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Herzstück der Windturbine

Multi-Megawatt-Offshore-Windenergieanlagen: Antriebsstrang ohne Frequenzumrichter
Herzstück der Windturbine

Die Auswahl der passenden Technologie für den Antriebsstrang von Offshore-Windenergieanlagen ist keine leichte Aufgabe. Jedes Design hat Vor- und Nachteile im Hinblick auf die Zuverlässigkeit und die Stromgestehungskosten. Nun gibt es eine Alternative, die es den Windkraftanlagenbauern erlaubt, alle Vorteile in einer Anlage zu vereinen – ohne Frequenzumrichter.

 

Exklusiv in KEM Die Autoren: Dr.-Ing. Burkhard Pinnekamp, Leiter Zentrale Getriebetechnik, Renk AG, Augsburg; Bernhard Ludas, Leiter Mechanik, und Melanie Schulz, Vertriebsingenieurin Windrive, Voith Turbo Wind GmbH & Co. KG, Crailsheim

Zu den derzeitigen Konzepten gehören neben den Direktantrieben Getriebe mit schnell laufenden oder mittelschnell laufenden Generatoren, die in unterschiedlichen Varianten und von mehreren Herstellern verfügbar sind. Dabei hat jedes Design seine Vor- und Nachteile in Bezug auf Gewicht, Zuverlässigkeit und Stromgestehungskosten. Alle Konzepte erfordern jedoch einen Frequenzumrichter, der die variable Rotordrehzahl einstellt und somit eine konstante Netzfrequenz sicherstellt. Diverse Umrichtersysteme stehen dabei zur Auswahl, die neben Zusatzkosten auch ein höheres Risiko und Fehlerraten im Antriebsstrang bedeuten. Um diese Fehlerquelle zu umgehen, wurde ein alter- natives Antriebskonzept entwickelt, ein Konzept, das sich an den Schwerpunkten der zukünftigen Offshore-Entwicklungen orientiert. Der Fokus liegt dabei eindeutig auf einer hohen Zuverlässigkeit bei zugleich kompaktem Design und optimierten Gesamtkosten.
Die Aerodrive-Technologie ist ein bedeutender Schritt vorwärts in der Entwicklung von Offshore-WEA. Sie ist das Ergebnis der engen Zusammenarbeit zweier führender Unternehmen in der Antriebstechnik: Renk und Voith. Die Entwicklung eines neuen und voll integrierten Antriebsstrangs bedient sich der Expertise beider Unternehmen.
Technische Umsetzung
Der Aerodrive wurde speziell für die Übertragung von Leistungen ab 8 MW entwickelt, bei einer Rotor-Eingangsdrehzahl von 10 min-1. Die stufenlose Gesamtübersetzung des Getriebes ermöglicht es dem System, bei konstanter Generatordrehzahl zu laufen, 1500 min-1 (50 Hz) bzw. 1800 min-1 (60 Hz). Die Rotordrehzahl beträgt hierbei 80 bis 150 % der Nenndrehzahl.
Die Renk/Voith-Aerodrive-Technologie benötigt keinerlei empfindliche und anspruchsvolle elektrische Umrichtersysteme. Statistiken zufolge senkt dies die Ausfallrate um 19 %. Ferner reduziert das hydrodynamische Verhalten des Drehmomentwandlers die dynamischen Lasten im Antriebsstrang und steigert somit die Lebensdauer der Hauptgetriebekomponenten um etwa 12 %.
Der Voith-Windrive basiert auf einem Drehmomentwandler, der mit einem Planetengetriebe kombiniert ist. Das Planetengetriebe wird als Überlagerungsgetriebe eingesetzt, das zwei variable Drehzahlen zusammenführt: die des Rotors und eine ausgleichende Drehzahl, die vom hydrodynamischen Drehmomentwandler zurückkommt. Zusammen ergeben diese zwei variablen Drehzahlen eine konstante Abtriebsdrehzahl von 1500 bzw. 1800 min-1.
