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Weniger kann mehr sein

C4 Cactus
Weniger kann mehr sein

Schon die Studie Citroën Cactus hatte vor einigen Jahren Aufsehen erregt: Minimalismus pur zum kleinen Preis. Das daraus hervorgegangene Serienmodell Citroën C4 Cactus ist ein pfiffiges Auto für den kleinen Geldbeutel, das dem Ansatz zum Minimalismus nicht mehr so konsequent folgt. Wer mehr will, bekommt auch mehr.

Der Autor: Testwagenfahrer Jürgen Goroncy ist freier Mitarbeiter der KEM

Da steht er nun im Hof: knallrot, mit zahlreichen schwarzen Karosserieteilen, den auffälligen schwarzen seitlichen Aufpralldämpfern und einer Karosserie, die man nicht so richtig einordnen kann. Schrägheck-Limousine? Nein, eindeutig zu hoch und zu rustikal ausschauend. Kombi? Nein, dafür fehlt das ausladende Heck. SUV, wie der Nachbar vermutet? Nein, dazu fehlt der Allradantrieb, der nicht für viel Geld und gute Worte zu bekommen ist. Was dann?
Fragen wir doch Citroën. Die Franzosen sehen den C4 Cactus als neuen Botschafter für die vier Kerneigenschaften der Marke: einen hohen Designanspruch, ein sinnvolles, nicht überfrachtetes Technikportfolio, ein sichtbarer Bezug zu der glanzvollen Markengeschichte sowie ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis – nicht billig, aber in wahrsten Sinne des Wortes „preiswert“.
Den Designanspruch erfüllt der Cactus mit Leichtigkeit. Wie nur wenige andere Automobile lässt er die Köpfe der Passanten herumschnellen. Dass er wie ein SUV aussieht, aber technisch keiner ist, verzeiht auch der Nachbar. „Kein Allradantrieb, also ein klassischer Stadtindianer“, nickt er beifällig. Damit trifft er ziemlich genau den Hauptkundenkreis, den Citroën nach den ersten 2000 verkauften Cactus in Deutschland identifiziert hat. „Es handelt sich überwiegend um ein städtisches Publikum aller Altersgruppen, das vermutlich ein Design-Statement setzen will“, weiß Stephan Lützenkirchen, Pressesprecher von Citroën Deutschland, zu berichten. „Wir bieten ihnen mit verschiedenen zehn Farben für die Karosserie, vier verschiedenfarbigen Aufpralldämpfern und drei Farbkombinationen für Dachträger plus Außenspiegel genügend Möglichkeiten zur Individualisierung an.“
Was die Kunden (für Citroën erfreulicherweise) rege nutzen, denn sie kaufen den C4 Cactus vorwiegend in höheren Ausstattungslinien und mit vielen Sonderausstattungen. Der Pressetestwagen mit Dieselmotor, Sonderlackierung, großem Glasdach und Stoff-Leder-Sitzbezügen kostet fast 25 000 €. Es geht aber auch günstiger: mit kleinem Ottomotor und als Basismodell ist der Cactus bereits ab 14 000 € zu haben und damit ein „Budget Car“.
Dennoch ist er kein schlechtes Auto. Der 1,6-Liter-Dieselmotor mit 73 kW Leistung ist ausreichend temperamentvoll und zudem angenehm leise. Zudem ist er nach Abgasnorm EU6 zertifiziert (dank SCR-Abgasreinigung mit Ad Blue) und mit real 4,6 l Diesel auf 100 km ein genügsamer Bursche. Das ist nach gut 1 500 km Testprogramm zwar über ein Liter mehr als die offiziellen 3,4 l pro 100 km. Aber die NEFZ-Norm ist bekanntlich praxisfern. Zum Spritsparen tragen unter anderem das gut arbeitende Stopp-Start-System und die Schaltanzeige im Cockpit bei.
