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Mikroantriebe: Motoren und Planetengetriebe im Millimeter-Bereich

Mikroantriebe
Motoren und Planetengetriebe im Millimeter-Bereich

Mikroantriebe sind Schulbeispiele der Mikrosystemtechnik. Unter den gegenwärtig in den Markt eingeführten Antrieben mit wenigen Millimetern Durchmessern ist ein Mikroantrieb mit 1,9 mm Durchmesser der Kleinste und ein weltweiter Technologiesprung.

 

Autor: Christian Thüringen ist Produktmanager bei der Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG, Schönaich

Inhaltsverzeichnis

1. Zur Entwicklung von Mikroantrieben
2. Mikrotechnik für die Einzelteil-Fertigung der Getriebe
3. Mikroantriebe als Technologiesprung

Berechnungen ergaben, daß zur Erzielung einer optimalen Drehmomentausbeute bei Mikromotoren nur ein Synchronmotor mit permanenterregtem Läufer in Frage kommt. Die Frage der Strangzahl und der Ständerwicklung wurde nach umfangreichen Vergleichsrechnungen und Untersuchungen unterschiedlicher Fertigungstechniken zugunsten einer dreisträngigen Schrägwicklung nach dem Faulhaber-Prinzip entschieden.
Auch die Frage, welches Magnetmaterial zum Einsatz kommen sollte, wurde erst nach sehr intensiven Versuchen und Berechnungen gelöst. Zur Wahl standen Samarium-Kobald- (SmCo) oder Neodym-Eisen-Bor-Magnete (NdFeB). Obwohl NdFeB-Magnete die größere maximale Energiedichte aufweisen, bieten bei extrem kleinen Geometrien SmCo-Magnete einige Vorteile. Erst eine entsprechende Optimierung des magnetischen Kreises und aufwendige Bearbeitungsprozesse für die Magnete, ermöglichen es, die Vorteile des NdFeB-Materials richtig auszunutzen. Konsequenterweise kommt also nur dieser Magnettyp mit einer speziellen Goldschicht als Korrosionsschutz zum Einsatz.
Ein weiteres Problem, das im Rahmen der Entwicklungsarbeit gelöst werden mußte, war die Motorwellenlagerung. Zur Diskussion standen zwei, schon seit langem in der Uhrenindustrie bewährte Lagerarten: Miniatur-Kugellager und Gleitlager in Form von Lochsteinen. Allerdings wurden diese bisher ausschließlich bei sehr niedrigen Drehzahlen betrieben. Erfahrungen mit hohen Drehzahlen lagen nicht vor.

Zur Entwicklung von Mikroantrieben

Von theoretischen Betrachtungen begleitete Versuche zeigten, daß für die gestellte Aufgabe die Summe der Reibverluste bei Miniatur-Kugellagern deutlich größer ist. Außerdem ergaben die Lebensdauertests, daß auch Gleitlager mit optimalen Schmierstoffen hervorragende Standzeiten erreichten. Bei den Versuchen wurden Drehzahlen von über 100 000 1/min und Lebensdauern von mehreren tausend Stunden erreicht. Folgerichtig werden bei den Faulhaber Mikromotoren ausschließlich Gleitlager eingesetzt.
Als Entwicklungsergebnis lauten die Nenndaten des 1,9 mm-Motors:
  • Nennspannung: 0,5 Veff
  • Maximale Drehzahl: 100 000 1/min
  • Abgabeleistung: 340 mW
  • Kippmoment: 7,5 µNm
Untersuchungen und Berechnungen ergaben, daß in diesem Motor noch weiteres Entwicklungspotential vorhanden ist.
 
