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Gewicht einsparen

Leichtbau
Gewicht einsparen

Die FZG-Augsburg wurde 2006 als Außenstelle der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebe- bau (FZG) gegründet. Ziel ist es u. a., die Fachkompetenz der FZG im Bereich der Antriebstechnik den im Wirtschaftsraum Augsburg ansässigen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Ein hierfür seit einigen Jahren bewährtes Format ist das Antriebstechnikkolloquium der FZG-Augsburg. Erstmalig wurde das Kolloquium im November 2014 als Kooperationsveranstaltung zwischen der FZG-Augsburg und dem Cluster Mechatronik & Automation mit dem Thema „Leichtbau in der mechanischen Antriebstechnik“ veranstaltet.

 

Die Autoren: Patrick D. Fischer, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Thomas Dräxl, Teamleiter Ressourceneffiziente Antriebstechnik und Dr.-Ing. Hermann Pflaum, Leiter FZG-Augsburg, sowie Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl, Leiter FZG

In der Öffentlichkeit entsteht angesichts fortschreitender Elektrifizierung mechanischer Antriebssysteme zunehmend der Eindruck, dass die mechanische Antriebstechnik sprichwörtlich „dem alten Eisen“ angehöre. Vermeintliche Vorteile wie beispielsweise die Reduzierung möglicher Versagensquellen durch Entfall des Getriebes überdecken zahlreiche Nachteile von Direktantrieben. Nachteilig bei solchen Antriebskonzepten ist beispielsweise die Verwendung einer elektrischen Maschine mit größeren Abmessungen als dies bei einem Konzept mit zwischengeschaltetem Getriebe zur Drehzahl- und Drehmomentwandlung erforderlich wäre.
Werden in diesem Zusammenhang Rohstoffpreise von Stahl und Kupfer bzw. seltenen Erden gegenübergestellt, so ist festzustellen, dass Konzepte mit Getriebe oft kostengünstiger sind, da dadurch eine wesentlich kompaktere und leichtere elektrische Maschine verbaut werden kann. Neben höherer Wirtschaftlichkeit durch reduzierten Einsatz teurer Werkstoffe lässt sich damit ein Sekundärpotenzial an Gewichtseinsparung erschließen. Dies zeigt sich besonders deutlich bei Windkraftanlagen, bei denen getriebelose Anlagen mehr als doppelt so schwere Turmkopfmassen im Vergleich zu Varianten mit Getriebe gleicher Leistung und Abmessungen aufweisen.
Leichtbau auf Systemebene
In der Automobilindustrie ist dieser Trend zum Leichtbau ebenfalls festzustellen: Waren Anfang der 1990er-Jahre noch Automatgetriebe mit fünf Vorwärtsgängen Stand der Technik in der Fahrzeugoberklasse, so werden heute Automatgetriebe mit acht oder mehr Gängen auch in der Kompaktklasse verbaut, die nahezu das doppelte Eingangsdrehmoment übertragen können und dabei um ca. 15 % leichter sind.
Doch nicht nur im konventionellen Fahrzeugantriebsstrang wird Leichtbau häufig bereits im Lastenheft formuliert, auch bei Elektrofahrzeugen sind aus Gründen der Reichweitenerhöhung Gewichtsoptimierungen erforderlich. Im Rahmen des Forschungsprojektes Visio.M – dem Elektrofahrzeug der Technischen Universität München (TUM) – wurde eine Leichtbauvariante des Antriebsstrangs entwickelt, bei der gleichzeitig sowohl das Achsdrehmoment um 30 % als auch das Differenzdrehmoment zwischen dem linken und dem rechten Rad der Antriebsachse bei Betrieb der Torque-Vectoring-Einheit um 20 % erhöht werden konnten, obwohl eine Gewichtsreduzierung von mehr als 6 % realisiert wurde. Diese Optimierungen konnten nur durch ganzheitliche Betrachtungen innerhalb des Gesamtsystems durchgeführt werden, da sich diese teilweise miteinander in Wechselwirkung befinden und damit ein Spannungsfeld bilden.
So sind höhere Reibmomente in einem Antriebssystem für ein gutes NVH-Verhalten zwar vorteilhaft, aber im Hinblick auf höhere Wirkungsgrade sehr ungünstig. Auch ist eine erhöhte Systemkapselung für das NVH-Verhalten zwar erstrebenswert, schlägt sich allerdings im Systemgewicht negativ nieder, wodurch an anderer Stelle nach Leichtbaupotenzial gesucht werden muss. Die Erhöhung der Leistungsdichte durch massivere Bauteilkonstruktionen widerspricht auch hier dem Ziel nach einem geringen Systemgewicht. FE-Untersuchungen an diesen Bauteilen ermöglichen es, ihre Topologie im Hinblick auf geringe bewegte Massen bei hoher Drehmomentkapazität beanspruchungsgerecht zu optimieren.
