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Doceram liefert schlagfeste keramische Materialien

Von der Prüf- bis zur Medizintechnik
Doceram liefert schlagfeste keramische Materialien

Bei den keramischen Hochleistungswerkstoffen von Doceram treffen klassische Eigenschaften wie Verschleißfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit, elektrische Isolation und thermische Beständigkeit auf eine gute Schlagzähigkeit und sogar auf eine gewisse Verformbarkeit. Geschäftsführer Stefan Veltum erläutert im Gespräch mit KEM Konstruktion Details dazu und erklärt, warum neben der Prüfung von Elektronikteilen auch die Abfülltechnik immer wichtiger für das Unternehmen wird.

Interview: Michael Corban, Chefredakteur KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Warum rücken keramische Hochleistungsstoffe neben vielen anderen Anwendungsmöglichkeiten gerade auch im Bereich von End-of-Line-Tests von elektronischen Baugruppen zunehmend in den Fokus?

Veltum: Unser Stichwort ist die Verschleißfestigkeit. Gerade bei Serienprüfungen muss das Equipment, beispielsweise Prüfstecker, bisher teilweise schon nach 14 Tagen vorbeugend ausgetauscht werden. Mit unseren Werkstoffen kommen wir dagegen auf Standzeiten von zwei bis drei Jahren. Dabei ist es oft gar nicht notwendig, dass das komplette Bauteil aus Keramik besteht. Es gibt hier unterschiedliche Geometrien, die individuell hergestellt werden können. Und wenn letztlich doch ein Austausch notwendig ist, liegt es in den seltensten Fällen am Verschleiß der Keramik, sondern eher an der unzureichenden Reinigung oder unsachgemäßer Handhabung.

KEM Konstruktion: Eigenschaften wie die Verschleißfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit, elektrische Isolation und hohe thermische Beständigkeit verbindet man schon lange mit keramischen Werkstoffen, doch wie begegnen Sie für so lange Standzeiten der klassischen Sprödigkeit des Materials?

Veltum: Bis etwa zum Jahrtausendwechsel haben wir hauptsächlich den Maschinenbau mit gängigen Keramiken auf Basis von Aluminium- oder Zirkonoxid bedient. Doch sobald diese Bauteile einer plötzlichen mechanischen Beanspruchung ausgesetzt waren, zum Beispiel durch einen Schlag, eine Überlast oder unsachgemäße Handhabung, musste man damit rechnen, dass die Keramik brach. Um dem entgegenzuwirken hat es unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung geschafft, das Material so weiterzuentwickeln, dass unser blauer Werkstoff Cerazur eine um 30 % bessere Schlagzähigkeit aufweist als Standardkeramiken. Im Internet gibt es sogar Videos davon, dass es Hammerschläge aushält.

KEM Konstruktion: Gibt es bestimmte Bereiche, in denen Sie besonders viel Potenzial für diesen Werkstoff sehen?

Veltum: Überall dort, wo wir wissen, dass es sich um eine mechanisch belastete Anwendung handelt, das Bauteil also plötzlich mechanischen Kontakt haben kann. Hier sollte erwähnt werden, dass wir mittlerweile als Dienstleistung gerne auch so weit gehen, dass wir nicht einfach ein Bauteil gemäß einer Zeichnung herstellen, sondern uns die komplette Anwendung und ihr Umfeld ansehen. Keramik ist teuer, kann nicht immer entsprechend Stahl hergestellt werden und es ist auch nicht möglich, jede Spannungsspitze im Vorhinein zu berechnen. Deshalb sehen wir uns als Ingenieur-Dienstleister mit jahrelanger Erfahrung und als Spezialist im Keramikbereich, der den jeweiligen Aufbau komplett durchleuchtet und anschließend eine ganzheitliche Engineering-Lösung anbietet.

KEM Konstruktion: Und wie werden die jeweiligen Komponenten dann hergestellt? Ist 3D-Druck für Sie ein Thema?

