Startseite » Steuerungstechnik »

Multi-Master-Bussystem auf CAN-Basis von Pilz mit hoher Geschwindigkeit

Auf Nummer Sicher
Ereignisorientiertes Multi-Master-Bussystem auf CAN-Basis mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit

Die Automatisierungstechnik der vergangenen Jahre war geprägt durch große Veränderungen. Dies gilt vor allem für Feldbussysteme, welche die Modularisierung und Dezentralisierung von Maschinen und Anlagen ermöglichen. Ihre Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile, wie der immer kleiner werdende Verdrahtungsaufwand, die integrierten Diagnosemöglichkeiten und die Flexibilität bei der Anpassung an wechselnde Anforderungen sind allgemein bekannt.

 

Der Autor Dipl.-Ing. (FH) Klaus Stark hat ein Studium der Nachrichtentechnik, Vertiefungsrichtung Informatik, an der Fachhochschule Esslingen absolviert.

Sichere Bussysteme mit offenem Protokoll
Durch die unterschiedliche Ausprägung von Anlagen, beispielsweise in ihren Anforderungen hinsichtlich des Datenverkehrs und die Optimierung von Feldbussen nach unterschiedlichen Kriterien, haben sich mehrere Systeme als „Standard“ etablieren können. Grundsätzlich kommen die Vorteile der Vernetzung um so stärker zum Tragen, je größer die Maschine oder die Anlage ist und um so mehr Teilnehmer eingebunden werden können. Abhängig von den geforderten Aufgaben, wie z. B. der Sensordatenerfassung an der Maschine, oder dem Datenverkehr zwischen Anlagenteilen, wird den unterschiedlichen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der eingesetzten Feldbusse durch eine hierarchische Struktur für Bussysteme Rechnung getragen. Eine typische Klassifizierung beinhaltet den Fabrikbus, den Anlagenbus und eventuell ein eigenes Bussystem für den Sensor- und Aktorbereich.
Im Prinzip sind Bussysteme in analoger Art und Weise auch in der Sicherheitstechnik von Interesse, gilt es auch hier Geber, wie Not-Aus oder Schutztürschalter und Aktoren wie Schütze oder Ventile, in ähnlich komplexer Art und Weise zu verknüpfen. Den Anforderungen an eine sicherheitsgerichtete Vernetzung entspricht jedoch keines, der für den Standardbereich etablierten Bussysteme, in jedem Fall. Deshalb hat sich die Pilz GmbH & Co. KG entschieden, das Spektrum der Feldbusse um das der sicheren Bussysteme zu ergänzen.
Anforderungen an ein sicheres Bussystem
Betriebsmäßige Feldbussysteme entsprechen nicht den Anforderungen an eine „sichere“ Vernetzung. Der Grund liegt in den Forderungen der Maschinenrichtlinie mit der EN 292, „Allgemeine Gestaltungsgrundsätze – Sicherheit von Maschinen“, der EN 1050, „Risikobeurteilung der Maschine“ und in der EN 954-1, „Sicherheitsbezogene Teile von Maschinen“. Die EN 954-1 sieht für die Kategorie 4 vor, dass „ein einzelner Fehler in der Steuerung nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion führt“ und „der einzelne Fehler bei oder vor der Anforderung an die Sicherheitsfunktion erkannt wird.“ Und weiter: Falls dies nicht möglich ist, darf eine Anhäufung von Fehlern nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion führen.“ D. h. es gilt, vielfältige Fehlermöglichkeiten zu beherrschen.
Bei der Entwicklung des sicheren Bussystems wird durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht, dass jeder Übertragungsfehler auf dem Bus erkannt und beherrscht wird. So führt z. B. die Maßnahme „Echobetrieb“ dazu, dass der Verlust oder die Verzögerung von Daten sicher erkannt wird. Neben den rein auf die Daten-übertragung bezogenen Maßnahmen zum Erreichen der Sicherheit, sind weitere, das Bussystem selbst betreffende Maßnahmen notwendig.
Beispielsweise muss gewährleistet sein, den Ausfall eines Teilnehmers innerhalb einer gewissen Zeitspanne sicher zu erkennen.
Aufbau eines sicheren Bussystems
Sichere Bussysteme sind in ihrer Struktur wie betriebsmäßige Feldbusse aufgebaut, d. h. sie beinhalten typischerweise eine Zentraleinheit, mehrere dezentrale I/O-Module mit digitalen oder analogen Ein- und Ausgängen und direkt angeschlossene Feldmodule, wie z. B. Lichtgitter. Die Zentrale wird in der Regel nur über einige wenige I/O verfügen, um den lokalen Bedarf im Schaltschrank abzudecken. Als weitere Aufgaben übernimmt sie die Netzwerkkonfiguration, in der beispielsweise die Anzahl der Teilnehmer, die Datenübertragungsrate oder auch die Adressen der Teilnehmer hinterlegt sind. Die Programmierung des eigentlichen Sicherheitsprogramms erfordert darüber hinaus kein neues Wissen. Auch die Kopplung zum betriebsmäßigen Feldbus erfolgt in bekannter Weise entweder über geeignete Schnittstellenkarten oder über bereits in der Steuerung integrierte Anschaltungen.
Die dezentralen I/O-Module besitzen im Vergleich zur konventionellen Steuerung wenige I/O, um eine feine, lokale Untergliederung des Netzwerks zu ermöglichen. Über die dezentralen I/O-Module werden vorzugsweise Sicherheitseinrichtungen wie Not-Aus-Schalter- oder Schutztüren angebunden. Weiter ist eine Anbindung komplexer Feldmodule über die dezentralen Ein- und Ausgänge an den Sicherheitsbus möglich. Ein mögliches Anlagenlayout kann aus sicherheitstechnischer Sicht eine Untergliederung in Teilbereiche sinnvoll machen. Dem trägt die Möglichkeit zur Gruppenbildung innerhalb des sicheren Bussystems Rechnung.