Dieses Wohlbehagen setzt sich beim Fahrwerk fort, dessen Federung recht komfortabel anspricht, solange man nicht zu flott oder mit kräftiger Zuladung unterwegs ist. Dann zeigt es sich von seiner eher ruppigen Seite. Am wohlsten fühlt sich der Cactus auf Landstraßen. Dort fallen auch die Windgeräusche nicht so auf, die bei Autobahntempo etwas unangenehm werden. Auch die Bremsen und das Lenkgefühl geben keinen Grund zur Beanstandung.
Ob sich dieser positive Eindruck im Innenraum fortsetzt? Sagen wir es so: weitgehend. Natürlich ist die umständlich zu bedienende, nur in einem Stück klappbare Lehne der Rücksitzbank nicht der letzte Schrei, sie spart aber 6 kg Gewicht. Ab 2015 soll es aber eine zweigeteilte Variante geben. Natürlich ist die beim Umklappen entstehende Stufe und die hohe Ladekante des Gepäckabteils nichts für Lademeister. Aber die knapp 350 l Ladevolumen sind okay und können auf 1 170 l erweitert werden. Weiter vorne im Fond sitzen zwei (nicht zu große) Erwachsene bequem, der Mittelsitz ist eher etwas für die Statistik.
Seine wahre Größe entfaltet der Cactus auf den Vordersitzen. Ihr Sitzkomfort gibt keinen Anlass zu Tadel, sie sind gut einstellbar und bieten ausreichend Seitenhalt. Weiter vorne zieht sich eine sehr chic gestaltete Instrumententafel samt digitalem Cockpit und bereits im Grundmodell serienmäßigem 7-Zoll-Touchscreen durch den Cactus. Im Touchscreen sind die meisten Bedienelemente untergebracht, nur einige wenige in einer separaten Tastenleiste darunter. Was einen sehr aufgeräumten Eindruck vermittelt, hat aber zur Folge, dass auch wichtige Klima- und Audiofunktionen erst umständlich auf dem Bildschirm ertastet werden müssen. Zum Trost ist die Menüstruktur einigermaßen nutzerfreundlich. Völlig unlogisch ist lediglich, dass die Tiefeneinstellung für die Audioanlage nicht im Audio-Menüblock untergebracht ist. Wer mehr oder weniger Bass will, muss im Menüblock „Konfiguration“ suchen. Wir wären ohne Bedienerhandbuch niemals darauf gekommen.
Dafür versöhnt das gute Angebot an elektronischen Helfern. Zwei USB- und eine Aux-In-Schnittstelle, Einparkhilfe hinten sowie eine Rückfahrkamera (als Kompensation für die mäßige Sicht nach hinten), Abbiegelicht, ein Tempomat, Navigation, Berganfahrhilfe, Notruf- und Pannenhilfefunktion sowie eine automatische Klimaregelung sind in dieser Preisklasse nicht selbstverständlich.
Was der Cactus an dieser Stelle fast verschwenderisch anbietet, hat er sich vorher gespart. So sind die Türgriffe innen als leichte Lederspanngurte ausgeführt und die Fondtüren haben „nur“ Ausstellfenster, die allerdings 11 kg weniger wiegen sollen als Hubfenster. Der stark getönte Glasdeckel auf dem Dach macht eine Abdeckung darunter überflüssig. Und, Premiumhersteller, aufgepasst! Der Beifahrer-Frontairbag des Cactus ist im Dach untergebracht. Das lässt viel Platz für ein vollwertiges Handschuhfach in Reisekofferoptik. Zudem lassen sich – ja wo gibt es das noch – die Glühlampen in den Scheinwerfern austauschen. Für nicht so erfahrene Bastler sind die Montageschritte sogar im Benutzerhandbuch ausführlich erklärt.
Insgesamt beherrscht der C4 Cactus den Spagat zwischen stark budgetorientierten und styling- sowie technikbewussten Käufern ganz gut. Dass er nicht in allen Disziplinen Spitzenleistungen zeigt, ist verständlich. Aber er ist da, wo’s drauf ankommt, ein sicherer, sparsamer und pragmatischer Begleiter. Und einer, der nach mehr aussieht, als er ist. I
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