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Sonia Bonfiglioli

Mitglied der Geschäftsleitung, Bonfiglioli Group, Bologna „Deutschland ist hundertprozentig das führende Land in dem Markt der Antriebstechnik“
Sonia Bonfiglioli

Bonfiglioli Riduttori, Bonfiglioli Trasmital und Bonfiglioli Vectron sind die drei Standbeine der Bonfiglioli Group. Das Familienunternehmen schreitet mit großen Schritten auf den deutschen Markt, wo es bereits sehr erfolgreich Fuß fasst. Warum der deutsche Markt so wichtig ist und mit welchen Produkten die Italiener hier überzeugen, darüber spricht die Tochter des Firmengründers Sonia Bonfiglioli.

Das Interview führte KEM- Redakteurin Angela Scheufler

KEM: Welche Aufgaben haben Sie in der Bonfiglioli Gruppe als Mitglied der Geschäftsführung?
Bonfiglioli: Ich bin heute operativ für Marketing, Vertrieb, Forschung und Entwicklung, sprich für die zukunftsorientierten Aufgaben verantwortlich. Die Bereiche Produktion, Logistik und Einkauf betreut Marino Battini. Wir beide führen das operative Geschäft. Zudem bin ich Mitglied im Aufsichtsrat, dem noch mein Vater und Gründer Clementino Bonfiglioli sowie meine Mutter Luisa Lusardi und mein Bruder Luciani Bonfiglioli angehören.
Nach dem Studium und meiner Einarbeitung in verschiedenen Abteilungen war ich für die Strategie des Unternehmens zuständig. In diese Zeit fällt beispielsweise der Aufbau der Produktion in Indien 1997, die Akquisition von Vectron Elektronik 2000 und der Aufbau von E-Business 1999. Wir haben uns sehr stark für das E-Business engagiert und seit Beginn diesen Jahres Wesentliches verändert. Vor allem im Supportbereich, das heißt, bei der kundenunterstützenden Software für die Antriebsauswahl haben wir nun ein noch breiteres und bedienerfreundlicheres Spektrum zu bieten.
KEM: Welches sind Ihre Kerngeschäfte und welche Leistungen beziehen Sie von außen?
Bonfiglioli: Wir konzentrieren uns auf integrierte Systeme für die elektrische und hydraulische Antriebstechnik. Wir haben eine sehr hohe Produktivität, obwohl die Wertschöpfung genauso weit geht wie bei anderen Unternehmen. Das kommt daher, dass wir konsequent in Maschinen und die Automatisierung der Fertigungsprozesse investieren. Dadurch bekommen wir einen hohen Pro-Kopf-Umsatz. Von Zulieferern beziehen wir nur die Gehäusegussteile, ansonsten möchten wir die Wertschöpfung im Hause behalten. Unsere Fertigungstiefe beträgt 90 Prozent. Mit dem Zukauf von Vectron Elektronik können wir heute zudem Frequenz- umrichter fertigen. Auch die Motoren stellen wir selbst her.
KEM: Gibt es einen strategischen Kurs oder eine Vision von Bonfiglioli?
Bonfiglioli: Unsere klare Vision beinhaltet den Vorsatz, der Nachfrage der Kunden gerecht zu werden. Noch vor fünf bis zehn Jahren waren die Bedürfnisse simpel im Vergleich zu heute, wo wir Qualität als Standard ansehen. Viel wichtiger ist in jeder Hinsicht der Service geworden. Auch die Zeit der antriebstechnischen Systeme ist überholt. Der Kunde möchte nicht mehr nur einem Verkäufer gegenüber sitzen, sondern jemandem, der partnerschaftlich gemeinsam mit ihm für die applikationsbedingten Bedürfnisse seiner Maschine die optimale Lösung kreiert. Solch eine Entwicklung kann sich über Monate hinziehen. Wir haben uns also vom Lieferanten zum Berater und Lösungsanbieter entwickelt.
KEM: Im März präsentierten Sie auf der Bauma unter anderem die Produktlinie Trasmital. Welchen Stellenwert hat der mobile und welchen nimmt der industrielle Bereich ein?
Bonfiglioli: Die Anteile Trasmital zu Industrie betragen rund 40 zu 60 Prozent. Im mobilen Bereich sind wir sehr erfolgreich. Im Jahr 2003 hatten wir hier ein Wachstum von 9 Prozent, obwohl sich der Markt insgesamt nicht so toll entwickelt hatte. Wir kümmern uns hier ganz speziell um jede einzelne Applikation. Allein das sicherheitstechnische Risiko, dass hier berücksichtigt werden muss, ist von großer Bedeutung und erfordert eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem Kunden. Hier haben wir weniger externen Wettbewerb als den Wettbewerb mit uns selbst. Technisches Know-how und Erfahrung spielen eine große Rolle. Im Laufe der Jahre haben sich fünf Serien mit unterschiedlichen Baugrößen herausgebildet, die als Basis für eine applikationsspezifische Weiterentwicklung dienen.
