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Werkstoff mit viel Potenzial

Igus GmbH, Köln
Werkstoff mit viel Potenzial

„i“ steht für Industrie und „gus“ für Spritzguss, also Spritzgussteile für die Industrie. Seit 50 Jahren produziert Igus Spritzgussteile und entwickelt seit rund 35 Jahren eigene Werkstoffe und Komponenten für bewegte Anwendungen, die „motion plastics“. Kunststoff bietet Trockenlauf, Wartungsfreiheit und erhöht die Lebensdauer von Maschinen – daher unser Leitspruch „plastics for longer life“, so Geschäftsführer Frank Blase im Interview.

Das Interview führte Dr.-Ing. Ralf Beck, Redakteur der KEM

KEM: Was waren die Meilensteine, welche Kompetenzen wurden im Laufe der Jahre erarbeitet?
Blase: Alles begann mit einer Idee meines Vaters Günter Blase und seiner Fantasie für das Potenzial von Polymerwerkstoffen. Die ersten Produkte wurden mit einer Maschine in der Größe einer Nähmaschine produziert. Seitdem sind bis heute 45 unterschiedliche Katalogwerkstoffe aus compoundiertem Material entwickelt worden, die unter dem Motto der Dry-tech-Lagertechnik weltweit in unzähligen Anwendungen zum Einsatz kommen. Im Jahr 1971 lieferte Igus die erste Kunststoff-Energiekette als Zulieferteil aus. Seit 1983 entwickelte dann ein eigenes Konstruktionsteam das Kunststoffketten-Programm. Im Laufe der Zeit wurde Igus zu einem Systemanbieter. 1989 entwickelten wir mit der CF1 die erste bündelverseilte Chainflex-Leitung, die speziell für den bewegten Einsatz in Energieketten konzipiert sind. Das sind nur einige Beispiele aus einer Vielzahl an Produktlinien, die im Laufe der Zeit entstanden sind – von Drylin-Lineartechnik über Xiros-Polymerkugellager bis hin zu den fertig konfektionierten Readychain-Energiekettensystemen.
KEM: Welche Produkte stellt Igus her und in welchen Branchen werden sie eingesetzt?
Blase: Igus hat sich auf Kunststoffe in Bewegung spezialisiert, oft kombiniert mit Mechatronik. Was immer sich an Maschinen und Aggregaten bewegt, wollen wir mit unseren motion plastics besser machen. Unsere Kunststoff-Energiekettensysteme sind aus dem Maschinenbau kaum mehr wegzudenken. Und alleine in die Automobilindustrie liefern wir jährlich 200 Millionen Gleitlager. Um unsere Kunden mit ihren unterschiedlichen Anforderungen optimal bedienen zu können, haben wir Fachleute für 13 Branchen wie zum Beispiel die Lebensmittelindustrie oder neu die Zweiradindustrie. Dieses Konzept übertragen wir kontinuierlich auf weitere Branchen.
KEM: Was ist Ihr USP im Feld Ihrer Wettbewerber?
Blase: Nach unserer Kenntnis gibt es kein Unternehmen auf dem Markt, das sich so auf Kunststoff für bewegte Anwendungen spezialisiert. Daraus folgt ein riesiges Produktsortiment, das im branchengrößten Testlabor getestet und damit sicher ist. Unsere Hauptversprechen, die jedes Produkt erfüllen muss, sind erstens die Kosten beim Kunden zu reduzieren und die Technik zu verbessern. Mindestens immer eins von beidem. Zweitens, dass die Lebensdauer unserer Produkte online berechenbar ist, die Produkte online konfigurierbar und online einfach zu bestellen sind. Drittens die sehr schnelle Lieferzeit, ab 24 Stunden. Dabei sind fast alle Produkte immer kundenindividuell montiert.
KEM: Allein auf der diesjährigen Hannover Messe stellte Igus 114 Neuheiten vor. Wie geht das?
Blase: Ein großer Teil unserer Neu- und Weiterentwicklungen resultiert aus gezielten Kundenanforderungen, die andere Hälfte ist das Ergebnis des „Spiel- und Optimierungstriebs“ unserer Entwicklungsingenieure. Aktuell haben wir beispielsweise eine Anfrage nach Lagern, bei denen neben bestimmten Materialeigenschaften extreme Präzision im Mikrometerbereich gefragt ist. Viele würden an dieser Stelle wahrscheinlich abwinken. In unserem Entwicklungsteam weckt eine solche Herausforderung eher den sportlichen Kampfgeist, denn sie bringt uns wichtige Erkenntnisse.
KEM: Eines der Highlights ist ein 3D-Tribo-Filament, warum ist dieser Werkstoff revolutionär?
Blase: Es ist das erste Filament für 3D-Drucker, das speziell für bewegte Anwendungen entwickelt wurde mit bis zu fünfzigfacher Abriebfestigkeit gegenüber herkömmlichen 3D-Druckmaterialien. Mit dem neuen Filament haben Anwender in Zukunft noch mehr Freiheiten in den Konstruktionsformen ihrer Lagerstellen. Prototypen können damit kostengünstig und schnell produziert werden. Als Eingangsdaten für den 3D-Druck können die auf unserer Website bereits verfügbaren CAD-Daten der Igus-Produkte im STL-Format heruntergeladen und direkt genutzt werden.
