Mobilität ist nicht nur Freizeitvergnügen, sondern bedeutet auch Unabhängigkeit. Vor allem für Personen mit eingeschränkter Mobilität sichert technische Unterstützung oft den Erhalt von Lebensqualität. So steigt der Bedarf an elektrisch betriebenen Kleinfahrzeugen. Limitierender Faktor ist dabei jedoch deren Batterielaufzeit, was das Zurücklegen längerer Strecken unmöglich macht.
Exklusiv in kem Die Autorin Franziska Klier ist Marketing Manager des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS, Nürnberg
Das Batteriemanagementsystem (BMS) des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS, der Fritec GmbH, Igensdorf, und DTC Design & Test Consulting, Neunkirchen, adressiert das Problem einer zu kurzen Batterie- laufzeit, die derzeit dem Boom elektrisch betriebener Kleinfahrzeuge noch im Wege steht: Im Laufe eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projekts wurde ein intelligentes Batterielade-/Batteriemanagementsystem für Lithium-Ionen-Akkus entwickelt. Es soll in Elektrokleinfahrzeugen zum Einsatz kommen, zum Beispiel in Segways oder in Krankenfahrstühlen.
Aktive Zellsymmetrierung ist dabei der Schlüssel zu längeren Batterielaufzeiten. „Bisher konnten wir nicht die gesamte Energie eines Akkublocks nutzen. Mithilfe aktiver Zellsymmetrierung ist es uns gelungen, den Energieinhalt mehrzelliger Batteriesysteme vollständig zu nutzen“, so Dr.-Ing. Peter Spies, Gruppenleiter am Fraunhofer IIS in Nürnberg.
Kernstück des neuen Systems sind Lithium-Batterien, kombiniert mit einem intelligenten Batteriemanagementsystem. „Lithium-Batterien haben eine höhere Energiedichte als beispielsweise Nickel- oder Blei-Systeme, sowohl bezogen auf das Gewicht als auch auf das Volumen. Das heißt, sie sind bei gleichem Energieinhalt leichter und kleiner. Das Batteriemanagementsystem sorgt für ein konstantes Energieniveau aller Zellen. Bisher konnte einem Batteriesystem nur so viel Energie entnommen werden, wie in der schwächsten Zelle enthalten ist – die Energie der anderen Zellen blieb ungenutzt“, beschreibt Dr. Spies die Vorteile gegenüber herkömmlichen Systemen. Mittels aktiver Zellsymmetrierung werden Ladezustände ausgeglichen, indem Energie stärker geladener Zellen in schwächer geladene transferiert wird. Zudem informiert das System über verbleibende Energiereserven oder den Lade- und Alterungszustand der Batterie.
Überwachungselektronik schützt die Batteriezellen
Das Batteriemanagementsystem überwacht verschiedenste Parameter wie Innenwiderstand, Spannung oder Temperatur. Hervorzuheben ist dabei, dass der Innenwiderstand der Zellen inklusive Peripherie (Zellverbinder, Verbindungsstellen) gemessen wird. Diese Werte unterliegen einer Veränderung und geben Aufschluss über den Zustand des Akkublocks (State-of-Health). Über die CAN-Schnittstelle werden der Ladeelektronik die maximale Ladespannung und der maximale Ladestrom vorgegeben. Das Batteriemanagementsystem bietet somit zuverlässigen Schutz vor Überladung, Tiefentladung, zu hohen Strömen sowie Über- oder Untertemperatur. Das heißt, die Überwachungselektronik sorgt dafür, dass die einzelnen Zellen gleichmäßig geladen werden.
Das System des Fraunhofer IIS kennt alle entnommenen und zugeführten Ströme sowie die Spannungen der einzelnen Zellen und dokumentiert den Ladezustand und die aktuell noch vorhandene Kapazität des Batteriesystems (State-of-Charge, State-of-Health). Es registriert und speichert auch Fehlersituationen (Überschreitung von Grenzwerten bei Temperatur, Ladespannung, Entladestrom). Diese Informationen können vom Ladegerät oder zusätzlichen Anzeigeinstrumenten abgefragt und ausgegeben werden.
Da für verschiedene Anwendungen unterschiedliche Spannungen benötigt werden, können mehrere Akkublöcke in Serie geschaltet werden. Dabei ist die Überwachungselektronik für jeden Batterieblock identisch und kommuniziert über die CAN-Schnittstelle mit den Überwachungseinheiten der anderen Blöcke sowie dem Ladegerät. Hier fungiert ein Batteriemanagementsystem als Master, alle übrigen Blöcke sind als Slave angegliedert. Der Master überwacht das gesamte Batteriesystem und seine eigenen Zellen, die Slaves überwachen jeweils nur ihren Akkublock und tauschen mit dem Master Informationen über den aktuellen Zustand des Zellenblocks aus.
Ressourcenschonende Ladung
Bei der Entwicklung des Systems haben die Ingenieure des Fraunhofer IIS auf größtmögliche Ressourcenschonung Wert gelegt: „Durch optimale Ladekennlinien und Entladungsgrenzen kann die Lebensdauer des Energiespeichers gegenüber heutigen einfachen Lösungen massiv erhöht werden. Der aktuelle Ladezustand ist immer Grundlage aller weiteren Ladevorgänge – durch die intelligente Ladesteuerung werden zu hohe und zu niedrige Ladezustände zuverlässig vermieden“, erklärt Dr. Spies. Per Knopfdruck kann der Anwender vor oder während der Ladung entscheiden, ob eine Voll- oder Teilladung der Zellen stattfinden soll. Bei einer Teilladung wird der Akkublock auf nur 80 bis 90 % der maximalen Kapazität geladen. Da die Lebensdauer eines Akkus davon abhängt, wie nah die Ladung an die physikalische Maximalladung kommt, kann die Lebensdauer durch das neue System verlängert werden.
Vielfältiges Anwendungsspektrum
Das Batteriemanagementsystem des Fraunhofer IIS sorgt für längere Batterielaufzeiten und ermöglicht die effektive Nutzung der kompletten Batteriekapazität. Damit lassen sich in Zukunft vielfältige Einsatzbereiche erschließen – von der Anwendung in elektrischen Kleinfahrzeugen in der Medizin, Sicherheit und Freizeit bis hin zur stationären Energiespeicherung. Dank des innovativen Systems können Elektrofahrräder, Scooter und Krankenfahrstühle größere Reichweiten erzielen.
Ein weiteres Anwendungsfeld sind stationäre Energiespeicher (beispielsweise für die Haustechnik). „Wir sind momentan dabei, das System gemeinsam mit Kunden für verschiedenste Anwendungen anzupassen und freuen uns über die positive Resonanz“, so das vorläufige Fazit von Dr. Spies.
Messe Electronica:
Halle 5, Stand 121
Fraunhofer IIS,
Tel.: 0911 58061-6363, E-Mail:
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