Veltum: Im Bereich der Keramik gibt es unterschiedliche Herstellungsmethoden für die Formgebung. Die Bauteile können uniaxial, kalt- oder heiß-isostatisch gepresst werden (CIP – cold isostatic pressing, HIP – hot isostatic pressing), es sind aber auch Niederdruckspritzverfahren oder eben 3D-Druck möglich. Bei all diesen Verfahren müssen die Bauteile anschließend gesintert werden. Beim 3D-Druck wird zusätzlich ein Bindemittel eingesetzt, das die Körner beim Druck zu einer Kultur verbindet. Wenn man zum Beispiel so gedruckte Teile dann sintert, wachsen zunächst die Korngrenzphasen so weit zusammen, dass das Bauteil eine Grundstabilität erhält. Während dessen fängt das Bindemittel an, sich zu verflüchtigen. Bevor der Sinterprozess weitergefahren wird, muss allerdings darauf geachtet werden, dass das Mittel komplett ‚ausgeschwitzt‘ wurde, da sonst Fehlstellen, Lunker oder sogar Spannungen im Inneren des Teils entstehen können.

KEM Konstruktion: Welches Verfahren kommt am häufigsten zum Einsatz?

Veltum: Bauteile, die wir für den Maschinenbau herstellen, werden alle mit dem CIP-Verfahren geformt. Das heißt, dass die Keramik mit bis zu 3000 bar zu einem gleichmäßigen Gefüge verdichtet wird. Gesamt betrachtet wird wahrscheinlich zu 90 % CIP eingesetzt, zu ein paar wenigen Prozent das uniaxiale Pressen und dann im kleinen einstelligen Bereich HIP sowie der 3D-Druck.

KEM Konstruktion: Sehen Sie mittelfristig ein Potenzial dafür, dass sich diese Zusammensetzung verändern wird?

Veltum: Der 3D-Druck eröffnet natürlich viele neue Möglichkeiten. Aber im Moment ist es nicht absehbar, inwieweit das die Herstellung von Keramikteilen verändern wird oder ob es sogar ein ganz neues Verfahren geben könnte, das beispielsweise Material- oder Zeiteinsparungen mit sich bringen würde.

KEM Konstruktion: Wie sehen Ihre weiteren Ziele aus? Gibt es neben der Prüfung von Elektronikteilen noch weitere Branchen, die in Ihren Fokus rücken? Oder arbeiten Ihre Forscher und Entwickler bereits an weiteren Materialoptimierungen?

Veltum: Sowohl als auch. In der Abfülltechnik sind Bauteile, die wiederkehrend etwas ausüben müssen, sehr interessant für uns. Zum Beispiel greift bei der Abfüllung von Erdbeerjoghurt das Korn der Beere den Stahl soweit an, dass richtige Auswaschungen entstehen. Lebensmitteltaugliche Keramiken könnten hier für einen verschleiß- und schmierfreien, sicheren Prozess sorgen. Und im medizinischen Bereich nähern wir uns dem Thema Implantate aus zwei Richtungen. Einerseits muss die Oberfläche so beschaffen sein, dass es gut einwachsen kann. Dafür soll es möglich sein, die Oberfläche der Keramik aufzurauen, ohne dass das Teil selbst beschädigt wird. Andererseits muss ein Implantat jeglicher mechanischer Belastung standhalten. Ein gebrochener Keramikkiefer wäre beispielsweise katastrophal. Deshalb arbeiten wir gerade an einem Material, das nicht nur eine hohe Schlagzähigkeit aufweist, sondern auch eine plastische Verformung zulässt – sich duktil verhält.

KEM Konstruktion: Sie wollen also erreichen, dass sich die Keramik – wie etwa Stahl – zuerst bis zu einem gewissen Grad plastisch verformt, bevor sie versagt?

Veltum: Genau. Wir sind in diesem Bereich sogar schon so weit, dass wir erste Feldtests durchführen. Die Keramik fängt dabei die Überlast auf und verformt sich, statt zu brechen. Außerdem ließen sich die Eigenschaften von Keramik bisher nur auf Statistiken aufbauend berechnen. Dieses neue Material ist dagegen, genauso wie Stahl, über FEM-Methoden berechenbar.

www.doceram.com

Eine Übersicht der Industriekeramik-Werkstoffe von Doceram:

http://hier.pro/Ij9m3

Und ein Video zu den Hammerschlagtests mit Cerazur:

http://hier.pro/WoACT


„Wir arbeiten gerade an einem Material, das nicht nur eine hohe Schlagzähigkeit aufweist, sondern auch eine plastische Verformung zulässt.“

Stefan Veltum, Geschäftsführer, Doceram
Bild: Doceram
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