KEM: Sie schreiben sogar Wettbewerbe für kreative Konstrukteure aus?
Blase: Alle zwei Jahre veranstaltet Igus den Vector-Wettbewerb und prämiert dort herausragende Anwendungen mit Igus-Energieketten. Beim diesjährigen Wettbewerb nahmen 195 Bewerber aus 28 Ländern im Kampf um den Award teil. Anwendungen gab es aus sämtlichen Bereichen, von einer CNC-Hybrid-Maschine bis zur Highspeed-Kamera für Crashtests. Im nächsten Jahr ist mit dem manus award wieder der andere große Geschäftsbereich der Gleitlager an der Reihe. Dass am vector und manus award von Mal zu Mal immer mehr Teilnehmer mitmachen, zeigt, dass heute schon millionenfach metallische Lösungen durch Kunststoffprodukte ersetzt werden und diese Zahl immer weiter steigt.
KEM: Seit Anfang des Jahres fährt das Iglidur-on-tour-Auto durch die Welt, was soll diese Demonstrationsfahrt zeigen?
Blase: Derzeit demonstrieren wir mit „iglidur on tour“, einer Fahrt eines mit Iglidur Gleitlagern umgerüsteten Kleinwagens um die Welt, was Kunststoffteile in Bewegung alles leisten können. Das ist ein Härtetest für die Komponenten, die eingesetzt werden. Von Scheibenwischer und Lenkung über Fahrwerk, der Schaltung und den Sitzsystemen bis hin zum Getriebe und anderen Motorraumaggregaten – die Anwendungsgebiete von Polymergleitlagern in Fahrzeugen sind äußerst vielfältig. Gleichzeitig zeigt die Vielfalt der Einsatzgebiete alleine am Beispiel dieses einen Autos, welches enormes Potenzial für motion plastics insgesamt noch besteht. Sich diese zahlreichen Anwendungsbereiche zu erschließen, ist eine sehr spannende Aufgabe. Wir besuchen mit dem Kleinwagen unsere Kunden in aller Welt, wollen sie begeistern und werden gleichzeitig inspiriert durch ihre Anwendungen.
KEM: Arbeiten Sie auch mit Partnern aus Forschungseinrichtungen zusammen?
Blase: Ja, wir arbeiten immer wieder auch mit unterschiedlichen Forschungseinrichtungen zusammen. Gemeinsam haben wir mit der Universität Bonn einen Roboter entwickelt, der bei der RoboCup-Weltmeisterschaft im Juli in Brasilien antreten wird. Die Außenform und tragende Teile aus Kunststoffkomponenten wurden im Laser-Sinter-Verfahren hergestellt. Diese neue Generation Fußballroboter ist leicht und beweglich und soll im Zweikampf Stürze überstehen. Im Rahmen von „iglidur on tour“ haben wir mit der Fachhochschule Köln zusammengearbeitet. Hier wurde der Kleinwagen umgerüstet und die metallischen Lösungen durch Gleitlager von Igus ersetzt.
KEM: „Kunden sind für uns so wichtig wie die Sonne für das Leben auf der Erde“, versprechen Sie auf Ihrer Homepage …
Blase: Die Sonne bringt Licht und Energie, die Kunden Ideen und Geld zum Überleben. Das ist eine simple Wahrheit, aber jedes Unternehmen kennt die Herausforderung, diese Wahrheit im täglichen Handeln aller Akteure umzusetzen. Innovation treibt uns an und Service bedeutet vor allem Schnelligkeit kombiniert mit einem tiefen Verständnis für die Kunden. Dafür ist der Begriff „Moment der Wahrheit“ (moment of truth) äußerst passend, denn wenn der Kunde uns braucht, dann müssen wir direkt für ihn da sein.
KEM: Welches Konzept steckt hinter Ihrer Fabrik in Köln, die von dem Architekten Nicholas Grimshaw entworfen wurde?
Blase: Technisch gesehen ist es die „flexible Hülle“, in der wir auf die ständigen Veränderungen der Märkte reagieren können. Atmosphärisch geht es um die Entmystifizierung der Chefstrukturen, den symbolischen Anstoß „wir arbeiten zusammen, für den Kunden, für den Erfolg“. Mein Platz ist ebenfalls mitten im Büro, ohne Türen, wie eben alle anderen Arbeitsplätze meiner Kollegen. Sie finden bei uns keine Zwischenwände. Für die Menschen, die das wollen, ist das ein angenehmes Arbeiten. Allerdings, die Offenheit der Architektur an sich garantiert noch nicht, dass man sich füreinander interessiert. Die Begeisterung für das gemeinsame Ziel muss dazukommen. I
Igus, Tel.: 02203 9649-0, fblase@igus.de

Quergefragt
Karnevalsprinz zu sein …
… war eine einmalige Erfahrung, ein sechswöchiges Leben im Leben.
Die Iglidur-on-tour-Etappe, die ich selbst fahre/selbst gerne fahren würde …
… wäre ein Traum. Wenn ich mein eigener Sohn wäre, würde ich solange quengeln, bis ich mitfahren dürfte.
50 Jahre KEM …
… ist ein riesiger Erfolg in einer dicht besetzten und vielfältigen Fachmedienlandschaft. Herzlichen Glückwunsch!
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