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Drehpunkt auf Wanderschaft

Scharniere für Elektronik, Klimatechnik sowie Maschinen- und Anlagenbau
Drehpunkt auf Wanderschaft

Auch bei vermeintlich trivialen Produkten wie Scharnieren sind Innovationen möglich. Beispiel: Als ein Hersteller von Reisemobiltüren einen Beschlag suchte, der sich dem modernen Design der Caravans anpasst, entstand ein Scharnier, das über eine Zahnstange angetrieben wird. So befindet sich der Drehpunkt nicht mehr an einer definierten Stelle, sondern die Achsen drehen sich um einen virtuellen, wandernden Drehpunkt.

Auf- oder innenliegend, aushängbar, für unterschiedliche Abkantungen und Öffnungswinkel, zum Anschweißen, Schrauben oder Klemmen und in verschiedensten Materialien – groß ist die Auswahl, die Emka allein im Scharnier-Standardprogramm anbietet. Und das hat seinen Grund: Je nachdem, wie dicht die Gehäuse gegen Staub, Feuchtigkeit und Umwelteinflüsse schließen soll, muss das Scharnier passend gewählt werden. „Viele unserer Kunden bestellen aus dem Katalog, bei Bedarf unterstützt durch einen unserer Fachberater“, gibt Martin Grunert, technischer Geschäftsführer des Unternehmens zu verstehen. Verschlusslösungen werden aus einem Baukasten ausgewählt und entsprechend den Anforderungen modular aufgebaut. Dabei wird immer auf Standardkomponenten zurückgegriffen, die sich in einigen Modulen, beispielsweise den Betätigungen, unterscheiden. Die Scharniere als eine der Verschlusskomponenten werden dann passend den anderen gewählt.

