools zum Beispiel für die Verzahnungsoptimierung und -auslegung. Eine weitere Stärke von IMS Gear sind die eigens über viele Jahre hinweg entwickelten Werkstoffdatenbanken, die bei der richtigen Bauteil-Dimensionierung unschätzbare Dienste leisten. Daneben arbeiten wir mit einer Vielzahl an Berechnungs- und Simulationstools sowohl in der Verzahnungs- und Getriebeauslegung als auch in der gesamten Betriebsmittelherstellung und Konzeptionierung bis hin zur Produktionsplanung und -gestaltung.

KEM Konstruktion: In welchen Branchen kommen Ihre Produkte und Lösungen zum Einsatz?

Hagedorn: Aus unserer Sicht wachsen die früheren Segmente Automotive und Industrieanwendungen in rasender Geschwindigkeit zusammen und verwachsen miteinander in den kommenden Jahren. So gehört es heute bereits zum Komfort eines Fahrzeugs der gehobenen Mittelklasse, dass es selbstständig in eine Garage ein- und ausparken kann. Dafür ist ein kommunikationsfähiger Antrieb für das Garagentor erforderlich um nur ein Beispiel zu nennen wie Automotive- und Industrie- Applikationen zukünftig miteinander interagieren und verwachsen werden. Im Industriesektor sind wir aber auch stark unterwegs zum Beispiel im Bereich der E-Bike-Antriebe, ebenso wie im wachsenden Healthcare-Markt und dann ist natürlich sehr stark wachsende Logistik-Branche wichtig für IMS Gear mit ihren vielfältigen Anforderungen an Radantrieben zum Beispiel für werksinterne Logistikaufgaben an Flurförderfahrzeugen. Alles das erfordert Antriebstechnologie, die für IMS Gear von großer strategischer Bedeutung ist und es daher eine klare Zielsetzung ist, diesen Bereich auszubauen auch wenn unser Hauptfokus weiter auf Automotive-Herausforderungen liegen wird.

www.imsgear.com

Details zu Planetengetrieben von IMS Gear:

hier.pro/qkFwz

Unsere Whitepaper-Empfehlung
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

Mechanik, Elektrik und Software im Griff

Video-Tipp

Unterwegs zum Thema Metaverse auf der Hannover Messe...

Aktuelle Ausgabe
Titelbild KEM Konstruktion | Automation 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts
Webinare

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper
Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de