Schon als zweiter Designpreis zeichnet der Red Dot Award Product Design 2015 den Demag-V-Profilkran von Terex aus. Andreas Hambrock, Leiter Business Line Universalkrane bei Terex Material Handling, gewährt Einblick in den Entwicklungsprozess von einem Kranträger, an dessen Ende eine besondere Überraschung wartete.
Das Interview führte Yvonne Nestler, Journalistin in Köln
KEM: Herr Hambrock, Sie haben die Entwicklung des neuen Kranträgers begleitet. Wie ist die Idee dafür überhaupt entstanden?
Hambrock: Wir suchen jederzeit nach Möglichkeiten, um unsere Produkte noch besser an die Kundenbedürfnisse anzupassen oder Innovationen zu entwickeln. Infolgedessen überarbeiten wir kontinuierlich die „blauen“ Krankomponenten, zum Beispiel Hubwerk oder den Getriebemotor mit Fahreinheit. Wir fragten uns aber auch: Wo gibt es noch ganz neue Ansatzpunkte? Und so kamen wir auf den „gelben“ Kranträger und analysierten den Stahlbau nach neuesten Erkenntnissen und mit bahnbrechenden Technologien.
KEM: Wo setzten Sie an, um den Kranträger zu verbessern?
Hambrock: Grundlage der Überlegungen waren die technischen Ansprüche aus den Handlingprozessen wie verbesserte Torsionssteifheit, Stabilität und geringere Schwingungen. Daraus entwickelten wir Konzepte, die unser Entwicklerteam einzeln analysierte und bewertete. Wir fanden einen erfolgsversprechenden Ansatz, als wir einen herkömmlichen Kastenträgerkran einer Spannungsanalyse mit einer verfeinerten Finite-Elemente-Methode (FEM) unterzogen.
KEM: Was hat die Analyse ergeben?
Hambrock: Es zeigte sich, dass die Bleche des Kastenträgers in gewissen Bereichen keiner oder nur einer äußerst geringen Spannung unterliegen. Dieses Wissen inspirierte uns, einen Blick in die Natur zu werfen: Diese setzt zum Beispiel beim Knochenaufbau eine wabenähnliche Struktur ein, um eine möglichst hohe Stabilität sicherzustellen. Dort wird nur Material verwendet, wo es auch benötigt wird. So entstanden die ersten Überlegungen zum neuen V-Profil.
KEM: Wie beeinflusste dieser neue Aufbau die Spannungsverteilung im Kranträger?
Hambrock: Die Knotenpunkte standen unter erhöhter Spannung. Um die Kräfte besser zu verarbeiten, setzten wir auf speziell geformte und gekantete Bleche, die mit Laser- oder Plasmaschneidtechnik in Form gebracht werden. Und wir verschmälerten die Streben an den Knotenpunkten und versteiften sie zugleich punktgenau. Das so entstandene verjüngte Membrangelenk nimmt die Zug- und Druckkräfte an der beanspruchten Stelle gezielt auf und lenkt sie in eine definierte Richtung. Dies wird durch eine besondere Stecktechnik an den Gelenken unterstützt. Der Demag-V-Profilkran vereint also neueste Fertigungs- und Verarbeitungstechnologien, die wir uns patentrechtlich gesichert haben.
KEM: Erfüllte dieses neue Design denn auch alle Anforderungen?
Hambrock: Das musste es erst beweisen. Dazu testeten wir das Design in Simulationen und an einem realen Prototypen mit einer am Markt üblichen Kranträgerlänge. Zum Vergleich zogen wir einen Kastenträgerkran mit gleicher Spannweite und Tragfähigkeit hinzu. So konnten wir zeigen, dass der Demag V-Profilkran weniger wiegt als sein Kasten-Äquivalent. Daraus folgte eine durchschnittliche Gewichtseinsparung von 17 Prozent beim serienreifen Kran. Heute wissen wir, dass wir je nach Fall sogar bis zu 25 Prozent Gewicht einsparen können.
KEM: Aber das Gewicht war nicht das einzige, das Sie getestet haben.
Hambrock: Den Vergleich beider Krankonstruktionen – Kastenträger und V-Profilkran – nutzten wir auch, um die Schwingungen des Krans zu testen. Wir bewerteten also bei einem Lastwechsel den Amplitudenausschlag der ausgelösten und angeregten Horizontalschwingung sowie die Zeit, bis der Kran sich vollständig beruhigte – das Abklingverhalten. Dabei zeigte sich: Das neue Design verringert die Schwingungsamplitude um bis zu 30 Prozent. Damit haben wir wieder einen Meilenstein in der Krangeschichte geschrieben. I
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