Standard ist gut, Spezielles ist besser
Dass es immer wieder Fälle gibt, wo ein Blick in den Standardkatalog nicht ausreicht, zeigt folgendes Beispiel: Ein Hersteller von Türen für Reisemobile trat an Emka mit der Forderung heran, dass das Scharnier die Außenseite des Wohnmobils nicht beeinträchtigen darf. Was auf den ersten Blick trivial klingt, verlangte den Entwicklern aus Velbert einiges ab. „Bei heutigen Reisemobilen sieht man relativ klobige Konstruktionen, der Drehmechanismus wird mit einem außenliegenden Scharnier realisiert“, sagt Grunert. Nachteile dieser Lösung sind eine unschöne Optik, unterbrochene Dichtungen und Fahrgeräusche. Auch kommt es zu Schmutzstreifen durch Wind und Regen.
Der Lösungsansatz war schnell klar: Nur ein Scharnier, welches in der Wandung der Tür verschwindet, konnte die Aufgabe lösen. Der Türhersteller gab Verkantung, Bauraum und einen Öffnungswinkel von 180° vor. Hinzu kamen Anforderungen, die auch im Schaltschrankbereich, der Hauptabnehmerbranche Emkas, relevant sind, beispielsweise Komfort, Korrosionsschutz, Geräuschentwicklung oder Belastung. Um das sicherzustellen, verfügt Emka über ein eigenes Prüflabor, in denen auch Dauerbelastungstests durchgeführt werden können. „Auch mussten wir bestimmte Unfallsituationen simulieren. Die Tür darf schließlich bei einem Unfall nicht aufreißen, da sich jemand im Reisemobil befinden kann“, erklärt der Entwicklungsleiter. Hingegen muss aber sichergestellt sein, dass sich die Tür, auch wenn sie von außen verschlossen ist, bei Gefahr von innen öffnen lässt.
Ergebnis intensiver Entwicklungsarbeit ist ein komplett neues Scharnier speziell für diese Anwendung, das über eine Zahnstange angetrieben wird und komplett aus dem Sichtfeld verschwindet, was den Gesamteindruck des Caravans nicht beeinträchtigt. „Normalerweise ist bei einem Scharnier der Drehpunkt an einer Stelle, zwei Achsen drehen sich also um einen Punkt. Wir haben hier einen virtuellen Drehpunkt entwickelt, der wandert“, fügt Martin Grunert erklärend hinzu.
Ein anderer Kunde wollte ein Scharnier für Verteilerkästen haben, welche in etwa 12 m Höhe an Strommasten befestigt werden. Dabei muss die geöffnete Tür in einer bestimmten Stellung einrasten, weil zu Servicezwecken im Gehäuse gearbeitet werden muss und die Tür dabei natürlich nicht zuschlagen darf. Auch für diese Anwendung wurde ein spezielles Scharnier entwickelt.
Dass Emka in der Lage ist, auch derartige Sonderwünsche schnell zu realisieren, liegt unter anderem daran, dass man Werkzeugbau, Spritzguss, Schäum-, Umform- und Oberflächentechnik sowie Montage aus einer Hand anbieten kann. Zudem investiert man immer wieder viel Geld in die Fertigung mit dem Ziel, Fertigungs-Know-how im Haus zu halten. „Daraus resultieren kurze Reak- tionszeiten“, betont Martin Grunert. „Wir liefern viele unserer Produkte noch am gleichen Tag der Bestellung.
Dass Emka schnell und flexibel reagiert, lässt auch daran erkennen, dass die Entwicklung eines Scharniers inklusive Abstimmung mit dem Kunden nur etwa drei Monate dauert.
Von der Idee zum Produkt
Schon am Bildschirm werden die Scharnierbewegungen für eine Kollisionsprüfung simuliert; eine gute Möglichkeit, zu sehen, ob alles funktioniert und passt. Dann wird per FEM berechnet, wie sich das Scharnier unter Belastung verhält. Bei Spannungsspitzen oder größeren Verformungen wird entschieden, ob möglicherweise mit einem anderen Material gearbeitet oder die Geometrie geändert werden muss.
Nach Abschluss der ersten Entwicklungsschritte erstellt Emka Prototypingteile. Dazu werden die CAD-Daten direkt auf einen Rechner geschickt, der eine Maschine ansteuert, welche aus einigen hundert Düsen mit einem 2K-Material die entsprechenden Teile formt. Dadurch können Kunden ihr Produkt in Originalgröße schon mal in ihre Konstruktion einbauen und sehen, ob Optik und Größe gefällt. „Zwar lässt sich in diesem Stadium nicht die Steifigkeit des Endproduktes überprüfen, aber erste Bewegungsversuche sind durchaus möglich“, erklärt Grunert. „Beispielsweise sind wir in der Lage, ein Scharnier über seine Zahnstange zu bewegen. Auf einer solchen Basis lässt sich dann auch gut mit dem Kunden diskutieren und die Entwicklung zielorientiert durchführen.“
Aus den Prototypen werden im nächsten Schritt bei Bedarf Kleinstserien gefertigt. Dazu werden die Urmuster mit flüssigen Silikon umgossen. Das durchgehärtete Silikon wird anschließend aufgeschnitten und das formgebende Teil herausgenommen. Diese Kleinstserienteile haben schon die Funktionalität und Festigkeit wie sie ihre spätere Anwendung erfordert.
Das Ganze dauert bis zur Präsentation beim Kunden zwei oder drei Tage. Den größten Vorteil sieht Martin Grunert jedoch darin, dass neben der Schnelligkeit bis zu diesem Zeitpunkt noch kein teures Werkzeug gebaut wurde, Änderungen also jederzeit ohne großen finanziellen Aufwand möglich sind. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn der Abstimmungsaufwand besonders groß ist. „Mit unseren speziellen Möglichkeiten können wir unseren Kunden so funktionsfähige und belastbare Muster zeigen“, ergänzt er.
„Wer ein neues Scharnier haben will, hat in der Regel auch einen neuen Schaltschrank entwickelt“, gibt Grunert zu verstehen. „Die Kunst dabei ist, die Beschläge nachträglich auf die Geometrie des Schrankes abzustimmen.“ Viel besser ist es natürlich, wenn bereits in der Entwicklungsphase der Scharnierhersteller als Partner hinzugezogen wird. Gutes Beispiel dafür ist das Unternehmen Striebel & John, für das Emka ein Scharnier mit mehreren Funktionen entwickelt hat. „Da fungiert das Scharnier nicht nur als Scharnier, sondern auch als Wand- und Verschlusshalter“, sagt der technische Geschäftsführer stolz. „Das war nur dadurch möglich, weil die Entwicklung des Scharniers schon parallel zu der des Schrankes lief.“
Scharniere KEM 451
Verschlüsse KEM 452
Griffe KEM 453

Emka in Kürze
    • Mitarbeiter: etwa 800
    • Umsatz: rund 125 Mio. €
    • Kundenstruktur: Elektronik, Maschinenbau, Klimatechnik, Anlagenbau, Telekommunikation, Computertechnik
    • 18 000 Artikel: Vorreiber, Stangenschlösser, Verschlusssysteme (auch elektronisch), Griffe, Scharniere, Dichtungen, Aufsatzfenster und Komplettüren
    • Werkzeugbau, Spritzguss, Schäum-, Umform- und Oberflächentechnik sowie Montage unter einem Dach
    • Niederlassungen in Belgien, China, Finnland, Griechenland, Großbritannien, Indien, Italien, Kroatien, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakei, Spanien, Tschechei, Türkei, Ungarn, USA

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