Startseite » Allgemein »

Die Zukunft funkt

RFID als Baustein für Industrie 4.0
Die Zukunft funkt

Radio Frequency Identification (RFID) ist ein unverzichtbares Hilfsmittel zur variantenreichen Produktion und gilt als wichtiges Element für die postulierte vierte industrielle Revolution. Kann die Technik diese Erwartungen erfüllen?

Der Autor: Markus Weinländer, Leiter Produkt- management, Siemens, Nürnberg

Der Start der industriellen Massenfertigung zu Beginn des 20. Jahrhunderts war eine ziemlich eintönige Sache: nicht nur für die Arbeiter, sondern auch im Hinblick auf das hergestellte Produkt. „You can get it in any color as long as it is black“ sagte Henry Ford über dieses Erzeugnis, sein legendäres „Model T“. Den Kunden war dies egal: Es gab einen riesigen Bedarf für kostengünstige und zuverlässige Automobile. Beide Ziele – steigende Qualität und sinkende Kosten – konnten nur durch eine immer stärkere Standardisierung der Abläufe erreicht werden .
Seit dieser Zeit hat sich viel verändert. Nicht nur der Komfort, die Sicherheit und die Fahrleistung heutiger Automobile würden einen Entwicklungsingenieur von damals ungläubig staunen lassen, auch die Produktionstechnik hat sich grundlegend gewandelt. Der Einsatz von Robotern und „intelligenten“ Maschinenzellen haben den Fahrzeugbau nicht nur effizienter, sondern auch deutlich flexibler gemacht. Statt einer Farbe kann der Kunde heute aus dutzenden Farbtönen wählen und sich zudem für unterschiedliche Stoff- oder Ledervarianten, diverse Entertainment-Optionen und weitere Ausstattungsmöglichkeiten entscheiden. Doch der Hauptgrund für diesen Wandel ist nicht nur die Produktionstechnik, sondern auch die veränderte Marktsituation. Aufgrund von breitem Wettbewerb, bestehenden Überkapazitäten in der Branche sowie einem durchgängig hohen Standard, der die eigentliche Produkteigenschaft (sicher, schnell und bequem fahren) bei allen namhaften Herstellern als „gesetzt“ gelten lässt, können sich die Konzerne nur über eine immer breitere Differenzierung ihres Angebots im Wettbewerb behaupten – durch die Konfigurierbarkeit der Fahrzeuge als auch durch immer speziellere Modelle.
Bindeglied zwischen realer und virtueller IT-Welt
Ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Produktion ist die RFID-Technik. Hier werden drahtlos auslesbare Datenspeicher (die sogenannten Transponder) am Fahrzeug oder dem Träger (Skid) befestigt und an jeder Produktionsmaschine mit einem Funk-Lesegerät (Reader) ausgelesen. Dieses Prinzip macht es möglich, dass unterschiedlichste Fahrzeuge bis zur „Losgröße 1“ auf ein und derselben Linie gefertigt werden können.
Nun wird seit rund zwei Jahren intensiv über „Industrie 4.0“, die vierte industrielle Revolution, diskutiert, mit der die Produktionsweise ähnlich gravierend umgestaltet werden soll wie dies mit Fließband und Automatisierung erfolgt ist. Kern dieser Vision sind sogenannte „Cyber-Physical Systems“ (CPS), Systeme also, mit denen die physikalische Ausprägungen und die Informationstechnologie in einer Komponente integriert wird. Seitens des AIM-Verbands, der Vereinigung der RFID- und Barcode-Hersteller, könnten sich RFID-Chips zu wichtigen Bestandteilen solcher CPS entwickeln. Heute dienen die RFID-Transponder als Bindeglied zwischen der realen Welt der Dinge und der virtuellen IT-Welt. Dazu gibt es bereits RFID-Transponder, die neben dem Datenspeicher auch über zusätzliche Sensorik verfügen. Nun ist es vorstellbar, dass zu dieser Kombination aus Speicher und Messwerterfassung auch eine Verarbeitungseinheit (CPU) hinzukommt, die vorprogrammierte Regeln abhängig von Speicher- und Sensordaten ausführen kann. Die elektrische Energie könnte dabei durch „energy harvesting“ gewonnen werden.
Solche Transponder könnten zum einen eine wichtige Verdichtung der Sensordaten vornehmen. Statt jeden Messwert zu melden, könnte der Transponder sich nur beim Überschreiten von Grenzwerten, beim Auftreten gewisser Durchschnittswerte usw. per Funk melden. Zum anderen könnten vom dem RFID-System Entscheidungen getroffen werden, ob zum Beispiel eine zusätz-liche Qualitätsprüfung notwendig ist. Dies würde das heutige Automatisierungsparadigma, dass nämlich passive Werkstücke durch die Linien geschleust und von „intelligenten“ Maschinen mit entsprechenden Steuerungsprogrammen bearbeitet werden, ein Stück auf den Kopf stellen – das Werkstück wird zur aktiven, steuernden und „intelligenten“ Komponente.
Doch ob dieses Konzept realisierbar oder gar wünschenswert ist, wird derzeit noch als unklar angesehen. Nicht umsonst gilt die Vision „Industrie 4.0“ als Forschungsprojekt, das die Unternehmen und Forschungseinrichtungen über viele Jahre und Jahrzehnte beschäftigen wird. Dennoch sind Visionen wie das „intelligente“ Werkstück wichtig.
Erinnern wir uns an einen europäischen Zeitgenossen von Henry Ford: Der Franzose Jules Verne als Vater der Science Fiction hat viele Entwicklungen prognostiziert wie Passagier-Raumschiffe oder private Hubschrauber, die jeder Einwohner nutzt wie wir heute unser Auto. Dies ist so nicht gekommen, aber der wesentliche Aspekt – ein Höchstmaß an individueller Mobilität auch für weiteste, internationale Strecken – hat die Welt und das moderne Leben von Grund auf verändert. Vernes Ideen mögen dabei die Zeitgenossen angestachelt haben, über das damals Denkbare hinaus zu denken und das Bestehende grundsätzlich in Frage zu stellen. Nur so konnte ein dritter Zeitgenosse, Otto Lilienthal, den Weg bereiten von einem klapprigen und von vielen belächelten Segelflugobjekt hin zu einem Airbus A 380. Ähnlich wird es mit den Innovationen sein, die die Unternehmen zu einer realen, implementierten „Industrie 4.0“ führen werden. All die kleinen und größeren Konzepte werden die Art und Weise, wie wir produzieren und wirtschaften, von Grund auf verändern. I

Info & Kontakt
Siemens AG
Sektor Industry
Tel.: 0911 895-0 info@siemens.com
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

Mechanik, Elektrik und Software im Griff

Video-Tipp

Unterwegs zum Thema Metaverse auf der Hannover Messe...

Aktuelle Ausgabe
Titelbild KEM Konstruktion | Automation 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts
Webinare

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper
Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de