So können z. B. sämtliche sicherheitsgerichteten Daten einer kompletten Anlage über nur einen Sicherheitsbus gesteuert werden. Teilbereiche können jedoch unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden. Im Fehlerfall (oder „Sicherheitsfall“) geht dann nur die jeweilige Gruppe in den sicheren Zustand.
Auswahl eines sicheren Bussystems
Für die betriebsmäßige Steuerung einer Anlage gibt es unterschiedliche Bussysteme, die in Hinblick auf die jeweiligen Anforderungen optimiert sind. Analog dazu differieren auch im sicherheitsgerichteten Teil der Steuerung die Anforderungen an das Bussystem. Anlagen mit überwiegend Not-Aus-Funktionen haben ein eher geringes sicherheitstechnisches Datenaufkommen, während zeitkritische Anwendungen, wie z. B. die Wellenbruchsicherung einer Presse, ein hohes sicherheitstechnisches Datenaufkommen mit sich führen.
Es kann anlagenbedingt jedoch auch die Kombination von Sicherheitsfunktionen mit geringem und hohem Datenaufkommen gefordert sein.
Hier wird deutlich, dass für diese Anforderungen ein ereignisorientiertes Busverfahren angemessen erscheint, das nur bei Informationsänderung auf den Bus zugreift. Im Gegensatz zu einem zyklisch arbeitenden Bus.
Das sichere Bussystem Safetybus p
Der Safetybus p basiert auf einem ereignisorientierten Busverfahren, d. h. Daten werden nur dann gesendet, wenn sich der Zustand an den I/O oder am Feldmodul geändert hat. Safetybus p eignet sich daher besonders gut zur Vernetzung von Anlagen mit unterschiedlich ausgeprägter Meldehäufigkeit und hohen Anforderungen an die Reaktionszeit.
Dabei handelt es sich um ein Multi-Master-System auf Basis des bewährten und etablierten Bussystems CAN. 64 Teilnehmer können mittels sicherheitsgerichteter Steuerungen der Systemfamilie PSS über Safetybus p verbunden werden. Teilnehmer sind dabei sowohl die sicherheitsgerichteten Steuerungen PSS als auch die dezentralen Ein-/Ausgabemodule oder direkt an Safetybus p angebundene Feldmodule wie beispielsweise Lichtschranken. Im ersten Schritt lässt sich eine Leitungslänge bis zu 3 500 m installieren. Mit den dezentralen I/O-Modulen (8 Eingänge/8 Ausgänge) können Geber (Not-Aus, Schutztür oder Zweihand) abgefragt oder auch Aktoren (z. B. Schütze) gesteuert werden. Safetybus p ist von der Bundesgenossenschaft nach EN 954-1 bis Kategorie 4 abgenommen und verfügt über die TÜV-Zulassung nach AK 6 der DIN 19250. Damit ist der Einsatz von Safetybus p in Sicherheitsapplikationen ohne Einschränkungen gewährleistet.
Für den Anwender sieht die Anlagenkonfiguration, unabhängig von zentraler oder dezentraler Anbindung, aus wie ein Prozessabbild von Ein- und Ausgängen. Damit können alle, für die sicherheitsgerichteten Steuerungen verfügbaren und durch BG und TÜV geprüften Software-Bausteine (Not-Aus, Zweihand ..) eingesetzt werden. Die Integration von optoelektronischen Schutzeinrichtungen in den Safetybus p, wie zum Beispiel die eines Lichtvorhanges, bietet dem Anwender zusätzlichen Nutzen. So können, neben der klassischen Aussage über den Zustand des Schutzfeldes, zusätzliche Diagnoseinformationen über eine mögliche Reduktion der empfangenen Lichtmenge übertragen werden, um Verschmutzung oder Dejustage schon im Vorfeld zu erkennen.
Safetybus p- und CAN-Produkte
Wie erläutert, wird die Sicherheit des Bussystems Safetybus p durch Maßnahmen im Telegrammaufbau und -verkehr gewährleistet. Damit ist aus Sicht der Sicherheit das Buskabel selbst als nicht sicher anzusehen.
Diese Vorgehensweise bietet nun den Vorteil, dass Zubehör für den Standardfeldbus CAN auch im sicheren Bussystem eingesetzt werden kann. Vornehmlich betrifft dies Standard CAN-Produkte wie beispielsweise Repeater, die die durch ohmsche und induktive Verluste gedämpften Signale bei langen Buslängen oder dünnen Adern verstärken. Solche Repeater sind auch einsetzbar, um in der linearen Topologie längere Stichleitungen zu realisieren. Lassen die speziellen Anforderungen der Anlage den Einsatz von Lichtwellenleitern als Übertragungsmedium geeignet erscheinen, können Standard CAN-Umsetzer von Kupfer auf Lichtwellenleiter auch für Safetybus p genutzt werden.
Safetybus p in der Praxis
Safetybus p ist seit 1997 in mehreren tausend Applikationen weltweit in den unterschiedlichsten Branchen im Einsatz, z. B.:
n Automobilindustrie
Insbesondere ausgedehnte Anlagen in Bereichen wie Rohbau, Presswerk, Lackieranlagen oder Fördertechnik sind prädestiniert für die sicherheitsgerichtete Vernetzung mit Safetybus p. Stillstandzeiten sind teuer. Safetybus p bringt Hilfe durch Diagnosefunktionen zur schnellen Identifikation der Fehlerursache und durch die Funktion der Gruppenabschaltung, die es erlaubt Teile einer Produktionstrasse für Wartungszwecke oder etwaige Umbauten stillzusetzen, ansonsten aber weiter produzieren zu können.
n Verpackungsmaschinen
Der modulare Aufbau von Verpackungstrassen aus Stapeleinheiten, Palettierautomaten und Folienschweißgeräten bedingt den Einsatz von vielfältigen Schutzeinrichtungen, wie Not-Aus, Schutztürüberwachung oder Lichtgitterüberwachung mit und ohne Mutingfunktionen. Daher bietet sich auch hier der Einsatz eines sicheren Bussystems an. Vorteile sind die Reduzierung des Schaltschrank-volumens und auch die Reduzierung des Verkabelungsaufwandes.
 
