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Piezosysteme lernen laufen

Linearantrieb bewältigt Millimeter-Stellwege mit Nanometer-Auflösung
Piezosysteme lernen laufen

Immer mehr Anwendungen fordern genaue Positionierungen im Nanometerbereich. Piezoantriebe eignen sich dafür, um dies zu realisieren. Dank einer neuen Entwicklung können diese nun auch beliebig lange Stellwege „durchschreiten“.

Moderne Halbleiterfertigung, optische Inspektion, aber auch Produktionsanlagen und Biotechnologieanwendungen verlangen immer häufiger hochgenaue Positionierungen im Nano- und Subnanometerbereich. Klassische Motor-Spindel-Kombinationen können dieses nicht leisten. Mit Piezoelementen, die sich beim Anlegen einer elektrischen Spannung in Längs- oder Querrichtung präzise verformen, lassen sich zwar Bewegungen mit Genauigkeiten von unter einem Nanometer erzeugen. Die Wege beschränkten sich jedoch bisher auf einige Mikrometer. Mit neuen technischen Ansätzen haben nun Piezoantriebe das Laufen gelernt. Die Idee dazu hatten Physiker und Ingenieure der in Karlsruhe ansässigen Firma Physik Instrumente (PI). Sie haben neuartige Linearantriebe entwickelt, die theoretisch unbegrenzte Stellwege mit höchster Auflösung bieten.

Atomgenau positionieren
Mit einer Auflösung unter 1 nm positioniert der Nexline Linearantrieb wesentlich genauer als konventionelle Motor-Spindel-Kombinationen. Er bewegt schwere Lasten bis 400 N und kann Stellwege bis zu 20 mm zurücklegen. Die prinzipielle Funktionsweise dieses Antriebs ist einfach zu verstehen. Wird an piezoelektrischen Materialien eine elektrische Spannung angelegt, entsteht eine äußerst präzise Auslenkung. Diesen Effekt machen sich die Linearantriebe zunutze. Piezoaktoren mit unterschiedlichen Bewegungseigenschaften sind hier miteinander kombiniert. Entsprechend angesteuert lassen sich dann sowohl Klemm- als auch Schubbewegungen realisieren: Am Läufer sind zwei vorgespannte Antriebsmodule symmetrisch angeordnet, die jeweils aus vier Stapeln mit Längs- und Scherpiezos bestehen. Die Stapel halten und bewegen den Läufer gemeinsam. Dabei arbeiten immer mindestens zwei Stapel pro Modul synchron. Im Analogmodus schieben alle Scherpiezos den Läufer mit einer Auflösung von 50 Picometer. Dabei bleibt die Bewegung jedoch auf typischerweise 2 bis 6 µm begrenzt. Bei größeren Stellwegen schaltet die Regelelektronik deshalb automatisch auf den Schrittmodus um: Zuerst werden pro Modul zwei Stapel mit den Längspiezos angehoben, während die anderen beiden Stapel den Läufer halten. Dann schieben die Scherpiezos der klemmenden Stapel den Läufer weiter, genau wie im Analogmodus. Die Scherpiezos der nicht-klemmenden Stapel werden zeitgleich entgegen der Läuferbewegung ausgelenkt. Als Nächstes wird „umgeklemmt“: Die beiden anderen Piezo-Stapel sind an der Reihe und werden angehoben bzw. abgesenkt. Die Scherpiezos der nun klemmenden Stapel schieben den Läufer ebenfalls weiter – der Bewegungsablauf wiederholt sich. Im Prinzip entspricht dieses Bewegungsmuster der Schrittmechanik beim Gehen: „Fuss“ anheben, nach vorne bringen, absetzen, nach hinten bewegen.
Harmonischer Gang
Durch „Umklemmen“ kommt es bei diesem Ablauf zu kurzzeitigen Unterbrechungen der Bewegung, die aus zwei Halbschritten besteht. Dies wird in der Praxis jedoch umgangen, indem die Klemmung eines Stapelpaares bereits während der Scherbewegung des anderen gelöst bzw. gesetzt wird. Das „Gangbild“ ist deutlich harmonischer: Für die Praxis bedeutet dies, dass die Last über den gesamten Weg mit nahezu konstanter Geschwindigkeit bewegt wird.
Nach Erreichen der Zielposition kann mit den Scherpiezos die Position aktiv nachgeregelt werden. Dadurch kann man beispielsweise Schwingungen kompensieren. Die dabei mögliche Auflösung ist theoretisch unendlich, sie wird lediglich begrenzt durch die Steifigkeit des Systems, die Präzision der angelegten Spannung und den verwendeten Weg-Sensor. Die heute üblichen Sensoren erlauben Korrekturen bis in den Picometerbereich. 50 Picometer – das entspricht dem halben Durchmesser eines Wasserstoffatoms – wurden bis jetzt schon realisiert.
Durch die Vorspannung gegen den Läufer sind Piezo-Linearantriebe selbsthemmend – bis zu 600 N Last pro Antrieb. Somit wird zum Halten einer Position keine elektrische Spannung benötigt, also weder Energie verbraucht noch Wärme produziert. Durch die Selbsthemmung sind die Antriebe auch betriebssicher gegen Stromausfall. Ein weiterer Vorzug ist die Wartungsfreiheit, da die Antriebe keinerlei bewegte Teile im klassischen Sinn verwenden. In der Halbleiterfertigung finden die vakuumtauglichen Nexline Linearantriebe bereits vielfach Anwendung.
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