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Durch Ultra und Mikro zu Mega

Dr. Peter Leibinger, Trumpf GmbH + Co. KG, Ditzingen
Durch Ultra und Mikro zu Mega

Der Name ist unausweichlich mit dem Werkzeug Laser verbunden. Vor wenigen Wochen wurde Trumpf zusammen mit Bosch und der Uni Jena der „Deutsche Zukunftspreis“ verliehen. Im Zentrum steht dabei die Mikrobearbeitung mit Ultrakurzpulslasern. Welche Entwicklungen dadurch möglich sind, erklärt Dr. Peter Leibinger, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Trumpf-Gruppe und Vorsitzender des Geschäftsbereichs Lasertechnik/Elektronik, im Gespräch mit KEM.

Das Interview führte Herbert Neumann, Chefredakteur der KEM

KEM: Herr Leibinger, inwieweit ist der Name Trumpf mit dem Begriff Laser erfasst?
Leibinger: Der Laser hat Trumpf groß gemacht. Er ist integraler Bestandteil der Entwicklungsgeschichte von Trumpf. Es war Anfang der 1980er-Jahre eine sehr bewusste unternehmerische Entscheidung meines Vaters, Trumpf zum Laserhersteller zu machen und die CO2-Laser für die Blechbearbeitungsmaschinen selbst zu bauen. Die Firma Haas Laser in Schramberg, die schon lange Teil der Trumpf Gruppe ist, hat sogar schon wenige Jahre nach Erfindung des Lasers selbst erste Festkörperlaser hergestellt und eingesetzt. Heute machen wir einen Großteil unseres Umsatzes mit laserrelevanten Produkten, also mit Strahlquellen und Systemen aus unserem Geschäftsfeld Lasertechnik und mit Laserflachbett- und Laserrohrschneidanlagen aus dem Bereich Werkzeugmaschinen. Und: Der Laser ist unser Innovationsmotor, hier übertreffen wir uns immer wieder selbst.
KEM: Neben dem Laser sind auch Werkzeugmaschinen, Elektronik und Medizintechnik Geschäftsfelder von Trumpf. Wie lautet der jeweilige Stellenwert?
Leibinger: Trumpf ist ein weltweit tätiges Hochtechnologieunternehmen. Von unseren rund 9900 Mitarbeitern arbeiten etwa 6000 im Geschäftsbereich Werkzeugmaschinen, knapp 2500 in dem von mir verantworteten Geschäftsbereich Lasertechnik/Elektronik und knapp 750 im Bereich Medizintechnik. Die zur Gesamtzahl fehlenden etwa 650 Mitarbeiter gehören der übergreifenden Trumpf Holdinggesellschaft an. Als gegenseitige interne Zulieferer arbeiten die beiden großen Bereiche sehr eng zusammen. Zu ihren Produkten zählen Maschinen zum Biegen, Stanzen und Umformen sowie für die Laserbearbeitung von Blechen. Außerdem Hochleistungs-CO2-Laser, Scheiben- und Faserlaser, Stab- und Diodendirektlaser, Ultrakurzpulslaser sowie Beschriftungslaser und -systeme für verschiedenste industrielle Einsatzzwecke.
KEM: Effizienz und langfristiges Denken sind bei Trumpf wichtige Unternehmensziele. Können Sie Beispiele nennen?
Leibinger: Für uns hat das Themenfeld Ressourcenschonung/Langfristorientierung viele Facetten. Als Familienunternehmen ist uns ein respektvoller, vertrauensvoller Umgang miteinander wichtig. Verbunden mit guten Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Mitarbeiter führt das zu einer niedrigen Fluktuationsrate – also zu einer nachhaltigen Personalpolitik. Bei unseren Gebäuden haben wir es in den letzten vier Jahren geschafft, in Summe fast 15 Prozent Energiekosten einzusparen. Für die Herstellung unserer Maschinen haben wir schon seit 15 Jahren ein eigenes Lean-Production-System namens „Synchro“, mit dem wir enorme Effizienzsteigerungen realisieren konnten. Und bei Produktentwicklungen schreiben wir inzwischen ein Effizienzziel im Lastenheft fest, das am Ende des Prozesses überprüft wird. Vor Kurzem haben wir den energieeffizientesten CO2-Laser am Markt herausgebracht. Parallel dazu konnten wir den Wirkungsgrad unserer neuen Scheibenlaser auf bis zu 30 Prozent steigern, sodass wir auch im Bereich Festkörperlaser Benchmark in Sachen Energieeffizienz sind. Unser größter Beitrag zum schonenden Umgang mit Ressourcen ist aber der Laser an sich. Wenn man die Gesamteffizienz des Laserprozesses betrachtet – also nicht nur die des Lasers selbst – sind die meisten Prozesse konkurrenzlos. Durch die unvergleichlich fokussierte Energieeinbringung ist der Laserprozess immer der effizienteste, sei es beim Schweißen oder beim Schneiden.
KEM: Der Einsatz von Ultrakurzpulslasern ist nicht neu. Warum wurde dafür jetzt der Deutsche Zukunftspreis vergeben?
Leibinger: Der Bundespräsident zeichnet die Ultrakurzpulslaser in einer entscheidenden Phase aus. Die Mikrobearbeitung mit derartigen Lasern ist eine Fertigungstechnik der Zukunft. Ihre Industrietauglichkeit haben sie bei Bosch in der Einspritzdüsenfertigung bewiesen, wo sie Millionen von Produkten in gleichbleibender Qualität und Präzision bearbeiten. Inzwischen dringt die Technologie in immer neue Applikationsbereiche für Großserien-Fertigungen vor und verdrängt dabei konventionelle Methoden wie das mechanische Bohren, das Erodieren oder das chemische Ätzen. Aber auch ganz neue Produkte, die bisher gar nicht herstellbar waren, werden nun möglich. Wir haben mit dem Ultrakurzpulslaser die Tür in einen Raum aufgestoßen, von dem wir noch längst nicht sagen können, wie groß er ist und wie er im Einzelnen aussieht.