Leichtbau auf Komponentenebene
Verbundverzahnungen sind ein Ansatz um einen Teil dieses Spannungsfeldes aufzulösen. Sie bestehen aus einem Außenteil aus Stahl für die Laufverzahnung, einem Kunststoffring zur Drehmomentübertragung an das Innenteil und dem Innenteil aus Stahl, um das Drehmoment in eine damit verbundene Welle einzuleiten. Durch den Kunststoffring ist das Verbundzahnrad um ca. 30 % leichter als das vollständig aus Stahl gefertigte Referenzzahnrad. Durch eine entsprechende Gestaltung des Kunststoffrings ist es möglich, das Schwingungsverhalten des Zahnradverbundes zu optimieren. Messungen belegen, dass der über die Ordnung gemittelte Torsionsbeschleunigungspegel am Innenteil reduziert werden kann. Darüber hinaus lassen sich durch die Mehrteiligkeit des Zahnrades unterschiedliche Materialpaarungen und Werkstoffbehandlungen, jede passend für ihren eigenen Einsatzzweck, einsetzen.
Ein weiteres Beispiel aus dem gleichen Spannungsfeld sind reine Kunststoffverzahnungen. Diese weisen werkstoffbedingt geringere Massenträgheiten sowie eine höhere Werkstoffdämpfung als vergleichbare Stahlzahnräder auf. Gleichzeitig ist die übertragbare Leistung aufgrund thermischer Schadensmechanismen begrenzt, doch hier setzen mehrere Forschungsvorhaben der FZG-Augsburg an. Ein Ansatz zur Steigerung der Tragfähigkeit besteht darin, den Verformungseinfluss von Kunststoffverzahnungen bei der Tragfähigkeitsberechnung zu berücksichtigen, da ein vor- oder nachzeitiger Eingriff zu höheren Überdeckungen der Zähne führen kann.
Zusammenfassung und Ausblick
Der Trend zu mehr Funktionalität bzw. Drehmoment bei gleichzeitiger Reduzierung des Systemgewichts – also die Erhöhung der Leistungsdichte – bewegt im wahrsten Sinne des Wortes die gesamte Forschung und Entwicklung in der elektromechanischen Antriebstechnik.
Auf Systemebene hat sich die Kombination aus Hochdrehzahlmaschinen mit effizienten, hochübersetzenden Getrieben als ideal für eine möglichst hohe Leistungsdichte – nicht zuletzt in zahlreichen eigenen Forschungsvorhaben der FZG wie dem Antriebsstrang des Elektrofahrzeuges Visio.M oder des derzeit in der Entwicklung befindlichen Höchstdrehzahl-Antriebsstrangs Speed2E – herausgestellt. Auf Komponentenebene ist das Spannungsfeld zwischen NVH-Verhalten, Leistungsdichte und Wirkungsgrad besonders stark zu spüren: Auch im Rahmen aktueller Untersuchungen an der FZG, z. B. mit CFK-Verzahnungen und über Laserstrahlschneiden hergestellten Leichtbau-Verzahnungen rückt die Rolle des Werkstoffs und des Herstellverfahrens immer mehr in den Vordergrund. I

Info & Kontakt
Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG)
Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl, Leiter
Tel.: 089 289-15807

Ansprechpartner zum Thema Mechatronik
Der Cluster Mechatronik & Automation e. V. mit Sitz in Augsburg fördert an der Nahtstelle von Wirtschaft und Wissenschaft branchenübergreifend die Weiterentwicklung und Verbreitung mechatronischer Systeme. Aus dem Zusammenschluss von sechs Forschungseinrichtungen im Jahr 2000 ist ein überregional aktives Netzwerk mit derzeit 141 Mitgliedern entstanden. Darunter Global Player wie Kuka oder Krones, innovative KMUs sowie Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen.
Alle Mitglieder profitieren von Synergien und Networking, dem fachspezifischen Veranstaltungsprogramm sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Qualifikation zur Fachkräftesicherung ist ein weiteres zentrales Anliegen des Clusters, der über die Mechatronikakademie verschiedene Weiterbildungsprogramme anbietet.
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