In der Antriebstechnik werden eher große Drehmomente als hohe Drehzahlen benötigt. Für ein derartiges Anforderungsprofil sind auch in der Mikrosystemtechnik Getriebe ideale Drehmomentvervielfacher.
Für den Aufbau eines Mikrogetriebes wurden zunächst die in der Feinwerktechnik üblichen Bauformen Stirnrad-Standardgetriebe, Stirnrad-Planetengetriebe und hochübersetzende Sonderbauformen untersucht. Planetengetriebe bieten eine hohe Leistungsdichte, da sich bei ihnen die zu übertragende Leistung auf mehrere Zahneingriffe verteilt. Ihr in der Feinwerktechnik weit verbreitete Aufbau – mit Antrieb über das Sonnenrad und Abtrieb über den Steg – ist auch für ein universell einsetzbares Mikrogetriebe die günstigste Bauform.
Da bei Mikrogetrieben die Eingangsdrehzahl bis zu 50 000 1/min beträgt, erfordert die Optimierung des Verzahnungsprofils besondere Aufmerksamkeit. Von den in der Feinwerktechnik eingesetzten Verzahnungsprofilen sprachen für die Evolvente ihre Unempfindlichkeit gegenüber Achsabstandsänderungen, ihre Eignung für hohe Drehzahlen und ihre vielfältige Modifizierbarkeit nach DIN 58400.
Aus Gründen der Tragfähigkeit, der Herstellbarkeit und des Betriebsverhaltens wurde der relativ große Modul von 55 µm gewählt.
Die Zähnezahlen betragen:
  • für das Sonnenrad: z1 = 10
  • für das Planetenrad: z2 = 8
  • für das Hohlrad: z3 = -26
Daraus resultieren:
  • Übersetzung der Einzel-Getriebestufe: 3,6
  • Gesamtübersetzung des dreistufigen Getriebes: 47
  • mögliche Getriebestufen höherer Übersetzung
Auffallend bei der Konstruk-tion des Planetengetriebes ist der vormontierbare zweiteilige Steg. Um die Kräfte an den Stegachsen mit 180 µm Durchmesser aufnehmen zu können und eine Schiefstellung zu vermeiden müssen diese Achsen auf beiden Seiten eingespannt werden. Zwischen den Planetenrädern ist ausreichend Platz für steife Verbindungselemente, die ebenfalls auf einem ringförmigen Träger des Stegunterteiles angeordnet sind. Das Sonnenrad der nachfolgenden Stufe bzw. die Abtriebswelle sind in den oberen Teil des Steges integriert.

Mikrotechnik für die Einzelteil-Fertigung der Getriebe

Entsprechend der Erfahrung des IMM sind Getriebe dieser Größe gut montierbar. Das ermöglichte für große Stückzahlen den Einsatz des kostengünstigen Mikrospritzgießens. Dieses unterscheidet sich vom konventionellen Spritzgießen z. B. durch Evakuieren der Kavitäten vor dem Einspritzen.
Die Strukturen der Mikrobauteile sind sehr exakt zueinander zu positionieren. Ein Beispiel hierfür ist die Lage der Bohrung zur Verzahnung der Planetenräder. Zudem müssen die Formen der Zahnräder Innenradien kleiner 15 µm aufweisen.
Lithographische Fertigungsverfahren erfüllen diese Forderungen. Da für das Mikrogetriebe sehr hohe Mikrostrukturen (Hohlrad 2,3 mm) benötigt werden, bietet sich das Liga-Verfahren an. Dieses ermöglicht senkrechte Seitenwände mit einer Oberflächenrauheit von Ra = 20 bis 40µm und den Wegfall von Entformungsschrägen an den Mikrostrukturen. Die hervorragende Oberflächenqualität wirkt sich ebenfalls äußerst positiv auf Getriebewirkungsgrad und Verschleiß aus.
Betriebsergebnisse der Mikroantriebe
Der neue Faulhaber-Mikroantrieb mit 1,9 mm Durchmesser hat im Dauerbetrieb folgende Werte:
  • mehr als 1.500 Betriebsstunden
  • 150 µNm maximales Abtriebsdrehmoment bei dreistufiger Getriebeausführung
  • 50 Prozent Wirkungsgrad

Mikroantriebe als Technologiesprung

Die Herstellung Mikroantrieben mit Durchmessern kleiner zwei Millimeter erfordert die Anwendung von Mikrotechniken in Kombination mit der Feinwerktechnik. Für die Entwicklung des weltweit einzigartigen 1,9 mm-Antriebs war deshalb die Kooperation von zwei Partnern mit spezifischem Know-how notwendig: Dem Institut für Mikrotech-nik Mainz GmbH (IMM) mit seinem umfangreichen Wissen um Mikrostrukturen und der Firma Dr. Fritz Faul-haber GmbH & Co. KG in Schönaich, die seit Jahrzehnten auf dem Gebiet der elektrischen Kleinstantriebe tätig ist.
 
Die Faulhaber-Applikationsingenieure unterstützen die Kunden bei der Auswahl und bei der Kombination der Katalog-Standardkomponenten. Sie erarbeiten angepaßte Lösungen mit modifizierten Standardkomponenten – Kontaktierung (z.B. Litze mit Stecker, Flexboard, …), Sonderabtriebe (z.B. Ritzel, Buchse, D-Profil, Querbohrungen, …), die Eignung für spezielle Umgebungsbedingungen (z.B. Tieftemperatureinsatz, Hochtemperatureignung, Vakuum, …), Befestigungsflansche usw. Optimal für den Endkunden ist auch das Erarbeiten kundenspezifischer Lösungen für rotatorische und translatorische Antriebe – mit oder ohne Positionsrückmeldung – besonders für kleine verfügbare und verwinkelte Bauräume.

 

Kontakt:
Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG
Daimlerstraße 23/25
71101 Schönaich
Tel.: +49 7031 638-0
Mail: info@faulhaber.de
www.faulhaber.com

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