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Miniblutpumpen: Kleinstantriebe retten Leben - KEM

Intrakorporales Pumpsystem
Kleinstantriebe retten Leben

An immer neue Bestmarken bei der Miniaturisierung in der Technik haben wir uns schon fast gewöhnt, auch in der Antriebstechnik. Aber es gibt Herausforderungen, die selbst hartgesottenen Antriebstechnikern zunächst unlösbar scheinen, etwa wenn es darum geht, für ein paar Stunden oder Tage die Leistung eines menschlichen Herzens zu ersetzen – durch einen Motor mit nur 4 mm Durchmesser.

 

Die Autoren: Andreas Seegen, Leiter Marketing, Faulhaber, und Ellen-Christine Reiff, Redaktionsbüro Stutensee

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland und vielen anderen Ländern. Dazu gehören vor allem chronisch ischämische Herzerkrankungen, also Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße, sowie der akute Myokardinfarkt, gemeinhin Herzinfarkt genannt. Prinzipiell sind diese Erkrankungen behandelbar, allerdings sind die entsprechenden Operationen auch heute noch immer risikobehaftet. Als gefährliche Komplikation gefürchtet ist bei der Öffnung verschlossener Herzkranzgefäße die sogenannte hämodynamische Instabilität (hämodynamisch = die Bewegung des Blutes betreffend). Dieses Risiko besteht immer, also nicht nur im akuten Notfall, sondern auch im Rahmen eines geplanten Eingriffs.
Stabiler Blutfluss während und nach der Operation
Um das Leben des Patienten nicht zu gefährden, gilt es also, während der Operation und in den Tagen danach für einen stabilen Blutfluss zu sorgen. Diese Aufgabe können heute kleine, minimalinvasive Miniblutpumpen übernehmen, sowohl in der Herzchirurgie als auch bei Eingriffen im Herzkatheterlabor. „Weltweit haben unsere Impella-Pumpen bereits über 20 000 Mal Anwendung gefunden“, erläutert Ronald Lutz, Marketingleiter der Abiomed Europe GmbH, die die Miniblutpumpen produziert. Je nach Modell können die Pumpen bis zu fünf oder sogar zehn Tage im Körper bleiben und das Herz bei seiner Regeneration unterstützen.
Die Miniblutpumpen ahmen dabei das natürliche Herz-Kreislauf-System nach, bei dem sauerstoffreiches Blut aus der linken Herzkammer (Ventrikel) über die Aortenklappe in die aufsteigende Aorta transportiert wird, um von dort in die Koronargefäße und in den systemischen Kreislauf zu gelangen. Die Förderleistung beträgt bis zu fünf Liter Blut pro Minute. Da die Herzkammer dadurch entlastet wird, kann sich das Herz erholen. Die Pumpe richtig zu platzieren, geht vergleichsweise schnell. „Die Vorbereitungszeit liegt heute bei weniger als drei Minuten“, freut sich Lutz. „Auch im akuten Notfall können Patienten ohne Zeitverzug versorgt werden.“
Wenige Millimeter Durchmesser
Dazu wird die Pumpe unter Durchleuchtungskontrolle mithilfe eines Führungsdrahtes über einen Standard- Zugang zur Femoralarterie im linken Ventrikel und in der aufsteigenden Aorta platziert. Dort wird das Blut durch den Einlassbereich über die Kanüle in Richtung Auslass transportiert, der natürlichen Flussrichtung des Blutes entsprechend. Die Aortenklappensegel können sich vollständig um die Kanüle schließen, da die Pumpe je nach Modell mit 4 bis 6,4 mm einen sehr kleinen Durchmesser hat.
Die Pumpleistung ist unabhängig von der Eigenleistung des Herzens: Weder ein Herzrhythmus als Trigger noch eine eventuell medikamentös aufrechtzuerhaltende minimale Kontraktionskraft sind erforderlich, um die von der Pumpe angebotene Förderleistung von 2,5 l/min bis zu 5,0 l/min zu nutzen. Gesteuert wird die Pumpe über eine externe Konsole, mit der auch Einstellungen optimiert und die Wirkung überwacht werden.
Mini-Antrieb mit Maxi-Leistung
Treibende Kraft der Miniblutpumpen sind bürstenlose, elektronisch kommutierte DC-Motoren von Faulhaber, die vor allem durch ihre hohe Leistungsdichte überzeugen. Bei einem Außendurchmesser von nur 4 mm bei der kleinsten Pumpe und 6,4 mm bei der größeren Variante liegt die Statorlänge bei 12 bzw. 18 mm. Mit einer Drehzahl von bis zu 51 000 min-1 unterstützen die Kleinstantriebe dann die Pumpleistung des Herzens.
Die bürstenlosen DC-Motoren verbinden die Vorteile der eisenlosen Wicklungstechnik mit denen der elektronischen Kommutierung. Sie sind auf einer selbsttragenden Spulentechnologie aufgebaut und bestehen im Wesentlichen aus einer dreiphasigen Wicklung und einem zweipoligen Permanentmagneten sowie dem elektronischen Kommutierungssystem. Um die Lage des Rotors zu erkennen, wird die rückwirkende Generatorspannung gemessen und ausgewertet, auf Hallsensoren kann so verzichtet werden. Die für die Platzierung im Herzen notwendigen Drucksensoren sind lediglich 0,3 mm dick und außen in einer Abflachung des Motorgehäuses angebracht.
Beim Einsatz im menschlichen Herzen überzeugen die Motoren aber nicht nur durch ihre Kompaktheit, den hohen Wirkungsgrad und ihre Zuverlässigkeit, sondern auch mit einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Letzteres kommt ganz besonders zum Tragen, da die Pumpen als Einwegsysteme ausgelegt sind und deshalb in großen Stückzahlen produziert werden.
Kooperation und kontinuierlicher Austausch
Lutz betont aber noch einen anderen Aspekt, weshalb die Wahl gerade auf diese Antriebe fiel: „Wir arbeiten mit der Impella-Pumpe an der Grenze des Möglichen.“ Die Anforderungen an ein Medizinprodukt, das in lebenskritischen Situationen zum Einsatz kommt, seien ausgesprochen hoch. Von Beginn an, also seit 1998, sei Faulhaber ein zuverlässiger Partner. „Es gab keinen Motor von der Stange, den wir hätten nutzen können“, erläutert Lutz. „Die Antriebsspezialisten waren flexibel und bereit, diesen Weg mit uns zu gehen und im Teamwork die Komponenten so zu entwickeln, wie wir sie benötigen. Wir schauen zuversichtlich in die Zukunft, denn die gemeinsame Arbeit geht weiter.“
Jan-Christopher Mohr von Faulhaber, der das Impella-Projekt von Schönaich aus betreut, kann dem nur beipflichten: „Es ist eine unserer großen Stärken, Produkte ganz nach dem Bedarf des Anwenders zu entwickeln, zu modifizieren und zu erweitern. Im kontinuierlichen Austausch lassen sich auch sehr spezifische Anforderungen verstehen und optimal lösen. Das trifft natürlich auf alle Bereiche der Automatisierungstechnik zu, die individuelle Antriebslösungen verlangen.“ I
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