KEM: Was speziell war die Rolle von Trumpf bei dem gemeinsam erlangten Preis?
Leibinger: Der Erfolg des Ultrakurzpulslasers hat viel mit unternehmerischem Mut und einer langfristig ausgerichteten Forschungsarbeit zu tun: Beides haben wir bewiesen, indem wir das hoch komplexe Forschungsthema der Ultrakurzpulslaser über viele Jahre bis zur Industriereife vorangetrieben haben. In einem gemeinsamen iterativen Forschungsprozess zwischen Trumpf und Bosch wurden die Anforderungen an den Laser wie Pulsdauer, Pulsspitzenleistung und Strahlqualität definiert und in unserer Laserentwicklung umgesetzt. In weiteren Applikationsprojekten mit anderen Kunden und unterschiedlichsten Materialgruppen sammelten wir weitere Erfahrung in der industriellen Anwendung und nutzten diese wiederum für die Laserentwicklung. So kristallisierten sich die heute einzigartigen Vorteile der Trumpf Ultrakurzpulslaser heraus, wie die Trennung von Strahlerzeugung und Strahlausgabe, die hohe Skalierbarkeit und die beeindruckenden Pulsspitzenleistungen im Megawattbereich.
KEM: Was kommt nach dem Ultrakurzpuls-laser?
Leibinger: : Der Ultrakurzpulslaser hat die typische Vita eines neuen Lasers: Ein Werkzeug auf der Suche nach seinen Anwendungen. Es wird in Zukunft noch jede Menge Einsatzgebiete für ihn geben, die wir im Moment noch gar nicht absehen können. Er steht also erst am Anfang einer sicher langen Karriere. Unsere Ultrakurzpulslaser sind industrietauglich und bestehen den Einsatz in einer 3-Schicht-Fertigung. Nun geht der Trend dahin, die Durchschnittsleistungen weiter zu erhöhen und damit die Produktivität und Wirtschaftlichkeit weiter zu optimieren. Die zweite Stoßrichtung sind industrietaugliche Laser mit immer kürzeren Pulsdauern. Unseren ersten Femtosekundenlaser haben wir im Mai 2013 vorgestellt, der nächste folgt im Februar 2014. Die kurze Pulsdauer ergibt Vorteile für die Bearbeitung besonders temperaturempfindlicher Materialien wie Kompositwerkstoffe und Kunststoffe. Wir erhoffen uns durch den Femtosekundenlaser eine Ausweitung der Anwendungen in der kalten Bearbeitung.
KEM: Gibt es Anwendungen im Sektor Medizintechnik?
Leibinger: Im Vergleich mit etablierten Verfahren bewegen wir uns auf der Skala zwischen Qualität und Wirtschaftlichkeit. Bearbeitung mit dem Ultrakurzpulslaser ist ein Garant für höchste Güte, wir arbeiten nun daran, die Wirtschaftlichkeit und Produktivität immer weiter voranzutreiben. Ein Anwendungsgebiet, das durch Ultrakurzpulslaser erst wirtschaftlich wurde, ist die Herstellung von medizinischen Stents zur Gefäßerweiterung aus Nitinol, einer Formgedächtnis-Legierung, die weniger ermüdet und von den Patienten besser vertragen wird. Bei bioresorbierbaren Stents aus wärmeempfindlichen Polymeren ist die Fertigung ausschließlich durch kalte Bearbeitung möglich. Für empfindlichste Materialien, die wir früher nur mit Qualitätsverlust oder gar nicht bearbeiten konnten, bietet der Ultrakurzpulslaser nun ein ideales Werkzeug.
KEM: Sieht Trumpf auch Anwendungen auf anderen Gebieten?
Leibinger:Trends wie die Miniaturisierung von Elektronikkomponenten kommen dem Ultrakurzpulslaser entgegen. Für Leiterplatten in mobilen Endgeräten und Embedded Systems im Automobil sind inzwischen Lochdurchmesser von unter 100 Mikrometern gefragt, mit Durchsatzzielen von deutlich über 1000 Löchern pro Sekunde. Etablierte Produktionsverfahren erfüllen diese Anforderungen nicht, zum einen wegen der kleinen Durchmesser, zum anderen da das Material nicht homogen ist, sondern aus Kupfer, Glasfasern und Harz, oder auch Polyimid besteht. Unsere Laser schaffen das in einem Arbeitsgang ohne Abstriche bei Geometrie und Qualität. I
Trumpf, Tel.: 7156 303-0, peter.leibinger@de.trumpf.com

Quergefragt
Die Zukunft der Elektromobilität …
… ist positiv, es wird aber dauern bis E-Autos einen nennenswerten Marktanteil haben. Das liegt nicht am Versagen unserer Industrie, sondern daran, dass in der Politik Ideologie und Utopie häufig Wissen und Vernunft ersetzen.
Die Zukunft des Euro …
… ist ebenfalls positiv, wird aber dynamisch bleiben. Dies beziehe ich auf zu erwartende Kursschwankungen, die Höhe der Inflation und auch darauf, welche Länder dem Euro angehören.
Familiengeführte Unternehmen … … sind natürlich ebenfalls positiv, häufig sehr innovativ und in der deutschen Wirtschaft eine tragende Säule für Wachstum und Beschäftigung.
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