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Saubere Lösung mit komplexen Knoten

Innovative Ventiltechnik sorgt im Pharmawerk für maßgeschneiderte Produktivität
Saubere Lösung mit komplexen Knoten

Das Werk Life Nutrition der B. Braun Melsungen AG ist eine moderne Produktionsanlage für parenterale Ernährungslösungen. In dieser Fertigungsstätte mit angegliedertem Labor werden in zwei Produktionslinien Präparate für die klinische Ernährung wie Aminosäure- und Kohlenhydratlö-sungen oder Fettemulsionen hergestellt und abgefüllt. Mit einem patentierten Multiportventil ließen sich hier auf kleinem Raum komplexe Ventilknoten mit geringem internen Volumen realisieren.

 

Der Autor Alexander Equit ist National Key Account Manager für Pharma, Biotech und Feinchemie bei der Christian Bürkert GmbH & Co. KG, Ingelfingen

Das neue Werk wurde in unmittelbarer Nachbarschaft des im Jahr 2005 in Betrieb genommenen Werks Life, der wohl modernsten Infusionslösungsfertigung Europas, errichtet. Im Planungsstab der neuen Anlage saßen von Anfang an neben dem internen Engineering und den Spezialisten des von B. Braun mit dem Projekt beauftragten Planungs- und Beratungsunternehmens Chemgineering auch die Betreiber dieser Anlage. Sie sollten ihre Erfahrungen aus dem täglichen Betrieb einbringen und bereits während der Konzeption auf potenzielle Probleme und Schwachstellen hinweisen.
Zu den besonderen Herausforderungen bei der Planung von Life Nutrition zählte die Vorgabe von B. Braun, dass die Anlage in einem Gebäude errichtet werden sollte, das architektonisch mit dem der älteren Life-Anlage identisch ist. Trotz gleicher Platzverhältnisse sollte die neue Produktion jedoch deutlich leistungsfähiger und flexibler werden.
Auf der Suche nach innovativen, platzsparenden Lösungen für die produktionstechnisch erforderlichen komplexen Ventilknoten wandte sich Chemgineering im Frühjahr 2008 unter anderem an Bürkert. Mit dem Multiportventil „Robolux“ hat der Fluidtechnikspezialist eine patentierte Lösung im Portfolio, mit der sich auf kleinstem Raum sehr komplexe Ventilknoten mit geringem internen Volumen realisieren lassen. Innerhalb weniger Wochen entwickelte Bürkert nach den erhaltenen Vorgaben Modelle für die ersten, besonders komplexen Ventilknoten, die mithilfe moderner 3D-PDF-Dateien professionell visualisiert und präsentiert wurden. Die Vorteile, die ein Robolux-Multiportsystem im Vergleich zu klassischen Ventilknoten auf Einstegbasis und Ringsystemen bietet, waren so klar erkennbar.
Komplexe Systeme kompakt gestalten
Die Besonderheit des patentierten Ventildesigns liegt darin, dass mit einer Membran zwei unabhängige Prozessschaltfunktionen realisiert werden können. Das reduziert den Installationsaufwand, eliminiert T-Stücke und minimiert die Zahl der benötigten Ventile und Membranen. Die Mehrweg-Mehranschluss-Membranventile wurden für hochreine Installationen entwickelt und bieten die Möglichkeit, komplexe Systeme wesentlich kompakter zu gestalten. Selbst ein Zehnfach-Ventilknoten benötigt dank dieser Technik nur geringen Bauraum, hat ein minimales inneres Volumen und ist praktisch totraumfrei. Durch das geringere innere Volumen ergibt sich gleich eine ganze Reihe von Vorteilen: Neben einer verbesserten Durchströmung und Entleerbarkeit lassen sich die Knoten schneller und besser reinigen und auf die Herstellung anderer Produkte umschalten.
Dieses Ventilknotenkonzept konnte überzeugen. Auf Grundlage der Robolux-Ventilknoten wurde ein neuer Fluidikplan entwickelt und moderne Multiportsysteme eingeplant. Die Knoten können durch gerichtete Durchströmung optimal und effektiv gereinigt werden. Damit werden die typischen Nachteile der Ringsysteme – ein großes inneres Volumen, eine undefinierte Durchströmung und dadurch bedingt eine aufwändige Reinigung – gezielt vermieden. Ein Robolux-Ventilknoten erreicht bei der Dampfsterilisation etwa 50 % schneller die erforderliche Sterilisationstemperatur. Die endgültige Entscheidung für den Einsatz der Robolux-Ventiltechnik war damit aber noch nicht getroffen. Die Anforderungen und Vorgaben für den Einsatz in Life-Science-Anlagen sind nicht nur bei B. Braun sehr hoch und werden kontinuierlich durch Audits überprüft.
Elektropolieren sorgt für definierte Oberflächenqualität
