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Von Der Idee Zum Prototypen

Simulation und Modellierung mit Konstruktions- tools
Von Der Idee Zum Prototypen

Der Autor Dr. Klaus Stefan Drese ist Abteilungsleiter Fluidik und Simulation am Institut für Mikrotechnik Mainz

Speziell in der medizinischen Analytik und Diagnostik steigt der Bedarf an immer schnelleren und sensitiveren Nachweisverfahren. Leistungsfähige Entwicklungswerkzeuge wie das Chip-Based-Lab sind deshalb mehr denn je gefragt: Mit diesem Konstruktionstool lassen sich in der Praxis innerhalb nur einer Woche einzelne Grundfunktionen eines Lab-on-a-Chip-Systems realisieren. Der zweite Beitrag unserer Serie „Mikrotechnik“ gewährt einen Blick hinter die Kulissen und zeigt, wie das funktioniert.
Wir schreiben das Jahr 2005: Auf das Untersuchungsergebnis einer Krebsvorsorgeuntersuchung müssen Frauen heute noch mindestens eine Woche warten. Nur fünf Jahre später (2010) ermöglicht die Mikrosystemtechnik bereits zwei Stunden nach der Untersuchung die Bekanntgabe des Ergebnisses. Wie ist das möglich?
Mikrofluidik
Die Biotechnologie hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und Werkzeuge entwickelt, mit denen sich Krankheiten schneller als zuvor nachweisen lassen. Zurzeit jedoch sind entsprechende Untersuchungen auf Speziallabore begrenzt. Insbesondere die Mikrofluidik weist der Diagnostik und Analytik neue Wege: Mit marktrelevanten Produkten, die nach und nach Einzug auch in die Arztpraxen halten.
Doch ist der Weg zum Produkt oftmals steinig. Im Folgenden zeigen wir beispielhaft, wie eine solche Produktentwicklung durchgeführt werden kann und welche Instrumente am Institut für Mikrotechnik Mainz (IMM) entwickelt wurden, um den Produktstart möglichst erfolgreich zu gestalten.
Konzeption
Am Anfang wird ein technisches Lösungskonzept erstellt. Da die Entwicklung von Produkten für den Diagnostik- und Analytikmarkt übergreifende Kompetenzen erfordert, stellt das IMM hierfür zunächst interdisziplinäre Projektteams zusammen, die sich – je nach Produkt – beispielsweise aus Biochemikern, Mikrosystemtechnik-Ingenieuren und Physikern zusammensetzen. Ist das Konzept einmal erstellt und eine Projektdetailplanung inklusive Risikoanalyse erfolgt, werden parallel drei verschiedene Richtungen eingeschlagen. Zum einen klärt die Patentrecherche, inwieweit das Produkt geschützt werden kann oder ob gegebenenfalls das Konzept geändert werden muss, damit das Produkt auf den Markt kommen kann.
Simulation
Parallel dazu wird ein Design mit modernen 3D-CAD-Konstruk- tionstools aufgestellt. Dieses Design wird zunächst mit Hilfe von kommerziellen FEM- und FVM-Simulationsprogrammen (z. B. CFX, Fluent, Start-CD, CFD-ACE) untersucht. Die mathematischen Berechnungen gewähren Einblicke in Bereiche, die dem Experiment grundsätzlich verschlossen sind. Ein weiterer Vorteil der Simulation: Designänderungen für eine optimierte Funktionalität sind schnell zu realisieren.
Experiment
Am Schluss steht das Experiment. Hierfür wurden in den letzten Jahren Prototyping-Technologien etabliert, die CAM (Computer Aided Manufacturing) nutzen und am IMM wesentlich den Prozess „one week to chip“ bestimmen. Was damit gemeint ist, zeigt der folgende „Wochenplan“: Eine einfache Fragestellung vorausgesetzt, gehört der Montag der Konzepterstellung. Am Dienstag erfolgt die Umsetzung in ein CAD-Design. Mittwoch: Das Design wird mit Hilfe von CNC-Maschinen oder Lasern (CAM-fähig) in Standardrohlingen realisiert. Donnerstag: Die Rohlinge werden durch Beschichtungs- und Deckelungstechniken zum endgültigen Chip zusammengesetzt. Freitag: Erste Tests können schon jetzt in einer modularen Laborplattform durchgeführt werden.