Im Industriebereich verkaufen wir 80 Prozent Standardprodukte, die Applikationen sind eher einfacher Natur und werden mit Katalogware bedient. Wir haben es mit einer starken deutschen und zunehmend auch chinesischen Konkurrenz zu tun. Service, Produktstandards und Kosten sind die Kriterien, über die der Kunde hier entscheidet. Den Ansatz der engen Kundenbeziehung verfolgen wir bei Trasmital seit 1971. Zunehmend versuchen wir ihn auch auf den Industriebereich zu übertragen.
KEM: Welche Produkte bieten Sie im Industriebereich für welche Einsatzfälle an?
Bonfiglioli: Für unsere Industrieprodukte Getriebe und Getriebemotoren gibt es keine wesentliche Branchenspezialisierung. Sie finden Einsatz bei der Keramik- und Steinverarbeitung, in Nahrungsmittel- oder Verpackungsmaschinen, im Maschinenbau sowie der Textilindustrie bis hin zu überraschenden Applikationen wie zum Betätigen des Vorhangs der Pariser Oper oder zur Abdeckung eines olympischen Schwimmbads. Es ist unser Glück, im industriellen Umfeld so viele Applikationen in den verschiedensten Branchen bedienen zu können. Da können wir konjunkturelle Schwankungen leichter auffangen. Im Mobilbereich hängen wir hingegen von wenigen Kunden ab. Durch die Kombination Industrie und mobile Anwendungen stehen wir zusätzlich auf zwei Beinen.
KEM: Sie haben in den letzten Jahren einige Akquisitionen realisiert. Welche Ergebnisse können Sie jetzt verzeichnen?
Bonfiglioli: Mit der Akquisition von Vec-tron Elektronik im Jahr 2000 haben wir unserer Idee von einer Synergie des mechanischen Know-hows aus Italien und des elektronischen Know-hows aus Deutschland umgesetzt. Bei unserer Suche nach einem geeigneten Elektronikspezialisten fanden wir in Deutschland die besten Adressen. Das Geschäft mit Vectron läuft gut, im Jahr 2003 haben wir 20 Mio. & erwirtschaftet und erwarten auch für 2004 weiter stark steigendes Wachstum. Die 2. Akquise erfolgte im vergangenen Jahr mit der Firma Tecnoingranaggi. Das kleine aber sehr wichtige Unternehmen ist auf spielarme Planetengetriebe für die Automatisierung spezialisiert. Diese Akquisition verbessert unsere Möglichkeiten als Systemanbieter. Die Kunden tendieren zunehmend vom mechanischen zum elektronischen und spielarmen Getriebe. Wir sind überzeugt, dass dieser noch kleine Markt wachsen wird. Auch die Motoren werden sich von den jetzigen AC-Motoren hin zu Brushless DC Motoren, also von ehemaligen mechanischen Produkten hin zu Systemen verändern.
KEM: Eines Ihrer Ziele ist es, den deutschen Markt auszubauen. Warum ist dieser Markt so wichtig für Sie?
Bonfiglioli: Zum einen sind in Deutschland die meisten der Top Unternehmen zu Hause, zum anderen gibt es in keinem Markt der Welt eine Kundschaft, die so hohe Ansprüche stellt. Es ist schwer Fuß zu fassen, aber wer hier erfolgreich ist, besteht weltweit. Ansonsten wird man zu einem Nischenlieferant für Südeuropa oder andere Länder. Als ausländisches Unternehmen muss man eher ein noch höheres Niveau bieten, um überzeugen zu können. Dabei ist der Preis zumindest im mobilen Bereich nicht das entscheidende Element, sondern nur eine Komponente des Gesamtpaketes. Auch die Qualität wird nicht am Produkt selbst gemessen sondern ebenfalls am Gesamtpaket. Der Erfolg setzt sich also aus vielen Komponenten zusammen.
Quergefragt:
Die italienische Konjunktur 2004…
…wird leider nicht so fantastisch wie wir sie 2003 erwartet haben, aber sie wird für Bonfiglioli gut sein.
Der Beitritt der Türkei in die EU wäre…
….eine gute Chance, um ein größeres Europa als positives Gegengewicht zu den USA zu bekommen.
Das Geheimnis des italienischen Pizzateigs…
.. kann Ihnen mein Mann verraten.
La Dolce Vita bedeutet für mich…
…meine vielen Träume zu 90 Prozent durch harte Arbeit wahr werden zu lassen.
An Deutschland schätze ich …
..die blonden Männer mit blauen Augen, für die ich schon in meiner Jugend geschwärmt habe.
Firmensteckbrief
  • Gründung 1956
  • Produkte: Getriebemotoren, Planetengetriebemotoren für mobile Anwendungen und Antriebselektronik
  • Mitarbeiter: 1500
  • Umsatz 2003: 295 Mio $
  • Produktion: Italien, Deutschland, Indien
  • Montage: 11 Länder, u. a. Südafrika, Australien, USA
Weitere Informationen
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