Die hydrodynamische Kraftübertragung im Windrive ist verschleißfrei und basiert auf dem gleichen Prinzip wie die aerodynamische Kraftübertragung. Eine aktive Regelung des Windrive ist nur im Volllastbereich erforderlich. Dies bedeutet, dass der Windrive eine lange Lebensdauer hat – länger als die Lebensdauer der WEA selbst. Die mittlere Betriebsdauer zwischen Ausfällen (MTBF) von allen Windrive-Einheiten in Betrieb beträgt 27 Jahre (Stand: Nov. 2012).
Hohes Antriebsmoment
Die Renk-Aerogear-Technologie hat sich bei zahlreichen Anwendungen in 2-MW-Onshore-WEA und bei 5-MW-Offshore-WEA-Prototypen (Areva Multibrid M5000 im Alpha-Ventus-Windpark in der Nordsee) bewährt [3]. Die positiven Erfahrungen mit dem Aerogear-Konzept haben Renk dazu veranlasst, das Advanced-Aerogear-Antriebssystem zu entwickeln, das besonders für WEA über 5 MW Leistung mit extrem hohem Antriebsmoment von bis zu 9 Mio. Nm geeignet ist.
Der Antriebsflansch der Rotor- nabe wird starr verbunden mit einem einsatzgehärteten und geschliffenen Hohlrad, das mit sechs Planetenritzeln im Eingriff ist. Die Last wird übertragen durch zwei mal drei Stufenplaneten, die mit zwei unabhängigen Sonnenritzeln im Eingriff sind, wodurch eine optimale Lastverteilung erreicht wird.
Beim Generator handelt es sich um einen selbsterregten, netz-geführten Synchron-Generator (ohne Bürsten oder Schleifringe), der bereits auf Mittelspannungsebene (bis zu 13,8 kV) arbeitet. Dies reduziert sowohl die Kabelverluste auf dem Weg von der Gondel zum Boden als auch die Kosten für Transformatoren. Dieser Generatortyp wird weltweit in der Stromerzeugung eingesetzt und erfüllt alle Netzanforderungen eines konventionellen Kraftwerks.
Im Fehlerfall stützt der Synchron-Generator durch die erhöhte Abgabe von Blindleistung die Netzspannung. Durch das natürliche Maschinenverhalten des Generators steht diese sofort zur Verfügung. Er liefert dabei einen Kurzschlussstrom vom bis zu 8-fachen des Nennstroms und hat ferner eine Schwarzstartfähigkeit, die es ihm auch erlaubt, ohne Probleme in Insel- netzen eingesetzt zu werden.
Die folgenden Hauptmerkmale zeichnen den Aerodrive aus:
  • Der koaxiale Antriebsstrang ermöglicht eine kompakte Bauweise des Getriebes, einschließlich der Integration der Bremse und des Hauptlagers in das System.
  • Das Abtriebsritzel einer Stirnradstufe entfällt, hierdurch werden Effizienz und Zuverlässigkeit gesteigert. Im Hauptgetriebe sind alle Wellen mit niedriger Drehzahl und hohem Drehmoment durch Gleitlager mit unbegrenzter rechnerischer Lebensdauer gelagert.
  • Die 6-fache Leistungsverzweigung ermöglicht eine optimale Lastverteilung.
  • Die Pitch-Durchführung ist durch das Hauptgetriebe möglich.
  • Die hydrodynamischen Komponenten dämpfen dynamische Belastungen, die durch Netzfehler verursacht werden.
  • Im unwahrscheinlichen Fall eines Schadens können die meisten Teile einschließlich aller Sonnen- und Planetenräder, Kupplungsteile sowie der komplette Windrive in der Gondel demontiert werden.
  • Die konstante Abtriebsdrehzahl ermöglicht die Verwendung eines Standard-Synchron-Generators, der ein Maximum an Blindleistung liefert.
Renk,
Tel.: 0821 5700-208, E-Mail:
Voith,
Tel.: 07951 32-256, E-Mail:
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