Durch diese Methode liegen die experimentellen und theoretischen Daten innerhalb kürzester Zeit vor und können miteinander verglichen werden.
Chip-based-Lab
Ermöglicht wird dies zum einen durch die moderne Zerspanungstechnik, die eine Strukturierung von Polymeren im Zehntel-Millimeter-Bereich und – falls erforderlich – auch mit optischer Qualität erlaubt. Zum anderen lassen sich mit einer modernen Laborplattform, dem so genannten „Chip-Based-Lab“, kundenspezifische Chips ohne großen Aufwand mikrofluidisch austesten.
Das Konzept hinter dieser Lösung: Module mit spezifischen Funktionalitäten, wie beispielsweise Pumpen im Mikro- und Nanoliterbereich, Abmesseinheiten, optische Messstrecken, elektrochemische Sensoren, Filter etc. Diese können – wie in einem Baukasten – nach Bedarf zusammengestellt werden. Solche Baukästen wurden auch von Firmen wie Thinxxs (Microfluidic Construction Kit) oder Epigem (Fluence Microfluidic Tool Kit) entwickelt. Damit kann sich der Entwickler allein auf die kundenspezifische Fragestellung konzentrieren, ohne erst einzelne Komponenten mühsam zusammenstellen zu müssen.
Zudem ist die Plattform kompatibel mit verschiedenen Laborgeräten und mikrotechnischen Produkten. So kann man sie beispielsweise sehr einfach unter einem Fluoreszenz-Mikroskop einsetzen oder eine kommerzielle Mikropumpe anschließen.
Um die Versuche zu automatisieren, wird die Plattform mit dem Programm „Lab-View“ von National Instruments-Computern gesteuert. Auf diese Weise lässt sich mit dem „Chip-Based-Lab“ die gesamte Kette abbilden – vom ersten Experiment bis zur Validierung des Mikrosystems.
PCR in fünf Minuten
Mehrere Industrieprojekte belegen, dass mit der Plattform Design-Durchläufe in nur einer Woche möglich sind und sich funktionsfähige Module entwickeln lassen. Unser Bild links zeigt einen Probenaufbereitungschip, bei dem aus Vollblut DNA freigesetzt wird, die sodann untersucht werden kann. Ein typischer Schritt hierbei ist die Vervielfältigung der DNA mit Hilfe der PCR (Polymerase Chain Reaction). Eigens hierfür wurde ein Chip realisiert, mit dem sich die Amplifikationsdauer von üblicherweise 20 bis 30 min bei kommerziellen Standardsystemen auf weniger als 5 min reduziert.
Massenproduktion
Nur reproduzierbare Entwicklungen können am Markt auch bestehen. Deshalb greift das IMM schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt beispielsweise auf die Spritzgusskompetenz im eigenen Unternehmen zurück. An dieser Stelle endet unser Ausflug in die Mikro-Welt der Konstruk-tionstools, die längst schon keine akademischen Muster mehr sind, sondern marktreife Massenprodukte. So trägt das IMM mit seinen miniaturisierten Produktentwicklungen wesentlich dazu bei, dass Frau demnächst bei ihrem Arzt nicht mehr lange auf ihr Untersuchungsergebnis warten muss.
Lab-on-a-chip KEM 487
Chip-Based-Lab KEM 488
Mikrofluidik KEM 489
Simulation KEM 490
PCR (Polymerase Chain Reactio) KEM 491

Institut für Mikrosystemtechnik Mainz
Mikro-Erodiertechnik
Mikro-Frästechnik
Mikrosystemtechnik NC Gesellschaft
Internationale Leitmesse auf der Hannover Messe 2005
Patentinformationen für die Mikrosystemtechnik
Standort Dortmund
Fachbuch: Die Zukunft der Mikrosystemtechnik
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

Mechanik, Elektrik und Software im Griff

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