Pilz GmbH & Co. KG
Felix-Wankel-Straße 2
73760 Ostfildern
Tel.: +49 711 3409-0
Fax: +49 711 3409-133
E-Mail: info@pilz.de
 
Ausführliche Informationen
Safetybus p
KEM 493
Sicherheitssteuerungen
KEM 494
Digitale I/O
KEM 495
Netzwerkkomponenten
KEM 496
Spezifische Software
KEM 497
Vorteile des Sicherheitsbusses auf einen Blick
Sicherheit:
Ein sicheres Bussystem muss Sicherheit garantieren können. Deshalb verfügt Safetybus p als offenes, sicheres Bussystem über die:
– Zulassung durch die Berufsgenossenschaft bis einschließlich Kategorie 4 nach EN 954-1
n Zulassung durch TÜV für AK 6 nach DIN 19 250
n robuste Übertragungsphysik, die die EMV-Störungsunempfindlichkeit sichert
Verfügbarkeit:
Mit Safetybus p können sämtliche sicherheitsgerichtete Daten einer kompletten Anlage über nur einen Sicherheitsbus gesteuert werden
n Funktional zusammenhängende Teilbereiche können unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden. Insgesamt sind bis zu 32 Gruppen möglich
n Im Fehlerfall geht nur die betroffene Gruppe in Stillstand, die weiteren An-lagenbereiche bleiben in Betrieb
Wirtschaftlichkeit:
Safetybus p macht sicherheitstechnische Anwendungen wirtschaftlich. Dazu gehören:
n Flexibilität bezüglich wechselnder Anforderungen
n weniger Verdrahtungsaufwand durch Dezentralisierung
n weniger Stillstandszeiten durch durchgängige Diagnose
Offenheit und Kompatibilität:
Durch den Einsatz von Sys-temkopplern kann Safetybus p Daten mit allen anderen Standardfeldbussystemen austauschen. Damit lässt sich die sichere Vernetzung bspw. bei Unternehmen mit weltweit verteilten Produktionsstandorten und unterschiedlichen vor Ort im Einsatz befindlichen Feldbussystemen standardisieren.
Unsere Webinar-Empfehlung
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

Mechanik, Elektrik und Software im Griff

Video-Tipp

Unterwegs zum Thema Metaverse auf der Hannover Messe...

Aktuelle Ausgabe
Titelbild KEM Konstruktion | Automation 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts
Webinare

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper
Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de