So musste Bürkert nachweisen, dass auch die komplexen Ventilknoten in der durch die Baseler Norm BN94 definierten Oberflächenqualität geliefert werden können. Dazu entwickelte das Bürkert-Tochterunternehmen BBS-Systems AG im schweizerischen Wil eine Lösung zum zuverlässigen Elektropolieren der Robolux-Systeme. Dabei werden unter Einwirkung von Gleichstrom mit einem speziellen Elektrolyt von der anodisch geschalteten Werkstückoberfläche 30 µm Metall abgetragen. Der Abtrag erfolgt dabei ohne mechanische, thermische und chemische Belastungen. Die Oberfläche wird im Mikrobereich glatt und glänzend – möglicherweise geschädigte Werkstoffschichten werden abgetragen und die unverfälschten Eigenschaften des Edelstahls nutzbar. Um auch das komplexe Innenleben eines Zehnfach-Systems in allen Bereichen zuverlässig elektropolieren zu können, musste das Standardverfahren teilweise modifiziert und an die Besonderheiten der Werkstücke angepasst werden.
Ebenfalls auditiert wurde die Schwarz-Weiß-Trennung bei der Produktion der für den Biotech-Bereich bestimmten Produkte bei Bürkert. Sämtliche aus Edelstahl gefertigten Komponenten dürfen dabei zur Vermeidung von Kontamination und Flugrost nur mit Edelstahl in Berührung kommen. Die Fertigung der Armaturengehäuse und Ventilknoten erfolgt auf speziellen Produktionslinien, auf denen ausschließlich mit Edelstahl gearbeitet wird. Vom Warenein- bis zum Warenausgang sind die aus Edelstahl gefertigten Komponenten durch separate Lagersysteme von der übrigen Produktion getrennt. Während der Produktion wird in Factory Acceptance Tests (FAT) unangemeldet die Qualität der Fertigung und das Einhalten der definierten Standards überprüft.
Ventilknoteneigenschaften mit Riboflavintest überprüfen
Als zusätzlichen Teil dieser Tests hat Bürkert im Rahmen des Projekts einen Spezialprüfstand für komplexe Ventilknoten entwickelt und selbst gefertigt. Mithilfe einer Riboflavinprozedur kann auf diesem Prüfstand zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass ein fertig produzierter Ventilknoten tatsächlich die definierten und geforderten Eigenschaften besitzt. Das Riboflavinverfahren stammt ursprünglich aus dem Behälterbau und wird dort eingesetzt, um zu überprüfen, ob sich ein Behälter vollständig und rückstandsfrei reinigen lässt. Bei der Überprüfung fluidischer Systeme setzt man typischerweise nur 3D-Strömungssimulationen ein, die trotz hohem Programmierungsaufwand keine hundertprozentig sicheren Ergebnisse hinsichtlich der Durchströmungsqualitäten erzielen.
Im Rahmen der FATs führte Bürkert auf dem eigenen Prüfstand zusätzliche Riboflavintests an den komplexesten der Robolux-Ventilknoten durch. Entsprechend der Richtlinie des VDMA wird dabei das Innere der Ventilknoten mithilfe eines Zerstäubers vollständig mit einer riboflavinhaltigen Testlösung benetzt, die bei Bestrahlung durch UV-Licht fluoresziert. Anschließend wird das zu prüfende Teil in den betriebsgemäßen Zustand gebracht und mit Wasser durchströmt. Nachdem der Prüfling in der vorgegebenen Zeit mit WFI- oder VE-Wasser durchströmt wurde, wird der Ventilknoten demontiert und mit einer UV-Lampe bestrahlt. Wenn alle zu durchströmenden Bereiche ausreichend benetzt wurden, ist bei der Sichtprüfung mit der UV-Lampe in dunkler Umgebung keinerlei Fluoreszenz erkennbar. Mithilfe dieses Tests lässt sich die Durchströmbarkeit und damit auch die Reinigbarkeit von Fluidiksystemen und Ventilknoten hundertprozentig nachweisen.
Darüber hinaus schaffen Riboflavintests an komplexen Ventilknoten zusätzlichen Mehrwert. Die Ergebnisse des Tests können ebenfalls für die Optimierung von Reinigungsprozessen hinsichtlich der Reinigungszyklen, der erforderlichen Reinigungszeit sowie der Menge der Reinigungsmedien genutzt werden. Weiterhin kann das Design komplexer Ventilknoten in einer Erprobungsphase durch Riboflavintests überprüft und optimiert werden.
Nachdem die Robolux-Ventilknoten auf ganzer Linie überzeugen konnten, erhielt Bürkert den Auftrag, nicht nur die Ventilknoten sondern alle Prozessarmaturen der Life-Nutrition-Anlage zu liefern. Dabei kommen unter anderem Ventile der Typen 2031, 2032, 2033 und 2034 zum Einsatz. B. Braun bezieht damit die gesamte Fluidik für diese Produktionsanlage aus einer Hand.
Bürkert;
Telefon: 07940 10-0;
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